Ja, mein Blogbeitrag zu Sherlock Holmes: Spiel im Schatten kommt etwas später. Man mag es mir nachsehen. Wer schon am Startwochenende meine Meinung zum Film wissen wollte, konnte sie ja ganz bequem bei Quotenmeter nachlesen. Dass ich hier im Blog erst jetzt nachziehe, liegt daran, dass ich zum Ausgleich an dieser Stelle von meinem "privaten" Kinobesuch berichten wollte, den ich mit einem Freund in Angriff nahm. Und der kam nunmal erst gestern zu Stande.
Zur Handlung des Films: 1891 spannt sich das politische Klima in Europa durch eine Reihe von Bombenanschlägen an. Sherlock Holmes mutmaßt, dass der angesehene Professor Moriarty etwas damit zu schaffen hat. Ein Wettstreit zweier Genies entbrennt, und Doktor Watson, die Wahrsagerin Simza und die Ganovin Irene Adler sind die Schachfiguren in diesem Spiel.
Ich fand den ersten Sherlock Holmes-Teil ja gut, war aber in meinem Freundeskreis trotzdem wohl der mit der "kühlsten" Reaktion auf Guy Ritchies Blockbuster-Einstand. Auf die Fortsetzung war ich dennoch scharf, und die gemeinsame Vorfreude auf ein winterliches Double-Feature hat die Erwartungshaltung noch weiter geschürt. Hier in der Gegend gab es jedoch kein Double, also ging's in eine für unsere Gefilde toll gefüllte Dienstagabendvorstellung.
Den Publikumsreaktionen, die ich bislang mitbekam (in Foren, in meinem Kinosaal, wenn ich meinen Kumpel frage) nach zu urteilen sind sich beide Sherlock Holmes-Filme ungefähr ebenbürtig, während der generelle Kritikerkonsens deutlich schlechter ist. Bei Rottentomatoes hat die Fortsetzung einen Wert von 59%, gegenüber den 70% des Vorgängers. Allerdings schneidet Sherlock Holmes 2 bei einigen angesehenen Filmkritikern wie Roger Ebert wiederum besser als das Original ab. Nun, was soll ich jetzt zu diesem Kuddelmuddel an Meinungen sagen?
Ich denke, nach meinem zweiten Besuch ganz klar einen von vielen Kritikern geäußerten, harschen Kritikpunkt entschärfen zu können. Viele Kritiken bemängeln, dass Holmes in der Fortsetzung eine viel zu große Beobachtungsgabe hätte. Es wäre zwischendurch geradezu lächerlich. Ich selbst glaube, rund die Hälfte von Holmes Beobachtungen geschnallt zu haben, bevor der Film mir alles klein auf klein schilderte, und mein Kino-Mitgänger hat ungefähr die andere Hälfte an Hinweisen vorschnell aufgefasst. Da darf jemand wie Holmes ja wohl so schlau sein, wie wir zwei zusammen.
Bei den Schauspielern sind Downey jr. und Law immer noch absolute spitze. Ich finde, dass Jarred Harris als Moriarty recht öde ist und seine gemeinsamen Szenen mit Downey jr. eher wegen der Dialoge und der Inszenierung richtig klasse bin. Nach dem Kinobesuch erntete ich aber ein eher unschlüssiges "och joah", während die meiner Meinung nach zu wenig genutzte Kelly Riley als Watsons Frau großes Lob erhielt.
Noomi Rapace finde ich anfangs wirklich super in ihrer Rolle, sie verleiht ihrer Figur eine eigene Aura und mehrere Schichten, aber im Laufe des Films verliert Ritchie sie aus dem Fokus und sie wird fast schon zum Ballast.
Tonal ist Spiel im Schatten düsterer und ambitionierter. Natürlich behält Ritchie die komödiantische Note bei, aber während der Vorläufer nahezu durchgehend vergnüglich-schräg war, konzentriert die Fortsetzung den Humor auf bestimmte Sequenzen. Die Dynamik zwischen Holmes und Watson, alles mit Stephen Frys Mycroft und Sherlocks Reitkünste sind extrem komisch, dafür dreht Ritchie dazwischen die Spannungsschraube umso heftiger an.
Ob nun Teil 1 oder Teil 2 besser ist? Also, wer lieber einen konsistenen Tonfall bevorzugt, statt einen häufigen (aber stets flüssigen) Übergang zwischen viktorianischem Polit-Actionthriller und exzentrischer Komödie, wird den ersten bevorzugen. Wer statt eines eher unspektakulären, aber charmanten Whodunit? ein groß angelegtes Katz-und-Mausspiel sehen möchte, wird wohl Teil 2 bevorzugen.
Ich würde wohl sagen, dass mir Sherlock Holmes 2 wesentlich besser gefällt. Als ich das Original sah, dachte ich bei Beginn des Abspanns "Ich brauch den Soundtrack!". Bei diesem Film dachte ich "Ich will so schnell wie möglich die DVD! Und ich brauch den Soundtrack!" Denn Hans Zimmer hat mal wieder einen genialen, komplexen und eingängig-exzentrischen Score geschaffen. Etwas düsterer als der Vorgänger, aber noch immer voller spaßiger Einlagen wie der sehr Country-Western-mäßigen Begleitmusik zur Verfolgungsjagd während Watsons Junggesellenabschied.
So, und ab nun betreten wir SPOILER-TERRITORIUM!
Spoilerfrei geht's in meiner anderen Kritik zum Film weiter!
Letzte Warnung! Es geht um den Schluss des Films!
Sobald der Wasserfall gezeigt wird, der direkt neben dem Veranstaltungsort des Friedensgipfels liegt, ahnte ich natürlich, in welche Richtung der Film gehen wird. Fand doch auch der literarische Sherlock im Kampf mit Moriarty an einem Wasserfall sein nasses Ende. Und so kommt es auch. Man sieht Holmes' Beerdigung, Watson gibt eine rührende Schlusserzählung. Wirklich gelungen. Aber dann nimmt der Film eine klare Wende.
Den Film-Holmes endgültig sterben zu lassen, wäre eine sehr mutige Entscheidung gewesen, und ich hätte dem Film meinen vollsten Respekt dafür erteilt. Als Watson dann ein Paket erhält, in dem sich ein Sauerstoffgerät befindet, musste ich entnervt mit den Augen rollen. "Ach Mist. War ja klar ..."
Den Tod der Hauptfigur in den letzten Minuten "rückgängig" zu machen ist lahm und überreizt. Dann allerdings sehen wir Holmes, der als Sessel verkleidet Watson beobachtete. Das ist schonmal ein netter Rückgriff auf einen Gag zu Beginn des Films und schiebt diese Enthüllung ins Skurrile. So konnte ich mich schon etwas besser mit dem "Twist" anfreunden. Und, wow, die Zuschauerreaktion darauf ist einfach köstlich.
Dann liest Holmes aber mit verschmitztem Lächeln die ihn lobenden letzten Worte von Watsons Buch über seine Erlebnisse mit diesem Meisterdetektiv. Keck fügt er dem "The End" ein Fragezeichen hinzu und Hans Zimmer schmeißt und wuchtig und energiegeladen aus dem Film raus.
Das finde ich erstens nicht nur perfekt abgestimmt, sondern insgesamt sehr clever. Einerseits halt der Rückgriff auf Holmes' alberne "urbane Camouflage", dann aber auch die ganze Aktion. Dass sich Guy Ritchies und Robert Downey juniors Sherlock Holmes irgendwo in Europa versteckt und Watson als kleinen Handwink das Sauerstoffgerät schickt, finde ich als Ende so lala. Dass er, wie Watson vermutet, als Postbote verkleidet auch noch selbst das Paket überreicht, wäre mir zu viel. Dass Holmes aber voraussichtlich gedenkt, sein Wort zu halten ("Watson, das ist unser letztes Abenteuer!"), jedoch so selbstverliebt und wissbegierig ist, dass er unbedingt noch Watsons Aufzeichnungen lesen will, das ist meiner Ansicht nach ein ungeheuerlich schlüssiger Einfall der Autoren. Es passt perfekt zu dieser Figur. Doch wann und wie will er Watsons letzten, geschriebenen Worte über Holmes lesen? Na, was wäre für Holmes selbstverständlicher, als voll und ganz von seiner Tarnkleidung überzeugt ins Büro zu steigen, Watson mit dem rätselhaften Paket abzulenken, und sich dann im richtigen Moment etwas Selbstbestätigung abzuholen?!
Dass er ein Fragezeichen ins Manuskript tippt und Watson so einen weiteren Hinweis gibt, nun, das ist in erster Linie der Rausschmeißer-Joke. Aber da Sherlock nun eh schon den Gedanken streute, er hätte überlebt, dann kann er ja wohl auch noch selbst das Ende in die Hand nehmen. Sprichwörtlich, wortwörtlich und metatextuell. Er behält (ein wenig überheblich, wenngleich mit einem Augenzwinkern) das letzte Wort, lässt Watson wissen, dass er es ist, der ihm sagt, wann Schluss mit den Abenteuern ist. Er gab ihm zwar sein Versprechen, aber man kann sich nie sicher sein, wann die Welt die Kooperation zwischen Watson und Holmes ein weiteres Mal benötigen wird. Also schnell in Watsons Aufzeichnungen rumgefpuscht und dann (im Off des Films) aus dem Büro geschlichen. Bis zu Teil 3. Eventuell.
Es ist als Ende bei weitem nicht so mutig, wie ein endgültiger Sturz in den Tod. Dieser Schluss wäre aber auch vom Schock getragen, dass Holmes dahinschied und dieses eine Mal nicht weit genug vorausdachte.
Das tatsächliche Ende dieses Films verzichtet auf den dramatischen Nachhall, augenscheinlich allein, um sich einem dritten Teil zu öffnen und das Publikum mit oberflächlicher, guter Laune zu bespaßen. Aber aus den obig erläuterten Gründen ist es auf der charakterlichenen Ebene deutlich cleverer und sinniger. Wie ich finde. Und es ist obendrein handwerklich perfekt umgesetzt und kein faules, rangeklatschtes Happy End, wie es uns etwa so manche schlechtere Disney-Filme verkaufen wollen.
Obendrein: Welch Narr war ich, zu denken, dass der Film-Holmes ein ultimatives Ende findet, das seiner Vorlage schließlich auch nicht beschieden war ...
Siehe auch:
Daumen hoch für den 2. Teil. Kann nur sagen, dass der eine Steigerung gegenüber dem 1. Teil darstellt und sehr viel mehr an den Büchern dran ist...sofern man darauf ein Auge hat. Und was das Ende angeht, so folgt es doch genau der literarischen Vorlage :) Doyle's Sherlock stirbt an den Reichenbachfällen, der Aufschrei der Leserschaft war zu groß, also "überlebte" der Held durch einen wundersamen japanischen Kampfkunsttrick und siehe da, taucht wieder mit neuen Fällen auf. Das Ende war also nicht wirklich eine Überraschung. Und was die Beobachtungsgabe Sherlocks im Film angeht, da kann ich Dir nur beipflichten, die Hälfte erkennt man während der Film noch läuft...und außerdem: die ist ja eher als lächerlich zu bezeichnen, kennt man die Beobachtungen der tolle BBC-Serie "Sherlock" vom letzten Jahr :) (Die sehr empfehlenswert ist!)
AntwortenLöschenSpoiler im Kommentar usw.!
AntwortenLöschen@ Zoori: "Sherlock" ist über jeden Zweifel erhaben! *g* Ich tippe drauf, dass sie die Reichenbach Fälle anders umsetzen werden als im Buch. Wäre ja sonst langweilig. *g* Zwei Tage bis zum Belgravia-Skandal! *lalalala*
SH2:
Dass der Film an den Reichenbach Fällen enden würde, war doch schon klar, als Mycroft das erste Mal seine Konferenz in eben jenem Ort erwähnte. Da brauchte man nicht bis zu den Wasserfällen warten, um das zu wissen. *g*
Mir gefällt dieses Ende auch sehr gut, und zwar nicht nur aus den von dir genannten Gründen, sondern weil mich das drei Jahre dauernde verschwinden von Holmes in den Büchern stört. Ja, ich weiß natürlich, wie's dazu kam, aber von den Charakteren her findeich's einfach ... nicht richtig. Im Canon geht es noch eher, da Watson zu dem Zeitpunkt schon länger mit Mary zusammenwohnt und auch nicht mehr häufig mit Holmes Zusammenarbeitet, die Freundschaft also durchaus etwas abgekühlt ist. Nach 3 Jahren aber wieder auf der Matte zu stehen und so zu tun, als ob das alles absolut okay gewesen wäre (denn es war ja nur zu Watsons Schutz), nee, das stößt mir etwas sauer auf.
Und im Film fände ich es schlimmer, da Watson und Holmes hier noch deutlich mehr "aneinander hängen", Bromance usw., und Watson auch noch kompetenter ist als sein literarisches Vorbild. In Anbetracht dessen ist es einfach richtig von Holmes, Watson zumindest irgendeine Art von Hinweis zukommen zu lassen (auch die diversen Anspielungen auf "Das ist unser letzter Fall zusammen", "Sie kennen meine Methoden" usw. bereiten Watson ja schon ein wenig darauf vor).
Und jetzt hab ich dazu viel zu viel gesagt.
Moriarty fand ich durchaus sehr gelungen, was vielleicht auch einfach nur am Zusammenspiel mit Holmes lag und der Inszenierung, aber ich war vor dem Film sehr skeptisch und das bin ich jetzt nicht mehr. dAfür kann ich Mycroft so einfach nicht akzeptieren, auch wenn er natürlich lustig ist.^^
Kelly Reilly war wirklich klasse und hätte gern mehr Szenen haben dürfen.
... Die Kritiker fanden die ganzen Holmes'schen Beobachtungen zu unglaubwürdig? Aha. Allein von der Kameraführung war doch oft klar, was noch wichtig wird... und das von mir! Die Total Film fand den Film übrigens besser als Teil 1 und vergab 4 Sterne.
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