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Mittwoch, 31. August 2011
Die drei Musketiere (2011)
Was hat man davon zu halten, wenn Resident Evil-Regisseur Paul W. S. Anderson ankündigt, Die drei Musketiere neu zu verfilmen? Tja, als der Mann noch behauptete, weniger Wert auf die Austattung und die Kostüme, und mehr Wert auf Romantik und Action zu legen, war ich angepisst, aber dann sah ich Orlando Bloom in seinem Kostüm als Herzog von Buckingham, und ich war erstmals herzlich neugierig auf den Film. Ja, ich habe irgendwie eine seltsame Freude daran, Bloom in fabulösen Kostümen rumhampeln zu sehen, was wollt ihr schon dagegen unternehmen? Der erste Trailer war für mich widerlich sowie faszinierend und mit der Zeit habe ich mich immer mehr in das Projekt vernarrt. Egal ob gewollt oder ungewollt, Paul W. S. Andersons Die drei Musketiere sah nach einem Film aus, bei dem man jede Menge zum Lachen hat.
Und der Film hält, was die Werbung verspricht:
Orlando Bloom läuft herum wie ein aufgetakelter, französischer Pudel-Welpe, gekreuzt mit einem eitlen Gockel, der sich für einen Pfau hält. Er frisst die Szenerie, übertreibt mit seinem Schauspiel und dem lasziv-süffisanten diabolischen Grinsen, steckt das Publikum mit all seiner Spielfreude an.
Milla Jovovich läuft in Kleidern herum, die anfangs in all ihrem Glanz und ihrer Gloria eher wie Parodien von pompösen Kostümfilmen anmuten, aber Stück für Stück werden sie immer zeitgemäßer (angeblich soll sich Kostümschneider Pierre-Yves Gayraud von Christian Diors 50er-Jahre-Mode inspirieren lassen), bis sie wie eine französische Edelnutte im Renaissance-Gewand aussieht. Dabei spielt sie natürlich wieder einmal die verwegene und jeden austricksende Kampfamazone.
Mads Mikkelsen (in der deutschen Synchro wieder einmal mit einem triefend bös aufgelegten Axel Malzacher besetzt) trägt als Rochefort ebenfalls wieder mächtig dick auf und bemüht sich mit voller Kraft, Orlando Bloom im Böse-Grins-Wettbewerb auszustechen, währenddessen aber ernstzunehmend auszusehen. Es gelingt... so... ansatzweise. Sagen wir, es ist eine spaßige Boshaftigkeit, und kein schierer Camp wie bei Bloom.
Die Action ist energetisch, dynamisch und folgt natürlich der für Paul W. S. Anderson so typischen Videospiel-Ästhetik, mit ihrer Zeitlupe, den Nahaufnahmen und den stylischen Posen.
Tja, und dann kommt es zu den Luftschiff-Schlachten. Ja, Luftschiff-Schlachten. Diese Musketiere agieren nicht in unserer Realität oder der Welt eines altmodischen Hollywood-Swahsbucklers aus den 30ern oder 40ern, sondern in einer comichaften, im Videoclip-Stil gedrehten Welt von... naja, Steampunk ist zu früh... eher einer Welt des DaVinci-Punk. Denn mit genau diesem Erfinder reden sich die Autoren raus: DaVinci hat das Luftschiff erfunden. Und wer sind wir, DaVincis Genie anzuzweifeln?
Wenn all das für euch nach einer filmischen Wundertüte voller absurdem Popcornspaß klingt: Genau das ist es! Geht rein, am besten mit vielen Freunden und in einer gut gefüllten Kinovorstellung! Ihr werdet aus dem Grinsen kaum rauskommen. Wem sich bei der obigen Beschreibung dagegen der Magen umdrehte: Vermeidet diesen Streifen auf Teufel komm raus! Ihr werdet ihn hassen!
Natürlich kann man rummeckern, dass der Film mit der Vorlage ihre Schindluder treibt. Aber der Film ist wenigstens von Beginn an ehrlich (eigentlich schon seit den Trailern), er weiß, was er ist, und verheimlicht es auch nicht. Und überhaupt: Nach all den vorlagengetreuen und nicht-ganz-so-getrauen, aber zumindest mit klassischem Mantel-und-Degen-Spaß aufwartenden Verfilmungen hätte es eine weitere dieser Kajüte echt nicht gebraucht. Ich jedenfalls kann mit einer solch absurden Musketier-Adaption leben. Erstens, weil der Stoff schon so abgenutzt ist, dass er bereits sein eigenes Genre ist (wie der Western oder Piratenfilm), und nicht mehr als ein fest definiertes Werk betrachtet wird, und zweitens weil ich Disney-Fan bin. Hätte ich Probleme mit losen Adaptionen, dann könnte ich einen elementaren Teil meiner Filmsammlung wegwerfen.
Und ich mag ja auch Folk-Metal. Man nehme authentisch wirkende Elemente und zimmere drumherum alles, wonach einem gelüstet: Tempo, Härte, Moderne. Und genau das macht auch Andersons Die drei Musketiere. Ich finde, er hätte es sogar noch weiter treiben können. Etwa mit Christoph Waltz, der leider zu zurückhaltend ist. Er ist cool, seine Darbietung grundsolide, aber zum Ton des Films hätte es gepasst, wenn er wenigstens versucht hätte, an Tim Curry in der Disney-Verfilmung oder an seine eigene Leistung in Green Hornet heranzukommen. Oder auch mit der Musik: Sie ist eine fröhliche Mischung aus abgekupferten Passagen der ruhigeren Stücke aus Fluch der Karibik 1 & 2 sowie Hans Zimmers Sherlock Holmes-Musik, nur weitaus weniger exzentrisch. Wieso man darauf verzichtet hat, den WUMMS! dieser beiden Scores mitzuklauen, ist mir unerklärlich. Oder auch mit Til Schweigers Minirolle. Ja, allein schon seine Präsenz erhöht den Camp-Faktor und er kommt zum rechten Zeitpunkt, um den deutschen Kinogänger in die richtige Kopfschüttel-Stimmung zu versetzen, sein alberner Schurkenbart bereitet einen auf die Herrlichkeit vor, die nach ihm mit Orlando Bloom folgt... Aber man hätte da so richtig über Bord gehen können, statt Schweiger nur dabei zu haben, um ihn dabei zu haben. Und Lady de Winter hat einige der besten Sprüche des Films - meinetwegen hätten es aber auch doppelt so viele sein können. Wenn schon Camp-Blockbuster, dann auch ohne Rückhalt!
Auch von den Helden bin ich etwas enttäuscht. Zwischen den Darstellern herrscht Chemie, allerdings gibt es viel zu wenig Raum, sie auch auszuspielen. Wenn man keine andere Musketier-Erzählung kennt, dürfte man Probleme haben, die Figuren irgendwie auseinanderzuhalten. Und deshalb gibt es leider auch viel zu wenig coole Oneliner von ihnen. Dabei ist das doch nicht so schwer: Die 90er-Verfilmung mit Kiefer Sutherland und Charlie Sheen hat das richtig gut hingekriegt. Ich erinnere mich noch heute an die Figuren und kann sie zitieren. Bei den Anderson Musketieren kriege ich jetzt nichts mehr über die Helden zusammen. Die Musketiere hier sind unterhaltsam, aber schnell vergessen.
Wie auch immer: The Musketeer ist das hier zum Glück nicht. Die Trägheit und Orientierungslosigkeit dieses Matrix-Musketierfilms wich purem Popcornspaß. Und, meine Fresse, ich will eine Fortsetzung. Mehr noch: Ich will, dass Orlando Bloom in exakt dieser Staffage als wandelnder Cliffhanger/Plottwist in Pirates of the Caribbean 5 aufkreuzt und danach den Big-Bad in Teil 6 gibt!
Dienstag, 30. August 2011
Er hat Raketenantrieb! Er bekämpft die Mafia! Er bezwingt Nazis! Er verführt angehende Filmstars! Er... kann sich die Fortsetzung in die Haare schmieren.
Comicverfilmungen sind kaum noch aus Hollywod wegzudenken. Sie sind nicht nur recht verlässliche Publikumsmagneten, sondern ernten mittlerweile auch sehr viel Respekt seitens Cineasten und Kino-Kritkern. Doch vor Captain America, Iron Man, The Dark Knight, Sam Raimis Spider-Man, Bryan Singers X-Men und meinethalben auch den ersten beiden Blade-Filmen sah dies noch völlig anders aus. Es gab viel weniger Comicadaptionen als heutzutage, und von wenigen Ausnahmen abgesehen, waren sie auch deutlich schlechter. Wohl auch deshalb scheint das kollektive Gedächtnis in Sachen Comicfilmen erst um die Jahrtausendwende einzusetzen.
Aus der Zeit zuvor werden nur für die ganz großen unter den Superhelden Ausnahmen gemacht. Superman, der 1978 erstmals eine "glaubwürdige" Superheldengeschichte auf die Leinwand brachte und von Fortsetzung zu Fortsetzung immer mehr zum Ziel des Spotts wurde, sowie Batman, dessen Kassenschlager von 1989 meiner Ansicht nach arg überschätzt wird, eine (wie ich finde) viel bessere Fortsetzung hatte und daraufhin eine lächerliche Wende nahm.
Abgesehen von diesen Comicgiganten gab es viele Filme, die entweder vergessen wurden, oder die Comic-Liebhaber versuchen, endlich zu verdrängen. Howard - Ein tierischer Held, Steel, Barb Wire, Judge Dredd, Tank Girl,... Einzig der Disney-Konzern schien während der 90er-Jahre abseits der ganz großen Comic-Helden aus dem Hause DC kleine Achtungserfolge zu feiern. The Crow wurde ein waschechter Kultfilm und Dick Tracy ist heutzutage zwar weitestgehend vergessen, aber er fand überdurchschnittlichen Erfolg an den Kinokassen (selbst wenn sich Disney mehr erhoffte) sowie überraschenden Zuspruch bei den Academy Awards. Warren Beattys ambitioniertes Projekt erhielt sieben Nominierungen für den Oscar, wovon er drei Stück gewann.
Verschaffen wir uns also einen Überblick: Vor dem aktuellen Comic-Boom im Kino hatten wir die zwei berühmtesten Superhelden aller Zeiten, einen Nischen-Kultfilm, einen vergessenen mäßigen Erfolg, der von bei den Oscars Anklang fand und einen Haufen Müll. Moment, haben wir nicht etwas vergessen? Eine Comicadaption, die nicht nur die Stimmung ihrer Vorlage einfing, sondern auch abenteuerliche, spaßige Filmstunden bot. Ein dynamisches, flockiges Heldenabenteuer, das Raum für eine äußerst vergnügliche Kinoreihe ließ, aber leider nie den verdienten Publikumserfolg fand. Nicht einmal rückblickend. Naja, von ein paar sehr lauten, stolzen Fans abgesehen. Darum wurden auch die eingangs geplanten zwei Fortsetzungen niemals gedreht.
Aber man sollte nie aufgeben. Jetzt, da der Regisseur dieses Films einen anerkannten Superhelden-Blockbuster ablieferte, ist genau der richtige Zeitpunkt, um zurückzublicken!
Meine Damen und Herren, ich erbitte mir mehr Respekt für...
Der wichtigste Grund, weshalb mir Rocketeer so gut gefällt, ist seine das beste zweier (oder sogar dreier!) Abenteuer-Filmwelten vereinenden Grundstimmung. Regisseur Joe Johnston und die im Laufe der turbulenten Produktion mehrfach gefeuerten und wieder angeheuerten Drehbuchautoren Danny Bilson & Paul De Meo kreierten eine genüssliche Mischung aus dem naiv-ambitionierten Stil der Disney-Abenteuerfilme der 50er Jahre (nur mit einem wunderbaren Art-Deko-Setting an Stelle einer Jules-Vernes- oder Robert-Louis-Stevenson-Welt) und dem althergebrachten Pulp-Feeling einer Superhelden-Serial aus früheren Kinotagen.
Diesen Ansatz hat Joe Johnston sicherlich von George Lucas gelernt, dessen zwei großen Franchises (für die Johnston Effektarbeit leistete) bekanntlich ebenfalls moderne Rückgriffe auf alte Schundabenteuer sind. Und Johnston hat diesen spaßigen Filmstil ebenfalls drauf: Rocketeer fühlt sich wie ein guter Disney-Realfilm an, wie ein zeitgemäßer Blockbuster der frühen 90er und wie eine liebevolle Hommage an vergangenes Hollywood-Abenteuerkino.
Die Geschichte ist geradlinig, vergnüglich und grundsolide erzählt: Wir befinden uns im Jahr 1938, als Howard Hughs strenggeheimer Prototyp eines Jetpacks gestohlen wird. Zufällig gerät er in die Hände des unwissenden Stuntpiloten Cliff Secord (Billy Campbell), dessen Flugzeug kurz vor der großen Flugshow enormen Schaden nahm. Entgegen des Rats seines Mentors und Mechanikers Peevy (Alan Arkin), will er dieses Gerät unbedingt austesten. Auch wenn Peevy es nicht zugeben würde, ist er von dem Jetpack fasziniert und bemüht sich, es zu verbessern. Was die beiden nicht wissen: Sowohl das FBI, als auch die Mafia sind hinter dem Prototypen her, letztere im Auftrag des Hollywoodstars Neville Sinclair (Timothy Dalton), einem an Errol Flynn angelehnten Swashbuckler-Darsteller. Dieser wird von Herscharen von Frauen verehrt, darunter auch Cliffs Freundin Jenny (Jennifer Connelly), die als Statistin am Set von Nevilles neuen Film dabei sein darf.
Als Cliff während eines Notfalls bei einem Flugzirkus das Jetpack (sowie einen von Peevy entworfenen Helm) einsetzt, um einen Kollegen zu retten, machen Schlagzeilen über einen Superhelden namens "Rocketeer" die Runde - und natürlich dauert es nicht lange, bis die Mafia und das FBI sich an seine Fersen setzen...
Rocketeer hat ein paar kleinere Macken. Keine von ihnen ist gravierend, in der Summe sind sie dennoch auffällig. So hat der Film zwar eine sehr gesunde Dosis Humor, die hilft den Camp-Faktor seiner Handlung zu unterstreichen, aber dieser Humor findet keinen einheitlichen Tonfall. Manches ist der schiere Disney-Familienfilm-Slapstick, anderes ist schon etwas kerniger, etwa wenn ein älterer Mann in Jennifer Conellys Ausschnitt starrt und anmerkt, sie kennenzulernen sei ein doppeltes Vergnügen. Wohl auch wegen solcher Scherzchen (und der Ankunft der Nazis in Los Angeles via Zeppelin) hat sich Disney dazu entschlossen, Rocketeer in manchen Märkten als Touchstone-Film zu veröffentlichen, statt als Disney-Produktion. Dies war aber die ursprüngliche und in den USA bis heute geltende Einteilung - und die finde ich auch ganz und gar angebracht.
Wie dem auch sei, wenn man von manchen Problemen, den richtigen Humor zu finden oder auch von einer Eröffnungs-Verfolgungssequenz, die gerne etwas spektakulärer hätte sein dürfen, absieht, ist Rocketeer gebündeltes, tolles Unterhaltungskino. Campbell ist ein guter Durchschnittstyp, der in die Heldenrolle stolpert, Alan Arkin und Timothy Dalton sind richtig göttlich in ihren comichaften, und dennoch mit dem richtigen (herzlichen bzw. boshaften) Charme ausgestatten Rollen und Terry O'Quinn (Locke hochstpersönlich!) gibt ein nettes Stelldichein als Howard Hughes. Jennifer Connelly agiert mir etwas zu steif, doch wenigstens bricht ihre Figur etwas aus dem "Zu rettendens Püppchen"-Schema aus. Ja, gemäß der Pulp-Abenteuer-Orientierung muss auch sie mal befreit werden, aber verbal und auch körperlich teilt sie hie und da aus, was das ganze erfrischend hält. Dass ihre Figur in den Comics noch anders hieß und Aktmodell war, ist eine der grundlegendsten Änderungen gegenüber der Vorlage. Aber der Film profitiert davon, weil wir dadurch mehr Hollywood-Flair schnuppern dürfen.
Die Effekte waren für ihre Zeit sensationell, allerdings kam Rocketeer im Sommer von Terminator 2 in die Kinos, und verloren somit jeglichen Anspruch, die bahnbrechendsten Tricks des Kinojahres zu sein. Dafür kann die Ausstattung bei Liebhabern des 30er-Stils für Euphorie sorgen: Die Kostüme sehen toll aus und die Sets reflektieren den damaligen Hollywood-Zeitgeist. Natürlich auch inklusive seltsamer Architektur für Cafés und Restaurants. Für das verwendete Budget ist Rocketeer ein wahrer Augenschmaus. Und ein Genuss für die Ohren ist der Film obendrein: James Horner gab eine seiner besten Arbeiten ab, mit einem träumerisch-heroischen Soundtrack, der einen in Gedanken fliegen lässt. Ein paar altmodisch-jazzige Stücke haben sich auch mit eingeschlichen. Klassik, Jazz, schöner, nicht zu dick aufgetragener Filmpathos: Wie diese Filmmusik bei den Oscars komplett ignoriert werden konnte, ist mir ein Rätsel.
Rocketeer ist nicht perfekt. Aber Joe Johnstons zweite Regiearbeit beinhaltet schon sämtliche Qualitäten, die zwei Jahrzehnte später Captain America auszeichnen sollten, und ist schon für sich betrachtet ein so solides, charmantes Stück Hollywood-Kino, dass ihr die Apathie des Publikums einfach nicht gerecht wird. Dieses Disney- und Superhelden-Kleinod ist mir mit seiner handgemachten Action, dem wundervollen Score von James Horner und dem vergnügten Ensemble sogar lieber als der Vorzeigefilm Iron Man. Ja, die Downey-junior-Show ist reinstes Vergnügen, die Effekte sind keinesfalls mies, aber die Randfiguren sind nur halb so interessant, gegen Ende des zweiten Akts ist Iron Man was zäh und sich kloppende CGI-Roboter(anzüge) finde ich nur halb so cool, wie 30er-Mafiagangster in Nadelstreifenanzügen, die mit ihren MGs auf einen Nazi-Zeppelin feuern. Und Jeff Bridges' Leistung in Iron Man ist längst vergessen - Timothy Dalton in Rocketeer hingegen glüht vor Selbstgenuss.
Rocketeer ist im Vergleich zu modernen Comicverfilmungen eine Kleinproduktion. Doch in Sachen Sehvergnügen spielt er in der Liga der Pre-Avenger-Filme der Marvel Studios mit. Wo er sich mit den meisten der Filme auf verschmitzte Weise anlegen kann.
Und deshalb hat Rocketeer mehr Respekt verdient.
Weitere Artikel dieser Reihe:
Aus der Zeit zuvor werden nur für die ganz großen unter den Superhelden Ausnahmen gemacht. Superman, der 1978 erstmals eine "glaubwürdige" Superheldengeschichte auf die Leinwand brachte und von Fortsetzung zu Fortsetzung immer mehr zum Ziel des Spotts wurde, sowie Batman, dessen Kassenschlager von 1989 meiner Ansicht nach arg überschätzt wird, eine (wie ich finde) viel bessere Fortsetzung hatte und daraufhin eine lächerliche Wende nahm.
Abgesehen von diesen Comicgiganten gab es viele Filme, die entweder vergessen wurden, oder die Comic-Liebhaber versuchen, endlich zu verdrängen. Howard - Ein tierischer Held, Steel, Barb Wire, Judge Dredd, Tank Girl,... Einzig der Disney-Konzern schien während der 90er-Jahre abseits der ganz großen Comic-Helden aus dem Hause DC kleine Achtungserfolge zu feiern. The Crow wurde ein waschechter Kultfilm und Dick Tracy ist heutzutage zwar weitestgehend vergessen, aber er fand überdurchschnittlichen Erfolg an den Kinokassen (selbst wenn sich Disney mehr erhoffte) sowie überraschenden Zuspruch bei den Academy Awards. Warren Beattys ambitioniertes Projekt erhielt sieben Nominierungen für den Oscar, wovon er drei Stück gewann.
Verschaffen wir uns also einen Überblick: Vor dem aktuellen Comic-Boom im Kino hatten wir die zwei berühmtesten Superhelden aller Zeiten, einen Nischen-Kultfilm, einen vergessenen mäßigen Erfolg, der von bei den Oscars Anklang fand und einen Haufen Müll. Moment, haben wir nicht etwas vergessen? Eine Comicadaption, die nicht nur die Stimmung ihrer Vorlage einfing, sondern auch abenteuerliche, spaßige Filmstunden bot. Ein dynamisches, flockiges Heldenabenteuer, das Raum für eine äußerst vergnügliche Kinoreihe ließ, aber leider nie den verdienten Publikumserfolg fand. Nicht einmal rückblickend. Naja, von ein paar sehr lauten, stolzen Fans abgesehen. Darum wurden auch die eingangs geplanten zwei Fortsetzungen niemals gedreht.
Aber man sollte nie aufgeben. Jetzt, da der Regisseur dieses Films einen anerkannten Superhelden-Blockbuster ablieferte, ist genau der richtige Zeitpunkt, um zurückzublicken!
Meine Damen und Herren, ich erbitte mir mehr Respekt für...
Rocketeer
Der wichtigste Grund, weshalb mir Rocketeer so gut gefällt, ist seine das beste zweier (oder sogar dreier!) Abenteuer-Filmwelten vereinenden Grundstimmung. Regisseur Joe Johnston und die im Laufe der turbulenten Produktion mehrfach gefeuerten und wieder angeheuerten Drehbuchautoren Danny Bilson & Paul De Meo kreierten eine genüssliche Mischung aus dem naiv-ambitionierten Stil der Disney-Abenteuerfilme der 50er Jahre (nur mit einem wunderbaren Art-Deko-Setting an Stelle einer Jules-Vernes- oder Robert-Louis-Stevenson-Welt) und dem althergebrachten Pulp-Feeling einer Superhelden-Serial aus früheren Kinotagen.
Diesen Ansatz hat Joe Johnston sicherlich von George Lucas gelernt, dessen zwei großen Franchises (für die Johnston Effektarbeit leistete) bekanntlich ebenfalls moderne Rückgriffe auf alte Schundabenteuer sind. Und Johnston hat diesen spaßigen Filmstil ebenfalls drauf: Rocketeer fühlt sich wie ein guter Disney-Realfilm an, wie ein zeitgemäßer Blockbuster der frühen 90er und wie eine liebevolle Hommage an vergangenes Hollywood-Abenteuerkino.
Die Geschichte ist geradlinig, vergnüglich und grundsolide erzählt: Wir befinden uns im Jahr 1938, als Howard Hughs strenggeheimer Prototyp eines Jetpacks gestohlen wird. Zufällig gerät er in die Hände des unwissenden Stuntpiloten Cliff Secord (Billy Campbell), dessen Flugzeug kurz vor der großen Flugshow enormen Schaden nahm. Entgegen des Rats seines Mentors und Mechanikers Peevy (Alan Arkin), will er dieses Gerät unbedingt austesten. Auch wenn Peevy es nicht zugeben würde, ist er von dem Jetpack fasziniert und bemüht sich, es zu verbessern. Was die beiden nicht wissen: Sowohl das FBI, als auch die Mafia sind hinter dem Prototypen her, letztere im Auftrag des Hollywoodstars Neville Sinclair (Timothy Dalton), einem an Errol Flynn angelehnten Swashbuckler-Darsteller. Dieser wird von Herscharen von Frauen verehrt, darunter auch Cliffs Freundin Jenny (Jennifer Connelly), die als Statistin am Set von Nevilles neuen Film dabei sein darf.
Als Cliff während eines Notfalls bei einem Flugzirkus das Jetpack (sowie einen von Peevy entworfenen Helm) einsetzt, um einen Kollegen zu retten, machen Schlagzeilen über einen Superhelden namens "Rocketeer" die Runde - und natürlich dauert es nicht lange, bis die Mafia und das FBI sich an seine Fersen setzen...
Rocketeer hat ein paar kleinere Macken. Keine von ihnen ist gravierend, in der Summe sind sie dennoch auffällig. So hat der Film zwar eine sehr gesunde Dosis Humor, die hilft den Camp-Faktor seiner Handlung zu unterstreichen, aber dieser Humor findet keinen einheitlichen Tonfall. Manches ist der schiere Disney-Familienfilm-Slapstick, anderes ist schon etwas kerniger, etwa wenn ein älterer Mann in Jennifer Conellys Ausschnitt starrt und anmerkt, sie kennenzulernen sei ein doppeltes Vergnügen. Wohl auch wegen solcher Scherzchen (und der Ankunft der Nazis in Los Angeles via Zeppelin) hat sich Disney dazu entschlossen, Rocketeer in manchen Märkten als Touchstone-Film zu veröffentlichen, statt als Disney-Produktion. Dies war aber die ursprüngliche und in den USA bis heute geltende Einteilung - und die finde ich auch ganz und gar angebracht.
Wie dem auch sei, wenn man von manchen Problemen, den richtigen Humor zu finden oder auch von einer Eröffnungs-Verfolgungssequenz, die gerne etwas spektakulärer hätte sein dürfen, absieht, ist Rocketeer gebündeltes, tolles Unterhaltungskino. Campbell ist ein guter Durchschnittstyp, der in die Heldenrolle stolpert, Alan Arkin und Timothy Dalton sind richtig göttlich in ihren comichaften, und dennoch mit dem richtigen (herzlichen bzw. boshaften) Charme ausgestatten Rollen und Terry O'Quinn (Locke hochstpersönlich!) gibt ein nettes Stelldichein als Howard Hughes. Jennifer Connelly agiert mir etwas zu steif, doch wenigstens bricht ihre Figur etwas aus dem "Zu rettendens Püppchen"-Schema aus. Ja, gemäß der Pulp-Abenteuer-Orientierung muss auch sie mal befreit werden, aber verbal und auch körperlich teilt sie hie und da aus, was das ganze erfrischend hält. Dass ihre Figur in den Comics noch anders hieß und Aktmodell war, ist eine der grundlegendsten Änderungen gegenüber der Vorlage. Aber der Film profitiert davon, weil wir dadurch mehr Hollywood-Flair schnuppern dürfen.
Die Effekte waren für ihre Zeit sensationell, allerdings kam Rocketeer im Sommer von Terminator 2 in die Kinos, und verloren somit jeglichen Anspruch, die bahnbrechendsten Tricks des Kinojahres zu sein. Dafür kann die Ausstattung bei Liebhabern des 30er-Stils für Euphorie sorgen: Die Kostüme sehen toll aus und die Sets reflektieren den damaligen Hollywood-Zeitgeist. Natürlich auch inklusive seltsamer Architektur für Cafés und Restaurants. Für das verwendete Budget ist Rocketeer ein wahrer Augenschmaus. Und ein Genuss für die Ohren ist der Film obendrein: James Horner gab eine seiner besten Arbeiten ab, mit einem träumerisch-heroischen Soundtrack, der einen in Gedanken fliegen lässt. Ein paar altmodisch-jazzige Stücke haben sich auch mit eingeschlichen. Klassik, Jazz, schöner, nicht zu dick aufgetragener Filmpathos: Wie diese Filmmusik bei den Oscars komplett ignoriert werden konnte, ist mir ein Rätsel.
Rocketeer ist nicht perfekt. Aber Joe Johnstons zweite Regiearbeit beinhaltet schon sämtliche Qualitäten, die zwei Jahrzehnte später Captain America auszeichnen sollten, und ist schon für sich betrachtet ein so solides, charmantes Stück Hollywood-Kino, dass ihr die Apathie des Publikums einfach nicht gerecht wird. Dieses Disney- und Superhelden-Kleinod ist mir mit seiner handgemachten Action, dem wundervollen Score von James Horner und dem vergnügten Ensemble sogar lieber als der Vorzeigefilm Iron Man. Ja, die Downey-junior-Show ist reinstes Vergnügen, die Effekte sind keinesfalls mies, aber die Randfiguren sind nur halb so interessant, gegen Ende des zweiten Akts ist Iron Man was zäh und sich kloppende CGI-Roboter(anzüge) finde ich nur halb so cool, wie 30er-Mafiagangster in Nadelstreifenanzügen, die mit ihren MGs auf einen Nazi-Zeppelin feuern. Und Jeff Bridges' Leistung in Iron Man ist längst vergessen - Timothy Dalton in Rocketeer hingegen glüht vor Selbstgenuss.
Rocketeer ist im Vergleich zu modernen Comicverfilmungen eine Kleinproduktion. Doch in Sachen Sehvergnügen spielt er in der Liga der Pre-Avenger-Filme der Marvel Studios mit. Wo er sich mit den meisten der Filme auf verschmitzte Weise anlegen kann.
Und deshalb hat Rocketeer mehr Respekt verdient.
Weitere Artikel dieser Reihe:
Aller guten Dinge sind drei: "Tron: Legacy"-Fortsetzung unterwegs?
Sin City 2, Epic Mickey 2 und nun Tron: HierUntertitelEinsetzen! Wenn morgen erstaunliche Meldungen bezüglich Pirates of the Caribbean 5 auftauchen, dann habe ich eine neue Lieblingswoche des Jahres.
Natürlich muss man solche Meldungen immer mit etwas Vorsicht betrachten, dennoch versetzt es mich in einen kleinen Jubelsturm, dass AICN ein Video veröffentlicht hat, in dem Bruce Boxleitner höchstpersönlich auf der D23-Expo mit einem Fan darüber spricht, dass er von Disney bereits für einen dritten Teil der Tron-Saga angeheuert wurde und dieser 2013 in die Kinos käme.
Natürlich könnte es sein, dass Boxleitner bloß davon spricht, dass bereits ein Drehbuchautor engagiert wurde, bloß würde ich das als Schauspieler nicht als abgemachte Sache bezeichnen. Zumindest Gespräche mit dem Studio, vielleicht auch abgeschlossene Verträge, sollten schon dazugehören. Außerdem ist es ja keine Selbstverständlichkeit, dass er überhaupt noch mit dem Film zu tun hat. Nun, Tron 3 würde ich noch nicht als garantiert ansehen, aber meine Furcht, dass der Film nicht realisiert wird, hat bereits ein gutes Stück nachgelassen.
Siehe auch:
Montag, 29. August 2011
Und noch eine Fortsetzung scheint vital: Epic Mickey 2?!
Epic Mickey sah in den ersten Konzeptphasen entweder total dämlich, aufgesetzt schaurig und schauerhaft aus... oder großartig, einfallsreich, mutig und schlichtweg super. Je nachdem, wen man fragte. Ich geselle mich eher in die zweite Runde. Das eigentliche Spiel habe ich noch immer nicht gespielt, aber der generelle Konsens ist ja "gut... nicht so, wie ganz zu Beginn erwartet".
Nun, wie mir der gute Jan (ihr kennt ihn von einem gewissen Podcast) verriet, deuten gewisse Zeichen auf einen zweiten Anlauf:
Ein Leser von Destructoid.com meldete dem Portal, dass er zu einer Online-Marktforschungsumfrage eingeladen wurde. Und der Kernpunkt dieser Umfrage war: Soll es Epic Mickey 2 geben, wie sollte das Cover aussehen und was ist der ansprechendere Titel? Die Cover seht ihr oben, zu den Titel zählten derweil, so der Hinweis des Destructoid-Lesers, Epic Mickey 2: Return of the Mad Doctor, Epic Mickey 2: The Power of Two, Epic Mickey 2: Mystery on Mean Street und das simple Epic Mickey 2.
So, jetzt seid ihr auch eingeweiht.
Nun, wie mir der gute Jan (ihr kennt ihn von einem gewissen Podcast) verriet, deuten gewisse Zeichen auf einen zweiten Anlauf:
Ein Leser von Destructoid.com meldete dem Portal, dass er zu einer Online-Marktforschungsumfrage eingeladen wurde. Und der Kernpunkt dieser Umfrage war: Soll es Epic Mickey 2 geben, wie sollte das Cover aussehen und was ist der ansprechendere Titel? Die Cover seht ihr oben, zu den Titel zählten derweil, so der Hinweis des Destructoid-Lesers, Epic Mickey 2: Return of the Mad Doctor, Epic Mickey 2: The Power of Two, Epic Mickey 2: Mystery on Mean Street und das simple Epic Mickey 2.
So, jetzt seid ihr auch eingeweiht.
Sin City 2: Es lebt tatsächlich - und hat einen Oscar-gekrönten Skriptdoktor
Robert Rodriguez sagte ja, dass Sin City 2 weiterhin in Arbeit sei. Und wenn er dieses Jahr nicht Nägeln mit Köpfen mache, dann niemals. Fans des Originals von 2005 (so lang ist's her!) dürfen also vor Freude in die Luft springen, denn es wird tatsächlich weiter am Drehbuch gebastelt. Und dieses Mal holt sich Robert Rodriguez Hilfe von auswärts!
Wie THR berichtet, wird das Drehbuch von Frank Miller und Robert Rodriguez derzeit von niemand geringerem als William Monahan überarbeitet. Dieser gewann für The Departed den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch, hat also ganz klar Ahnung im Kriminalthriller-Genre. Ob er nun all die Schundfantasien auslebt, die er bei Scorsese zurückhalten musste, oder ob er Sin City 2 vorbereitet, der überraschendste Drehbuch-Oscar-Kandidat aller Zeiten zu werden, wird sich natürlich erst noch zeigen müssen. Monahan ist auch in Joseph Kosinskis Horizons (ehemals Oblivion) involviert, welches kürzlich fünf gefragte Darstellerinnen in die engere Auswahl für die weibliche Hauptrolle nahm. In Zukunft könnten wir Olivia Wilde, Brit Marling, Jessica Chastain, Noomi Rapace oder Olga Kurylenko neben Tom Curise sehen... vielleicht auf Basis eines Skripts des bis dorthin eventuell mehrfach Oscar-Prämierten Monahan.
Doch realistisch gedacht können wir aus dieser Meldung nur folgendes ziehen: Sin City 2... Es leeeeeeebt...!
Midnight in Paris
Einer der besten Autorenfilmer der Kinogeschichte widmet der schönsten Stadt der Welt ein filmisches Liebesgedicht, welches zugleich auf originelle Weise den kreativen Schaffensprozess beleuchtet, indem es sich vor einigen der inspirierendsten Persönlichkeiten der Vergangenheit verneigt. Wie könnte ich besser meinen 50. Kinobesuch des Jahres begehen, was könnte bei einem solchen Film überhaupt enttäuschen?
Midnight in Paris wurde bereits von zahlreichen Kritikern als Woody Allens bester Film beschrieben. Mindestens seit den 80er Jahren, möglicherweise sogar seines gesamten Schaffens. Ein sehr weitreichendes Urteil, und es fällt mir schwer, dagegenzusteuern. So kurz nach meiner ersten Sichtung möchte ich mich nicht völlig festlegen, aber Midnight in Paris ist definitiv eine von Allens Glanzleistungen. Dass es sein kommerziell größter Erfolg geworden ist, freut mich daher sehr, jedoch bin ich schon ein klein wenig überrascht. Die ungewöhnliche Liebeserklärung an Paris ist zwar bei weitem nicht sein Nischenfilm schlechthin, da allein schon ihre unstreitbare Qualität und der schwer entkommbare Esprit einem eventuellen Randdasein entgegensteuern. Doch es ist auch nicht gerade der archetypische Durchbruchs- oder Comebackfilm, mit dem künstlerische Autorenfilmer (wieder) an Mainstreamaufmerksamkeit gelangen. Ich denke schon, dass man eine Künstlerader aufzeigen muss, eine nostalgische Veranlagung braucht oder parisverliebt sein sollte, um den meisten Genuss aus Midnight in Paris zu ziehen. Ein paar Vorkenntnisse über Literatur und Malerei können auch nicht schaden, aber das preisverdächtige Drehbuch geht auch ohne sie auf.
Welche Geschichte lockte Woody Allen denn dieses Mal aus seinem geliebten New York? Nun, Midnight in Paris handelt vom erfolgreichen Hollywood-Autor Gil (Owen Wilson), der seine oberflächlichen Komödien-Drehbücher gern zu einer Sache der Vergangenheit machen würde. Seit einiger Zeit arbeitet er an einem substantiellem Roman, mit dem er allerdings nicht zufrieden ist. Als seine stockkonservativen Schwiegereltern in spe (Mimi Kennedy & Kurt Fuller) eine Geschäftsreise nach Paris unternehmen, nutzen er und seine Verlobte Inez (Rachel McAdams) die Gelegenheit, um sich kostenfrei dranzuhängen. Inez freut sich auf ein gehobenes Touristen-Programm: Gemeinsam mit ihrem belesenen (soll heißen: besserwisserischen) Studienfreund Paul (Michael Sheen) und dessen Frau (Nina Arianda) unternimmt sie Museumsbesuche, kauft in Antiquitätenläden ein und besucht nachts Discos. Der in Paris vernarrte Gil möchte die Stadt aber auf andere Weise erkunden, ziellos herumschlendern und die Atmosphäre der Straßen atmen. Nach einer Weinprobe mit Geschäftsfreunden seines kündftigen Schwiegervaters seilt er sich von der Gruppe ab, um Paris nach Mitternacht zu erkundigen. Die Stadt der Liebe ist zwar zu jeder Tageszeit ein wundervoller Ort, aber wie sich zeigt, ist Paris zu dieser späten Stunde magischer und erfüllender, denn sonst...
Es entfaltet sich eine wunderschöne Geschichte über altmodische Romantik, Kreativität und die Kunst mit offenen Augen zu träumen. Es gibt viele Filme, die sich darum bemühen, die ewige Suche nach Inspiration auf Zelluloid zu bannen, allerdings wurde sie selten so bezaubernd eingefangen, wie in Midnight in Paris. Weshalb Woody Allen seine Künstlergeschichte nicht in irgendeiner Stadt angesiedelt hat, sondern im beseelten Paris, wird schnell ersichtlich, denn die Handlung profitiert ungemein vom zeitlosen Charme der französichen Hauptstadt. Mittels Allens entwaffnender Inszenierung und den atmosphärischen, wunderschön beleuchteten Postkartenmotiven seines Kamerateams Darius Khondji (Evita) & Johanne Debas (Kuss-Kuss in Paris) wird dies sicherlich auch für jene ersichtlich, die noch nicht das Glück hatten, Paris mit eigenen, offenen Augen zu erkunden.
Was in Anbetracht seiner letzten Filme vielleicht überrascht, ist dass Allen für seine sentimentale, nostalgische Künstlerkomödie den beißenden Zynismus wieder bei Seite lässt und zu einer erfrischenden, herzlichen Naivität zurückkehrt. Einen besseren Grundtenor könnte Midnight in Paris nicht finden.
Das Ensemble ist durch die Bank weg fantastisch. Der stets unterschätzte Owen Wilson erinnert hier wieder an seine Leistungen in den nachdenklichen Tragikomödien mit Wes Anderson und die vor Charme sprühende Rachel McAdams spielt mit Genuss Gils mit mehr Bodenhaftung ausgestattete (gestrafte? gesegnete?) Verlobte. Sie schafft es mit viel Witz und Unaufdringlichkeit, den Zuschauer auf Gils Seite zu manövrieren, ohne in die für Filme über Kreativität und Kunst so typische Falle zu tappen, und einen gegen die Realistin aufzubringen. Inez ist keine uncharmante, abscheuliche Figur, sie teilt einfach nicht Gils Künstlerader. Die Rolle der Witzfiguren übernehmen dafür Michael Sheen, dessen arroganter Pseudo-Intellektueller köstlich amüsant ist, und Kurt Fuller, als ultra-republikanischer Dickschädel. Auch alle anderen Rollen sind großartig besetzt, jede(r) Darsteller(in) bringt sichtbares Engagement und einen sprühenden Funken mit sich, ganz gleich, wie groß oder klein sein (oder ihr) Part auch ist. Ganz besonders gefiel mir Adrien Brody mit einem schier unvergesslichen, brüllend komischen Gastauftritt, über den man besser keine weiteren Worte verliert.
Midnight in Paris ist Woody Allen, wie ich ihn liebe. Greifbare zentrale Figuren, ein mit sprühenden Dialogen versehenes Drehbuch, feiner Witz und eine schöne, durchaus verschrobene Grundsituation.
Freitag, 26. August 2011
The Rum Diary: Der Film existiert noch, und er hat einen Trailer!
Der Film ist längst abgedreht, und bald wird's auch für den Kinogänger abgedreht: Johnny Depp kehrt in die Welt von Hunter S. Thompson zurück. Und dieses Mal begleitet ihn Amber Heard.
Dadurch, dass der Kinostart mehrfach verschoben wurde, ist The Rum Diary nun um einige zufällige "Referenzen" auf Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten und Rango reicher. Warten lohnt sich also.
Dadurch, dass der Kinostart mehrfach verschoben wurde, ist The Rum Diary nun um einige zufällige "Referenzen" auf Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten und Rango reicher. Warten lohnt sich also.
Donnerstag, 25. August 2011
OK Go und die Muppets
The Green Album, so heißt die neue Scheibe, auf der zahlreiche moderne Künstler klassische Muppet-Songs covern. Eines der Cover stammt von der US-Indieband OK Go. Sie nahmen den Titelsong der Muppet Show und verwandelten ihn in einen elektrisch-verworrenen Indie-Titel, wie er jederzeit in einem Film von Wes Anderson auftauchen könnte.
Das Video geistert schon länger durch das Netz, aber zunächst waren deutsche Muppet-Freunde die Dummen, weil die GEMA sämtliche Zugänge sperrte. Dies scheint sich geändert zu haben... Hoffentlich:
Das Video geistert schon länger durch das Netz, aber zunächst waren deutsche Muppet-Freunde die Dummen, weil die GEMA sämtliche Zugänge sperrte. Dies scheint sich geändert zu haben... Hoffentlich:
Mittwoch, 24. August 2011
Banksy übernimmt das Werbefernsehen
Banksy - Exit Through The Gift Shop (*zu meiner Kritik*), die intelligente, kunst- und mediensatirische Dokumentation von und über den britischen Graffitikünstler Banksy wird so langsam aber sicher von den europäischen Fernsehstationen eingenommen. So läuft der Film am 31. August um 0.45 im WDR. Diese TV-Ausstrahlung wird leider nicht so einmalig sein, wie die britische Premiere auf Channel 4. Denn der Fernsehsender gab Banksy die Gelegenheit, die Werbeunterbrechungen mit einigen eigenen Spots zu würzen.
Eine Zusammenstellung der Banksy-Spots findet ihr hier:
Nichts weltbewegendes, aber doch ein netter Touch, der die kommerzielle Fernsehauswertung einer kommerzkritischen Dokumentation sehr gut aufwertet. Wer Banksy nochmal in Höchstform sehen möchte, kann sich ja nochmal sein Simpsons-Intro ansehen. In der jüngsten Simpsons-Staffel werden übrigens erneut kleine Banksy-Gags auftauchen. Wir in Deutschland hinken ja noch etwas hinterher: Am 10. Oktober strahlt ProSieben um 20.15 Uhr die in The Lisa Series umbenannte Episode MoneyBART aus - und somit die erste Vereinigung der gelben Chaosfamilie und dem anarchischen Straßenkünstler.
Bis dahin werde ich hoffentlich Zeit finden, mir nochmal Exit Through The Gift Shop anzusehen. Dann im Double-Feature mit einem ganz anderen, und doch so vergleichbaren Film. Wenn das was gescheites ergibt, werdet ihr es erfahren, wenn nicht, dann tut so, als hättet ihr diese Zeilen niemals gelesen...
Dienstag, 23. August 2011
D23: Ein Blick auf die Themenparks
Dass die Walt Disney Company weniger Filme als Warner Bros., ihr ständiger Konkurrent um den Titel des weltgrößten Unterhaltungskonzerns, veröffentlichen kann, und dennoch finanziell ziemlich solide dasteht, liegt vor allem an den Freizeitparks. Diese sind eine verlässliche Einnahmequelle mit einer beneidenswert treuen Fangemeinde. Menschenskinder, es gibt sogar Disney-Fans, deren Herz allein wegen der Parks für Disney schlägt. Das kann ich zwar nicht so ganz nachvollziehen, da ich nicht verstehe, wie manche die Filme mies finden und trotzdem die Parks lieben können (sind sie dafür nicht zu verwandt?), aber ich möchte da niemanden in seine Herzensangelegenheiten reinquatschen.
Jedenfalls dürfte es niemanden überraschen, dass die Themenparks bei der D23 Expo womöglich den größten Raum beanschlagt haben. Leider gab es relativ wenig Neuigkeiten unter all der Themenpark-Berichterstattung, aber ich habe mich bemüht, die interessantesten der Informationen rauszufischen:
Zunächst stellte Tom Staggs von Disneys Themenpark-Division die Pläne für das rundumerneuerte Fantasyland im Magic Kingdom vor. So wird Belles Dorf viel Raum davon einnehmen und sehr liebevoll bepflanzt. Neben mehreren Restaurants wird es auch eine interaktive Meet-and-Greet-Möglichkeit mit Figuren bieten. Teil dessen ist die bis dato komplizierteste Audio-Animatronic: Ein lebensgroßer Lumiere.
Außerdem wird auch Schneewittchens Dorf das Fantasyland erweitern, in welchem auch die neue Familien-Achterbahn Seven Dwarfs Mine Coaster zu finden ist. Diese ist wilder als die zahme Fahrt mit Casey jr., aber sanfter als Big Thunder Mountain und schließt somit die klaffende Lücke in Disneys Achterbahnen-Spektrum. Videos auf der Expo führten die neuartigen Wagen vor, die unabhängig voneinander ins Schwingen geraten:
(Quelle: Attractions Magazine)
Auch im kalifornischen Disneyland wird das Fantasyland verstärkt an Disneys Märchenfilme angepasst. In diesem Falle stehen aber nicht Die Schöne und das Biest und Schneewittchen, sondern Rapunzel Pate. Wie der Präsident des Disneyland Resorts, George Kalogridis, auf der Expo erklärte, wird man die zwar charmanten, aber auch recht "tacky" gearteten Carnation Gardens zur so genannten Fantasy Fair umgestalten. Diese ist vom pittoresken Markplatz im wunderschönen Königreich aus Rapunzel inspiriert und wird auch einen Blick auf Rapunzels Turm beinhalten (die geographische Magie der Disney-Parks!). Auf diesem Platz wartet neben den üblichen Boutiquen und Verzehrgelegenheiten auch zahlreiches Live-Entertainment auf die Gäste, wie etwa die geplante Royal Ribbon Parade, ein musikalisches Fest mit zahlreichen Tänzern, Artisten und Belle sowie Rapunzel. Ja, die belesenen der Disney-Prinzessinnen scheinen sich zu verstehen. Gefällt mir. Außerdem soll es wohl auch Gelegenheit für die üblichen Autogrammstunden mit den adligen Disney-Figuren (inklusive Pixars Merida) geben. Nachts wird der Platz außerdem für zahlreiche Sonderveranstaltungen geöffnet.
Wir nähern uns damit also einen gewaltigen Schritt dem künstlerischen Disney-Inzest: Die Regisseure von Rapunzel sagten, dass die Gestaltung des Königreichs in Rapunzel sehr stark vom Fantasyland inspiriert wurde, und nun wird diese Inspirationsquelle unter Bezugnahme auf Rapunzel neu gestaltet. Irgendwie ironisch, aber so lange es hübsch und einfallsreich umgesetzt wird, werde ich nicht panisch aufschreien.
Auch die massiven Umbauten im parkgewordenen Prügelknappen Disney California Adventure wurden thematisiert. So zeigte man einige Konzeptbilder der Buena Vista Street, die an Stelle des derzeitigen Eingangs treten wird. Sie soll, wie seit Jahren angekündigt, das gesamte Konzept des Themenparks auf den Kopf stellen und aus "Kalifornien als Themenpark! In Kalifornien!" eine waschechte, disney'esque Zeitreise bieten. Man betritt auf Augenhöhe gemeinsam mit einem jungen und träumerischen Walt Disney und seiner jüngsten Schöpfung Micky Maus (siehe das Bild ganz oben) das Los Angeles der 20er Jahre und folgt dann während der Erkundung des Parks der Entwicklung des disney'schen Traums, während man auch die Facetten Kaliforniens kennenlernt. Klingt doch direkt viel besser!
(Quelle: Disney Parks)
An Cars Land, ebenfalls des kalifornischen Abenteuers, wird weiter tüchtig gebaut. Wirklich neues gab es nicht zu lernen, die bereits angekündigten Attraktionen werden derzeit getestet, und die Cast Member (Disneys Parkangestellten) werden in diesem Bereich in einem liebenswürdigen Seitenhieb auf John Lasseter in Hawaiihemden mit Route-66-Symbolen auftreten. Denn... warum nicht? Die spannendste Meldung bezüglich des kalifornischen Resorts sind wohl buchbare persönliche Begegnungen für besonders begeisterte Disney-Fans, wie etwa "ein Abendessen mit einem Imagineer... in der Haunted Mansion" oder das Wiedererleben alter (filmischer) Attraktionen. Damit spricht man wohl ganz klar die Club 33-Zielgruppe an, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass dies etwas für den schmalen Geldbeutel wird.
Schließlich widmete man sich auch dem in der Planung befindlichen Disneypark in Shanghai, der auf dem besten Wege ist der ambitioniertste von allen zu werden, wie allein schon die vielen Konzeptbilder bei Disney and more vermuten lassen. Schon das Schloss wird das größte in der Disney-Geschichte: Das Enchanted Storybook Castle umfasst vier Stockwerke und beinhaltet ein Restaurant, in dem man mit den Prinzessinnen speisen kann, eine Boutique, eine Walkthrough-Attraktion sowie eine sämtlichen Disney-Märchen gewidmete Bootsfahrt. Klotzen, nicht kleckern...
Mehr bei: Fused Film, Disney and more, Attractions Magazine, Mickey Updates
Oh... Ihr wartet noch immer darauf, dass auch was für uns Europäer gemeldet wird? Ihr Narren! Natürlich gab es mal wieder nichts neues über Disneyland Paris.
Deutschlands Lehrer in Sachen Humor ist verstorben
Wie heute bekannt wurde, verstarb gestern Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Loriot, im Alter von 87 Jahren. Der am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geborene Karikaturist, Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur sei aufgrund von Altersschwäche "sanft entschlafen", wie eine Sprecherin des Diogenes Verlags im Namen Loriots Hinterbliebenen mitteilte.
Loriot gehörte zu den bedeutendsten und vielseitigsten deutschen Künstlern. Mit seinem feingeistigen Humor brachte er erst als spitzfindiger Cartoonist und ab 1967 auch als Fernsehmoderator und -komiker dem spröden deutschen Bürgertum das Lachen bei. Am bekanntesten wurden seine Fernsehsketche im Rahmen der sechsteiligen ARD-Reihe Loriot, in der er unter anderem gemeinsam mit Evelyn Hamann das Versagen der zwischengeschlechtlichen Kommunikation auf's Korn nahm. Zahlreichen Sketchen, darunter dem Jodeldiplom und dem Weihnachtstrubel bei Familie Hoppenstedt ("Früher war mehr Lametta!") gelang der dauerfristige Eingang in unseren Sprachgebrauch.
Dem unter anderem mit dem Bambi, der Goldenen Kamera, dem Wilhelm-Busch-Preis sowie dem Deutschen Filmpreis ausgezeichneten Multitalent gelang es mit seinem besonnen Auftreten und der so ruhigen Art, selbst bei den spießigsten Deutschen auf Akzeptanz zu stoßen. Dabei zog Loriot eben diese stocksteife Natur genüsslich durch den Kakao. Und trotzdem versprühte er stets eine ehrliche, gelebte Würde, die viele Komiker für den Witz abstreifen. Selbst in seinen skurrilsten, subversivesten Momenten schien Loriot über den Dingen zu stehen - vielleicht konnte er genau deshalb so treffende Beobachtungen über den Irrsinn in den langweiligsten Situationen des Alltags machen. Verdientermaßen wurde er dafür zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Soziologie ernannt.
Wie wichtig Loriots Schaffen für die hiesige Humorkultur ist, lässt sich kaum zusammenfassen. Möge er in Frieden ruhen. Denn seine unvergesslichen Schöpfungen werden es, glücklicherweise, nicht.
Loriot gehörte zu den bedeutendsten und vielseitigsten deutschen Künstlern. Mit seinem feingeistigen Humor brachte er erst als spitzfindiger Cartoonist und ab 1967 auch als Fernsehmoderator und -komiker dem spröden deutschen Bürgertum das Lachen bei. Am bekanntesten wurden seine Fernsehsketche im Rahmen der sechsteiligen ARD-Reihe Loriot, in der er unter anderem gemeinsam mit Evelyn Hamann das Versagen der zwischengeschlechtlichen Kommunikation auf's Korn nahm. Zahlreichen Sketchen, darunter dem Jodeldiplom und dem Weihnachtstrubel bei Familie Hoppenstedt ("Früher war mehr Lametta!") gelang der dauerfristige Eingang in unseren Sprachgebrauch.
Dem unter anderem mit dem Bambi, der Goldenen Kamera, dem Wilhelm-Busch-Preis sowie dem Deutschen Filmpreis ausgezeichneten Multitalent gelang es mit seinem besonnen Auftreten und der so ruhigen Art, selbst bei den spießigsten Deutschen auf Akzeptanz zu stoßen. Dabei zog Loriot eben diese stocksteife Natur genüsslich durch den Kakao. Und trotzdem versprühte er stets eine ehrliche, gelebte Würde, die viele Komiker für den Witz abstreifen. Selbst in seinen skurrilsten, subversivesten Momenten schien Loriot über den Dingen zu stehen - vielleicht konnte er genau deshalb so treffende Beobachtungen über den Irrsinn in den langweiligsten Situationen des Alltags machen. Verdientermaßen wurde er dafür zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Soziologie ernannt.
Wie wichtig Loriots Schaffen für die hiesige Humorkultur ist, lässt sich kaum zusammenfassen. Möge er in Frieden ruhen. Denn seine unvergesslichen Schöpfungen werden es, glücklicherweise, nicht.
D23: Videospiele, Märchen, Burton-Horror - Disneys Trickfilmwelt abseits von Pixar
Wreck-it Ralph, ehemals Reboot Ralph, ehemals Joe Jump, hat bereits eine turbulente Produktionsgeschichte hinter sich, aber die Storyfindungsprobleme sind nunmehr gelöst und das Kino-Regiedebüt von Rich Moore steuert einen Kinostart Ende 2012 an. Der Regisseur einiger der besten Simpsons- und Futurama-Episoden wird Disney-Fans das 52. Meisterwerk im offiziellen Disney-Kanon bescheren, und damit Fans ein besseres Gefühl für den Ton dieses Films bekommen, wurde er auf der D23-Expo recht umfangreich repräsentiert.
So gab es eine auf der Ausstellung eine Ecke, in der eine Retro-Arcade aufgebaut wurde, deren Zentrum der Fake-Spieleautomat zu Fix-it Felix, jr. bildete. Diese liebevolle Verneigung vor dem waschechten 80er-Arcadefeeling bildete das Videospiel nach, welches die "Heimat" des Film-Titelhelden darstellt. Der bullige Ralph ist der Schurke in einem an Donkey Kong jr. und Rampage erinnert. Seit nunmehr 30 Jahren tut er brav seinen Job und mach dem optimistischen Handwerker Fix-it Felix, jr. das Leben schwer. Doch das ständige Randalieren erfüllt Ralph nicht mehr, was ihn in eine Identitätskrise stürzt. Auf der Suche nach Anerkennung reist er, sobald niemand mehr da ist, durch die gesamte Arcade. Wie John Lasseter erklärte, wird Wreck-it Ralph für Videospiele das tun, was Falsches Spiel mit Roger Rabbit für klassischen Zeichentrick tat und die neuen Figuren im Laufe ihres Abenteuers mit zahlreichen alteingesessenen Videospielcharakteren zusammenführen.
Dies wird bereits in der Eröffnungsszene bewiesen, die (größtenteils in Storyboardform) auf der Expo aufgeführt wurde: Ralph ist Mitglied einer Schurken-Selbsttherapiegruppe namens Bad-Anon: One Game At A Time, der auch unter anderem einer der Geister aus Pac-Man, die Schlange aus Q*bert, ein anonymer, Axt-schwingender Zombie (Kanonenfutter zahlreicher Horrorgames und Shooter), Kano aus Mortal Kombat und Bowser angehörig sind. Aber Ralph versucht letztlich, sich auf anderem Weg zu helfen: Er lässt die Gruppensitzungen sausen und geht auf die Suche nach einem Spiel, indem er nicht weiter der geborene Schurke ist.
Überraschenderweise sollen wohl auch schon die ersten vier Minuten sehr viel mehr als solide Charakterisierung beinhalten: Der Film beginnt mit einem von John C. Reilly (Ralphs Originalsprecher) gesprochenen, an Film noirs angelehnten Off-Kommentar, in welchem Ralph erklärt, wieso er so ist, wie er ist: "Wo ich herkomme, gibt es nur zwei Arten von Typen: Gute Jungs und böse Jungs. Ich bin 9 Fuß groß, wiege 643 Pfund und ich kann nicht die Straße entlanglaufen, ohne gigantischen Schaden anzurichten." Ralph erklärt auch, wie sich die Zeiten für ihn und Felix änderten. Hatten sie früher noch viele ähnliche Kollegen, sind sie nun einsame Vertreter ihrer Zunft in der Arcade.
Reillys Darbietung wird gemeinhin als sehr beseelt beschrieben, Gerade die Szenen, die zeigen, was mit Ralph passiert, sobald das Spiel zu Ende ist und er auf der anderen Seite des Bildschirms ganz allein auf der Schutthalde zurückzieht, während Felix jr. umfeiert wird, soll wohl recht anrührend sein.
Regisseur Rich Moore erklärte während der Präsentation seines Films, dass Ralph auf seiner Reise durch die Spielewelt unter anderem in dem Science-Fiction-Egoshooter Hero's Duty landet, wo er "nicht deplatzierter sein könnte". Dieses klar von Halo inspirierte Spiel beinhaltet auch den toughen weiblichen Sgt. Calhoun (Jane Lynch), die Ralph schnell völlig überfordert, weshalb er sich in das Fun-Rennspiel Sugar Rush flüchtet. Dies ist die Heimat von Vanellope von Schweet (Sarah Silverman "Ich führe eine Hassliebe zu Disney, weil sie mich fühlen lassen. Das ist hart, denn ich habe ein sehr kleines Herz"), und dort scheint der sanfte Riese Ralph endlich als Held akzeptiert. Aber wie auch im echten Leben, so beinhalten auch in der Filmwelt von Wreck-it Ralph einige der am kindischsten gestalteten Spiele die größten und gefährlichsten Herausforderungen...
Für mich klingen die bisher veröffentlichten Informationen so, als hätte Wreck-it Ralph den quirligen, nerdigen Humor und die knallige Fantasie von Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt, gekreut mit der Emotionalität einiger früherer Pixar-Filme (ich spüre einen Toy Story 2/Monster AG-Vibe). Sollte dem so sein, kann ich den Walt Disney Animation Studios nur gratulieren: An das 50. Meisterwerk wird Wreck-it Ralph wohl in meiner Rangliste nicht heranreichen, sollte der Film so werden, wie ich erwarte, aber es dürfte ein sehr humorvoller und dennoch herzlicher Animationsfilm sein, der hilft, Disneys Meisterwerk-Kanon vielfältig zu halten und der Dreamworks zeigt, wie man ihre popkulturell angehauchten Komödien richtig umsetzt.
Mehr bei: Total Film, io9, Entertaiment Weekly, Cinema Blend, FirstShowing
Im April wurde öffentlich, dass die Rapunzel-Regisseure Nathan Greno und Byron Howard in die Märchenwelt zurückkehren und einen Kurzfilm über Disneys sympathischste Prinzessin nachliefern werden. Damals war weder das Thema des Kurzfilms, noch dessen Veröffentlichungsformat bekannt, was sich mittlerweile geändert hat: Der Kurzfilm wird auf dem US-Disney Channel seine Premiere feiern (weshalb Disney ihn mittlerweile als TV-Special bezeichnet) und von Rapunzels Hochzeit handeln.
Viel mehr gibt es eigentlich nicht, außer... eines der schlechtesten Disney-Poster aller Zeiten! Achja, und den Filmtitel... Tangled Ever After ist nun kein sonderlich origineller Filmtitel, aber dieses Poster ist einfach grauenhaft. Also, was ist alles mies an diesem Poster? Zunächst einmal war man tatsächlich so faul und dreist, einfach altes Clip-Art zu nehmen und Rapunzel sowie Flynn neu einzukleiden (und eine neue Frisur zu verpassen). Pascal und Maximus wurden 1:1 aus altem Bildmaterial übernommen und weil das Poster ja noch nicht blöd genug ist, wird es mit zahllosen anderen Figuren, darunter den Stabbington-Brüdern und der Kneipen-Schlägerbande, vollgestopft.
Aber wenigstens können wir uns zwei Dingen versichern: Der Kurzfilm hält die Filmkontinuität aufrecht und mit Howard und Greno auf dem Regiestuhl kann ja eigentlich nichts schiefgehen. In der Disney-Trickfilmwelt sind Fortsetzungen, die den Regisseur des Originals beibehalten, eine absolute Rarität. Also kann man ja eigentlich nur erwarten, dass sich die Geschichte wiederholt: Grauenhaftes Marketing - fantastisches Ergebnis?
In den Kommentaren der letzten Tage hoffte ja der geschätzte Disney-Blogger und treue Stammleser Jaguar D Sauro, dass ich das TV-Special verreiße. Wieso denn? Als es noch offiziell als Kurzfilm bezeichnet wurde, waren alle enthusiastisch, und ich weiß nicht, was sich seither geändert hat. Ja, bei anderen Projekten würde ich wegen des Posters Panik bekommen, aber dass Rapunzel nicht an solchen Dingen bemessen werden darf, ist ja bereits etabliert. Ein Cash-In ist es meiner Ansicht nach auch nicht, jedenfalls längst nicht so sehr wie Arielle 2 & 3 oder ähnliche DTV-Produktionen. Die Original-Künstler sind daran beteiligt, während Genies wie Ron Clements & John Musker die Hände gefesselt waren und ihnen nichts anderes blieb, als die Prinzessin-Fortsetzungen zu hassen. Und... es ist Rapunzel! *schmacht*
(PS: Bitte nicht als Zickerei unter Bloggern verstehen, sondern schlicht als prominent veröffentlichte Antwort auf einen interessante Diskussionen ermöglichenden Kommentar)
Mit einem ungewöhnlich knappen Abstand kommt nächstes Jahr vor Wreck-it Ralph auch Tim Burtons jüngstes Projekt in die Kinos: Der seit einiger Zeit in der mühseligen Produktion befindliche Stop-Motion-Film Frankenweenie. "Der Regisseur von Alice im Wunderland" (hoffentlich muss sich Tim Burton diese Betitelung nicht all zu häufig gefallen lassen) bringt damit seinen zweiten 3D-Film heraus, der übrigens zugleich seine Rückkehr zum Schwarz-Weiß-Film markiert. Die ihre Vorlage, den gleichnamigen Kurzfilm von anno 1984, enorm erweiternde Adaption wird von Don Hahn (Der König der Löwen, Atlantis) produziert und trumpft im Original mit den Stimmen von Martin Landau, Winona Ryder, Martin Short, und Catherine O'Hara. Die Musik stammt natürlich von Danny Elfman.
Tim Burton mag zwar in den frühen 80ern aus dem Disney-Konzern geflogen sein, weil seine Nischen-Kurzfilme Vincent und Frankenweenie als eine Verschwendung der Sturio-Ressourcen betrachtet wurden, aber seit der von Burton verfasste und produzierte Nightmare before Christmas Kultstatus innehält, hat sich das Verhältnis zwischen Disney und Burton bekanntlich gebessert. Einen zweiten Milliardenerfolg wird man wohl dennoch nicht erwarten - hoffentlich, denn sonst wird Disney nur enttäuscht, und dann ist Frankenweenie ein zweites Mal schuld, dass Burton und Disney giftig auseinander gehen.
Da Tim Burton nicht anwesend war, sprachen stattdessen die Produzenten Don Hahn und Allison Abbate auf der Expo über Frankenweenie. Neben Konzeptzeichnungen wurden auch erste Filmszenen gezeigt, die angeblich die burton'esqueste Mischung aus grotesk und liebenswürdig sein sollen, die man je zu sehen bekam. Laut Don Hahn sei es ein sehr persönliches Projekt für Tim Burton, der auch von Beginn an darauf bestand, es in schwarz-weiß zu verwirklichen, weil dies die Emotionalität der Figuren in den Vordergrund rücke. Außerdem sind so viel stärkere Einflüsse des deutschen Filmexpressionismus möglich.
Der Film spielt in der fiktiven Stadt "New Holland", einer absurden Mischung aus dem Burbank der frühen 70er Jahre und Transylvanien. Wie auch im Kurzfilm verliert ein kleiner Junge, der sich nebenher als verrückter Wissenschaftler betätigt, durch einen Unfall seinen getreuen Hund Sparky. Also beschließt er, ihn wieder zum Leben zu erwecken, was jedoch schnell für Aufruhr in dem Städtchen sorgt. Dabei sind monströse Haustiere keine Seltenheit in New Holland, schließlich gibt es dort weitere schräge Haustiere wie einen Mumien-Hamster.
Allein schon solche Randnotizen stimmen mich vertrauensselig in diesen Film, denn es scheint, dass Burton nach Alice im Wunderland wieder stärker auf sein Herz hört, statt allein seinem Streben nach schrägen (visuellen) Ideen nachzugeben. Richtig angepackt könnte dieser groteske Familiengrusel als Satire auf die Doppelmoralität des Kleinstadtleben funktionieren. Diese Hoffnung wird durch eine Aussage von Allison Abbate zementiert: Tim Burton hebe sich Stop-Motion für wahre Herzensangelegenheiten auf, da es eine Dummheit wäre, die für dieses Medium benötigte Zeit in eine Idee zu stecken, an der man nicht mit Leib und Seele hängt. Burton habe auch das Design jeder einzelnen Figur selbst entworfen und der Film habe insgesamt 35 äußerst detaillierte Sets.
Die "Dreharbeiten" zu Frankenweenie sind noch im vollen Gange, man hofft aber, an Thanksgiving fertig zu sein. Danny Elfman begann kürzlich damit, die Filmmusik zu schreiben, die übrigens im Gegensatz zu Burtons vorherigen Stop-Motion-Projekten rein instrumental bleiben wird. Die Öffentlichkeit soll im kommenden Oktober erstmals einen Blick auf den Film werfen können.
Mehr bei: io9, Collider, ShockTillYouDrop
Und, worauf freue ich mich am meisten?
Ich würde glatt sagen "Alle drei zusammen!" Mein innerer Nerd freut sich gewaltig auf die verrücktere Seite von Wreck-it Ralph, während ich von Frankenweenie etwas viel kunstvolleres erhoffe, was meinen inneren Cineasten entzückt. Und der Rapunzel-Kurzfilm, tja, der könnte im schlimmsten Film nur ein Schulterzucken hervorlocken (während Kinoenttäuschungen schon deprimierender wären), aber im besten Falle wird es ein warmherziger, wunderbar animierter Spaß. *Haaaach!* Ein wahres "Oh, wow, meine Güte, ich will den Film sofort sehen!"-Projekt ist in dieser Liste zwar nicht dabei, aber dafür haben wir ja noch immer Pixar... Und die etwas "geheimeren" Disney-Projekte.
So gab es eine auf der Ausstellung eine Ecke, in der eine Retro-Arcade aufgebaut wurde, deren Zentrum der Fake-Spieleautomat zu Fix-it Felix, jr. bildete. Diese liebevolle Verneigung vor dem waschechten 80er-Arcadefeeling bildete das Videospiel nach, welches die "Heimat" des Film-Titelhelden darstellt. Der bullige Ralph ist der Schurke in einem an Donkey Kong jr. und Rampage erinnert. Seit nunmehr 30 Jahren tut er brav seinen Job und mach dem optimistischen Handwerker Fix-it Felix, jr. das Leben schwer. Doch das ständige Randalieren erfüllt Ralph nicht mehr, was ihn in eine Identitätskrise stürzt. Auf der Suche nach Anerkennung reist er, sobald niemand mehr da ist, durch die gesamte Arcade. Wie John Lasseter erklärte, wird Wreck-it Ralph für Videospiele das tun, was Falsches Spiel mit Roger Rabbit für klassischen Zeichentrick tat und die neuen Figuren im Laufe ihres Abenteuers mit zahlreichen alteingesessenen Videospielcharakteren zusammenführen.
Dies wird bereits in der Eröffnungsszene bewiesen, die (größtenteils in Storyboardform) auf der Expo aufgeführt wurde: Ralph ist Mitglied einer Schurken-Selbsttherapiegruppe namens Bad-Anon: One Game At A Time, der auch unter anderem einer der Geister aus Pac-Man, die Schlange aus Q*bert, ein anonymer, Axt-schwingender Zombie (Kanonenfutter zahlreicher Horrorgames und Shooter), Kano aus Mortal Kombat und Bowser angehörig sind. Aber Ralph versucht letztlich, sich auf anderem Weg zu helfen: Er lässt die Gruppensitzungen sausen und geht auf die Suche nach einem Spiel, indem er nicht weiter der geborene Schurke ist.
Überraschenderweise sollen wohl auch schon die ersten vier Minuten sehr viel mehr als solide Charakterisierung beinhalten: Der Film beginnt mit einem von John C. Reilly (Ralphs Originalsprecher) gesprochenen, an Film noirs angelehnten Off-Kommentar, in welchem Ralph erklärt, wieso er so ist, wie er ist: "Wo ich herkomme, gibt es nur zwei Arten von Typen: Gute Jungs und böse Jungs. Ich bin 9 Fuß groß, wiege 643 Pfund und ich kann nicht die Straße entlanglaufen, ohne gigantischen Schaden anzurichten." Ralph erklärt auch, wie sich die Zeiten für ihn und Felix änderten. Hatten sie früher noch viele ähnliche Kollegen, sind sie nun einsame Vertreter ihrer Zunft in der Arcade.
Reillys Darbietung wird gemeinhin als sehr beseelt beschrieben, Gerade die Szenen, die zeigen, was mit Ralph passiert, sobald das Spiel zu Ende ist und er auf der anderen Seite des Bildschirms ganz allein auf der Schutthalde zurückzieht, während Felix jr. umfeiert wird, soll wohl recht anrührend sein.
Links: Felix, Rechts: Vanellope (Bildquelle: ComingSoon) |
Für mich klingen die bisher veröffentlichten Informationen so, als hätte Wreck-it Ralph den quirligen, nerdigen Humor und die knallige Fantasie von Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt, gekreut mit der Emotionalität einiger früherer Pixar-Filme (ich spüre einen Toy Story 2/Monster AG-Vibe). Sollte dem so sein, kann ich den Walt Disney Animation Studios nur gratulieren: An das 50. Meisterwerk wird Wreck-it Ralph wohl in meiner Rangliste nicht heranreichen, sollte der Film so werden, wie ich erwarte, aber es dürfte ein sehr humorvoller und dennoch herzlicher Animationsfilm sein, der hilft, Disneys Meisterwerk-Kanon vielfältig zu halten und der Dreamworks zeigt, wie man ihre popkulturell angehauchten Komödien richtig umsetzt.
Mehr bei: Total Film, io9, Entertaiment Weekly, Cinema Blend, FirstShowing
Im April wurde öffentlich, dass die Rapunzel-Regisseure Nathan Greno und Byron Howard in die Märchenwelt zurückkehren und einen Kurzfilm über Disneys sympathischste Prinzessin nachliefern werden. Damals war weder das Thema des Kurzfilms, noch dessen Veröffentlichungsformat bekannt, was sich mittlerweile geändert hat: Der Kurzfilm wird auf dem US-Disney Channel seine Premiere feiern (weshalb Disney ihn mittlerweile als TV-Special bezeichnet) und von Rapunzels Hochzeit handeln.
Viel mehr gibt es eigentlich nicht, außer... eines der schlechtesten Disney-Poster aller Zeiten! Achja, und den Filmtitel... Tangled Ever After ist nun kein sonderlich origineller Filmtitel, aber dieses Poster ist einfach grauenhaft. Also, was ist alles mies an diesem Poster? Zunächst einmal war man tatsächlich so faul und dreist, einfach altes Clip-Art zu nehmen und Rapunzel sowie Flynn neu einzukleiden (und eine neue Frisur zu verpassen). Pascal und Maximus wurden 1:1 aus altem Bildmaterial übernommen und weil das Poster ja noch nicht blöd genug ist, wird es mit zahllosen anderen Figuren, darunter den Stabbington-Brüdern und der Kneipen-Schlägerbande, vollgestopft.
Aber wenigstens können wir uns zwei Dingen versichern: Der Kurzfilm hält die Filmkontinuität aufrecht und mit Howard und Greno auf dem Regiestuhl kann ja eigentlich nichts schiefgehen. In der Disney-Trickfilmwelt sind Fortsetzungen, die den Regisseur des Originals beibehalten, eine absolute Rarität. Also kann man ja eigentlich nur erwarten, dass sich die Geschichte wiederholt: Grauenhaftes Marketing - fantastisches Ergebnis?
In den Kommentaren der letzten Tage hoffte ja der geschätzte Disney-Blogger und treue Stammleser Jaguar D Sauro, dass ich das TV-Special verreiße. Wieso denn? Als es noch offiziell als Kurzfilm bezeichnet wurde, waren alle enthusiastisch, und ich weiß nicht, was sich seither geändert hat. Ja, bei anderen Projekten würde ich wegen des Posters Panik bekommen, aber dass Rapunzel nicht an solchen Dingen bemessen werden darf, ist ja bereits etabliert. Ein Cash-In ist es meiner Ansicht nach auch nicht, jedenfalls längst nicht so sehr wie Arielle 2 & 3 oder ähnliche DTV-Produktionen. Die Original-Künstler sind daran beteiligt, während Genies wie Ron Clements & John Musker die Hände gefesselt waren und ihnen nichts anderes blieb, als die Prinzessin-Fortsetzungen zu hassen. Und... es ist Rapunzel! *schmacht*
(PS: Bitte nicht als Zickerei unter Bloggern verstehen, sondern schlicht als prominent veröffentlichte Antwort auf einen interessante Diskussionen ermöglichenden Kommentar)
Mit einem ungewöhnlich knappen Abstand kommt nächstes Jahr vor Wreck-it Ralph auch Tim Burtons jüngstes Projekt in die Kinos: Der seit einiger Zeit in der mühseligen Produktion befindliche Stop-Motion-Film Frankenweenie. "Der Regisseur von Alice im Wunderland" (hoffentlich muss sich Tim Burton diese Betitelung nicht all zu häufig gefallen lassen) bringt damit seinen zweiten 3D-Film heraus, der übrigens zugleich seine Rückkehr zum Schwarz-Weiß-Film markiert. Die ihre Vorlage, den gleichnamigen Kurzfilm von anno 1984, enorm erweiternde Adaption wird von Don Hahn (Der König der Löwen, Atlantis) produziert und trumpft im Original mit den Stimmen von Martin Landau, Winona Ryder, Martin Short, und Catherine O'Hara. Die Musik stammt natürlich von Danny Elfman.
Tim Burton mag zwar in den frühen 80ern aus dem Disney-Konzern geflogen sein, weil seine Nischen-Kurzfilme Vincent und Frankenweenie als eine Verschwendung der Sturio-Ressourcen betrachtet wurden, aber seit der von Burton verfasste und produzierte Nightmare before Christmas Kultstatus innehält, hat sich das Verhältnis zwischen Disney und Burton bekanntlich gebessert. Einen zweiten Milliardenerfolg wird man wohl dennoch nicht erwarten - hoffentlich, denn sonst wird Disney nur enttäuscht, und dann ist Frankenweenie ein zweites Mal schuld, dass Burton und Disney giftig auseinander gehen.
Da Tim Burton nicht anwesend war, sprachen stattdessen die Produzenten Don Hahn und Allison Abbate auf der Expo über Frankenweenie. Neben Konzeptzeichnungen wurden auch erste Filmszenen gezeigt, die angeblich die burton'esqueste Mischung aus grotesk und liebenswürdig sein sollen, die man je zu sehen bekam. Laut Don Hahn sei es ein sehr persönliches Projekt für Tim Burton, der auch von Beginn an darauf bestand, es in schwarz-weiß zu verwirklichen, weil dies die Emotionalität der Figuren in den Vordergrund rücke. Außerdem sind so viel stärkere Einflüsse des deutschen Filmexpressionismus möglich.
Der Film spielt in der fiktiven Stadt "New Holland", einer absurden Mischung aus dem Burbank der frühen 70er Jahre und Transylvanien. Wie auch im Kurzfilm verliert ein kleiner Junge, der sich nebenher als verrückter Wissenschaftler betätigt, durch einen Unfall seinen getreuen Hund Sparky. Also beschließt er, ihn wieder zum Leben zu erwecken, was jedoch schnell für Aufruhr in dem Städtchen sorgt. Dabei sind monströse Haustiere keine Seltenheit in New Holland, schließlich gibt es dort weitere schräge Haustiere wie einen Mumien-Hamster.
Allein schon solche Randnotizen stimmen mich vertrauensselig in diesen Film, denn es scheint, dass Burton nach Alice im Wunderland wieder stärker auf sein Herz hört, statt allein seinem Streben nach schrägen (visuellen) Ideen nachzugeben. Richtig angepackt könnte dieser groteske Familiengrusel als Satire auf die Doppelmoralität des Kleinstadtleben funktionieren. Diese Hoffnung wird durch eine Aussage von Allison Abbate zementiert: Tim Burton hebe sich Stop-Motion für wahre Herzensangelegenheiten auf, da es eine Dummheit wäre, die für dieses Medium benötigte Zeit in eine Idee zu stecken, an der man nicht mit Leib und Seele hängt. Burton habe auch das Design jeder einzelnen Figur selbst entworfen und der Film habe insgesamt 35 äußerst detaillierte Sets.
Die "Dreharbeiten" zu Frankenweenie sind noch im vollen Gange, man hofft aber, an Thanksgiving fertig zu sein. Danny Elfman begann kürzlich damit, die Filmmusik zu schreiben, die übrigens im Gegensatz zu Burtons vorherigen Stop-Motion-Projekten rein instrumental bleiben wird. Die Öffentlichkeit soll im kommenden Oktober erstmals einen Blick auf den Film werfen können.
Mehr bei: io9, Collider, ShockTillYouDrop
Und, worauf freue ich mich am meisten?
Ich würde glatt sagen "Alle drei zusammen!" Mein innerer Nerd freut sich gewaltig auf die verrücktere Seite von Wreck-it Ralph, während ich von Frankenweenie etwas viel kunstvolleres erhoffe, was meinen inneren Cineasten entzückt. Und der Rapunzel-Kurzfilm, tja, der könnte im schlimmsten Film nur ein Schulterzucken hervorlocken (während Kinoenttäuschungen schon deprimierender wären), aber im besten Falle wird es ein warmherziger, wunderbar animierter Spaß. *Haaaach!* Ein wahres "Oh, wow, meine Güte, ich will den Film sofort sehen!"-Projekt ist in dieser Liste zwar nicht dabei, aber dafür haben wir ja noch immer Pixar... Und die etwas "geheimeren" Disney-Projekte.
Montag, 22. August 2011
D23: The Great and Powerful Muppets from Mars
Wer selbst nach dem Trailer noch nicht davon überzeugt ist, dass die Muppets in ihrem kommenden Kinofilm zu alter Form zurückkehren, lässt sich vielleicht von der humorvollen D23-Präsentation des Films umstimmen. Jason Segel, Kermit und Miss Piggy wurden angekündigt, doch als sich der Vorhang öffnete, waren nur Segel und Kermit auf zwei Regiestühlen zu sehen. Die beiden waren fix zu betonen, dass Miss Piggy niemals pünktlich ist. Publikumsrufe wie "Ich liebe dich Kermit!" wurden selbstverständlich sofort mit einem "Ich dich auch erwidert" und Kermit erklärte, dass die Arbeit mit den Co-Stars des Films eine Freude war. Sowohl mit der "wunderschönen wie talentierten Amy Adams" und dem "ebenso talentierten, aber nicht ganz so schönen Jason Segel... nichts für ungut!"
Dann wurden die Clips angekündigt, die einzig und allein eine Schwäche hätten: Miss Piggy käme nicht darin vor. Zum Glück, so Segel, ist sie ja nicht da, weshalb es keinen Ärger zu befürchten gebe. Auf dieses Stichwort hin wurde Miss Piggy mit viel Krawall von einem klassischen US-Chopper in die Halle gefahren. (Quelle: ComingSoon)
Aber nicht nur auf der Bühne waren Segel und die Muppets in bester Form, auch die Clips schienen das Publikum und die US-Blogger sehr zufriedenzustellen. Für viele war die Muppet-Präsentation das Highlight - und das will ja was heißen! Einer der Clips zeigt nahezu die gesamte Muppet-Gang, wie sie zu We Build This City ihr Theater wieder aufräumt. Klingt nach nichts spektakulärem? Tja, den Beschreibungen und Reaktionen nach ist diese Szene voll mit Humor und vielen kleinen typischen Muppet-Charakteristika. Weitere Berichte sprechen davon, dass Jason Segels Skript zwar ganz klar sämtliche Altersgruppen anspricht, aber die nun groß gewordenen Kinder und Jugendliche der 80er Jahre ganz besonders ins Visier nimmt, etwa mit einer Szene, die zeigt, dass Kermits Lebensstil im Höhepunkt der 80er hängen geblieben ist. Wie Jason Segel im Interview mit THR anschneidet, sollen es keine billigen Popkultur-Referenzen sein, sondern Gags, die auch dazu dienen, die Figuren zu charakterisieren. Als riesiger Puppen- und vor allem Muppet-Fan ("Mein Haus ist voller Puppen... deshalb bin ich auch noch immer Single!") nahm er diesen Film halt entsprechend ernst. Und er ist nicht allein: Wie er Collider erzählte, war das Muppet-Set das meistbesuchte seiner Karriere, da einfach alle möglichen Freunde und Bekannte der Beteiligten die Muppets kennenlernen wollten.
Der bereits angekündigte Toy Story-Kurzfilm im Vorprogramm von Die Muppets handelt übrigens davon, wie Buzz Lightyear bei einem Fast-Food-Restaurant vergessen wird. Während er sich mit einigen billigen Happy-Meal-Spielzeugen anfreundet (darunter eine Meerjungfrau, gesprochen von Jane Lynch aus Glee), machen sich Woody und Co. auf, um ihn zu retten.
Natürlich war auch das angeblich 300 Millionen Dollar verschlingende Mammutwerk von Pixars Top-Regisseur Andrew Stanton Teil der D23-Expo. John Carter, laut Disneys eigenen Angaben "nur" eine 250-Millionen-Dollar-Produktion, erhielt durchwachseneres Feedback auf der Expo. Für jede begeisterte Stimme schien es auch einen Zweifler zu geben. Schon der Look des Films entzweite die Geister: Einige sind beeindruckt davon, dass Andrew Stanton eine sehr entsättigte, einheitliche Farbpalette wählte, während andere über die mangelnde Knalligkeit erbost sind. Auch die meisten der CGI-Effekte schienen bislang weder zu begeistern, noch zu enttäuschen, sondern schlichtweg solide zu sein. Aber bis März kann man ja hoffentlich noch einiges retten.
Das Motion-Capturing für Willem Dafoes Figur wurde insgesamt am besten angenommen. Für die Dreharbeiten musste Dafoe drei Fuß hohe Stelzen tragen, damit die Verwandlung in seine Alien-Figur im Computer glaubwürdiger erscheint und damit die Darsteller am Set stets den richtigen Blickwinkel einnehmen, wenn sie mit ihm interagieren. Aus einem ähnlichen Grund wurde am Set auch auf Puppen-Tricktechnik zurückgegriffen, um die vier Arme seiner Figur zu simulieren.
Insgesamt wurden vier Szenen gezeigt, die auf Superhero Hype sehr ausführlich beschrieben werden. Gegenüber den Reportern dieser Website scherzte Andrew Stanton auch, wie lang die Produktionsdauer für dieses Monstrum war: "Ich dachte, Realfilme wären schneller als Animation. Ich war gewohnt, dass Filme bis zu vier Jahre benötigen, was nur ein paar Monate weniger Zeit ist, als ich mit [John Carter] verbracht habe", sagte er über das so weit möglich auf digitale Sets verzichtenden Sci-Fi-Abenteuer.
Der letzte nennenswerte Realfilm, der auf der D23-Expo besprochen wurde, ist Oz: The Great and Powerful, dessen Dreharbeiten erst kürzlich in Detroit begonnen haben. Wie Hauptdarsteller James Franco laut Insidemovies auf der Expo erklärte, beginnt der Film mit einem betrügerischen Straßenzauberer und verführenden Weiberhelden, der während eines Heißluftballontricks von einem Wirbelsturm erfasst und nach Oz transportiert wird. Dort begegnet er den drei Hexen von Oz (Michelle Williams, Mila Kunis, Rachel Weisz) und wird schließlich zum Zauberer von Oz hoch - laut Franco ist dies die einzige Chance seiner Rolle, sich selbst wieder auf den rechten Weg zurückzubringen.
Auf der Expo konnte, da die Dreharbeiten erst vor kurzem angefangen haben, kaum fertiges Filmmaterial gezeigt werden, doch dieses chancierte zwischen Sepia-Tönen und knalligem Technicolor, ganz genau wie dielaut ComingSoon und MovieViral atemberaubende Konzeptzeichnungen. Dieses zeigte unter anderem die smaragdgrünen Hügel von Oz, mit seiner traumartigen Geographie (unmöglich lange Felsformationen und ein elefantenförmiger Berg) sowie der Art-Deco-Architektur der Smaragdstadt. Die güldene Ziegelsteinstraße wurde ebenfalls gezeigt - als ein noch nicht fertig gestellter Weg.
Im März 2013 kommt Sam Raimis kostspieliges Projekt (und somit auch wieder Zach Braff, der eine Nebenrolle übernahm) ins Kino. Und von den paar Dutzend Oz-Projekten, die derzeit in Arbeit sind, bin ich auf dieses am meisten gespannt.
D23: Avengers Assamble!
Obwohl Marvel seit 2009 in den Händen der Walt Disney Company liegt, sah es zunächst so aus, als müsse Disney Däumchen drehend zuschauen, wie andere Studios mit "ihren" Figuren Geld scheffelt. Denn Marvel Studios und Paramount Pictures schlossen zuvor einen Fünf-Jahres-Vertrag ab, der Paramount die Vertriebsrechte für Thor, Captain America, The Avengers und Iron Man 3 sicherte. Im Oktober vergangenen Jahres änderte sich dies: Disney zahlte Paramount 115 Millionen Dollar, um die Vertriebsrechte an The Avengers und Iron Man 3 zu übernehmen. Außerdem soll das Studio (welches als Vertrieb der Iron Man-Filme jeweils 60 Millionen gewann) einen 8% Anteil des Avengers-Profits und 9% des Gewinns aus Iron Man 3 erhalten.
Für Disney ist das Timing nahezu perfekt: Paramount (und Universal) übernahmen die Vorarbeit, und mit dem Film, auf den alle Marvel-Geeks warten, beginnt auch die Disney-Ära des Marvel-Kinouniversums. Da war es eine Sache der Selbstverständlichkeit, dass The Avengers auch während der D23-Expo eine prominente Position einnahm.
So wurde erstmals (abseits des nach Captain America - The First Avenger gezeigten Teasers) fertiges Filmmaterial aus The Avengers vorgeführt. Dieses zeigte Loki, eingesperrt in einer futuristischen Glaszelle (wie sich herausstellt, eigentlich für den Hulk gebaut), wie er von Nick Fury verhört wird. Sämtliche Berichte von der D23-Expo sind sich einig, dass Tom Hiddelston und Samuel L. Jackson in wahrer Höchstform zu sehen waren. Doch der große Knaller kam danach: Eine Montage aus verschiedenen Actionszenen, in denen Thor (Chris Hemsworth), Tony Stark (Robert Downey Jr.) Bruce Banner (Mark Ruffalo), Captain America (Chris Evans), Black Widow (Scarlett Johansson) und Maria Hill (Cobie Smulders) zeigen, was sie so drauf haben. Dabei kommt es auch zu Rangeleien unter den Avengern... die, wie Tony Stark schnippisch kommentiert, aus zwei Auftragskillern, einem Halbgott und einer lebenden Legende zusammensetzen. Dass Loki sie alle angepisst hat, müsse ihm doch Sorgen bereiten. "Ich habe eine Armee", versichert Loki. Starks Antwort: "Wir haben einen Hulk!"
Der Humor der vergangenen Marvel-Filme wird also auch ganz klar in Joss Whedons Rückkehr auf die Kinoleinwand zu spüren sein. Trotzdem scheint das gezeigte Material auch eine gewisse Düsternis an sich zu haben, wie ein zuvor skeptischer Autor von HeyUGuys zufrieden feststellte.
Das alles wird trotzdem zur Disney-Marke passen. Ich hatte ja schon bei Captain America erstmals das Gefühl, dass die Marvel-Filme eigentlich problemlos unter dem Disney-Label laufen können, welches ja eh hin und wieder auch mal kernigere Produktionen auf die Welt losließ. Marvel-Produzent Kevin Feige soll während der Expo auch genau dies angesprochen haben. Er sei großer Disney-Liebhaber und freue sich auf die mit The Avengers abgerundete Vereinigung von Marvel und Disney.
Collider konnte obendrein einige kurze Video-Interviews mit den Avengers-Darstellern arrangieren. So verriet Cobie Smulders, dass auch sie einen fünf Filme umfassenden Vertrag mit den Marvel Studios unterschrieb. Chris Hemsworth und Downey junior erzählen nichts neues, aber ihr Interview sei wegen ihres Charismas trotzdem verlinkt. Hiddleston sprach derweil darüber, wie viel Freude er daran hat, als Loki mit jedem Superhelden auf Konfrontation zu gehen.
Ja... Es sind keine sensationellen Neuigkeiten, aber auch ich habe endlich den Punkt erreicht, an dem ich mich wahnsinnig auf den Film freue. Der nicht sonderlich viel zeigende, aber überaus effektive Teaser am Ende von Captain America hat mich nunmal rumgekriegt...
Samstag, 20. August 2011
Kokowääh
Manchmal wünsche ich mir, Keinohrhasen wäre an den Kinokassen katastrophal gescheitert. Vielleicht wäre uns so ein talentierter Regisseur erhalten geblieben, der es vermag, den Markt für große deutsche Produktionen weiter zu erneuern. Aber Keinohrhasen war bekanntlich ein großer Erfolg, genauso wie seine Fortsetzung, und so macht die Hoffnung auf Innovation im Bereich des deutschen Blockbusters getrost Urlaub. Und somit stand Til Schweiger Tür und Tor offen, zwischen Zweiohrküken und dessen Fortsetzung (ich sage die Kleinohrelefanten vorher) einen weiteren Film mit exakt der gleichen Formel zu drehen. Das ist bereits bedauerlich. Dass Kokowääh bezüglich der schweiger'schen Erfolgsformel nicht nur so erneuerungsfreudig ist wie ein erzkonservatives Mitglied der Partei erzkonservativer Sesselfurzer, sondern auch noch mit Abstand ihr schlechtestes Ergebnis, macht diesen unverdienten Publikumsmagneten für mich zu einem der unerträglichsten Filme dieses Kinojahres. Und wir sprechen hier immerhin von dem Jahr, das den deutschen Kinogängern I'm still here, Gullivers Reisen und Cars 2 brachte.
Solltet ihr zu eurem Glück nicht zu den 4,28 Millionen Kinogängern von Kokowääh gehören und sogar die Trailer versäumt haben, so benötigt ihr wohl eine kleine Erleuchtung, worum es in Schweigers neuster Romantikkomödie geht: Henry (Til Schweiger) ist Single, gefragter Weiberheld und an seinen einstigen Prinzipien gescheiteter Drehbuchautor. Während ihm die Frauen die Bude einrennen, muss er sich beruflich als Autor der erfolglosen Serie Der Förster vom Spreewald verdingen. Aber dann teilt ihm seine Agentin sensationelle Neuigkeiten mit: Die idealistische Erfolgsautorin und überzeugte Gegnerin von Romanverfilmungen Katharina (Jasmin Gerat) hat sich überzeugen lassen, von ihrem Roman Freiflug eine Kinoadaption zu genehmigen. Und ausgerechnet Henry soll mit ihr zusammen das Drehbuch verfassen.
Dieser kann sein Glück kaum fassen, nimmt sich aber vor, die Chance zu nutzen und sich verbissen auf die Arbeit zu konzentrieren. Doch da hat er die Rechnung ohne verantwortungslose Filmeltern gemacht: Vor seinem Apartement findet Henry nämlich die achtjährige Magdalena (Emma Tiger Schweiger) geparkt, die von einer Freundin ihrer Mutter Charlotte (Meret Becker) zu Henry gebracht wurde. Ein Brief offenbart Henry, dass Magdalena seine Tochter ist, um die er sich kümmern soll, während Charlotte in New York vor Gericht steht und ihr Ehemann, der Zahnarzt Tristan (Samuel Finzi), darüber schmollt, dass er erfahren musste, ein Kuckuckskind großgezogen zu haben. Der überzeugte Single muss sich nun ans Vatersein gewöhnen und Verantwortung lernen. Das raubt ihm natürlich Zeit, was seine Ex-Freundin und Nun-wieder-Schreibpartnerin Katharina gehörig gegen den Strich geht...
Es braucht nicht einmal eine der Dialogszenen mit Til Schweiger, um zu erraten, dass es sich bei Kokowääh um einen weiteren Film des sich gerne mit den Kinokritkern anlegenden Erfolgsregisseurs handelt. Ein paar Sekunden der Stadtaufnahmen genügen schon, um die Komödie als ein Werk Schweigers zu identifizieren. Wie seine letzten Regiearbeiten, ist auch Kokowääh in diesem speziellen grün-braunen Farbton getaucht, dem sich nur Schweiger bedient. Es ist eine ansprechende Farbästhetik, die Schweiger wählt, allerdings wird sie langsam öde. Seine romantische Tragikomödie barfuss hatte mit ihrem märchenhaften Charakter guten Grund, sich durch Farbfilter von wahrer deutscher Szenerie abzuheben. Die Keinohrhasen hebte Schweiger mit seine Kolorierung und aufwändige Szenerien auf Hollywood-Niveau, und somit über die starre deutsche Standard-Liebeskomödie. Doch in 1 ½ Ritter fing die Schweiger-Optik bereits an zu nerven. Nicht nur die Farben, sondern auch die Tiefenunschärfen sowie seine Angewohnheit, mitten in Szenen die Geräuschkulisse ab- und gleichzeitig die Musik aufzudrehen. Die Zweiohrküken hatten die Ausrede, als Fortsetzung der Keinohrhasen visuell an den Vorgänger anschließen zu wollen (obwohl es keine Pflicht wäre - Christopher Nolan ließ Gotham schließlich auch von Braun zu einem kühlen Blau wechseln), doch bei Kokowääh ist der Punkt erreicht, wo mir die Schweiger-Farbpalette zum Hals raushängt.
Und der Schweiger-Stil ist natürlich nicht komplett, ohne einen zu den Bildern passenden Soundtrack, der nichts weiteres als eine überaus vorsichtig gestaltete Kopie des Keinohrhasen-Soundtracks. Bloß keine Experimente wagen, lieber versuchen, mit neuen Songs in exakt dem selben Klangmuster genau das Musikbett des Megaerfolgs nachzuahmen. Natürlich darf das neuste Lied von OneRepublic die Ansammlung melancolisch-kitschiger, softer Poprockballaden anführen. Was denn auch sonst?
Die ausgetretenen audiovisuellen Pfade sind dabei das geringste Problem von Kokowääh. Sollte jemand weder barfuss noch Keinohrhasen oder Zweiohrküken kennen, so wären Klang und Gestalt dieses Films schließlich recht frisch, auch wenn Form und Inhalt bei den ersten beiden Fällen wesentlich wuchtiger zusammenwirkten. Die wahren Probleme von Kokowääh sind inhaltlicher Natur.
Es fängt ja bereits bei der haarsträubenden Begründung der "Plötzlich Vater"-Situation an. Die Mutter wurde also irgendwie nach New York vor's Gericht geschrieben (okaaaaaay...) und der sich als Ziehvater herausgestellte Papa ist von der Wahrheit über "sein" Kind so geschockt, dass er es nicht sehen will. Das ist zwar harter Tobak und hinsichtlich der späteren Charakterisierung Tristans absolut inkonsistent, aber für sich genommen noch halbwegs glaubwürdig. Dass Henry erstmal überhaupt keine Ahnung hat, wer dieses Balg vor seiner Tür ist, und obwohl er es unbedingt loswerden will nicht auf die Idee kommt, die Polizei zu rufen, ist schon was abstruser. Mit "das ist ein Film!"-Logik muss man mir auch nicht kommen, denn Schweiger hätte mit etwas Willen sicher eine seiner patentierten, saukomischen Dialogszenen einbauen können, in denen er sich mit einem Polizisten zankt. Wenn man allerdings tatsächlich so fahrlässig ist, eine Freundin der Mutter ins Drehbuch zu schreiben, und sie kommentarlos verschwinden lässt, dann ist das einfach saublöd. Dass ausgerechnet der Disney-Stinker Old Dogs die Kinder glaubwürdiger in die Obhut ihres zuvor ahnungslosen Vaters manövriert, ist ein echtes Armutszeugnis für Kokowääh.
Was mich bei Kokowääh aber so richtig an die Decke bringt, ist die Figur der achtjährigen Magdalena. Wie schon in Keinohrhasen und Zweiohrküken ließ Til Schweiger erneut seine kleine Tochter vor die Kamera. Hatte sie dort noch eine Nebenrolle, weshalb es relativ egal war, wie gut man sie denn nun versteht, hat sie als Unruhestifterin nun praktisch gesehen die weibliche Hauptrolle. Nun sagte Schweiger mal in einem Interview, er habe kein Problem mit negativen Kritiken (hmmmm...), doch er flippe aus, wenn jemand persönlich wird (verständlich), vor allem gegenüber seiner Tochter. Deshalb möchte ich, sollte Herr Schweiger eines Nachts aus Schlaflosigkeit sämtliche Artikel über Kokowääh weglesen, ganz explizit sagen: Ich habe nichts gegen Emma Tiger. Sie kommt nicht so affektiert rüber, wie manch andere Kinderdarsteller und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie ein liebes Mädel ist, das nie auf die Idee käme, in der Schule ihrem Sitznachbarn seinen Kakao zu klauen. Das könnte ich mit der gleichen Ehrlichkeit leider nicht über Will Smiths Kinder sagen, die mir doch sehr vom Starrummel beschädigt vorkommen. Aber: Die Kleine ist einfach keine gute Schauspielerin. Die Zeilen kommen so aufgesagt daher, manchmal sehe ich richtig, wie sie versucht, sich an den Rest ihres Textes zu erinnern. Die Gags liefert sie im Großteil der Fälle in einem grausigen Timing ab - und ich habe auch des öfteren herbe Probleme, überhaupt zu verstehen, was sie dahinbrabbelt. Es sei denn, sie schreit mal wieder in ohrenbetäubender Lautstärke...
Und das Drehbuch tut ihr wahrlich keinen Gefallen, denn ihre Rolle fällt mal wieder in das Schema dieser vorlauten, sich durch süßes Dreinblicken vor Sanktionen schützenden Blags, das ich viel lieber in einem gänzlich anderen Genre, als einer süßlichen Komödie sehen möchte. Sie nervt mit ihren doofen Sprüchen, ihrer Blödheit, mit der sie ein ganzes Haus in Brand steckt und dem ständigen neunmalklugen Rumgequäke. Da sehne ich mich richtig danach, dass jeden Moment Michael Myers aus der dunkelsten Ecke der Wohnung springt und der Qual ein Ende bereitet. Sieht man sich mal Henrys Wohnung an, ist die Horrorfilm-Assoziation gar nicht mal so weit hergeholt. Das Set sieht aus, als stünde es in einem zerfallenen Kellergewölbe, inklusive schwerer Brandschutztür und provisorisch reingeklatschten Luxusartikeln, die sich mit den maroden Storm- und Gasleitungen beißen. Ein interessantes Set, definitiv, aber man hätte da so viel schönere Horrorfilme drehen können...
Oh, und die Liebesgeschichte... Man muss Til Schweiger ja lassen, dass er eigentlich richtig gute Mainstream-Liebesgeschichten schreiben kann. Eigentlich. Aber in Kokowääh stimmt einfach gar nichts. In keinem Moment habe ich es Henry und Katharina abgekauft, dass sie sich wieder annähern. Also, wir haben eine herrische Erfolgsautorin, die Henry wegen seiner ständigen Mäkelei, dies sei zu Mainstream, jenes zu prätentiös, aufzieht. Sie selbst verriet aber ebenfalls ihre Ideale, um für eine Romanverfilmung ordentlich Kohle abzusahnen. Und dieser Erfolgsroman basiert auf einem Konzept Henrys, das sie während ihrer Trennung geklaut hat. Doch da zu Beginn des Films so schön ermahnend behauptet wird, Männer seien schwach, wenn sie erfolgreiche Frauen verabscheuen, wagen wir es uns nicht, diese Figur in Frage zu stellen... Ja, halleluja!
Der einzige Pluspunkt am Film ist, neben der wundervollen (wenn auch überreizten) Optik, die Figur des gehörnten Ziehvaters Tristan. Auf dem Papier ist diese Figur überaus sprunghaft geraten, aber der Schauspieler Samuel Finzi gibt sein bestes, seiner Rolle glaubwürdig darzustellen und sie zur dramatischen Fußnote von Kokowääh zu formen. Er hätte mehr Raum verdient - dafür hätte jedoch sehr viel Material rausfliegen müssen, denn Kokowääh ist sehr zähflüssig, und weitere Szenen wäre ein endgültiges Todesurteil für diesen Film. Einen Spannungsbogen gibt es nicht, und die Aneinanderreihung von Szenen kommt auch nie in einen so guten Rhythmus wie der ebenfalls tendentiell zu lange, aber wenigstens den Zuschauer einsaugenden Keinohrhasen. Wenn die Geschichte schön längst abgeschlossen sein könnte, kommen noch gefühlt zehn Minuten freudestrahlender Glücksbilder, die aus der Frühstücksflocken- oder Aufbackbrötchen-Werbung geklaut scheinen. Ätzend...
Und das führt mich zurück zu meiner anfänglichen Klage: Kokowääh war ein riesiger Erfolg, und so wird Til Schweiger gewiss den Teufel tun, um aus dieser Filmsparte auszubrechen. Doch das wäre das beste, was er machen könnte. Er ist ein sehr talentierter Regisseur, mit einem versierten Auge für eine Inszenierung auf international hohem Niveau. Er schafft es, modern zu wirken, aber eigentlich ziemlich zeitlos zu erzählen. Aber mit barfuss, bald drei Filmen der Keinohrhasen-Reihe und Kokowääh verkauft er sich deutlich unter Wert. Obwohl ich Zweiohrküken stärker finde als seinen Vorgänger, wäre es mir lieber, er hätte es beim tollen barfuss und dem unbeohrten Hasenphänomen belassen, um wieder neue Ufer anzusteuern. Eisbär war super, und durch seine gesteigerte Erfahrung könnte Schweiger jetzt gewiss eine erstaunliche Kriminalkomödie raushauen, die aufgrund seines kommerziell wertvollen Namens bestimmt auch überdurchschnittlichen Erfolg beim Publikum haben dürfte. Ich meine, in Schweiger auch einen guten Action-Regisseur zu erahnen, wenn die mitunter sehr rasanten und viel Material in Mitleidenschaft ziehenden Auto-Slapstickszenen in seinen Komödien als Referenz durchgehen. Vielleicht wird Schweiger kontern: "Ja, aber ein Michael Bay dreht auch nur Action-Filme, wieso sollte ich die Romantikkomödie aufgeben?" Fundierte Kritik. Oder? Ich finde, dass Bad Boys, The Rock, Armageddon, Die Insel und die Transformers-Filme eine größere Bandbreite abdecken, als Schweigers Post-Eisbär-Regiearbeiten. Und trotzdem ging mir auch Bays Karriere nach Die Insel gegen den Strich. Nun will er mit seinem kleinen Projekt, einer Art "Michael-Bay-Pulp Fiction" kontern.
Ich mein ja nur... Wenn Schweiger für immer und ewig das Keinohrhasen-Klientel bedienen möchte, so kann ich ihn nicht davon abhalten. Doch er könnte auch anders. Und wahrscheinlich auch besser. Ach was, er kann definitiv besser als Kokowääh. Schade nur, dass das Kinopublikum konsequent die schwächeren Schweiger-Filme besser besucht, als die guten. Bleibt nur zu hoffen, dass Schweiger seine Regiezukunft nicht von Zuschauerzahlen abhängig macht.
Siehe auch:
Freitag, 19. August 2011
Captain America: The First Avenger
Mit dem letzten Kinofilm vor dem nächstjährigen Crossover-Kinoevent The Avengers hauen die Marvel Studios einen echten Überraschungsknaller raus: Captain America - The First Avenger nimmt den in meinen Augen uninteressantesten Star der sich seit Jahren abzeichnenden Marvel-Heldenvereinigung und pfeffert unter der Regie von Joe Johnston ein ungeheuerlich spaßiges, fantasiereiches Superheldenabenteuer raus.
Der jüngste Marvel-Film lässt sämtliche aktuellen Superhelden-Trends links liegen. Weder ist Captain America - The First Avenger ein Mitglied des nolan'schen Clubs der grimmigen Denker, noch geht er den strikten Weg der meisten aktuellen Marvel-Verfilmungen, und erzählt eine kernig-flotte, moderne Geschichte mit kleinen Schüssen Ironie. Stattdessen ist Captain America - The First Avenger die Marvel-Variante von Indiana Jones: Man nehme den simplen, geradlinigen Spaß einer 30er/40er-Abenteuerserial, inklusive der herrlich haarsträubenden Einfälle, setze ihn mit der materiellen Wucht eines modernen Blockbusters um und verkehre den ungewollten Humor in gezielten Witz. Dann lässt man die Figren zugänglicher, menschlicher wirken, als in der trashigen Vorlage, verzichte aber darauf, durch zu viel Dramatik das Tempo seines Unterhaltungsfilms zu drosseln. Fertig ist der ernstzunehmende, mit einer gewollten Camp-Note versehene Abenteuerspaß.
Der frühere Effektkünstler Joe Johnston hat mit Captain America - The First Avenger ganz klar seine beste Regiearbeit geliefert. Sowohl seinen Debütfilm Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft (der mit seinem "Wir haben eine verrückte Idee und ziehen da den meisten Abenteuerspaß draus!"-Ansatz gar nicht soooo weit von Captain America entfernt ist), als auch Rocketeer und Jumanji lässt er so weit hinter sich. Hm, Hidalgo ist besser, als sein Ruf, darüber müsste ich vielleicht nochmal nachdenken...
Für mich ist Captain America - The First Avenger aber auch ganz klar der beste Teil des Marvel Cinematic Universe. Objektiv gesehen ist der etwas kernigere, mit seinem Hauptdarsteller brillierende und rundum modern-spaßige Iron Man ein ebenbürtiger Gegner, aber mir bot er immer etwas zu wenig für seine Laufzeit. Iron Man ist abwechselnd die Downey-Junior-Comedystunde und CGI-Action, Captain America ist ein ausgewachsenes Abenteuer, mit handgemachter und abgedrehter Action sowie einer herrlich triefenden Atmosphäre. Die Marvel-Vision der 40er-Jahre ist so schön retro-futuristisch und die Ausstattung dieses Films traumhaft. Ich liebe auch die intensiv eingesetzten Farbfilter, die den Bildern genau den richtigen Anstrich geben. Es erschien manchmal was wahllos, wo die Sepia-Farbtäne eingesetzt wurden, und wo andere Farbstiche, aber das ist nun reinste Haarspalterei.
Iron Man 2 lässt dieser Film hinter sich, da er sich nie so anfühlt, als hätte man irgendwelche Ideen nicht richtig ausgenutzt. Und die Anspielungen auf andere Filme geschehen hier als Bonus für den wissenden Zuschauer, während man in Iron Man 2 mehrfach die Handlung um Tony Stark stoppt, um S.H.I.E.L.D. ins Rampenlicht zu drängen. Am zweiten Hulk saust Captain America vorbei, weil das Tempo (wenngleich immer noch nicht perfekt) deutlich ausgefeilter ist. Und wo die Kunstwelten von Thor eher steril wirkten und der Camp nicht ganz zu den dramatischsten Szenen passte, sieht Captain America fast durchgehend klasse aus (die Red-Skull-Maske ist eher passabel und ein, zwei Mal riss mich der digitale Hintergrund raus) und schafft es, mich an die simplen, aber ansprechenden Figuren zu binden - und dennoch gibt es wundervolle Albernheiten!
Die Liebesgeschichte, weiterhin rudimentär, ist zum Beispiel besser ausgearbeitet, als in allen anderen auf The Avengers hinleitenden Filmen. Ja, nicht überall hat dieser Film die Nase vorn: Auch wenn Captain America (auch) für diese Version vom (einstigen) flaggenschwingenden Strahlemann zu einem anpsrechenden jungen Mann wurde, der einfach nur helfen will, so ist er noch immer kein solcher denkwürdiger Charaktertyp wie Downey juniors Tony Stark oder der Kino-Thor. Aber dafür sind alle Darsteller super aufeinander eingestellt, von einer charismatischen Hayley Atwell, die die toughe Frau so stark anlegt, wie es in einem Film mit diesem Setting glaubwürdig ist, über den herrrlich komischen Tommy Lee Jones als meckernden Ausbilder, bis hin zu Dominic Cooper (Mamma Mia!) als Erroll-Flynn-Howard-Hughes-Downey-junior-im-40er-Modus-Megamischung Howard Stark.
Doch mein Highlight ist die Parodie auf US-Propaganda aus dem Zweiten Weltkrieg. Begleitet von einem Song des Hercules-Duos David Zippel/Alan Menken!
Das Finale hätte noch etwas mehr Wumms haben können, und in späteren Szenen lässt Hugo Weaving als Red Skull etwas nach (könnte an der Maske liegen), aber... Wow, hatte ich meinen Spaß. So mag ich meine seichten, aber nicht saudummen Blockbuster. Wer 40er-Flair oder zeitgemäße Umsetzungen des zeitlosen Abenteuerserial-Spaßes mach, sollte unbedingt reingehen.
Der jüngste Marvel-Film lässt sämtliche aktuellen Superhelden-Trends links liegen. Weder ist Captain America - The First Avenger ein Mitglied des nolan'schen Clubs der grimmigen Denker, noch geht er den strikten Weg der meisten aktuellen Marvel-Verfilmungen, und erzählt eine kernig-flotte, moderne Geschichte mit kleinen Schüssen Ironie. Stattdessen ist Captain America - The First Avenger die Marvel-Variante von Indiana Jones: Man nehme den simplen, geradlinigen Spaß einer 30er/40er-Abenteuerserial, inklusive der herrlich haarsträubenden Einfälle, setze ihn mit der materiellen Wucht eines modernen Blockbusters um und verkehre den ungewollten Humor in gezielten Witz. Dann lässt man die Figren zugänglicher, menschlicher wirken, als in der trashigen Vorlage, verzichte aber darauf, durch zu viel Dramatik das Tempo seines Unterhaltungsfilms zu drosseln. Fertig ist der ernstzunehmende, mit einer gewollten Camp-Note versehene Abenteuerspaß.
Der frühere Effektkünstler Joe Johnston hat mit Captain America - The First Avenger ganz klar seine beste Regiearbeit geliefert. Sowohl seinen Debütfilm Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft (der mit seinem "Wir haben eine verrückte Idee und ziehen da den meisten Abenteuerspaß draus!"-Ansatz gar nicht soooo weit von Captain America entfernt ist), als auch Rocketeer und Jumanji lässt er so weit hinter sich. Hm, Hidalgo ist besser, als sein Ruf, darüber müsste ich vielleicht nochmal nachdenken...
Für mich ist Captain America - The First Avenger aber auch ganz klar der beste Teil des Marvel Cinematic Universe. Objektiv gesehen ist der etwas kernigere, mit seinem Hauptdarsteller brillierende und rundum modern-spaßige Iron Man ein ebenbürtiger Gegner, aber mir bot er immer etwas zu wenig für seine Laufzeit. Iron Man ist abwechselnd die Downey-Junior-Comedystunde und CGI-Action, Captain America ist ein ausgewachsenes Abenteuer, mit handgemachter und abgedrehter Action sowie einer herrlich triefenden Atmosphäre. Die Marvel-Vision der 40er-Jahre ist so schön retro-futuristisch und die Ausstattung dieses Films traumhaft. Ich liebe auch die intensiv eingesetzten Farbfilter, die den Bildern genau den richtigen Anstrich geben. Es erschien manchmal was wahllos, wo die Sepia-Farbtäne eingesetzt wurden, und wo andere Farbstiche, aber das ist nun reinste Haarspalterei.
Iron Man 2 lässt dieser Film hinter sich, da er sich nie so anfühlt, als hätte man irgendwelche Ideen nicht richtig ausgenutzt. Und die Anspielungen auf andere Filme geschehen hier als Bonus für den wissenden Zuschauer, während man in Iron Man 2 mehrfach die Handlung um Tony Stark stoppt, um S.H.I.E.L.D. ins Rampenlicht zu drängen. Am zweiten Hulk saust Captain America vorbei, weil das Tempo (wenngleich immer noch nicht perfekt) deutlich ausgefeilter ist. Und wo die Kunstwelten von Thor eher steril wirkten und der Camp nicht ganz zu den dramatischsten Szenen passte, sieht Captain America fast durchgehend klasse aus (die Red-Skull-Maske ist eher passabel und ein, zwei Mal riss mich der digitale Hintergrund raus) und schafft es, mich an die simplen, aber ansprechenden Figuren zu binden - und dennoch gibt es wundervolle Albernheiten!
Die Liebesgeschichte, weiterhin rudimentär, ist zum Beispiel besser ausgearbeitet, als in allen anderen auf The Avengers hinleitenden Filmen. Ja, nicht überall hat dieser Film die Nase vorn: Auch wenn Captain America (auch) für diese Version vom (einstigen) flaggenschwingenden Strahlemann zu einem anpsrechenden jungen Mann wurde, der einfach nur helfen will, so ist er noch immer kein solcher denkwürdiger Charaktertyp wie Downey juniors Tony Stark oder der Kino-Thor. Aber dafür sind alle Darsteller super aufeinander eingestellt, von einer charismatischen Hayley Atwell, die die toughe Frau so stark anlegt, wie es in einem Film mit diesem Setting glaubwürdig ist, über den herrrlich komischen Tommy Lee Jones als meckernden Ausbilder, bis hin zu Dominic Cooper (Mamma Mia!) als Erroll-Flynn-Howard-Hughes-Downey-junior-im-40er-Modus-Megamischung Howard Stark.
Doch mein Highlight ist die Parodie auf US-Propaganda aus dem Zweiten Weltkrieg. Begleitet von einem Song des Hercules-Duos David Zippel/Alan Menken!
Das Finale hätte noch etwas mehr Wumms haben können, und in späteren Szenen lässt Hugo Weaving als Red Skull etwas nach (könnte an der Maske liegen), aber... Wow, hatte ich meinen Spaß. So mag ich meine seichten, aber nicht saudummen Blockbuster. Wer 40er-Flair oder zeitgemäße Umsetzungen des zeitlosen Abenteuerserial-Spaßes mach, sollte unbedingt reingehen.
- Siehe auch meine Filmbesprechung bei Quotenmeter
- Siehe außerdem: Rocketeer