Samstag, 5. November 2011

Goodbye, Thommy: Die Supernasen


Thomas Gottschalk befindet sich mit Wetten, dass..? auf Abschiedstournee. Vor knapp einem Monat konnten wir, zumindest meiner Meinung nach, die beste Ausgaben seit langem begutachten. Gut gelaunte Gäste, klasse Wetten und ein rockendes AC/DC-Wunderkind. Sehr toll. Da möchte ich die frisch etablierte (und bald beendete) "Tradition" weiterführen und heute zu Ehren der vorletzten Ausgabe von Thomas Gottschalk moderierten des Showdinos einen weiteren Kinofilm des Duos Mike Krüger/Thomas Gottschalk besprechen. Damit ich wenigstens irgendwas über den Moderator zu meckern habe!

Die Story
Der faule Dauerstudent Mike kümmert sich nur noch um seine musikalischen Ambitionen, weshalb ihm seine vernachlässigte Freundin den Laufpass gibt. Außerdem kündigt ihm das BAföG-Amt die finanzielle Unterstützung. Der gute Thommy, als Maskenbildner beim Bayerischen Rundfunk tätig, kommt aufgrund seiner neuen Bekanntschaft Mike zu spät zur Arbeit, was ihm auch prompt Ärger mit einer Ansagerin einbringt. Thommy reagiert darauf ziemlich schnippisch - und verliert deshalb seine Anstellung. Nun mit übermäßig viel Freizeit und antiproportional wenig Kohle auf der hohen Kante ausgestattet, beschließen die beiden, es ihren Fernsehhelden Kojak und Columbo nachzutun. Sie gründen die "Detektei Columbo" und ergattern sogar prompt einen gut bezahlten Auftrag: Der Industrielle Sasse verdächtigt seiner Frau einer Affäre, und diese sollen Mike & Thommy unbedingt aufdecken. Selbst wenn Frau Sasse keine Affäre hat, so sollen sie bitte eine in die Wege leiten, denn Herr Sasse geht ebenfalls fremd und hätte gern etwas gegen seine Gattin in der Hand. Dieser Auftrag, der Mike & Thommy nach Bad Spenzer in eine Wellness-Anlage auf dem Terrence Hill (!) führt, führt zu einer jähen Zäsur der noch aufkeimenden Romanze zwischen Thommy und Herrn Sasses junger Sekretärin. Welche, auch wenn er es nicht weiß, Herrn Sasses Tochter ist.

In Bad Spenzer nehmen die schwierigen Ermittlungen eine unerwartete Wende: Ein Scheich, der Thommy sehr ähnlich sieht, engagiert ihn als seinen Doppelgänger. Dumm nur, dass ein Attentat auf den Scheich geplant ist...

Ein Drehbuch, wie aus dem Improtheater
Die Geschichte ist eine kleine Beleidigung an jegliche Grundgesetze des Erzählens. Die Hinleitung, wie aus Mike und Thommy Privatdetektive werden braucht sehr viel Raum, der eigentliche Fall ist lange vor Schluss gelöst und wird deshalb durch einen damit in keinerlei Verbindung stehenden Verwechslungsspielchen mit einem Scheich abgelöst. Vorausdeutungen auf kommende Richtungswechsel gibt es überhaupt nicht, Rückgriffe sind unsagbar selten. Anders gesagt: Allem Anschein nach wurde die Geschichte von Die Supernasen von Anfang bis Ende flux zusammengeschustert, ohne jegliche Ansprüche, eine zusammenhängende, plausible Story zu erzählen. Und wie schon bei Piratensender Powerplay sind Thommy & Mike als Figuren nichts weiteres, als die zum Kinoleben erweckten Traumidentitäten des männlichen Publikums: Sie kriegen alle Weiber, die sie wollen, haben mit jeder Schnapsidee Erfolg und bekommen letztlich als Scheichs praktisch einen Luxusurlaub in ihre große Nasen gesteckt. Ungefilterte Wunscherfüllung für den Betrachter, "ja, so bin ich auch, etwas schüchtern, aber auch witzig" und "ja, sowas will ich auch mal" ohne Unterlass. Ich würde ja sagen, es wäre James Camerons Titanic, nur für Männer und längst nicht so ätzend aufgetragen, aber dann heulen mir wieder drei Leutchen die Kommentar-Sektion voll. Das muss nicht sein.

Inszenierung? Ja, das geht schon!
Regisseur Dieter Pröttel macht seine Arbeit einen Tacken besser, als Piratensender Powerplay-Regisseur und -Autor Siggi Götz. Das muss zunächst so viel nicht heißen: Auch Die Supernasen ist eine typische Klamotte, die sich inszenatorisch wahrlich kein Bein ausreißt, sogar einige Schnitzer erlaubt. So eklatant kultige Fehler wie Piratensender Powerplay hat Die Supernasen allerdings nicht zu bieten, und der Fernsehshow-erfahrende Pröttel hat ein recht gutes Gespür für Timing. Ließ Götz die Sprüche Gottschalks und Krügers im Raum stehen, bemüht sich Pröttel darum, sie akzentuieren. Das gelingt ihm zumeist erfolgreich: Er lässt Szenen oft sketchartig nach der Pointe enden, bringt Gegenaufnahmen der verwirrt auf Gottschalk und Krüger reagierenden Umwelt, und so weiter. Es ist rudimentäres Regieführen, aber für diese Art Film vollkommen befriedigend. Denn...


...der Faktor "Thommy & Mike"...

...macht Die Supernasen wieder einmal auf eine kultig-nostalgische Art vergnüglich. Aufgrund des überaus steifen Schauspiels der beiden Titelhelden ziehen sich einige der "ernsten" Dialogmomente, und welchen leicht verdienten Erfolg Mike und Thommy bei den Frauen haben sollen, weckt schnell ironisches Grinsen. Die Haken, die die Geschichte schlägt, sind letztlich auf einer ungläubigen "Ja, was denn noch"-Ebene unterhaltsam - wenn man mit der richtigen Einstellung an den Film herangeht. Der Film will wirklich nur unterhalten - mehr nicht. Gut, mit etwas mehr Vorausplanung und handwerklicher Raffinesse wäre er durchaus effektiver, doch er erreicht sein Ziel auch so. Denn Thommy und Mike, die dieses Mal auch für das Drehbuch verantwortlich waren, mögen vielleicht keine Geschichte erzählen zu können, aber ihre Sprüche und Sketcheinlagen sind herrlich unbesorgt-blödelhaft. Allein die ganzen Scherereien beim Bayerischen Rundfunk finde ich wirklich ulkig, und wenn sich Krüher und Gottschalk erstmal in einem Kalauer-Duell verstricken, kann ich nicht mehr anders, als aus meinem Augenrollen ein ehrliches Grinsen zu verwandeln.

Die Supernasen ist sowohl schlimmer, als auch besser als Piratensender Powerplay. Erzählerisch und darstellerisch ist wenig zu retten, aber da die flott-dämlichen Sprüche zwischendurch einem Schnellfeuerwerk gleichen, gibt es viel weniger Durchhänger und viel mehr Schenkelklopfer-Humor. Auch hier gilt: Man muss wenigstens einen der beiden Hauptdarsteller mögen, und sollte keinesfalls "normale" Unterhaltung erwarten, sondern gewollt flache. Aber wenigstens ist es authentisch und nie böswillig. Davon kann sich andere anspruchsarme Comedy tatsächlich eine Scheibe abschneiden.

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