Mittwoch, 20. Juli 2011

Vergessene Schätze

Lord, what fools these mortals be!
Von vielen Filmen heißt es, sie seinen vollkommen unterschätzt und hätten einen unverdient schlechten Ruf. Doch das setzt voraus, dass sie überhaupt im allgemeinen Bewusstsein angekommen sind. Was ich für sehr viel tragischer halte, sind grandiose Filme, die einfach kein Mensch zu kennen scheint und zu denen es teilweise noch nicht einmal eine deutsche DVD gibt.
Den größten Juwelen unter diesen vergessenen Schätzen sei diese Liste gewidmet.



Ehrennennung: REPO! The Genetic Opera

Dieses einmalig seltsame Machwerk hätte definitiv eine Nennung verdient, aber durch Sir Donnerbolds Bemühungen dürfte der Film zumindest im Rahmen dieses Blogs alles andere als unbekannt sein. Daher belasse ich es dabei, allen, die sich diesen Film noch nicht angesehen haben, kräftig auf die Finger zu hauen.
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Platz 5: Momo

Ein kleines Mädchen, das mit ihren Freunden am Rande einer großen Stadt lebt, muss gegen die Grauen Herren antreten, um den Menschen ihre gestohlene Zeit wiederzubeschaffen.
Dieses Werk ist zugegebenermaßen bei uns nicht allzu unbekannt - in Deutschland dürfte die Verfilmung von Michael Endes Roman doch einigermaßen zum allgemeinen Kulturgut zählen. Ich führe den Film dennoch aus zwei Gründen an: Erstens bezieht sich diese Bekanntheit wirklich nur auf den deutschen Markt und bisher ist noch in keinem anderen Land eine DVD erschienen (weshalb auch niemand so genau weiß, in welchen Sprachen der Film gedreht wurde). Und zum Zweiten haben zwar viele von dem Film gehört, doch wahrgenommen wird er meist nur als „dieser Kinderfilm“.
Ich würde dem gerne widersprechen: Mit dem Film verhält es sich wie mit dem zugrundeliegenden Buch, das man meiner Meinung nach nicht in Schubladen wie „Kinderliteratur“ oder „Erwachsenes Märchen“ schieben kann. Michael Ende hat außerhalb solcher Kategorien geschrieben und seine Werke - vor allem „Momo“ und „Die Unendliche Geschichte“ - beinhalten eine allumfassende Gültigkeit und eine tiefe Poesie, die jeden Menschen gleichermaßen anspricht.
Und im Gegensatz zu der Verfilmung der „Unendlichen Geschichte“ hat sich dieser Zauber bei „Momo“ ungebrochen auf den Film übertragen.

Platz 4: Zug des Lebens

Ein polnisches Dorf voller Juden will den Konzentrationslagern der Nazis entkommen, und so besorgen sie sich einen Zug, in dem sie ihre Deportation vortäuschen, um so in die Freiheit zu entkommen.
Der Film, der fast zeitgleich mit „Das Leben ist schön“ herausgekommen ist, teilt eine Menge der Charakterzüge, die diesen zu etwas Besonderen gemacht haben. Beide Filme handeln von Juden, die sich dem Schrecken des Nationalsozialismus mit Witz und Chuzpe entgegenstellen; beide Filme schaffen es, aus dieser schwierigen Thematik eine freche Komödie zu erschaffen, ohne jemals ins Pietätslose abzugleiten.
Ich habe keine Ahnung, warum diese Filme bei uns so unterschiedlich bekannt sind - wahrscheinlich hat der Oscargewinn Roberto Benigni doch einen großen Vorsprung verschafft. Meiner Meinung nach ist „Zug des Lebens“ auf jeden Fall mindestens genauso gut. Der Film ist erfrischend, lustig, rührend und alles in allem eine wunderbare Groteske.
Da ein nicht unerheblicher Teil des Films darin besteht, wie einige der Juden versuchen, Hochdeutsch ohne jiddische Einsprengsel zu reden, ist der Film auch einer der seltenen Fälle, in dem die Synchro besser ist - oder mit Sicherheit mehr Sinn macht - als das Original.
„Das Deutsche ist sehr hart, Mordechai, präzise und traurig. Jiddisch ist eine Parodie des Deutschen, hat jedoch obendrein Humor. Ich verlange also nur von Ihnen, wenn Sie perfekt Deutsch sprechen wollen ohne eine Spur von jiddischem Akzent, den Humor wegzulassen, sonst nichts.“ - „Wissen die Deutschen, dass wir ihre Sprache parodieren? Vielleicht ist das der Grund vom Krieg.“

Platz 3: Ein Sommernachtstraum

Shakespeare‘sche Irrungen und Wirrungen dreier Paare im Athener Wald - veredelt mit einer großen Prise Feenzauber.
Der Platz ist wieder etwas geschummelt, denn anno 1935 war dieser Film ein großer Hollywood-Erfolg, der zu einigen größeren Shakespeare-Verfilmungen geführt hat. Heute allerdings ist er völlig in der Versenkung verschwunden - die wunderbare deutsche Synchro ist noch nicht einmal auf DVD erhältlich.
Das dürfte wohl zum einen daran liegen, dass man dem schwarz-weißen Film mit der ruhigen Kameraführung und dem teilweise etwas dick aufgetragenen Schauspiel seine Jahre eindeutig anmerkt, vor allem aber auch an dem neueren Sommernachtstraum-Blockbuster von 1999, der mit Hollywood-Größen gespickt ist, die noch leben ...
Dabei wirkt die ältere Verfilmung keineswegs altbacken: Die Effekte sind simpel, aber immer noch überzeugend, die Komik sitzt perfekt und der Soundtrack von Mendelsson-Bartoldy ist sowieso zeitlos genial. Und ein Plus gibt‘s dafür, dass der seitdem tausendfach verwendete Hochzeitsmarsch hier zu der Szene kommt, für die er geschrieben wurde ...
Gerade im Vergleich mit der neueren Version fällt mir auf, dass die Feen in diesem Film einen viel mächtigeren, unnahbaren Eindruck machen. Es mangelt nicht an der nötigen Komik, aber hier kommt in dem Spiel von Titania und Oberon noch eine wilde, düstere Note dazu, die den Gesamteindruck perfekt ausbalanciert. Wahrscheinlich liegt das zu einem großen Teil auch an dem fast surrealen, schwarz-weiß funkelnden Zauberwald und den mystisch anmutenden Kostümen - es ist beindruckend, wie sehr man das Auge auch mit einem Szenario ohne Farben verwöhnen kann.
Und zum Abschluss noch etwas zu meiner Lieblingsfigur: Für mich ist und bleibt Puck eine Rolle, die von einem Jungen gespielt werden muss. Und der kleine Kerl mit seinem teuflisch-bezaubernden Charme ist einfach unwiderstehlich!

Platz 2: Neverland

Ein fremdartiger Junge mit seiner Feen-Freundin besuch drei Geschwister und nimmt sie mit in ein unwirkliches Zauberland - einen abgehalfterten Vergnügungspark namens „Neverland“. Dort können die Jugendlichen sich zwischen transsexuellen Indianern und falschen Meerjungfrauen nach Herzenslust austoben und die einzige Gefahr besteht in dem düsteren Hausmeister, der es mit seinem - ähm - „Haken“ auf die Jungen abgesehen hat.
Als großer Fan des Buches „Peter und Wendy“ habe ich mir diesen Film mit einiger Erwartung und viel Skeptik angesehen: „Neverland“ ist eine düstere Verfilmung des „Peter Pan“-Mythos, die aus den Kindern Jugendliche macht und den Zauber des Originals durch Kirmes-Glitter und jugendliche Rebellion ersetzt.
Das für mich Überraschende war jedoch, dass das stark veränderte Setting für die Geschichte wenig Unterschied macht. Es geht nicht um Provokation oder um einen „Twist“, sondern um eine folgerichtig weitergedachte Realisierung der bekannten Geschichte - und man kann sicher sein, dass sexuelle Untertöne, die im Original vielleicht unterschwellig zu spüren sind, hier brutal ausgereizt werden.
Insgesamt ist dieser Film eine der werkgetreuesten „Peter Pan“-Verfilmungen (ganz im Gegensatz zu dem Disney-Film). Der Text ist durchgehend fast wörtlich aus dem Buch übernommen - auch wenn Ausdrücke wie „Feenglanz“ und „Fliegen“ im Zusammenhang mit Tinks weißem Pülverchen eine etwas andere Bedeutung annehmen. Aber vor allem bleibt der Film dem Buch wirklich treu: Die Gefühle stimmen und der Charakter der Figuren wird schmerzlich real dargestellt.
Auch wenn Peter hier etwa 17 ist und seine Tage zwischen alten Kulissen und Kirmes-Bahnen verbringt, er bleibt ein Kind, das sich weigert, erwachsen zu werden und sein Traumland zu verlassen, und gerade bei dem Kontrast zu Wendys langweilig-peniblen und gefühlskalten Zuhause kann man ihm diesen Wunsch kaum verdenken.
Mein einziges Problem mit dem Film ist die weibliche Hauptfigur; Wendy ist durchweg langweilig und ihr Genörgel geht auf die Nerven - dies ist die erste „Peter Pan“-Verfilmung, bei der ich sie absolut unerträglich finde. Wahrscheinlich soll sie einen deutlichen Kontrast zu der farbenfrohen, verspielten Tinkerbell darstellen, aber für mich führt das vor allem dazu, dass ich am Ende nur heilfroh bin, wenn Wendy wieder nach Hause geht.
Gleichzeitig hat sie aber sehr viel mehr Berechtigung in ihrem Versuch, Peter „erwachsen werden“ zu lassen. Auch wenn er es nicht einsieht, ist dem Zuschauer klar, dass die selbstgewählte Kindheit so kein ewiger Zustand bleiben kann. Und damit wird das Ende erstmals so bittersüß dargestellt, wie ich es immer schon empfunden habe: Keine triumphale Endmusik oder romantische Schlusschöre, die vergessen lassen wollen, dass es hier immerhin um das Zurücklassen der Jugend und das Loslassen - oder Festklammern - der eigenen Kindheitsträume geht.

Platz 1: Die kleine Meerjungfrau

Eine kleine Meerjungfrau träumt vom Leben an Land und ihrer großen Liebe ...
Andersens wohl berühmtestes Märchen wurde in den letzten Jahrzehnten wieder und wieder verfilmt. Es gibt viele Zeichentrickfilme (einer etwas bekannter als der Rest), die die Geschichte quasi alle zu einem Happyend führen und es gibt den ein oder anderen Spielfilm, der sich mit den Unterwasserszenen dann meist etwas schwerer tut und sie dementsprechend abkürzt.
Die meiner Meinung nach mit Abstand beste Verfilmung (und generell einer meiner fünf liebsten Filme überhaupt) stammt aus dem tschechischen Filmstudio, das wohl einigen durch den von der Stimmung her ähnlichen Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ ein Begriff sein sollte.
Dieser Film war nicht bereit, auf die für die Charakterentwicklung unerlässlichen Szenen im Meer zu verzichten, und so wurde eine von blauem Licht durchflutete und von hohen Felsen umgebene Meereswelt „nachgestellt“. Doch die Unterwasserwelt wird nicht nur einfach umgesetzt, sie wird real. Durch die fließenden Gewänder, die aufwendigen Haarbauten und nicht zuletzt die atmosphärisch-unterirdische Musik entsteht eine traumartige Szenerie, bei der ich mir immer noch nicht vorstellen kann, dass sie wirklich im Trockenen gedreht wurde.
Die Musik verdient auf jeden Fall besondere Würdigung: Vom überwältigenden orchestralen Wellenklang über berückenden Sirenengesang bis zu fast experimentellen Höhlengeräuschen ist alles dabei, um eine wirklich einzigartige Welt unter der Meeresoberfläche zu erschaffen. Gleichzeitig wird so der Kontrast zu der gefälligen, aber braveren Hofmusik im Schloss des Prinzen unterstrichen und die kleine Nixe bleibt allein durch ihr musikalisches Thema ein Fremdkörper in dieser Welt.
Auffallend finde ich auch den Vergleich des gewaltigen Hauptthemas mit den sanften Anfangstönen des Themas von „Arielle die Meerjungfrau“: Beide ahmen den Fluss der Wellen nach, doch während das eine an zarte karibische Strömungen denken lässt, spiegelt das andere alle Gewalt der Nordsee wider.
Und dann ist da ja noch der Gesang der kleinen Meerjungfrau selbst (etwa bei 4:30):

Es ist ein betörender Gesang in griechischer Sirenen-Tradition, der die Seefahrer um den Verstand bringt und das Herz des Prinzen umgarnt. Warum muss ich nur gerade an den neuesten „Fluch der Karibik“-Film denken?
Aber der Film hat weit mehr zu bieten, als Atmosphäre und Musik. Die relativ kompakte Geschichte wird nicht, wie in vielen simplen Märchenfilmen, einfach wiedergegeben; die Figuren haben alle ihren einzigartigen Charakter und viele Handlungsmotive, die weit über die Vorlage hinausgehen. Die Tatsache, dass - wie auch bei Andersen - niemand einen Namen trägt, scheint die Intensität der Charaktere dabei fast noch zu vertiefen.
So wird zum Beispiel aus verschiedenen Andeutungen klar, warum der Meereskönig seine Töchter alleine erziehen muss: Offensichtlich hatte sich seine Frau vor vielen Jahren in einen Fischer verliebt und hat - mit Hilfe derselben Hexe, an die sich ihre Tochter wendet - Mann und Kinder für ein Leben an Land verlassen. Dass die kleine Meerjungfrau ihrer Mutter nun so ähnlich ist, erklärt auch ihren Status als Lieblingstochter und die vergeblichen Versuche ihres Vaters, sie zu schützen.
Ein anderer zusätzlicher Einschub ist der, dass der Gesang der Meerjungfrau es war, der den Prinzen und sein Schiff erst zu ihr gelockt hat - und die Macht ihres Vaters hat den Sturm gerufen, um das Schiff und alles, was darauf ist als „Geburtstagsgeschenk“ unter Wasser zu holen. Nach dieser Logik war der Prinz von Anfang an ihr Eigentum und ihre Entscheidung, ihm sein Leben zu schenken wird zu einem Akt der Gnade.
Und dann – das Ende.
Was soll ich dazu schreiben? Ein Tip: Der Film endet anders als „Arielle“. Es ist eines der wenigen Enden, die es schaffen, mich tränenüberströmt und gleichzeitig lächelnd zurückzulassen.
Mit einem Wort: Perfekt.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Puh hätte den Platz eins hier wirklich nicht erwartet aber es ist wirklich ein echter schatz... allein der Gesang geht wirklich unter die Haut...

Butter hat gesagt…

Ha, immerhin einen kenn ich: Der Zug des Lebens (kam mal in der Sneak). Aber so besonders toll war der jetzt nicht (Benginis Film übrigens auch nicht, meiner Meinung nach). Mir sagen eher die ernsteren Holocaust-Filme zu.

Cooper hat gesagt…

@Ananke Ro:

"Die kleine Meerjungfrau" ist wahrlich ein Kleinod. Doch wie bei allen Schätzen ist es ja so, dass sie im Auge des Betrachters ihren Wert zeigen oder eben auch nicht.
Für mich zumindest unvergessen! Die animierte Version der japanischen Toei Studios "Anerssen Douwa - Ningyo Hime" gefällt mir von seiner originalgetreuen Umsetzung mehr als Disneys "Arielle, die kleine Meerjungfrau". Letztgenannte ist jedoch in der '89-er Synchro ja mittlerweile selbst ein erhaltenswerter Schatz, denn wenn ich in mich gehe, schlägt mein junggebliebenes Herz nicht minder für "Unter dem Meer" und Co. selbst bei den inhaltlichen Freiheiten.


Die Liste von "Repo!" *herrlich skurril* über "Momo" (Tja - hier hab ich als Teenager und Erwachsener den Bezug irgendwie verloren, nachdem mich der Film schon im Kindesalter mehr befremdete, trotz einiger Begeisterung...) zum "Zu des Lebens" (mir völlig unbekannt - danke auch für den Tipp Ananke Ro) hin zu Reinhardts Sommernachtstraum (ohne Farben dafür mit vielen genialen Einfällen) über das Nimmerland "Neverland" (Welches mich bisher noch nicht angesprochen hat)... Eine tolle Liste mit sechs Titeln die du zu deinen filmischen Schätzen zählsts.

Wie bei allen Schätzen (das zeigten ja nicht allein die PotC-Reihe Eindrucksvoll) ist das so eine Sache. Des einen Schatz ist des andern Tand - doch was die hier genannten Filme betrifft, so will ich gern dort zu deiner Meinung gelangen, wo ich es bislang noch nicht dir gleich tue. ;-)


Meine spontane Eingebung und dieNennung zu der ich mich hier entschlossen habe, die wird hier vermutlich nicht auf viel Gegenliebe Stoßen. Das Genre sowie die diversen Thematiken der Verfilmung weichen doch arg ab von den bisherigen, hier zu lesenden Werken.


Mein Herz schlägt nämlich für die "Karawane der Frauen" einem ungewohnt realistisch anmutenden Western, in dem ein Bürgermeister mitsamt tatkräftigem Helfer und Freund für eine Californische Siedlung die lange Reise untenommen haben um 150 Frauen zu finden und per Geleitschutz in das kleine Örtchen zu befördern, wo sich Heiratswillige und andere Sorten potentieller Ehemänner aber vor allem Arbeit und Selbstverwirklichung als Chance bieten.
Das mag an sich unspektakulär klingen, nimmt in der Verfilmung gespickt mit einigen Stars und Sternchen der End-40er und des noch neuen 1950 - einen packenden Verlauf.
Die verschiedensten Bedrohungen des "Westerngenre" samt Indianern, Banditen, Krankheiten aber auch Versorgungsengpässe bringen mit Überfällen, Tod und ja durchaus auch Gewalt an Frauen werden nicht heroisiert oder unter den Deckmantel des Schweigens gehüllt.

Wieso ein Western mit einer wichtigen männlichen Rolle und vielen weiblichen Hauptfiguren? - Nun, die Tatsache, dass man "Karawane der Frauen" im TV gelegentlich sogar vorgesetzt bekommt, sich aber kein Publisher zu einem DVD-Release erbarmen konte, die ist es wohl, die mich für diesen durchaus Eindrucksvollen Film hier Worte tippen lässt.

Namen der Schauspieler, Infos zur Musik oder Drehorte bzw. Handlungsstätten sowie filmische Bezüge lasse ich an dieser Stelle weg, denn ich sah den Film zuletzt vor gut 10 Jahren und habe seither sicher einiges mehr an Kritikerkenntnissen.

Nichts desto trotz finde ich ein solches Werk mutig und lobenswert. Eines mit dem wohl als gelungen zu ezeichnenden Versuch, die ernste, harte Realität für reisende Frauen dieser Tage des wilden Westens zu beleuchten - ohne jeder von ihnen einen wildromantischen Helden zu bescheren, den es ja letztlich so nur im Roman geben kann...

Ananke hat gesagt…

Oh, das ist wirklich ein ausführlicher Kommentar. Wenn der Artikel Interesse weckt und dafür sorgt, dass man sich den ein oder anderen Film doch noch zu Gemüte führt: Wunderbar, Ziel erreicht.

Ich habe mir "Anerssen Douwa - Ningyo Hime" gerade angeschaut. In der richtigen Stimmung ist der Film wirklich schön (und überraschend originalgetreu), aber die Mischung aus einfachen Anime-Bildern, lustigem Sidekick und melancholischer Stimmung wirkt auf mich teilweise irgendwie seltsam.
Er ist auf jeden Fall das Anschauen wert und (vorallem mit einer Prise Nostalgie) bestimmt ein absoluter Schatz.

"Karawane der Frauen" habe ich versucht, aber ich habe zugegebenermaßen nicht ganz durchgehalten - allerdings sind Western generell überhaupt nicht mein Ding (außer sie sind von Tarantino und spielen in Frankreich ;-p).

Und wenn wir bei "Kleine Meerjungfrau"-Verfilmungen sind, sollte man auch noch "Ponyo" erwähnen - bestimmt nicht die originalgetreuste Verfilmung, aber mit Sicherheit ein kleines Meistwerk.

Sir Donnerbold hat gesagt…

@ Ananke: Mich deucht, dass deine überschaulichen Aufzählung der Western, die dein Ding sind, etwas ZU kurz fiel. Ich denke, dass ich mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, dass dir Western auch dann gefallen, wenn sie von Verbinski sind und auf den sieben Weltmeeren (vorzugsweise in der Karibik) spielen. ;-)

Ob Western dir sogar dann gefallen, wenn sie immer noch von Verbinski sind, aber tatsächlich in einer Wüstengegend spielen (dafür aber dem Animationsmedium zugehören), steht dagegen noch immer zur Debatte, oder?

Ananke hat gesagt…

@Sir Donnerbold: Ich wage zu widersprechen... ;-p

Es stimmt zwar, dass es ein paar Western gibt, mit denen ich etwas anfangen kann - unter anderem das große Mundharmonika-Meisterwerk - aber deiner etwas "freieren" Genre-Bezeichnung kann ich mich wirklich nicht anschließen.
Erstens ist ein Western für mich im großen und ganzen doch durch das definiert, was in der Bezeichnung steckt: den Wilden Westen. Ansonsten könnte ich "Eragon" ja auch eine Science-Fiction-Geschichte nennen, weil die Handlung stark an ein gewisses Weltraum-Epos erinnert, oder "Die Braut des Prinzen" einen Zeichentrickfilm, weil er ein paar Disney-Konventionen bedient.
Und zweitens kann ich in den "Fluch der Karibik"-Filmen ehrlich gesagt keinerlei Western-Feeling entdecken. Abenteuer, Action, Mantel-und-Degen, ja, aber eine Western-Hommage macht noch keinen Genre-Wechsel.
Das sieht bei "Inglourious Basterds" schon anders aus, da bekomme ich zugegebenermaßen trotz anderer Kulisse das Gefühl eines von rachsüchtigen Frauen und (wirklich) harten Kerlen bevölkerten Wilden Westens - zumal mindestens eine der Hauptfiguren ja direkt aus so einem Szenario stammt.

Und nein, zu "Rango" bin ich noch nicht gekommen...

Sir Donnerbold hat gesagt…

Es ist ja nicht MEINE Genre-Bezeichnung, sondern die einiger der entscheidendsten Beteiligten an den ersten drei Filmen der Reihe. Wobei sich das weniger auf das "Feeling" (im Sinne von... ja, Atmosphäre halt) bezieht, sondern mehr auf die Figurenkonstellation, die innere Logik, bei Teil 3 halt zu gewissen Zügen auch die Struktur und bei 2 & 3 die Thematik, usw. Wenn du also das "Feeling" benötigst, nun, meinetwegen, dann ist es FÜR DICH halt kein Western, aber dennoch sind genügend Western-Zutaten drin, um es eher als "Piraten-Western" bezeichnen zu können, als "Eragon" zu einer Sci-Fi-Story zu machen.

Wenn du die Reihe nicht als Western rezipieren möchtest, na meinetwegen, aber du kannst nicht sagen, die Trilogie hätte nur eine Western-Hommage zu bieten, an welcher ich diese Genrebezeichnung dingfest mache. Besagte Hommage ist ja einzig und allein drin, weil die Macher ihren "Wir machen ja eigentlich die ganze Zeit einen Western"-Gedanken für den Zuschauer transparenter gestalten wollten. Und nicht, weil man mal mitten im Piraten-Trubel kurz einem seiner Regie- und Musikgötter Tribut zollen wollte.

Der Mann ohne Namen hat gesagt…

Eure Diskussion erinnert mich an ein Interview zu RANGO. Verbinski verbesserte den Interviewer, dass RANGO nicht sein erster Western wäre. Der Journalist entschuldigte sich dafür, MEXICAN vergessen zu haben und wurde sofort nochmal verbessert. Verbinski meinte mit seinem Pre-RANGO Western die FLUCH DER KARIBIK-Reihe. Die hat für Verbinski mindestens so viel Western-DNA in sich, wie die STAR WARS-Saga. Und jeder echte Jedi weiß genau, dass STAR WARS keine Science-Fiction, sondern ein Western-Samurai-Märchenepos. Im Weltall.

Und FLUCH DER KARIBIK ist dann nunmal eine Piraten-Abenteuer-Western-Bikergang-Rockoper. Von Disney.

Ja, ich lese fleißig mit. Wenn der Chef des Blogs sich über schreibfaule Leser beschwert, so war ich schuldig im Sinn der Anklage.

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