Harvey Weinstein, der Meister der Oscar-Kampagnen, startete Company Men am 10. Dezember 2010 für eine Woche in Los Angeles und New York. Damit wollte er dem Drama, welches er am 26. Januar des selbigen Jahres nach seiner Welturaufführung erwarb, Chancen für die Oscar-Verleihung 2011 einräumen. Am 21. Januar 2011 gönnte er Company Men dann seinen "regulären" Start in 106 Kinos. Wie wir wissen, wurde es nichts mit den Oscar-Nominierungen.
Jetzt kommt Company Men also endlich nach Deutschland, und so kann sich jeder selbst davon überzeugen, ob dies berechtigt war. Nun, ich finde, dass Company Men zwar ein sehr gutes Drama über die Folgen der globalen Finanzkrise ist, aber ein Oscar-Kandidat ist es letztlich auch wieder nicht.
Der Film zeigt, wie drei Mitglieder des mittleren Managements eines großen Konzerns von der Finanzkrise in Mitleidenschaft gezogen werden. Dass wir mit diesen Figuren mitfühlen sollen, scheint zunächst ein unwahrscheinliches unterfangen. Doch die Darsteller Ben Affleck (seit The Town wieder sehr gefragt), Tommy Lee Jones und Chris Cooper sowie Autor/Regisseur John Wells schaffen es, die Voreingenommenheit des Publikums skuzessive abzubauen. In einer Wirtschaftswelt, in der die meisten offenen Stellen nur noch an erfahrene Handwerker gehen, ist es letztlich doch nicht so leicht, ein arbeitsloser, studierter Betriebswissenschaftler und Manager zu sein. Was nicht heißen soll, dass der Film Partei für diese Seite ergreift - Company Men zeigt mit Kevin Costner als Afflecks Leinwand-Schwager auch einen Vertreter der "blue collar"-Gesellschaft. Der eigenständige Handwerker sorgt für einige der besten Szenen des Films, der übrigens von Kameragott Roger Deakins (nahezu alle Coen-Filme) impressiv eingefangen wurde. Er hat mit seiner jahrelangen Erfahrung auch ein besseres Händchen für emotionale Kernpunkte, als Regiedebütant John Wells (Autor und Produzent von Emergency Room), der leider manche Momente oder Subplots nicht straff genug anpackt.
Company Men steht irgendwo zwischen Charakterdrama (dafür erörtert John Wells die Persönlichkeiten nicht intensiv genug) und Situationsdrama (dafür wird die Wirtschaftslage nicht genug angerissen) und bietet einen sachlich erzählten, dennoch sehr einfühlsamen Einblick in die Gemütslage einer Gesellschaftsschicht, die schwerer von der Finanzkrise betroffen ist, als man zunächst denken mag. Ob Company Men zu Recht niemandem die Schuld zuweisen mag, oder ob dies ein Schwachpunkt des Films ist, liegt ganz an der persönlichen Einstellung. Wer Systemkritik sucht, wird auf Wunsch ja bei Kapitalismus - Eine Liebesgeschichte fündig.
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