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Donnerstag, 18. August 2011

The Lone Ranger: Neues zur Finanzkrise im Wilden Westen

Was bisher geschah: Im Fahrwasser von Die Maske des Zorro nahm sich Columbia Pictures in Zusammenarbeit mit Classic Media vor, den Hörspiel-, Fernseh- und Comic-Westernhelden The Lone Ranger ins Kino zurückzuholen, mit seinem treuen indianischen Sidekick Tonto neu interpretiert als weibliche Angebetete. Das 2002 gestartete Projekt nahm nie Form an und die Rechte wurden 2007 verkauft. Die Weinstein-Brüder, erst kürzlich von Michael Eisner aus der Walt Disney Company geekelt, zeigten Interesse an der Lizenz, konnten sich jedoch nicht mit dem Rechteinhaber einigen. Letztlich landeten die Rechte bei Jerry Bruckheimer, der den Film mit einem Drehbuch seiner neuen Autorenlieblinge Ted Elliott und Terry Rossio (Fluch der Karibik und seine Fortsetzungen) für Disney verwirklichen wollte. In Analogie zum Piraten-Kassenschlager wurde eine mit übernatürlichen Elementen arbeitende Geschichte entworfen (entgegen zahlreichen späteren Berichten waren niemals Werwölfe als Handlungselement vorgesehen).

Im Winter 2007 / 2008 befanden sich die Walt Disney Studios auf der Suche nach neuen Blockbustermaterial. Man hoffte, den Coup rund um Fluch der Karibik zu wiederholen und bat Jerry Bruckheimer, eine Kinoadaption der legendären Achterbahn Big Thunder Mountain zu produzieren. Doch zu Gunsten von The Lone Ranger, wurde diese Idee (vorerst?) verworfen. Im September 2008 wurde bekannt gegeben, dass Johnny Depp die Rolle des Tonto übernehmen wird. Es begann eine lange Suche nach einem Hauptdarsteller, die erst im April 2011 ein Ende fand, als man nach gescheiterten Verhandlungen mit Ryan Gosling den aus The Social Network bekannten Armie Hammer unter Vertrag nahm.

Ähnlich hart war die Suche nach einem Regisseur: Mike Newell, der für Disney und Bruckheimer Prince of Persia umsetzte, war im Gespräch, wurde aber nie verpflichtet. Während man weiterhin einen Regisseur suchte, wurde an der Autorenfront rumgewerkelt: Da Chairman Rich Ross die von McG (Regisseur von Termintor - Die Erlösung) geplante 20.000 Meilen unter dem Meer-Neuinterpretation einstampfte (nur um es bald darauf mit David Fincher an Bord wiederzubeleben), wurde der daran beteiligte Autor Justin Haythe zum Ausgleich zu The Lone Ranger hinzugezogen. Ted Elliott und Terry Rossios in enger Zusammenarbeit mit Johnny Depp entwickelter jüngster Drehbuchentwurf, mittlerweile ohne übernatürliche Elemente, sollte die Grundlage der neuen Version bilden. Außerdem blieben die Autoren als ausführende Produzenten am Film beteiligt.

Im September 2010 fand man endlich einen Regisseur: Gore Verbinski kehrte zu den Disney-Studios zurück und machte so die Fluch der Karibik-Wiedervereinigung nahezu perfekt. Jetzt braucht's nur noch Hans Zimmer als verwegenen Komponisten...

Aber, oh nein! Vor wenigen Tagen zog der Disney-Konzern die Notbremse! Sämtliche Arbeiten am Wasternprojekt wurden beendet, da sich Regisseur Gore Verbinski und Produzent Jerry Bruckheimer nicht mit den Disney-Studios einigen konnten, welche finanzielle Dimensionen The Lone Ranger annehmen sollte. Verbinski vertrat die Position, dass The Lone Ranger ein Budget von 250 Millionen Dollar benötige (das wären 25 Millionen mehr als Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes, und nur 50 Millionen weniger als der bislang teuerste Film aller Zeiten), während der Disney-Konzern maximal 200 Millionen Dollar für angemessen hält. Nun müssten sich alle Beteiligten einig werden, oder das Projekt ist gestorben.

Wird The Lone Ranger auf die Kinoleinwände reiten können? Wie wird Terry Rossio dieses Mal auf die Berichterstattung reagieren? Und beim Barte von John Wayne, warum zum Teufel kostet ein Western 250 Millionen Dollar? Werden etwa echte Goldminien in die Luft gesprengt?

Die Antworten auf all das und vieles mehr... JETZT, in der atemberaubenden Auflösung von The Lone Ranger - Die Odyssee eines Westernfilms. Natürlich bei Sir Donnerbolds Bagatellen!

"Na, hören Sie mal! Wissen Sie, wie viel die Trompetenstunden für eine Herde Ziegen kosten? Geschweige denn die Produktion von Armbrüsten, die von Ziegen bedient werden können, die auf in kleinen Ruderbooten stehenden Pferden reiten? Nein? Tja, was erdreisten Sie es sich dann, unsere Budgetvorstellungen anzuzweifeln?"

Nahezu jeder, der über Disneys Produktionsstop berichtete, stellte sich die gleiche Frage: Was rechtfertigt ein Budget von 250 Millionen Dollar bei einem Western? Von irgendwoher verbreitete sich das Gerücht, in The Lone Ranger kämen kostenintensive Szenen mit Werwölfen vor. Dies wurde rasch dementiert.
Aber ja, wieso kostet The Lone Ranger denn nun 200 Millionen Dollar, oder sogar mehr?

Dies fragten auch Nutzer des Autorenforums Wordplayer, auf dem Ted Elliott & Terry Rossio aktiv sind. Einer der User behauptete, eine moderne Adaption von The Lone Ranger dürfte maximal 100 Millionen Dollar verschlingen. Zwei Männer und ihre Pferde, was kann da schon so viel kosten? Die Coen-Brüder haben True Grit sogar für schlappe 38 Millionen umgesetzt.

Terry Rossios Antwort war knapp, aber bestimmt:


>> There should be a $100 million "Lone Ranger" movie... anything more
>> and you're misjudging the audience. 


[Rossio:] You would have said the same thing before the first Pirates of the Caribbean movie, and you would have turned out to be wrong. 

Er erklärt jedoch auch, dass die hohen Kosten nicht dem Drehbuch bzw. der Autorenfeder entstammen. Das Drehbuch zu The Lone Ranger wurde, wie so viele Skripts, unter Berücksichtigungen der Wünsche des Studios, der anderen Produzenten, dem Regisseur und seines Stars entworfen. Und der generelle Konsens war, ein großes Westernspektakel anzusteuern, "ein mittelhohes Budget ist heutzutage schwieriger genehmigt zu kriegen, als ein Film mit riesigem Budget", da sich große Produktionen leichter verkaufen lassen. Indirekt schiebt Rossio also auch die Schuld in Disneys Schuhe

Die Vorschläge , man müsse einfach zu den Western-Wurzeln zurückkehren und auf CGI verzichten, erwiderte Rossio damit, dass dies bereits geschehen sei:

It's incorrect for you to presume a high budgeted film has many special effects. The budget [...] was high because of plans to shoot on location, with lots of extras. I don't know that there was a single effects shot planned; probably, but the usual 'enhance the background' stuff. (Actually I take that back, I think there were some animal shots planned to be done as effects.) 

An anderer Stelle erwähnte Rossio außerdem den Kostenfaktor der geplanten Kulissen. Eine ungenannte Quelle verriet außerdem dem Branchenblatt THR, dass die geplanten Actionpassagen von The Lone Ranger immense Dimensionen annehmen sollten, inklusive der möglicherweise "gößten Zugsequenz in der Geschichte des Kinos".

Obwohl der Streitpunkt das Budget betrifft, warnt Rossio davor, sich an den Zahlen aufzuhängen. Denn hinter Verbinskis und Bruckheimers Vorstellungen hängen auch andere Faktoren, wie die geplante Drehdauer, die durch die verschiedenen Drehorte ausgelösten Kosten (inklusive Steuern), der Versuch, bereits im Vorfeld mit Verzögerungen zu rechnen (seien es Probleme mit den Tieren, dem Wetter oder den komplizierten Actionszenen), die Löhne der kreativen Beteiligten, vertragliche Verpflichtungen und so weiter.

Rund eine Woche Zeit hat Gore Verbinski, um das Budget den Vorstellungen Disneys anzunähern. Er habe bereits einen Kostenvoranschlag für eine 242-Millionen-Dollar teure Version von The Lone Ranger eingereicht, die an vielen kleinen Ecken und Kanten der bisherigen Fassung spart. Außerdem sowohl Verbinski als auch Produzent Bruckheimer eingewilligt, ihre Lohnvorstellungen zu kürzen, was insgesamt weitere 10 Millionen Dollar einsparen soll. Somit liegt The Lone Ranger derzeit bei Kosten von 232 Millionen Dollar. Eine ungenannte Quelle von THR behauptete, dass Disney sich schon bei einem Budget von 220 Millionen umstimmen lassen könne.

Nun, so gigantisch die Action in The Lone Ranger auch sein möchte, selbst mit 12 Millionen Dollar weniger wäre er wohl unstreitbar der verschwenderischste Western aller Zeiten. Also müsste eine Einigung ja wohl möglich sein... Sage ich jetzt einfach, in meinem jugendlichen Leichtsinn. Selbst dann müsste er rund 800 Millionen einspielen, um bereits in der Kinoauswertung Profit für Disney abzuwerfen. Riskante Sache, aber ich hätte auch nie gedacht, dass Alice im Wunderland die Milliarde knackt.

1 Kommentar:

  1. @Sir D.
    *gähnt & auf Kaffeewasser wartet*
    Samstags-Frühschicht ist mies. Solch ellenlange Beiträge zu lesen, das heitert da am Morgen doch ein wenig auf. *wink*

    Ich glaub ich hab mich verlesen, doch die Hinweise auf den User (Tron: Legacy is vorbei Sir D.! ;-)), Erwähnungen von Filmen wie True Grit oder PotC, Zahlen, die ich erst kürzlich in deinem Blog genannt habe - hättest du noch das Filmchen *hust* "The Alamo" reingenommen fühlte ich mich unüberlesbar angesprochen! *in solchem Falle freutz wie Bolle* Dabei bin ich garnicht in dem besagten Forum.

    Egal. Nimm bitte nicht den Film Alice zum Vergleich. Der kam in 3D (damals noch quasi unverbraucht und mit allen Hoffnungen der Kinogänger, Kinobetreiber sowie Filmschaffenden gesegnet - lange vor der 3D - Zahlenrückgänge und Ernüchterung!) - einer gigantischen Fangemeinde der Romanvorlagen!! (nicht bloß dem phantastischen Zeichentrickfilm - nein, es geht auch um die weit realer und verrückteren Ideen aus Band 2! von Lewis Carroll - die längst keine kleinkind-Lektüre im heutigen Sinn darstellen - ja im Grunde nicht mal Jugendlektüre sind...), Namen wie Tim Burton und Johnny Depp sowie die unvermeidliche Helena Bonham Carter... Dazu noch CGI und Musik von Danny Elfman. Wer da nicht wusste, dass zumindest ein finanzieller Hit ins Haus schwebte, der hätte Tomaten auf den Augen gehabt. Machte das den Film besser? Trotz der Milliarde gibt es viele, sehr viele kritische Stimmen und vergiss bitte nicht, es geht hierbei um einen phantastischen ausflug in die Welt von Alice und Tim Burton sowie dem Wahnsinn der Bücher - wenn auch nur in Grundzügen...

    Nebenbei - der gute "Sidekick" dazumals noch Partner oder Helfer genannte Charakter vom Lone Ranger hat nicht etwa 4 Hufe. Das ist und bleibt immer noch der Indianer Tonto mit dem "N".
    Sofern der Lone Ranger also nicht die heimlich-irre Umsetzung des Zauberers von Oz ist, die niemand auf den Plan hatte und bei dem die Muppets zum geheimrundumschlag ausholen, darfst du ihn nicht Toto nennen. Besagter vierbeiniger KLäffer war ja der Begleiter von der rotbeschuhten Dorothy...

    Ich muss los.^^

    Schönen Tag noch der Herr und immer dran denken - ich bin nicht in dem erwähnten Forum Wordplayer. Die 100 Mio Obergrenze kam allerdings auch von mir. *ggg*

    So lang, Cowboy...

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