Platz 11: Hercules
Nach Arielle, die Meerjungfrau und Aladdin gingen die Regisseure Ron Clements & John Musker ihren konsequent immer komödiantischer werdenden Weg mit Hercules weiter. An ihre vorhergegangenen Erfolge konnten sie kommerziell nicht gänzlich anknüpfen, trotzdem war Disneys Zeichentrickfilm des Jahres 1997 immer noch ein zufriedenstellendes Geschäft. Sowohl an den Kinokassen, als auch bei den Kritikern. Ja, die Höhen der Pre-Pocahontas-Ära waren vorbei, aber die Schande, die Disney mit mickrigen DVD-Veröffentlichungen aus diesem Film macht, war Hercules nun wirklich nicht. Laut einigen Quellen stellte er sogar einen neuen Rekord für die meisten lizenzierten Merchandising-Artikel zum Kinostart auf.
Tad Stones, der die Aladdin-Kinoserie entwickelte, wurde bereits während der Produktion des Kinofilms von Clements & Musker scherzend angesprochen: "Hey, wir machen einen Piloten für deine neue Serie!" Und so kam es dann tatsächlich, wobei Showrunner Stones noch die etwas weniger erfahrenen Bob Schooley & Marc McCorkle als Produzenten an Bord holte. Bei ihrer nächsten Serie waren die drei dann bereits gleichgestellt, tja und dann kam eine gewisse andere Disney-Serie ...
Hercules - Die TV-Serie startete bereits 1998 und fungierte als "Midquel", war also in Mitten der Ereignisse des Films (genauer gesagt während Hercs Heldentraining) angesiedelt. Die Serie nahm sich dem visuellen Stil des Kinofilms an, passte ihn jedoch dem Budget und der produktionszeitlichen Begrenzungen einer Fernseh-Trickserie an. Und lieferte dahingehend ein wesentlich besseres Ergebnis ab, als wohl alle anderen Fernsehfortführungen von Disney-Kinofilmen: Das Seriendesign ist insgesamt etwas "flacher", die Farbpalette etwas begrenzter, doch die Schnörkel des von Gerald Scarfe und altgriechischer Bildhauerei inspirierten Film-Looks wurden konsequent übertragen, ja sogar noch etwas schlüssiger in die Serienwelt eingebaut. Der Film sieht natürlich etwas bombastischer aus, aber die Serie ist (von wirklich schwachen Momenten abgesehen) wohl alles in allem angenehmer anzuschauen. Das Design wirkt einfach runder und übersichtlicher.
Die Serie hat zwei inhaltliche Standbeine: Eigenwillige Interpretationen griechischer Sagen und Mythen auf der einen Seite, und via geballten Anachronisms umgesetzte High-School-Stories auf der anderen Seite. Oft genug werden beide Standbeine miteinander kombiniert, doch es gibt auch Episoden, die klar einen stilistischen/humoristischen Schwerpunkt setzen. Ich selbst finde diese Kombination sehr gut und würde nicht auf eines der beiden Gesichter von Hercules verzichten wollen, jedoch ist es der spaßige Umgang mit der Mythologie des antiken Griechenlands, die diese Serie in meiner Gunst so weit empor steigen ließ.
Ich denke, kaum jemand wird Einspruch erheben, wenn ich sage, dass sich die Serie gewitzter und geistreicher aus der griechischen Sagenwelt bediente, als noch der Kinofilm. Um nur ein paar Beispiele zu nennen:
- Hercules braucht dringend einen Nebenjob, findet allerdings keinen, so dass ihm Papa Zeus mit seinen Connections einen besorgt (so weit der Teenager-Part des Plots), und zwar als Wagenfahrer für Apollo. Hades nutzt diese Gelegenheit, und raubt unversehens die Sonne, um so im Götterrat ein Misstrauensvotum gegen Zeus in die Wege zu leiten. "Er hat Apollos Job an seinen nichtsnutzigen Sohn weitergegeben" - um Zeus' Stand im Olymp zu festigen, müssen Hercules und sein bester Freund Ikarus (mit dem gewaltigen Sonnenschuss, äh, -stich) das gleißende, große Ding wiederfinden ...
- Hercules hilft dem ersten Arzt der Welt, Hypokrates, sein Geschäft zu erweitern. Damit verdirbt der Halbgott das Geschäft seines Onkels Hades - der zur Rache eine Seuche verbreitet ...
- Gaia verflucht den neureichen Lackaffen der Schule, Adonis, zum Tode. Zusammen mit Hercules such er Rat beim Orakel von Delphi Rat. Ihnen wir aufgetragen, die Goldenen Äpfel der Hesperidenzu stehlen. Stargast der Episode: Der rüstige Rentner Nereus.
- Durch ein von Hercules und Ikarus mitverantwortetes Versehen fällt Morpheus in einen tiefen Schlaf - weshalb er die Menschheit nicht zur Nachtruhe bringen kann. Erst freuen sich Herc und Ikarus, da sie so mehr Zeit haben, für die anstehenden Prüfungen zu büffeln. Doch dann geschehen immer mehr tödliche Unfälle - sehr zur Freude von Hades, der alles dransetzt, dass das auch so bleibt ...
Weitere Highlights sind die Crossover-Episoden. Die Römer werden zu Fans der griechischen Göttern, weshalb sie sie übernehmen. Bloß die dämlichen Namen gehören ihrer Meinung nach geändert, was vor allem Hades missfällt ("Pluto? Was für ein Micky-Maus-Name ist das denn?!). In einer anderen Folge begegnet Hercules den Helden der nordischen Mythologie, und erfährt, dass die Moiren zwei Jobs haben und doppelt abzocken. Tja, und dann gibt's noch die Folge, in der Hades den Geist von Dschafar trifft. Zusammen tüfteln sie einen teuflischen Plan aus, indem sie Aladdin und Hercules in einen Kampf auf Leben und Tod verwickeln ...
Hercules zeigt außerdem so ganz nebenher und unaufdringlich den Simpsons, wo der Hase langläuft: An die 170 Künstler aus TV, Film, Musik und Broadway sprechen Gastrollen in der 65 Episoden umspannenden Serie. Darunter befinden sich Jennifer Aniston als Hercules Traumdate Galathea, Idina Menzel als Circe, Dan Castellaneta als Homer (höhö, höhö), Eugene Levy als König Midas, Jennifer Love Hewitt als Medusa, William Shatner als Jason (von den Argonauten) und Craig Ferguson als Jäger aller Jäger - Orion!
Star der Serie blieb aber weiter der staubtrockene Hades, dessen Sprüche einfach die gesamte Unterwelt rocken. Und ja, ich weiß, was alle denken: Wie kann Hades in der Serie hinter Hercules her sein, wenn er im Film erst von dem Wunderknaben erfährt, als er ein erwachsener Profi-Held ist? Nun, das halbe Internet schwört, es sei ein Kontinuitätsfehler. Auch Tad Stones, der die Serie aus "Respekt vor dem Film" als Midquel anlegte, erklärte, dass ein größerer Fokus auf Humor und Abenteuer, und eine weniger gestrenge Konzentration auf Kontinuität dafür gesorgt hätte, eine stärkere und eigenständige Serie zu entwickeln. Aber: In einer Episode befällt als Schlussgag Hades Amnesie. Sie lief zwar nicht als Serienfinale, aber die Ausstrahlungsreihenfolge machte bei Disneyserien nahezu niemals Sinn ...
4 Kommentare:
Für Hercules konnte ich mich, als Trickserie, nicht begeistern, obwohl mir der Film gefallen hat. Aber von Arielle hab ich nie genug kriegen können :)
Arielle Top, ALLES ANDERE Flop!!
*duck und weg*
Mir hat vorallem die Aladdin-Crossoverfolge gefallen. Wenn Dschafar mal wieder loslegt und Hades macht nur einen Faceplam und regt sich über die Wortspiele auf. "Puns..."
Eines sollte man nicht vergessen zu erwähnen: trotz des (augenscheinlich) sehr niedrigen Produktionsbudgets bei ALLEN Disney-Trickserien gibt es darunter einige Juwele, die von einer grandiosen Animation nur so strotzen. Bei Hercules weiss ich zufällig, dass es die Folge ist, in der sich HJerc seine Traumfrau aus Ton knetet und sich wünscht, sie würde ihn abgöttisch verehren - was sie dann auch tut, solange bis sich Hercules wünscht, dass sein Wunsch rückgängig gemacht wird. Herausragend ist hier die Göttin Aphrodite, die Herc´s Tonfrau Leben und Liebe einpflanzt (und nicht unkommentiert lässt, ob Herc denn nicht noch ein paar andere Anforderungen an seine Traumfrau hätte ausser der, dass sie ihn uneingeschränkt verehren solle - zB einen eigenen Willen oder so). Und : sie hat ihren eigenen "Werbe-Jingle" und überall, wo sie hintritt, wachsen Blumen - das nenne ich ehrlich Humor für Erwachsene - solche Folgen gehören unbedingt wiederholt - im Erwachsenenprogramm!
Übrigens: bei Arielle waren ALLE Folgen schlecht animiert und richten sich ganz offensichtlich NUR an Zuschauer unter 6 Jahren. Aber auch bei "Timon und Pumbaa" und "Aladdin" gibt es (leider wenige) Folgen von ganz phantastischer Animationsqualität. Diese müssen von einem ganz anderen Studio gezeichnet worden sein. Das sollte mal einer recherchieren - gäbe es von diesen Folgen doch nur DVD´s (seufz!) - die MUSS ich unbedingt haben!!!
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