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Montag, 11. April 2011

Rio

Beim Intro von Rio ging mir als begeisterter Liebhaber des von der Allgemeinheit unterschätzten, von vielen Trickfilmkennern als Geheimtipp gehandelten Disney-Meisterwerks Drei Caballeros das Herz auf: Brasilien, Samba, bunte Farben, ausgefeilte und die Plastizität des 3D-Bilds ausnutzende Choreographien und eine facettenreiche Auswahl schriller, singender Vögel. Aufgrund des nicht alle Samba-Hemmungen fallen lassenden Songs und der Mimik der Vögel (in einigen Einstellungen blicken sie drein, als sei das Ganze eine Parodie solcher Gesangseinlagen, auch wenn es sonst keinen Anlass zu dieser Vermutung gab), alles in allem nur "extrem nett", aber etwas extrem nettes, das einen gewissen Nerv bei mir trifft.

Der Intro- und Schlussong ist allerdings die einzig positiv auffallende Musikeinlage im neusten Film der Ice Age-Macher. Die Animationskomödie bricht aus dem Schema für Non-Disney-Computeranimation heraus, und zwängt noch einen Schurkensong, ein ruhigeres Liebeslied und eine schnelle, spaßige, Showstopping-Nummer in die Handlung hinein. Dramaturgisch passen nur die wenigsten in den Film, statt sich aus der Handlung zu ergeben, wurden die Lieder der Geschichte aufgedrängt. Wäre nicht weiter schlimm, wenn die Lieder richtig gut wären. Aber der peinliche, in hölzernem Sprechgesang abgelieferte Schurkensong untergräbt nur die Gravitas des kannibalistischen, veralteten Kakadu-Bösewichts und das "Liebeslied" bringt kaum Emotion rüber, bevor eine der Nebenfiguren in die Kamera hineinrappt. Das hat dann wieder etwas von ungewollter und übertriebener Dreamworks-Kopie... Ähnliches gilt für den recht netten Partysong, bei dem zumindest meiner Meinung nach der Rap-Part wie ein fieser Dorn hinaussticht.

Die Gesangseinlagen, oder besser gesagt die Attitüde, die ihre Interpreten währenddessen an den Tag legen, geben Rio den Anschein, als wollen die Blue Sky Studios Dreamworks die Identität rauben. Die Zärtlichkeit der Romanze in Rio und die Art und Weise, wie man die Hauptfigur Blu vor Charisma sprühen lässt, lassen Rio dagegen wie einen "B"-Disneyfilm der Marke Bolt erscheinen. Auch der Slapstick und Wortwitz von Rio passen in dieses Schema, allerdings hat Disney diesen Humor ja wahrlich nicht für sich gepachtet und ist etwa auch in den Ice Age-Filmen vertreten. Bloß hat Rio eine niedrigere Gagdichte als die Megaerfolge rund um Faultier Sid und seine bunt gemischte Herde. In der so gewonnenen Zeit wird sich mehr um die Charakterisierung Blus bemüht (gut), gesungen (schlecht) und der Plot vorangschubst (akzeptabel).

Rio ist ein wirklich süßer, sympatischer Film, und besonders die Flugsequenzen, Blu und die Skyline von Rio de Janeiro sind wunderbar anzusehen, genauso wie die gelungenen, nicht aufdringlichen 3D-Effekte. Von allen Werken der Blue Sky Studios sieht dieser Film klar am besten aus, sowohl was das Design, als auch Rendering und die Fülle an Details anbelangt. Visuell ist Rio besser als Ich - Einfach unverbesserlich, den der Blue-Sky-Abtrünnigen Produzenten Chris Meledandri mit seinem neuen Studio Illuimnation Entertainment schuf. Aber Melandandris Produktion balanciert Herz und Humor zu einem viel erfüllenderen Ganzen aus.

Was mich als Disney- und Pixar-Fan jedoch am meisten schmerzt: Um im Fahrwasser von Rio nicht als Plagiaristenverein beschimpft zu werden, stellte Pixar die Arbeiten an Newt ein. Auch dieser Film handelte von einem schüchternen Männchen, das als letztes seiner Art mit einem Weibchen anbandeln soll. Statt blauen Aras ging es, wie der Titel verrät, um Wassermolche, und irgendwie versprach ich mir davon eine reizvolle Mischung aus WALL•E und Oben. Schade drum...

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