Samstag, 30. April 2011

Quentin Tarantino kettet Django los!

Bevor die große Mai-Sause losgeht, hier noch schnell ein Quentin-Tarantino-Update!
Ende Februar machte das Gerücht die Runde, dass der Kult-Filmemacher als nächstes endlich seine lang gehegten Westernwünsche wahr macht und nach ganz eigener Art einen Spaghetti-Western in Angriff nimmt. Unter den Stars des Films sei auch Christoph Waltz, der in Inglourious Basterds eine schlechthin göttliche Performance abgab.

Vor einigen Stunden kam das Gerücht auf, dass dieser Western Django Unchained heißen wird, und mittlerweile wurde diese Meldung offiziell bestätigt. Der Genre-Kenner findet schon hier in bestem Inglourious Basterds eine Verneigung vor einem Klassiker des Kinos mit Exploitation-Wurzeln. Django, der berüchtigte, keine Gefangenen machende Westernheld... Und wie schon Inglourious Basterds wird auch Django Unchained kein Remake sondern... Naja, "gänzlich original" kann man bei Tarantino kaum sagen, jedoch bestimmt "durch und durch originell"... Jedenfalls ist dies der offizielle Plot-Anriss:
“Django is a freed slave, who, under the tutelage of a German bounty hunter (played by Christoph Waltz) becomes a bad-ass bounty hunter himself, and after assisting Waltz in taking down some bad guys for profit, is helped by Waltz in tracking down his slave wife and liberating her from an evil plantation owner.”
Schonmal eine Sensationsrolle für Waltz, die da wartet. Im Tarantino-Universum kann bewährtes allerdings wirklich großartiges bedeuten, und sind wir ehrlich, wir wollen Waltz eh alle nur noch als Schurken sehen, also meckern wir nicht über Klischeebesetzungen. So gehört's halt!

Deadline kündigte an, dass Tarantino ein erstklassiges Ensemble im Kopf habe, je nachdem, ob er es zusammenkriegt, könnte schon diesen Sommer der Dreh starten. Das bewährte Joint Venture zwischen der Weinstein Company und Universal wird Tarantino vom Zweiten Weltkrieg ins Western/Southern-Genre verfolgen, wer den Schnitt übernimmt, ist bislang nicht bekannt.

Newsies

Zahllose Zeichentrickfilme, Mary Poppins, Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett, Die Muppets-Weihnachtsgeschichte und, ja, selbst die High School Musical-Teile: Wenn der Disney-Konzern ein Musical rausbringt, dann ist ihm ein beachtlicher Erfolg gewiss. Schließlich ist der einprägsame Einsatz von Musik die Spezialität Disneys, nicht wahr?

Trotzdem sind Musikeinlagen keine garantierte Erfolgsformel für Disney. Manche Musicals scheitern daran, sich große Publikumsresonanz zu erarbeiten. Wer kennt schon Der glücklichste Millionär? Die Produktion von 1967 geriet rasch in Vergessenheit und lebt nur noch als Hintergrundmusik in der Main Street U.S.A. der Disneyparks weiter. Der glücklichste Millionär beweist allerdings auch: Ab einer gewissen Produktionsgröße ist es eigentlich nahezu unmöglich, dass Disneyfilme komplett untergehen. Irgendwie finden sie immer einen Zufluchtsort, an dem sie weiterleben. So erging es auch einem weiteren erfolglosen Disney-Musical: Newsies.

Der auf wahren Begebenheiten basierende Realfilm kam 1992 auf den Schwingen der Disney-Trickrenaisssance in die US-Kinos, und das wohl nicht gerade von tiefstapelnden Erwartungen begleitet. Ursprünglich war es geplant, die Ereignisse des Zeitungsjungenstreiks anno 1899 als Drama zu verfilmen, aber da sich Disney mit Arielle, die Meerjungfrau wieder auf sein musikalisches Geschick zurückbesinnte, wurde Komponist Alan Menken herbeigeordert und Newsies zum Musical umfunktioniert. Für den Score engagierte Disney allerdings den unterschätzten Studioveteranen J.A.C. Redford, der bereits den Score zu Oliver & Co. schrieb und in den Folgejahren auch an Mighty Ducks 2 & 3, Mein großer Freund Joe oder WALL•E mitarbeiten sollte. Die Regie und Chroegraphie übernahm derweil Kenny Ortega, der zuvor die Tanzschritte des Welterfolgs Dirty Dancing erdachte und später mit Hokus Pokus einen Disney-Kulthit schaffen sollte. Und wieder einige Jahre darauf fand er auf dem Regiestuhl der High School Musical-Trilogie Platz.

Disney wünschte sich für Newsies zunächst den Oscar-prämierten Texter Howard Ashman, welcher allerdings schon zu Produktionsbeginn von seiner AIDS-Erkankung stark geschwächt war und die Federführung deswegen an Jack Feldman (Oliver & Co.) abgeben musste. Einige Monate vor Kinostart verstarb Ashman bekanntlich und hinterließ in der Musikwelt und den Disney-Studios eine große Lücke.

Newsies wurde ein bitterer Kinoflop für die Disney-Studios: In den USA nahm das Musical gerade einmal 2,8 Millionen Dollar ein, die internationale Auswertung fiel ebenfalls sehr klein aus - in manchen Ländern wurde Newsies zur bloßen Videopremiere degradiert. Wie jedoch erwähnt, leben gerade bei Disney öfters mal Totgesagte länger. Als Leihkassette und mittels zahlreicher Wiederholungen im Disney Channel wurde Newsies in den USA ein Achtungserfolg, der sich eine eingeschworene Kult-Fangemeinschaft aufbauen konnte. Diese konnte mittels Petitionen eine DVD-Veröffentlichung erbetteln und ist generell recht lautstark. Wie Hauptdarsteller Christian Bale anmerkte, der sich lange Zeit von Newsies distanzierte und erst jüngst wieder mit dem Film wärmer geworden ist: Sagst du etwas schlechtes über Newsies, sind sofort seine Verteidiger da und ermahnen dich.

Möglicherweise ist es auch die Chance, einen jungen Christian Bale singen und tanzen zu sehen, die den Kult um Newsies immer weiter anfacht. Mittlerweile ist Newsies nämlich vom Schandfleck zu einem respektierten Katalogtitel Disneys geworden - schon länger wurde laut über eine Broadway-Adaption nachgegrübelt und seit letztem Jahr arbeitet Alan Menken tatsächlich an Variationen seiner alten Songs sowie neuen Melodien für das Bühnenstück. Nicht schlecht für einen mehrfach Razzie-nominierten Kinoflop, der Menken die berühmt-berüchtigte Goldene Himbeere einbrachte...

Kommen wir endlich mal zur Story des Films: Joseph Pulitzer beschäftigt 1899 für seine Zeitung New York World zahllose heimatlose, arme und verwaiste Jungen als Zeitungsverkäufer. Unter den sich in feinster Charles-Dickens-Manier durchschlagenden Buben befindet sich auch der 17-jährige Jack "Cowboy" Kelly, der mit seinen hochtrabend klingenden Geschichten über seine Vergangenheit sowie seiner Gewitztheit eine Führungsperson für die Zeitungsjungen-Bande darstellt. Als der Satz, den Zeitungsjungs für die Ausgaben bezahlen müssen erhöht wird, nicht aber der Endpreis, beschließen Jack und sein enger Freund David, dass es an der Zeit ist, einen Streik anzuzetteln. Dabei erhalten sie Hilfe vom Reporter Bryan Denton und dem Veudeville-Star Medda "Swedish Meadowlark" Larkson. Für den von der Polizei verfolgten Jack entsteht so ein Dilemma, da er seinen neu gewonnenen Freunden zur Seite stehen, aber auch gerne sämtliche Brücken abfackeln und nach Santa Fe fliehen möchte...

Dass Newsies seinerzeit von vielen Kritikern verrissen wurde, erstaunt nicht wirklich. Die größte Sünde dieser Disney-Produktion ist ihre Unbeständigkeit im Tonfall. Die meisten Gesangseinlagen versprühen den klassischen Disney-Musical-Kitsch oder -Pathos, sie sind über-lebensgroß, bunt, spaßig. Der Kern der Handlung wird hingegen für die meiste Zeit viel seriöser genommen. Newsies versteht sich nicht als die verrückte, aber wahre Geschichte eines Zeitungsjungen-Streiks, sondern als ein echtes Drama. Selbstverständlich nicht als ein bitteres, schwerfüßiges Drama... Newsies möchte eines dieses inspirierenden Dramen für die ganze Familie sein, das für jeden leisen Schluchzer später eine Freudenträne einlösen möchte. Und dann kommen wieder diese Momente, in denen Newsies wieder wie eine Disney-Familienkomödie wirkt. Das sind zwar alles keine krassen Gegensätze, und in den Händen eines erfahrenen Regisseurs könnten diese Elemente garantiert auch fließend ineinander übergehen, Debütant Kenny Ortega lieferte aber einen Film ab, der den Eindruck erweckt, dass nach Drehschluss das Studio die abgelieferte Version nicht mochte und von einem zweiten Regisseur unter großem Zeitdruck einige Nachdrehs forderte. Missionsziel: Den Tonfall ändern. "Wir wollen alles genauso... nur anders!" Newsies ist für Disney-Musicals insofern ungefähr das, was Hancock für das Superheldengenre darstellt.

Damit erklärt sich jedoch auch ein sicherlich nicht unerheblicher Teil des Kultfaktors von Newsies. Während Hancock als großes, ambitioniertes Experiment scheiterte und somit zwar unterhält, aber auch deprimiert, nahm sich Newsies ja keine Revolution der Musicalwelt vor. Es waren wesentlich kleinere Brötchen, die gebacken werden sollten, und dass sie nun nicht wirklich rund geworden sind, stört mit etwas Abstand zum Werk überhaupt nicht. Für Kinder ist Newsies vielleicht passagenweise etwas langatmig, aber auch ein ganz süßer Spaß, für den erwachsenen Zuschauer gehen mittelmäßige bis gute Musicaleinlagen Hand in Hand mit dieser typischen Kult-Wirkung... Newsies hat aufgrund der Divergenz zwischen seinen Kern-Sequenzen einen leicht campigen Touch, ohne dabei derart schrill wie High School Musical zu werden. Newsies ist eher "Annie für Jungen... mit dem Versuch, etwas Kitsch durch Anspruch zu ersetzen, wobei allerdings Camp entstand".

Stellt euch vor, im Hintergrund hinge ein roter Vorhang... "Zeitungs... Jungen... Musical...!"

Darstellerisch ist Newsies recht durchwachsen: Die meisten der Kinder- und Jugenddarsteller sind hauptsächlich als Tänzer und Sänger ausgebildet, weshalb das Schauspiel zwar unaffektiert, nicht aber besonders tiefgreifend ist. Christian Bale macht seine Sache gut und gibt dem Film einen emotionalen Bezugspunkt. Die Erwachsenen hingegen sind entweder blass (etwa Bill Pullman), oder sie übertreiben in ihrer Darstellung maßlos, wie etwa im Fall von Robert Duvall als Joseph Pulitzer. Gerade die Nebendarsteller Duvall und Ann-Margret tun den Film mit ihren Leistungen aus künstlerischer Sicht überhaupt nicht gut, verstärken aber enorm den Spaßfaktor.

Bei einem Musical ist es natürlich immer besonders wichtig, wie gut die Musik denn nun abschneidet. Newsies ist in diesem Belang recht unauffällig. Der generelle Stil der Lieder ist sehr familiär, erinnert an kleinere, dramatische Musicals aus der Zeit zwischen dem Glamour-Boom und der Renaissance zu Beginn der 90er Jahre und bricht selten aus diesem Klangschema aus. Mit Alan Menken als Komponisten kann man sich jedoch gewohntermaßen auf einige hartknäckige Ohrwürmer einstellen. Die Szenenstücke, wie das Eröffnungslied Carrying the Banner oder den wiederkehrenden Titel The World Will Know finde ich recht blass, während das "Ich will"-Lied Santa Fe, welches die Abenteuerlust und das Fernweh von Bales Figur mit seiner Klangverschmelzung von Western-Versatzstücken und klassischem Broadway-Sehnsuchtsballadenschmalz besingt, eines der interessanteren und originelleren Lieder aus Newsies ist. Die mit der Goldenen Himbeere prämierte, eingeschobene Vaudeville-Nummer High Times, Hard Times wiederum ist eigentlich recht kurzweilig, jedoch ziemlich überflüssig und auch klischeebeladen. Der Anti-Preis ist dennoch unverdient, selbst wenn der bei Disney fast schon unverzichtbare Slot des Spaßsongs viel erfrischender und kecker durch King of New York erfüllt wird, einer augenzwinkernden Feiernummer der Zeitungsjungen, in der sie nach einem Zwischensieg davon träumen, was sie sich alles gönnen können. Wie etwa Havannas für einen Vierteldollar. King of New York, Alan Menkens Lieblingsnummer aus Newsies, ist auch in exakt dem Tonfall gehalten, der diesem Musical konstant gut getan hätte. Es hat eine grundlegende Ehrlichkeit in sich, aber auch ein verschmitztes Lächeln.

Mein Lieblingsstück aus Newsies ist dennoch das als Protestlied der Zeitungsjungen eingeführte Seize the Day. Es ist eine dieser typischen Musical-Massennummern, inklusive dem markanten Disney-Touch und amüsantem, noch knapp vor dem Overkill eingesetztem Pathos. Der dezente irische Flair bringt Schwung rein, gleichzeitig setzt man mit unisono gesungenen, langgezogenen Textpassagen auf Gänsehaut-Wirkung. Es ist schwer, es im Gesamtkontext des Musicals komplett ernst zu nehmen, doch ein schönes Lied.

Dies bringt mich auch zur Choreographie in Newsies: Kenny Ortega muss man es einfach lassen, dass er wirklich viel von diesem Geschäft versteht. Nicht umsonst war er einer der Vertrauensmänner Michael Jacksons und was man auch von der High School Musical-Musik halten mag, die Tanzschritte waren eine großartige Mischung aus jung und frisch sowie ehrwürdigen Hommagen. Auch Newsies versteckt ein paar Verbeugungen vor großen Meistern mit aufwändigen, eigenen Tanzschritten, die auch allesamt von der Kamera gut eingefangen werden. An Produktionswerten hat Disney bei Newsies sowieso nicht gespart... Jedoch hat Ortega gerade bei der wohl sehr ergreifend und inspirierend wirken wollenden Reprise von Seize the Day ein weeeeenig zu mordern gedacht, weshalb man sich das Grinsen in der Sequenz kaum verkneifen kann. Aber seht selbst:



Da respektiert man Leute wie Gore Verbinski sogleich um ein vielfaches mehr. Denn so hätte die Eröffnungssequenz von Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt bestimmt ebenfalls aussehen können... Im großen Finale von Newsies passiert ein ähnlicher Patzer. Das eh schon recht kitschige Ende wird von einem lachhaften Mini-Auftritt böse untergraben... Auch wenn man ihn sich bestimmt denken kann, will ich ihn hier nicht verraten. Doch ich habe keine Hemmungen zu sagen, dass es nicht so aussieht, als wäre da am Rande des Bildes ein Schauspieler, sondern ein ausrangierter Audio-Animatronic, den man aus dem Disneyland geklaut und auf's Set verfrachtet hat. Und ja... auch sowas vergrößert nur den Kultfaktor von Newsies.

Kurzum: Newsies ist ein sehr gut gemeintes Musical-Drama, das ganz nüchtern betrachtet schlicht ein mittelmäßiger Disney-Realfilm unter vielen ist, aber diesen altbekannten, ungewollten Charme hat, der viele Kultfilme ausmacht. Nicht, dass er so schlecht ist, dass er wieder gut wird... Nein. Newsies ist einfach nur so anders als von seinen Machern geplant, dass er unversehens vergnüglich wird.

Weitere Kritiken:

Affleck verzichtet auf die Wiederholung



Vor einigen Monaten gab es einige aufgeladene Diskussionen darüber, welchen Film Regisseur Ben Affleck als nächstes anpacken soll. Nach The Town waren Studios und Zuschauer gleichermaßen gespannt auf Afflecks nächsten Schritt, und zwischenzeitlich sah es so aus, als verfilme Affleck den Thriller Replay. Dieser Roman handelt davon, dass ein Radiojournalist eines Tages aufwacht und sich wieder in seiner Jugend befindet. War die Zukunft, sein gesamtes Erwachsenwerden nur ein Traum? Oder kennt er die Zukunft? Und... wie nutzt er dieses Wissen aus?
Die Vorstellung, dass Affleck einen solchen Film dreht, fand ich sehr spannend (da ich Affleck den richtigen Tonfall für so eine Idee zutraue), aber auch etwas enttäuschend, weil mir die Idee bekannt vorkam. Einige Leser erinnern sich zurück, andere klicken hier.

Wie Collider jetzt berichtet, ist Affleck nicht mehr an Replay interessiert. Dafür befindet sich ein anderer bekannter Regisseur in Verhandlungen um das Projekt: Zeitreise-Experte Robert Zemeckis. Was angesichts solcher Filme wie Zurück in die Zukunft 1 - 3, Forrest Gump und Falsches Spiel mit Roger Rabbit vor zehn Jahren noch für Jubelschreie gesorgt hätte, löst nun bestenfalls ein vorsichtiges Bangen um den Film aus. Zemeckis hat längst sein sicheres Händchen verloren - natürlich kann man hoffen, dass er es im Realfilmsektor wiederfindet, aber Affleck wäre mir wirklich viel lieber.

Wir dürfen nun alle Wetten abschließen, ob Tom Hanks in der Hauptrolle besetzt wird.

Donnerstag, 28. April 2011

LEGO - Am Ende der Welt

Die LEGO-Piraten arbeiten in ihren Trailern nun auch den zuletzt veröffentlichten Pirates of the Caribbean-Film ab. Die Parodien von Am Ende der Welt finde ich jetzt nicht ganz so gelungen, wie die von Die Truhe des Todes, aber dafür sieht man, dass die Entwickler sich intensiv mit dem Stoff auseinandersetzten: Es gibt eine Parodie einer "Deleted Scene"!

Wer Material zu Fremde Gezeiten wünscht, darf sich ebenfalls freuen: Amazon hat mittlerweile Hörproben des Soundtracks! Die ganzen Remixe können mir gestohlen bleiben, aber der echte Score klingt schonmal interessant. Das wird ein heiteres Melodienraten, sobald die komplette Filmmusik auf uns losgelassen wird. Sollten die Hörproben ein repräsentativer Indikator sein, wird insbesondere die erste Actionsequenz wohl ein gigantisches Musikquiz für Fans der genialen Piraten. Wenn schon in einem kurzen Hörschnipsel bis zu drei bekannte Melodien übereinandergelegt werden, dann erwarte ich eine echte Herausforderung, das gesamte Stück zu entschlüsseln...

Update: Etwas längere Hörproben sind aufgetaucht.

Siehe auch:

"The Lone Ranger" hat einen neuen Star

Es hat eine halbe Ewigkeit gedauert, aber jetzt könnte The Lone Ranger endlich vorankommen. Die von Jerry Bruckheimer und Walt Disney Pictures geplante Kinoadaption des Texas Rangers aus einer klassischen Radio-Hörspielreihe hatte lange Zeit keinen Hauptdarsteller und auch die Suche nach einem Regisseur gestaltete sich schwierig. Nachdem laut über Mike Newell nachgedacht wurde, engagierte man im September letzten Jahres Gore Verbinski. Interessanterweise nur wenige Wochen, nachdem Disney Mewells Prince of Persia als einen Film zu den Akten legen musste, der weniger als erhofft einnahm...

Auch die Autorenfrage ist verworren: Bruckheimer holte seine Lieblinge Ted Elliott und Terry Rossio zum Projekt, aber die Disney-Studios schuldeten einem weiteren Autoren einen Gefallen, so dass das Drehbuch nochmal überarbeitet wurde.

Eigentlich gab's bislang nur folgende feste Infos: Johnny Depp übernimmt die Nebenrolle des Sidekicks Tonto, wird aber sicherlich jede Aufmerksamkeit auf sich ziehen, Bruckheimer produziert, Verbinski woll Regie führen. Vor einigen Tagen schien es dann, dass man sich mit Ryan Gosling einigen konnte. Anscheinend sind die Verhandlungen gescheitert, denn nun berichtet Deadline, dass stattdessen Armie Hammer die Titelrolle übernehmen könnte. Hammer spielte die Winklevoss-Zwillinge in The Social Network und ist seither in Hollywood auf dem aufsteigenden Ast. Ein großer Blockbuster fehlt ihm aber noch. Bislang. Vielleicht kommt The Lone Ranger jetzt endlich in Produktion...?

Dienstag, 26. April 2011

Und nochmal Fremde Gezeiten: Featurette über Jack und Angelica

Ahhh, musikalisch ist das hier schon eher das, was ich mir von Pirates-Promotion erhoffe. Und auch inhaltlich gefällt's: Die Dynamik zwischen Jack und Angelica verspricht sehr viel Spaß, und so lange man es vermeidet, Angelica zu einer überfähigen Alleswisserin zu machen, dürfte ich mich auch mit ihr anfreunden können... Und hey, die Schnipsel vom neusten Schwertkampf sehen wirklich klasse choreographiert aus. Fremde Gezeiten - der Swashbuckler unter den Pirates of the Caribbean-Filmen?

Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten: Neuer US-Fernsehspot

Coming Soon präsentiert einen neuen TV-Spot zur dritten Fortsetzung von Fluch der Karibik. Und, oh Hans Zimmer und Christopher Nolan, was habt ihr nur getan? Seit Inception ist es wohl Pflicht, zu jedem potentiellen Blockbuster mindestens einen "BrrrrrrAAAmmm!"-Spot oder -Trailer zu schneiden... Mir wäre eine Hörprobe aus dem Soundtrack von Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten viel lieber gewesen, diese Musik passt doch überhaupt nicht! Zum Ausgleich fordere ich, dass im The Dark Knight Rises-Trailer He's a Pirate läuft!

Ansonsten ist der TV-Spot so, wie sie halt sind: Schnell, wuchtig, actionreich. Trotzdem, ich bleib dabei: Hübsch fotografiert ist der Film obendrein auch!



Siehe auch:

Montag, 25. April 2011

The Medallion Calls


Ein von Jerry Bruckheimer produzierter Piratenfilm aus den Disney-Studios, der mit Orlando Bloom und Johnny Depp eine Freizeitparkwasserbahn adaptiert? Ob das gut gehen kann, überprüften im Sommer 2003 unzählige neugierige und zu einem nicht unwesentlichen Teil auch zweiflerische Kinogänger. Als es dann endlich so weit war, präfentierte sich ihnen zunächst einmal etwas Seefahrer-Geschwätz in Mitten einer Nebelbank. Die Gouverneurstochter singt ein Piratenlied und sorgt so für Missmütigkeit an Deck, ein brennendes Schiffswrack wird entdeckt, ein kleiner Junge gerettet. Der Junge wächst zu einem schüchternen und die Standesgrenzen achtenden Waffenschmied heran, auf den die wesentlich aufgeschlossenere Gouverneurstochter offensichtlich ein Auge geworfen hat. Aber die Förmlichkeit und ihm so aufdiktierte zurückhaltende Art verärgern die sich über ihr die Luft zuschnürende Korsetts beschwerende Gouverneurstochter. So weit lief Fluch der Karibik, so normal war Fluch der Karibik in seinen ersten Minuten.

Bis zu diesem Zeitpunkt weckt Fluch der Karibik Erinnerungen an klassische, genretypische Abenteuerfilme. Möglicherweise ist es Zufall, eventuell war es sogar Absicht, aber die Kostüme und Kulissen, ja, auch der Tonfall der ersten Filmminuten beschwört besonders stark den Geist früherer Abenteuerfilme der Disney-Studios herauf. Insbesondere die in Großbritannien gedrehten Produktionen wie Die Schatzinsel kommen in den Sinn, wenn man den Alltag von Port Royal erlebt. Die Farben sind nur kräftiger, und mit Elizabeths schnippischen Kommentar, dass die Frauen in der Korsett-Modestadt London wohl gelernt haben, nicht zu atmen, wird äußerst behutsam eine modernere Sensibilität in den Film eingefuhrt. Will Turners ungeschicktes Zerstören der Dekoration im Gouverneursanwesen hingegen könnte in seiner ruhigen Slapstick-Art auch 1: 1 aus einem Disney-Realfilmklassiker der 50er stammen.

Dies ändert sich schlagartig, nachdem Will Turner mit treuem Dackelblick und von schwelgenden Geigen begleitet der in einer Kutsche beleidigt davonfahrenden Gouvernerustochter hinterherrennt und sie mit einem befreiten Lächeln auf dem Gesicht erstmals, wenn auch ungehört, nicht mehr Ms. Swann, sondern Elizabeth nennt. Die Musik schwenkt um, militärische Trommeln kündigen einen imposanten Einmarsch an und die Szenerie wechselt zu einem in selbstbewusster, martialischer Pose auf dem Mast seines Schiffes stehenden Piratenkapitäns. Der Wind umschmeichelt sein Gesicht und fast könnte man schwören, dass er der schwelenden, kräftigen und dynamisch wummernden Musik zunickt, die dem Kinogänger entgegendröhnt. Er seilt sich schwungvoll vom Mast herunter und landet in Mitten einer durch ein Leck entstandenen Pfütze. Es ist der erste kleine Bruch dieses epochalen Auftritts, und der zweite folgt sogleich: Dieser so imposant auftretende Pirat befindet sich ganz allein auf einem winzigen, schnuckeligen kleinen Dingi. So viel zum sich anbahnenden Auftritt eines Legendenhaftigkeit ausstrahlenden, einvernehmenden und bei aller Coolness sicherlich auch bedrohlichen Piraten... Mit dieser Figur scheint offensichtlich längst nicht alles so zu laufen, wie wir es uns als erstmalige Betrachter so denken. Während sich der Piratenkapitän die Zähne ob dieser haarigen Situation fletschend an die Arbeit macht und mit einem Eimer das Wasser aus seinem Boot zu schaufeln versucht, lässt sich die Musik nicht beirren und behält ihren kraftvollen, sich im Rhythmus modernen Sensibilitäten bedienenden, Duktus bei. Erst als der Pirat in nicht zu weiter Ferne drei gehängte Skellette und einen freien Galgenstrick sieht, nimmt die Musik kurz einen besinnlicheren Ton an, jedoch ohne ihre ganz und gar ironisch-bombastische Stimmung runterzuschrauben. Als letzte Ehrerbietung gegenüber seinen verblichenenen Piratenkameraden zieht der Pirat seinen Hut. Es folgt ein Umschnitt auf Handelsschiffer und deren Belegschaft, die im Hafen Port Royals ihrem Tagewerk nachgehen... bis sie sich staunend und verwundert umdrehen. Der Pirat hat den Kampf gegen das Leck längst verloren, und als wäre es eine Selbstverständlichkeit, floh er mit stolzer Pose zurück auf den Mast. Mast und Segel befinden sich nahezu komplett unter Wasser, aber dem nicht mit der Wimper zuckenden Piraten gelingen auch die letzten Meter und er läuft auf einen großen Ausfallschritt genau am Pier ein.


Es war die erste Begegnung, die das Kinopublikum mit Captain Jack Sparrow hatte, und sofort wusste es alles, was es über diese Figur wissen musste. Und sämtliche Sympathien hatte er natürlich auch direkt auf seiner Seite, schließlich offenbart sich während dieser ikonischen Einführung, das Sparrow es zwar wirklich drauf hat, das Piraten-Dasein zu telebrieren, aber dennoch auch zwischenzeitlich zu den Verlierern gehört. Er ist also sowohl bewunderns-, wie bemitleidenswert, man kann sich in sein Leben hineinträumen und dennoch gebannt mit ihm mitfiebern. Es ist eine der Sachen, die selbst die größten Piraten-Allergiker Fluch der Karibik zuschreiben müssen: Jack Sparrow ist eine der populärsten und unvergesslichsten Kinofiguren der Gegenwart, und der Grundstein dazu wurde in dieser genial geschriebenen, ikonischen Einführungssequenz gelegt

Wie im Autoren-Audiokommentar zu Fluch der Karibik aufgezählt wird, wird Jack Sparrow dem Zuschauer im Verlauf seiner ersten Sequenz sogleich vier Mal vorgestellt. Das erste Mal lernt man die Figur des Jack Sparrow kennen, als er stolz auf dem Mast steht. Dann wird er einem vorgestellt, als er vor den gehängten Piratenskeletten salutiert, wodurch sich zeigt, dass er noch immer ein Pirat mit innerem moralischen Kompass ist und es für den Zuschauer vollkommen akzeptabel ist, sich in den kommenden Filmstunden auf seine Seite zu stellen. In diesem Moment wird also bereits der für solche Abenteuer-Blockbuster relativ komplexe moralsiche Horizont abgesteckt, der etwa Will Turner und Elizabeth als gute Vertreter des Rechts, Norrington als einen antagonistischen Verteter des Rechts, Jack Sparrow als guten Piraten, Barbossa und seine Mannen wiederum als ruchlosere Piraten und somit als Bösewichter darstellt. Wobei sich diese Parameter im Laufe der Fortsetzungen ja mehrfach verschieben sollten...

Das dritte Mal dass das Kinopublikum Jack Sparrow kennenlernt, ist, wenn er mit einem großen Schritt auf's Dock tritt und somit die Verlierer-Mentalität wieder etwas relativiert wird, die der Anblick von Jack in seinem kleinen, untergehenden Schiff auslöste. Und zum vierten Mal wird dem Zuschauer Jack Sparrow vorgestellt, wenn er den Schiffsmeister über's Ohr haut: Erst bietet er ihm mehr Geld an, wenn er seine Pflichten vernachlässigt und keinen echten Namen für den Neuankömmling in Port Royal einträgt, aber dann stiehlt er das Geldsäckchen des frisch gewonnenen Komplizen. In diesem Moment offenbart sich der, insbesondere in den Fortsetzungen an Wert gewinnende, Charakterzug Sparrows, dass er stets davon ausgeht, dass sich das Schicksalsrad irgendwann wieder zu seinen Gunsten drehen wird. Egal wie grauenvoll die Situation für ihn aussieht, hält er nur lange genug durch, kommt er wieder mit Profit aus der Situation. So jedenfalls Jacks Weltsicht - und drei Filme später können wir dem nicht mit voller Überzeugung widersprechen.

Mit Jack Sparrows Einführungssequenz ist aber nicht nur die beliebteste Figur von Fluch der Karibik im Film angelangt, es offenbart sich auch das wahre Naturell der Bruckheimer-Produktion. Nach dem eher klassisch gehaltenen Anfang zeigt sich nun eindrucksvoll die in sich mehrfach gebrochene, teils postmoderne Art von Fluch der Karibik. Eine solche Sequenz wie Jack Sparrows Einfahrt in Port Royal käme in einem ganz nüchternen, trockenen Piraten-Abenteuer niemals vor, aber so tickt dieser Film nunmal nicht, er geht an das totgesagte Genre mit einem augenzwinkernden, frechen Vorhaben heran, ohne diese Anarchie aber vollkommen zu überziehen. Fluch der Karibik will schneller und verrückter als der klassische Piratenfilm sein, hat aber dennoch beide Beine fest im Boot. Oder dem, was vom Boot noch übrig ist...

Insofern spiegelt Jack Sparrows Intro in jedem Teil der Pirates of the Caribbean-Saga auch die Stimmung des jeweiligen Films wider. In Fluch der Karibik ist Jacks Einmarsch der eines legendären, stolzen Piraten, die Musik ist größer und bombastischer als die eines klassischen Piratenstreifens, zugleich ist Jacks erster Auftritt ironisch gebrochen. Es ist ein witziges Spiel mit den Erwartungen, jedoch weiterhin an bodenständigen Korsarenabenteuern orientiert.


Konsequenterweise lassen sich die Unterschiede zwischen Fluch der Karibik und seiner Fortsetzung Die Truhe des Todes schon anhand Jack Sparrows erstem Auftritt in seinem neusten Kinoabenteuer ablesen. In tiefster Nacht ruht die Black Pearl in sicherem Abstand zu einem türkischen Gefängnis, welches sich an einer unheilvollen Klippe befindet. Dunkle Schatten werfen einen Sarg nach dem anderen ins Wasser und auf einem dieser Särge findet eine Krähe ihre Rast. Sie pickt auf dem Sargdeckel herum und mit einem lauten Knall wird sie ins Jenseits befördert. Jack Sparrows Einmarschmelodie ertönt und nachdem Sparrow seine Feuerbüchse aus dem Schussloch ragt und in Erwartung weiteres Gewehrkugelfutters umherschwenkt, baut sich der Kapitän auf, macht sich fein, reißt der in seinem Sarg liegenden Leiche ein Bein aus und scherzt mit ihr sogar ein wenig. Er bittet seinen Kumpanen um Verzeihung, fragt ob er nichts gegen einen kleinen Abstecher hätte. Mangels Erwiderung rudert Sparrow in seinem improvisiertem Boot mit seinem improvisierten Paddel in Richtung Pearl...

Jack Sparrows Einführungssequenz in Die Truhe des Todes ist von einem vehement schwärzeren Humor geprägt als ihr Pendant aus Fluch der Karibik, und somit fungiert sie als Vorzeichen dessen, welchen tonalen Pfad der zweite Part der Pirates of the Caribbean-Saga einschlagen wird. Visuell und inhaltlich ist diese Sequenz düsterer und morbider, was auch auf die Kernprobleme verweist, denen die Hauptfiguren entgegenstehen. Jack Sparrow wollte in Fluch der Karibik einfach nur sein Schiff wiederhaben (und im Idealfall Blutrache an seinem meuternden ersten Maat Barbossa üben), in Die Truhe des Todes hingegen versucht er, dem beinahe sicheren Tod durch den übermächtigen und herzlosen Davy Jones zu entkommen. Nicht nur Sparrows Problem, auch sein Widersacher ist gefährlicher: Barbossa und seine Crew hatten noch Humor sowie Geduld, Davy Jones hingegen kennt kein Erbarmen. Und auch für Will Turner und Elizabeth steht bedeutsam mehr auf dem Spiel, als in Fluch der Karibik. Jack Sparrows erste Szene in Die Truhe des Todes verweist auf Tod, Verderben und aussichtslos scheinende Situationen. In Fluch der Karibik ließ Jack Sparrow ein peinliches Missgeschick wie einen stolzen Moment im Leben eines Piraten aussehen, in Die Truhe des Todes hingegen nimmt er den letzten denkbar Ausweg und trügt mit Galgenhumor darüber hinweg. Es ist ein Vorbote dessen, was für ihn noch alles folgen wird.

Gleichzeitig setzt Jack Sparrows erste Sequenz in Die Truhe des Todes auch auf Slapstick (die ganze Geschichte mit der "weggesprengten" Krähe), wo in Fluch der Karibik noch ironische Brechungen vorherrschten. Auch diese Tendenz zum Slapstick lässt sich im restlichen Film wiederfinden, insbesondere in der ausführlichen Sequenz auf der Kannibaleninsel sowie später auf der Isla Cruces, wo sich ein erbitterter Schwertkampf zwischen Jack Sparrow, Will Turner und James Norrington zu einem abgedrehten Spektakel entwickelt. Ein düsterer Grundton, prekärere Situationen und mehr Slapstick - das was Die Truhe des Todes von Fluch der Karibik abhebt, ist allesamt schon in Jack Sparrows Auftritt enthalten.

Aufgrund der zwei originellen Auftritte Jack Sparrows in den ersten beiden Pirates of the Caribbean-Teilen (und der spannenden Frage darüber, wie es nach Die Truhe des Todes denn generell so weitergeht), war die Wartezeit auf Am Ende der Welt natürlich mit Fan-Spekulationen überfüllt. Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen, wie ich mit meinem engeren und auch meinem erweiterten Piraten-Fanzirkel munter und trotzdem engagiert-tiefsinnig darüber nachgrübelte, wie Jack Sparrow in Am Ende der Welt auftreten wird. Dass die Tradition ungebrochen weiterläuft, war uns allen stillschweigend klar. Nach Die Truhe des Todes wird Jack nicht einfach während einer laufenden Dialogsequenz von hinten heran ins Bild treten, und alle tun so, als sei nichts besonderes geschehen. Nein, Jack Sparrows Auftritt wird auch in Am Ende der Welt besonders zelebriert, das war keine Frage. Und für uns war auch irgendwie sofort klar, dass es wohl "größer, schneller, lauter, wilder" sein muss. Es ist das Finale der Trilogie, verdammt, da muss was bombastisches her. Vielleicht ein martialisches Bild, wie sich Captain Jack Sparrow brutal durch seinen bislang größten und erbittertsten Feind schlachtet? Disney scheint bei den Piraten eh Narrenfreiheit gelten zu lassen und in Die Truhe des Todes hat man wahrlich gespürt, wie Depp, Verbinski, Bruckheimer und das Autoren-Duo Ted Elliott & Terry Rossio diese Freiheiten genossen... Wir trauten es ihnen zu, Jack für den Abschluss der Trilogie einen wahrhaft mörderischen ersten Eindruck zu gönnen.


Was die Macher von Am Ende der Welt stattdessen auf die Kinowelt losließen, war jenseits wohl sämtlicher Fan-Spekulationen. Man trieb fröhliches Schindluder mit den Erwartungen - was sinnbildlich für den kompletten Film steht. Und wie es nunmal so ist, wenn ein Film jenseits der Erwartungen wildert: Das unerwartete wird nicht ausschließlich entlohnt, sondern scheidet auch die Geister. Nun, mit einem IMDb-Wert von 7,0 und einem weltweiten Einspielergebnis von über 900 Millionen Dollar, muss Am Ende der Welt wohl viel mehr Leuten gefallen haben, als der Status "kontrovers diskutiert" vermuten lässt, aber dennoch lässt es sich wohl nicht ausblenden, dass die mutige Anderartigkeit von Am Ende der Welt nicht nur Freunde fand. Schließlich kraxelte das Franchise mit dem Film auf eine gewisse Meta-Ebene des Piratenfilms: Fluch der Karibik war anders und verschrobener, als der normale Piratenfilm, ohne sich den Stempel der Parodie aufzudrücken. Am Ende der Welt war die verschrobene Version von Fluch der Karibik, aber weiterhin keine Parodie. Da soll mal einer mitziehen... Und so kam es, dass sich manche Am Ende der Welt als ihren Lieblingsteil der Reihe aussuchten, und wieder andere nicht. Generell ist Am Ende der Welt vom Herzen aus ein Produkt für die Fans: Man wollte ihnen etwas zum weiterspekulieren geben, sie überraschen und trotzdem in manchen Hoffnungen und Wünschen glücklich stellen. Den normalen Kinogänger hatte man, wie mir scheint, eher als sekundäre Zielgruppe im Blick. Nicht, dass dies in ein Desaster mündete, mir sind Nicht-Fans bekannt, die trotzdem den dritten Teil am besten fanden, aber selbst ich komme nicht umher zu bemerken, dass es auch Leute wie Filmbrain gibt. Ich könnte jetzt darüber meckern, dass jemand, der sich darüber aufregt, dass sich ein Disney-Film mal etwas wagemutiges und blutiges traut, eh nichts zu melden hat, weil es eben diese Leute sind, die sich dann über Disneys Familienimage mokieren, aber schweifen wir nicht ab... Am Ende der Welt wollte neue Seewege auftun, Erwartungen zerbersten und mit dem Publikum spielen, und das ist ihm gelungen, wie sich halt schon allein an Jacks Einführung zeigte. Etwas Schwund ist immer, aber die Faustregel zeigte, dass jemand, der sich auch vermehrt um die zwei Vorgängerfilme kümmerte, auch stärker entlohnt wurde.

Bereits die ersten Sekunden boten gewaltigen Grund zur Überraschung. Statt der typischen Jack-Sparrow-Einmarschmelodie erklingt ein desorientiertes, ungestimmtes Gitarrengezupfe, begleitet von ungebügeltem atmospährischem Gesumme, so als sei die Soundanlage nicht richtig gestimmt worden. Das gleißend weiße Bild wird plötzlich von Jack Sparrows überdimensional erscheinenden Nase erfüllt, die sich entlangs des Bildes schiebt und vor einer einzelnen Erdnuss Halt macht. Bereits über Fluch der Karibik sagten die Filmemacher, dass sie mit ihrem Werk (stellenweise) einen Monty-Python-Piratenfilm entwarfen, aber erst mit dieser Sequenz ist es ihnen überdeutlich gelungen. Die Impression einer leinwandfüllend eingefangenen Nase, die sich auf eine winzige Erdnuss zubewegt könnte genauso gut aus Terry Gilliams berühmt-berüchtigten, surrealistischen Tricksequenzen stammen, die einzelne Segmente des Flying Circus überbrückte. Es ist ein verrückter, unwirklicher Filmmoment und es ist die erste von vier Vorstellungsritualen, die der Kinozuschauer und Jack Sparrow in Am Ende der Welt gemeinsam durchmachen. Denn im Finale der originalen Pirates of the Caribbean-Trilogie griffen die Autoren auf den Beginn der Saga zurück und setzten die Idee der vierfachen Einführung der Figur des Jack Sparrows mit einem lauteren Paukenschlag neu um. Auf fast schon wortwörtliche Art und Weise.


Dass die gigantische Nase wohl Jack Sparrow gehört, wurde wohl jedem fix klar, und wenige Sekunden später macht sich eben dieser bereit, das winzige Nüsslein wie ein Festmahl zu verspeisen. Bevor er die Erdnuss aber genießen kann, zerschneidet ein Schuss die verstimmte Beinahestille in Davy Jones' Reich und der sich auf den Genuss einer Erdnuss freuende Jack Sparrow fällt zu Boden. Umschnitt auf Jack Sparrow. Mitsamt Hund, Mantel, ernstem Blick und frisch abgefeuertem Eisen. Das war seine Nuss!
In diesen Sekunden offenbart sich dem erstmaligen Betrachter der absurden Szene, dass wohl noch mehr seltsam läuft, als er es sich zunächst dachte. Wie sich rasch zeigt, befinden sich an Bord der mitten im absoluten Nirgendwo eines Jenseits Dutzende Jack Sparrows befinden - und der schießfreudige in Mantel und Hut ist das Original, der einzig wahre, einmalige Captain Jack Sparrow. Dies wird allerspätestens nach einem Umschnitt klar, der enthüllt, dass sich Jack in Wahrheit vollkommen allein auf seinem geliebten Schiff befindet. Dies ist die dritte Einführung Jack Sparrows in Am Ende der Welt, die Sekunde, die verdeutlicht, dass Jack in Davy Jones teuflischem Reich nicht dazu verdammt ist, mit nervigen, übernatürlich erschaffenen Kopien seiner Selbst die Ewigkeit zu verbringen, sondern ein Schicksal erleiden muss, dass wohl noch viel schlimmer ist. Die Strafe, die härter sein soll, als der Tod, ist es, ewig mit sich selbst leben zu müssen, obwohl er (momentan?) nicht dazu fähig ist. Seine inneren Dämonen sind dafür zu mächtig, selbst wenn er beschließt, sich von dererlei Merkwürdigkeiten reinzuwaschen.

Letztlich kann Jack Sparrow, mit etwas Hilfe von Tia Dalma, der die Sinne zerfressenden Wüste von Davy Jones entkommen. Und somit kann sich Jack Sparrow ein viertes Mal im Laufe von Am Ende der Welt präsentieren, nun während er mit Schwung die wüste Hölle hinter sich lässt und auf den Strand von Davy Jones' Reich zusteuert, wo sich einige geduldete und weniger erduldete Weggefährten seines Lebens aufhalten. Es ist die einmalige Gelegenheit für Jack Sparrow, aus der teuflischen Situation eine Tugend zu machen und weiter an seinem Status als wandelnde Legende zu arbeiten.


Jack Sparrow steht ganz oben am Mast seiner geliebten Black Pearl, mit stolz durchgedrücktem Körper und selbstverständlichem, siegessicherem Blick in die Ferne. Genau so muss sich Jack in seinem Kopf die Ankunft in Port Royal vorgestellt haben, beeindruckend und stolz. Es ertönt auch wieder die bereits aus Fluch der Karibik bekannte Melodie, nur mit einem viel wuchtigeren, epochaleren Sound. Mehr Streicher, kräftigere Trommeln, ein lauterer, erhabener Chor... Und obendrein segelt Jacks geliebte Pearl nicht einfach so durch die Gegend, sie fährt eine verfluchte Sanddüne hinab! Dies ist ein übermenschlicher Auftritt ganz so, wie ihn sich der selbstüberschätzende Captain Jack Sparrow wünscht - natürlich ohne auch nur ein sein ungeheures Glück anlachende Miene zu verziehen.

Dieser Auftritt Jacks in Am Ende der Welt ist höchst angemessen, nicht nur dafür, dass dieser Film das große Finale der Trilogie darstellt und somit absolute Superlativen und Rückgriffe auf den Anfang der Saga einfach dazugehören, sondern auch, weil wir uns noch wenige Minuten vorher in Sparrows durchdrehenden Verstand befanden. Es ist nur passend, dass wir dann endlich einmal einen Einblick erhalten, wie die Realität nach seinen Wünschen auszusehen hat.
Wie Jack Sparrows Einführung in Am Ende der Welt den Tonfall des Films widerspiegelt, muss ich höchst wahrscheinlich gar nicht mehr ausführen: Das gesamte Kapitel um Jack Sparrow in Davy Jones' Reich ist überdrehter, unwirklicher, fantastischer und gigantischer, als das, was man in Fluch der Karibik und Die Truhe des Todes zu sehen bekam. Genauso, wie auch Am Ende der Welt imposanter, durchgeknallter und selbstbewusst-wagemutiger als seine Vorgängerfilme ist. Die übernatürlichen Elemente nehmen größeren Raum in der Geschichte ein, die anstehenden Schicksalsschläge sind verheerender - schließlich sind auch die Bedrohungen ernster und globaler als bisher. Und atmosphärisch werfen Regisseur Gore Verbinski und die Autoren Elliott & Rossio zur übersteigerten Dramatik auch verschrobeneren, teils surrealeren Humor in die Waagschale. Am Ende der Welt ist komplexer - narrativ, wie atmosphärisch. Die Fallhöhe für die Figuren sowie das Werk als solches nimmt durch die stark vergrößerte Divergenz drastisch zu. Wahrlich überwältigend - aber das Spiel kann man nicht ewig weiterspielen.


Würde die Pirates of the Caribbean-Saga mit einer solchen Rasanz weiter an Bombast gewinnen, so müsste man beim vierten Teil nicht nur um die finanzielle Stabilität der Walt Disney Company fürchten (Fluch der Karibik kostete noch ca. 140 Millionen Dollar, Am Ende der Welt verschlangen die Piraten 300 Millionen), sondern auch um die Sicherheit der Kinogänger auf diesem Globus. Im 3D-Zeitalter einen vierten Film mit Jack Sparrow zu veröffentlichen, der um das x-fache pompöser ist als Am Ende der Welt könnte, so einige streng wissenschaftliche und garantiert ernstzunehmenden Forschungen, zu explodierenden Kinoleinwänden führen. Und wenn nicht das, so dürfte das gleichzeitige Wachstum von Komplexizität der Geschichte und ablenkenden Explosionen und hämmernder Filmmusik zu explodierenden Köpfen beim Durchschnittskinobesucher sorgen. Auch keine appettitliche Vorstellung.

Das drang wohl auch bis in die Geschäftsführung des Disney-Konzerns vor. Als klar wurde, dass Jack Sparrow auch ein viertes Mal in See stechen wird, machte man sehr schnell klar, dass der vierte Teil der Saga simpler und bodenständiger wird. Nun, was "simpler" für Ted Elliott und Terry Rossio bedeutet, lässt sich bislang nur spekulieren, aber was "bodenständiger" heißt, das wissen wir schon: Fremde Gezeiten kostete geschätzt 200 Millionen Dollar. Die Truhe des Todes kostete vermutete 25 Millionen Dollar mehr, also ist der vierte Teil der zweitkleinste der Kinoreihe. Jedoch dürfte man ihn wohl noch immer als Abenteuerepos einschätzen...

Trotzdem: Kleiner, feiner, geerdeter soll es sein, auf den fremden Gezeiten. Das wird uns seit Monaten in Interviews gepredigt und auch die Trailer versprühen weniger von diesem Gefühl des ultimativen und gigantomagischen, den Die Truhe des Todes und insbesondere Am Ende der Welt dem Zuschauer entgegenschleuderten. Und so wird wohl auch Jack Sparrows erster Auftritt nicht ganz so verrückt oder morbide, wie es in den letzten beiden Filmen der Fall war. Wir dürfen aber sicher sein, dass die engen Kontakt zur Fanbase haltenden Autoren die Tradition eines ikonischen Jack-Sparrow-Einmarsches nicht vergessen werden. Und ich bin mir ebenfalls ziemlich sicher, dass sie auch in Jacks ersten Minuten während Fremde Gezeiten wieder ein atmospährisches Spiegelbild des restlichen Films gestalten werden. Oder geht dieser rote Faden, der sich durch die Trilogie zog, mit Regisseur Gore Verbinski von Bord? Wohl kaum... und deswegen werde ich nächsten Monat am Rande meines Kinosessels sitzen und fiebernd abwarten, was mir Jacks erster Auftritt dieses Mal so verspricht. Wir haben schon den "normalen", den "düsteren, aber humoristisch gekonnt albernen" und den "verrückten und gigantischen" Slot für die Saga bereits besetzt... was kann da eigentlich noch folgen?

Empfehlenswerte Piraten-Artikel:

Samstag, 23. April 2011

Sanctum

Der Kino-Sommer liegt direkt um die Ecke: Thor, Fast & Furious Five, Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten, Hangover 2... Doch bevor uns Hollywood seine hochpreisige A-Budget-Ware entgegenschleudert, kommen wir Kinogänger nicht um eine Verschnaufpause voller B- und C-Ware herum. New Kids Turbo schickt sich an, die neuste Kino-Nummer-Eins Deutschlands zu werden und ein Thriller aus der zweiten (oder gar dritten) Reihe wird mit viel Webpromotion, James Camerons die Massen hypnotieserenden Namen und 3D-Technik aufgepimpt in die Multiplexe entlassen.

Sanctum ging mir ja schon mit seinem ewig lang wirkenden Kinotrailer auf den Senkel, aber was mich viel mehr verwundert, ist welch ansehnlichen Hype er sich zumindest im englischsprachigen Internet aufbauen konnte. Das wird Sanctum allerdings noch weniger helfen als der penetrant betonte Name des ausführenden Produzenten James Cameron (der kaum etwas mit dem Film zu tun hat) und der freizügig erschwindelten Behauptung, dieser Thriller basiere auf einer wahren Geschichte.

Gut, Ideengeber, Autor und Produzent Andrew Wright ging vor über zwanzig Jahren einmal in einem Höhlensystem tauchen und wurde wegen eines Tropensturms eingeschlossen. Abgesehen davon hat Sanctum aber gar nichts mit den wahren Ereignissen auf denen er basiert gemeinsam. Ich ging auch schonmal bei McDonalds essen, aber darf ich deswegen einen Massenmörder-Erotikthriller schreiben, der im Restaurant zum goldenen Bogen spielt, und behaupten, es sei eine wahre Geschichte?

Wie dem auch sei, Sanctum breitet nach bekanntem Abzählreimschema die Geschichte eines Tauchertrupps, der in einem Grottensystem eingschlossen ist und sich dezimiert. Die Figuren sind flach, die Dialoge brettern dem Publikum unwichtige Exposition entgegen (lassen Taucherlatein dagegen unerklärt... obwohl sich ein Taucherneuling unter den Figuren befindet!), die Handlung bleibt vorhersehbar. Generell fühlt sich ein Kinobesuch von Sanctum so an, als hätte man unter der Woche irgendwann nach 23 Uhr RTL II eingeschaltet. Es ist ein lustloser C-Fernsehthriller, der halt nur zufällig in gutem 3D gefilmt wurde. Und Gelegenheit, die fantastischen Naturwunder in Sanctum zu bestaunen, hat man wegen der störenden Handlung eher selten. Gleichzeitig wird auch die von klaustrophobischen Bildern lebende Story von der 3D-Natur gestört, denn damit der Effekt wirkt, musste die Unterwasserwelt ja besonders gut ausgeleuchtet werden.

Sanctum säuft also auf sämtlichen Ebenen ab, auf denen er funktionieren könnte. Wer eine fiktionalen James-Cameron-Tauchgang in 3D erleben will, sollte besser auf Avatar 2 warten. Allein schon das 3D wird mit Cameron als Regisseur nochmal um einiges besser eingesetzt, und ja, so sehr die Story von Avatar auch geschunden wurde, sie war normales Blockbuster-Maß und Avatar 2 wird sicherlich in einer ähnlichen Liga spielen. Sanctum dagegen dümpelt mehrere Seemeilen tiefer herum.

Freitag, 22. April 2011

Rango

Rango - Gore Verbinskis erste Regiearbeit seit dem megalomanischen Piratenepos Am Ende der Welt habe ich selbstverständlich nicht übersehen! Viel mehr sah ich mir den ersten Animationsfilm aus der Spezialeffektschmiede Industrial Light & Magic bereits am deutschen Starttag an. Leider muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich die Schreiblust über Rango kurz nach dem Verfassen einiger Notizen schlagartig verlor. Und so lag der Echsenwestern bei mir erstmal auf Halde. Denn eine zwischen Mittagessen und Abwasch machen dahingeschriebene Kurzkritik sollte der Film, vollkommen unabhängig von meiner Meinung über ihn, wirklich nicht bekommen.

Im Anschluss an den dritten Teil von Pirates of the Caribbean hatte Gore Verbinski vorerst genug von Piraten und Großprojekten. Also nahm sich der ehemalige Werbefilmer vor, einen Fuß ins Animationsfeld zu setzen, hoffend, dass er sich in diesem Gebiet nach dem von Unwettern, explodierenden Budgets, gewaltigem Erwartungsdruck und einen unaufhaltsam näher rückenden Starttermin geplagten Am Ende der Welt endlich etwas erholen kann. Da zeigte Verbinski wohl das falsche Bild vom Animationsmedium: Selbstverständlich fielen solche Problemfaktoren wie das tückische Wetter aus, dafür musste er sich der nervenaufreibenden Detailarbeit und dem erschöpfend langsamen Produktionsprozess eines Trickfilms aussetzen. Denn wer Qualität wünscht, muss im Animationsbereich außerordentlich hart arbeiten. Kein Wunder, dass Verbinski in jüngeren Interviews seine Einschätzung widerrief: Rango wurde letztlich doch keine kleine, unanstrengende Produktion.

Dafür setzte Gore Verbinski einen seine gesamte Kinolaufbahn durchsetzenden Trend fort, den der unfokussierte Gelegenheitszuschauer spätestens mit Am Ende der Welt recht überdeutlich zu spüren bekommen hat: Verbinski macht Filme, die leicht... daneben sind. Verrückt, verschroben. Sie mischen Konventionalität mit einem gewissen Element der Seltsamkeit und Exzentrik. Das gigantomagische Piratenabenteuer mag eine Jerry-Bruckheimer-Spezialeffekt-Extravaganz mit ausschweifendem Action-Klimax gewesen sein, Verbinski kam nicht umher, sich in absonderliche und surrealistische Momente wie der in Davy Jones Reich zu verlieben. Und eben diese Tendenz zum grotesken im scheinbar Massentauglichen ist es, die Rango über alles andere prägt.


Am überdeutlichsten macht sich Rangos exzentrische Natur am Look des Films bemerkbar: Die Figuren sind grotestke Mischwesen aus fotorealistischen Oberflächen und altmodischen Tierwesen aus Kinderbuchklassikern. Die vertrockneten Reptilienschuppen, die schlaffen Vogelfedern und das dreckige, staubige Fell der mit menschenähnlicher Mimik und überzeichneter Gestik artikulierenden Figuren sind in naturnahen Formen gehalten, stecken allerdings in kleinen Westernkostümchen. Die Welt von Rango ist aufgrund dieser ungewöhnlichen Stilmischung hässlich - gewollt hässlich. Zum Knuddeln lädt von vornherein keines der Tiere ein, und diese unwohle Realitätsnähe gepaart mit unwirklichen Elementen macht die Western-Fauna in diesem Streifen noch grotesker. Aber es ist, anders als bei Robert Zemeckis Motion-Capturing-Versuchen, kein ungewollter Uncanny-Valley-Effekt, sondern ein bewusst gewählter Balanceakt zwischen abstoßend und fazinierender Quirligkeit.

Somit spiegelt das Figurendesign das Wesen des Protagonisten von Rango wider: Unser "Held" ist nämlich ein vollkommen wirr gewordenes Haustier-Chamäleon, das in seiner Isolation jegliche Spur zu seiner eigentlichen Persönlichkeit verlor. Als es durch einen Unfall in der Freiheit landet und in der aufgrund Wassermangels dahinsiechenden (und von Tieren bewohnten) Westernstadt Dreck angelangt, nimmt es die Identität eines verwegenen Westernhelden auf, der ohne mit der Wimper zu zucken sieben auf einen Streich killen kann. Unter dem Namen "Rango" wird der wandelnde Haufen heißer Luft zum Sherrif der Stadt ernannt, der die knapp werdenden Wassereserven Drecks bewachen soll. Aber da Rango halt mehr armes Würstchen, als echter Held ist, geht einiges schief - und Rango muss zum Wohle der ihn ans Herzen wachsenden Stadt (sowie seiner eigenen Haut) das werden, was er zu sein behauptet.

Die Figur des Rango ist eine exzentrische, verlogene und prahlerische Gestalt, die schlacksig umherstackst und oftmals panisch vor sich herquietscht. Nicht gerade der prototypische Star für ein ausgewachsenes Westernabenteuer. Und seine Neurosen sowie sein mal verpeiltes, mal selbstgefälliges Getue macht ihn nicht gerade zur Durchschnitts-Vorbildfigur, die man in einem Animationsfilm mit familientauglicher Altersfreigabe erwartet. Dies ist für Rango Fluch und Segen zugleich. Gore Verbinskis Trickwestern erhält dadurch eine angenehme Frische, stellt sich als verschrobener Außenseiter in die stetig wachsende Riege der Hollywood-Animationsproduktionen. Aber da man sich, vor allem anfangs, wirklich enorm darauf versteifte, die Hauptfigur anders und atypisch zu gestalten, scheint man irgendwann die Sympathie aus den Augen verloren zu haben. Die Figuren in Rango sind einem zwar nicht egal, so richtig ans Herz wachsen konnte mir jedoch auch keines der Tierchen. Wodurch die Schwächen in der Story stärker ins Auge stechen.


Denn so verschroben der Humor, so ausgefallen der Verlauf einiger Szenen, so ungewöhnlich der generelle Tonfall von Rango sein mag, der eigentliche, grundlegende Plot ist ein überaus konventionelles Sammelsurium aus Desperado, Chinatown und Westernklischees. Der Drahtzieher hinter der Wasserverschwörung ist schnell durchschaut, die Irrführungen kommen auch sehr deutlich als eben solche rüber und generell mag Rango auf narrativer Ebene nie so richtig eine Eigendynamik entwickeln oder Fahrt aufnehmen. Die Geschichte besteht aus sehr viel Hin- und Hergerenne und kurzen Wegzweigungen, weil man noch Drehbuchautor John Logan (Sweeney Todd) noch diese oder jene archetypische Westernsequenz verarbeiten wollte.

Bloß, weil sich Logan in Rango nicht als meisterlicher Geschichtenerzähler zeigt, soll dies nicht bedeuten, dass er und Gore Verbinski in ihrem Animationsabenteuer generell schlechte Erzähler seien. Ihre Vereinnahmung und Abwandlung von Westernklischees resultiert in wirklich tolle Szenen und der stets präsente Humor ist in dieser Form nahezu einzigartig. Rango ist Sequenz für Sequenz betrachtet durchaus ansprechend und einfallsreich erzählt. Es kommt halt nur nicht zu einem makellosen Erzählfluss - das ist für mich das größte Manko. Teilschuld an diesem stockenden Erzählfluss könnte der in sich etwas unausgegorene Tonfall sein. Gore Verbinski erwies sich ja bereits als sehr guter Strippenzieher einer sich ständig wandelnder Atmosphäre, und deswegen will ich ihn bezüglich Rango nicht zu lautstark anklagen - andere Regisseure hätten ein ganz und gar in sich unstimmiges Werk abgeliefert. Das blieb Rango erspart. Trotzdem verläuft der Zick-Zack-Kurs zwischen Verballhornung, Hommage und Aneignung typischer Westernelemente, um etwas vollkommen eigenes, exzentrisches zu gestalten, zwischen ernsthaft spannend gemeint und kurios nicht so harmonisch und packend, wie in Die Truhe des Todes oder Am Ende der Welt. An manchen tonalen Wende- und Knotenpunkten fehlte mir in Verbinskis Trickfilmdebüt der Feinschliff.

Dessen ungeachtet muss man Gore Verbinski gratulieren, dass er sich (wenigstens meiner Ansicht nach) immer besser in die kultigen Riegen solcher Leute wie Robert Rodriguez und Quentin Tarantino einreiht. Nicht nur, dass er ihnen in Sachen "Projekte ankündigen und dann doch nicht abliefern" in nichts mehr nachsteht, Rango zeigt auch überdeutlich, dass er das Dasein als Genreversatzstück-DJ ähnlich gut beherrscht. Dem Drehbuch von Rango fehlt zwar die Genialität eines Quentin Tarantino, aber das kann man nicht allein Verbinski anlasten, schließlich schreibt er seine Filme (noch?) nicht selbst. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass ein Animationsfilm von Robert Rodriguez nicht groß anders aussähe, als das, was Verbinski letztlich abgeliefert hat. Spaghetti-Western trifft groteske Komik trifft Mariachi-Feeling. Rodriguez wäre wohl etwas überdrehter und weniger surrealistisch an den Stoff herangegangen - und natürlich wäre die Selbstreferentialität anders ausgefallen, schließlich bedient sich Verbinski eines anderen selbstgeschaffenen Kosmos als Rodriguez.


Denn die Verweise auf die eigene Vergangenheit hat Gore Verbinski nun wohl ähnlich heraus, wie schon Tarantino und Rodriguez. Neben den zahlreichen Western-Verweisen und ebenfalls recht deutlichen Fingerzeigen auf Fear and Loathing in Las Vegas gibt es einige klare Rückgriffe auf die Pirates of the Caribbean-Trilogie, insbesondere auf Am Ende der Welt. Die Gestaltung der Traumwelten Rangos erinnert stark an das ebenfalls sehr monochrom-weiße Reich Davy Jones' in Am Ende der Welt, bloß mit einem etwas stärkeren Salvador-Dali-Touch. Wenn Rango eilig rennt, sind die Bewegungen fast haargenau die, des fliehenden Jack Sparrow und beim großen Western-Showdown mischt Komponist Hans Zimmer munter das Rango-Leitmotiv mit seiner Ennio-Morricone-Hommage Parley aus dem dritten PotC-Teil. Somit hat es das in Cowboystiefeln gesteckte Liebesthema von Am Ende der Welt also in einen weiteren Film geschafft...

Appropos Hans Zimmer: Rango gehört wieder Mal zu seinen exzentrischeren und originelleren Arbeiten. Anders als bei The Dark Knight, Sherlock Holmes oder Am Ende der Welt geht er zwar nicht ganz so mutig mit der Instrumentenwahl um, aber die Hauptmelodien in Rango sind eingängige, verschrobene Abwandlungen der Genrestandards - ganz so, wie es der Film auch verlangt. Zimmer mischt Verschrobenheit mit Western- und Mariachi-Klängen und während einer herrlichen Verfolgungsjagd vereint er seine Rango-Hauptkomposition mit dem Walkürenritt und An der schönen blauen Donau. Und weil's halt Spaß macht, setzt er beim Arrangement auf E-Gitarren und Banjos. Genial. Und im Abspann lehnt sich Zimmer sogar in Tarantino-Gefilde, mischt Mariachi-Western mit dem aus Pulp Fiction bekannten Surferrock-Gitarrenriff. Wieso? Ähm... wieso nicht? Es ist cool...!

Neben Depp und Bill Nighy unter den Darstellern sowie Komponist Hans Zimmer hat Gore Verbinski noch weitere alte Bekannte in die Welt von Rango eingeladen: Der Schnitt stammt, wie eh und je bei Verbinski, von Craig Wood, das Figurendesign stammt von Crash McCreery (der die Pirates-Filme mitgestaltete) und Verbinskis Effektspezialist seines Vertrauens, John Knoll, überwachte auch bei Rango die Spezialeffekte.
Für die Kameraarbeit holte sich Verbinski dagegen jemanden, der sich nicht nur mit Western und verschrobenem Humor, sondern auch mit Animationsfilmen auskennt: Kameralegende Roger Deakins, der nahezu alle Coen-Filme drehte und schon bei WALL•E und Drachenzähmen leicht gemacht für greifbarere digitale Landschaften sorgte, half auch diesem Film auf die Sprünge. Und das Engagement Deakins' hat sich bezahlt gemacht: Die Landschaften in Rango sind hyperrealistisch, obwohl Verbinski bewusst auf 3D verzichtete, scheinen die Bilder der staubigen Wüste schier unendlich zu sein. Der Licht- und Schattenwurf von Rango unterstützt den realistischen Einschlag der Texturen, spielt aber gleichzeitig mit der typischen Western-Lichtdramaturgie. Einfach super - und mir auch einen Tacken lieber als das doch sehr gewöhnungsbedürftige Figurendesign.


Auch wenn mir Rango aufgrund der Story und den zwar erfrischend andersartig, nicht aber sonderlich rund entwickelten Figuren weniger gefällt, als The Weather Man (geschweige denn die PotC-Filme), war es ein richtiger und wichtiger Schritt für Gore Verbinski. Er macht seinen eigenen, kleinen Wahnsinn immer mehr zu einer durchdachten Methode und sein Genre- und Stimmungsmix kristallisiert sich immer stärker zu seiner eigenen Handschrift heraus. Und da er fremde Versatzstücke, etwas neues und eigene Rückverweise recht gut miteinander jongliert, könnte sich Verbinski bei Bedarf weiter in dieser Stilschule aufhalten und wie Rodriguez, Kevin Smith, Quentin Tarantino und einige andere einen eigenen Subkosmos aufbauen. Oder aber Verbinski macht als nächstes was normales, wir werden sehen.

Was ich an Rango jedoch schade finde, ist dass der Film wieder die Doppelzüngigkeit des Kritkerkonsens aufzeigt. Rango wurde für seine Intelligenz, Andersartigkeit und liebenswürdige Derbheit gelobt. Am Ende der Welt galt als verworren, übertrieben kompliziert, verrückt und dass der Film für seine Jugendfreigabe so hart war, kam auch nicht überall an. Schon seltsam - und dabei finde ich sogar, dass etwa die Traumsequenzen in Rango weniger gut in die Narrative eingebaut wurden, als die Verrücktheiten in Jack Sparrows vergangenem Kinoabenteuer. Die Erkenntnisse der surrealen Szenen in Am Ende der Welt kann man kaum anders einbauen, in Rango schien dagegen der Gedanke zu sein: "Wir brauchen eine Ephphanie... ähm... vielleicht via Traumsequenz?" Rango ist da meiner Ansicht nach der "faulere" Streifen - aber teure Blockbusterfortsetzungen sind halt die bessere Zielscheibe, als die durch Pixar plötzlich wieder als anspruchsvoll akzeptieren Animationsfilme dieser Welt. Oder anders gesagt: Ulkig, wie sich die Perspektiven verschieben können, wenn der eine Film eine teure Fortsetzung ist, und der andere ein "frischer und innovativer" Animationsfilm.

Wie dem auch sei: Rango ist in Anbetracht dessen, dass von Pixar dieses Jahr keine Revolution zu erwarten ist, ein guter Anwärter auf den nächsten Animations-Oscar. Einfallsreich, verrückt, ausdrucksstark animiert und trotz narrativer Schwächen unterhaltsam. Längst nicht die Weltsensation, die aus ihm gemacht wurde, aber für jeden Depp-, Western-, Verbinski- oder Animations-Fan einen Blick wert. Und ja, auch Robert-Rodriguez-Fans sollten reingucken, selbst wenn er nichts mit Rango zu tun hat.

Weitere Kritiken:

Dienstag, 19. April 2011

Meine Lieblingsfiguren aus der "Pirates of the Caribbean"-Trilogie

Yarr, ihr Landratten! Dass Spoiler vor uns liegen, sollte niemanden mehr überraschen! Aber seid gewarnt, dies ist ein Artikel aus vom Herzen überzeugter Piratenseele geschrieben, kein stinknormaler Beitrag einer langweiligen Teerjacke! Dass Fan-Gerede folgt, sollte eigentlich klar sein. Aber ich warne dennoch, denn man weiß ja nie, wer hier gerade eine Nebelbank im Hirn hat...

Drei Filme lang haben wir mit ihnen gelacht, ihre Aktionen gespannt und manchmal auch erstaunt verfolgt - und wir haben sogar den Abschied von ihnen mehr oder weniger gut überstanden. Die Pirates of the Caribbean-Trilogie ist Vergangenheit, ein viertes, mehr oder minder unabhängiges Kapitel ist in Reichweite. Die ursprüngliche Trilogie hat uns nicht nur tolle Stunden reiner Unterhaltung geboten, einen Piratentrend geliefert und brachte tolle Soundtracks auf den Markt, nein sie brachte uns vor allem auch zahlreiche geniale Figuren.

Dass Captain Jack Sparrow und Hector Barbossa nicht nur, erzähltechnisch gesehen, laut den Autoren der Reihe Götterfiguren sind und zudem absolut herrlich gestaltete Figuren sind, deren Darsteller sie mit einem Charme erfüllen, der seines gleichen sucht, sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein.

Aber was ist mit den anderen Figuren, mit denen, die noch nie Captain der Pearl waren? Wie sind sie so, was bedeuten sie im großen PotC-Universum - sowohl werkimmanent als auch -transzendent betrachtet? Diese kleine Frage möchte ich nun beantworten, um die eigentlich eh unbedeutende Wartezeit auf Fremde Gezeiten noch stärker zu verkürzen. Damit das ganze auch etwas lockerer wirkt habe ich das in eine Hitliste meiner liebsten Figuren der Filmereihe verpackt - außerdem habe ich um wenigstens etwas Spannung zu bewahren, wie bereits angedeutet, Barbossa und Jack Sparrow weggelassen.

Platz 25: Wyvern (einziger Auftritt: Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes)
Wyvern hat keinen sonderlich großen Auftritt, aber dafür einen sehr beeindruckenden. Der alte Wyvern löst sich langsam und knarzend von der Flying Dutchman und liefert in einem unheilvollen Sprachduktus kurze Exposition über den Aufenthaltsort des Schlüssels von Davy Jones. Außerdem ist er der erste, der darauf hinweist, dass die Dutchman immer einen Kapitän braucht. Als Figur ist Wyvern vielleicht austauschbar, aber die geniale Animation und die makabere Pointe mit seinem (im wahrsten Sinne des Wortes) zurückgebliebenen Gehirn machen ihn bemerkenswert. Als Sahnehäubchen oben drauf bereitet seine Szene zudem noch eine geniale Jack-Sparrow-Szene in Teil 3 vor... Ich sage nur "Ich habe mein Gehirn verloren!"

Platz 24: Sri Sumbhajee (einziger Auftritt: Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Der Piratenfürst des indischen Ozeans fällt zunächst vor allem durch seinen beeindruckenden, weißen Schnauzbart auf. Ansonsten hebt er sich kaum von der wilden und durchgeknallten Meute ab, die den eher eitlen und chaotischen, denn hohen Rat der Bruderschaft darstellt. Dieser Rat wurde einberufen um Becketts Mordfeldzug ein Ende zu bereiten, doch eine Einigung ist mehr als nur in weiter Ferne. Erst nachdem Jack Sparrow sich für Elizabeth Swan als Königin des hohen Rats der Bruderschaft einsetzte und diese den Krieg gegen Beckett und die East India Trading Company erklärte machte sich Sri Sumbhajee, der bislang seine Assistenten für ihn sprechen ließ, bemerkbar. Er baut sich langsam auf und sagt in einer piepsigen Fistelstimme: "Also... werden wir in den Krieg ziehen!" Dieser Gag kommt vollkommen unerwartet und legt jedesmal beinahe das gesamte Kinopublikum flach - und gehört somit zu den besonderen Pointen in den drei PotC-Filmen, der wirklich alle Ziel- und Altersgruppen im Publikum lachend vereint. So simpel kann es manchmal sein - und diese wenigen Worte genügten wieder einmal, um das ganze Fandom wilde Theorien über Sumbhajees Vergangenheit aufzustellen.

Platz 23: Sao Feng (einziger Auftritt: Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)

Eine genial gespielte Rolle, die aber dafür, dass sie auf allen Postern zusammen mit den Hauptfiguren genannt wird, sehr klein ausgefallen ist. Doch das kann man verzeihen, wenn man bedenkt, dass Sao Feng dafür, dass er nur eine lebende Plot-Triebfeder ist, von Chow Yun-fat mit wahrer Inbrunst verkörpert wird und beeindruckendes (Oscar-nominiertes) Make-Up aufweist. Sao Feng ist es, der Will Turner darauf aufmerksam macht, dass ein Pirat vom Verrat anderer Piraten profitieren kann und er ist es, der Elizabeth Swan zu einer Piratenfürstin macht. Außerdem ist sein Badehaus Schauplatz einer genialen Expositions-, Comedy- und Actionszene während der wir auch den möglicherweise ersten Disney-Kopfschuss aller Zeiten sehen (das Hirn-Raussäbeln aus Tron zähle ich mal nicht als Schuss...). Aber gut, juxende Geek-Gründe wieder bei Seite: Sao Feng versprüht im epochalsten Teil der Trilogie dieses Gefühl, dass sich schier unendlich viele Geschichten im Pirates-Kosmos erzählen lassen, macht Lust auf ein "Expanded Universe" wie bei Star Wars. Nur bleibt man hinter den Möglichkeiten und den Versprechungen des Marketings zurück, und somit nur Platz 23...

Platz 22: Käpt'n Bellamy (einziger Auftritt: Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes)
Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie wirkt die Besatzung des Handelsschiffes Edinburgh Trader, auf dem sich Elizabeth Swan als Junge verkleidet versteckt um von Porty Royal wegzukommen und Tortuga zu erreichen, so, als ob man sie direkt einem 50er-Jahre-Abenteuerfilm entnommen hätte. Die Kleidung, das Make-Up der Darsteller, ja gar die Schauspieler selbst und ihr Sprachduktus lassen beinahe den Eindruck entstehen, dass das Team von Die Truhe des Todes Geld sparen wollte und sich deshalb eines unbekannten, alten Seemannsfilm annahm, Szenen raus schnitt und mühevoll den Kraken, Elizabeth Swan und Will Turner in die Szenen hineinmogelte. Diese Figuren und ihre wahrlich herrliche Art sind die für mich bodenständigste Verneigung vor alten Abenteuerfilmklassikern, die man in der Trilogie vorfindet. In meinen Augen sticht aus dieser Crew besonders der Käpt'n heraus, der zu den einprägsamsten der normalen Figuren in der gesamten Filmreihe gehört - nicht zuletzt auch dank der goldig altbacken rüberkommenden Synchronisation in der deustchen Fassung! Er ist ein vollkommen einfacher Schifffahrtskapitän, der gegen den Aberglauben seiner Crew und die wucherhaften Steuern der EITC ankämpfen muss. Bellamy und seine Mannschaft sind die erste Reihe von Bauern in diesem gigantischen Piraten-Schachspiel und werden letztlich nach Begegnungen mit Swan und Turner zu Opfern des gewaltigen Kraken. Bellamy stirbt als erster in dem monströsen Angriff - für einfache Seeleute sind in der PotC-Welt keine guten Schicksale angedacht.

Platz 21: Gouverneur Weatherbee Swann (Auftritte in allen drei Filmen)
Sympathisch ist er ja, der Vater von Elizabeth Swan. Er ist ein wenig trottelig und hat keinerlei wirklich schlechten Charaktereigenschaften an sich - sein einziges Problem sind seine eher altmodischen Ansichten. Wenn es nach seiner ursprünglichen Meinung ginge, müssten die Piraten am Galgen baumeln und Elizabeth den ehrenwürdigen Commodore Norrington heiraten, und nicht etwa den Waffenschmied Will Turner. Doch Swan ist lernfähig, wenn auch vieles dessen alleinig aus der Liebe zu seiner Tochter resultiert. Er sieht ein, dass auch Turner ein ehrenwerter Mann ist und gegen Ende des ersten Films bezeichnet er die Piraterie als etwas, das durchaus der richtige Kurs sein kann. Der gutmütige Gouverneur wird jedoch zur Zielscheibe des machthungrigen Lord Beckett: Indem dieser Swans Tochter in Gefahr bringt, erkauft er sich Swans Zusammenarbeit. Er soll der East India Trading Company dienen - was er aus Liebe zu seiner Tochter auch macht. Somit erhält Beckett noch mehr Macht und streicht massenhaft Bürgerrechte aus dem Gesetzbuch. Swan wird hellhörig und ist erschüttert - dies führt jedoch leider zu seinem Tod...
Zum Glück hat man eine Szene aus Teil Eins gestrichen, in der Swan davon redet, wie gut es den Einwohnern Port Royal geht, während er an einem Obdachlosen vorbeifährt. Diese Szene hätte Swan zu ignorant gemacht. Und auch wenn er nicht wirklich wichtig ist, so wäre es schade, wenn diese Figur an Sympathie verlieren würde.

Platz 20: Murtogg & Mullroy (Auftritte in Fluch der Karibik und Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Genial durchdacht oder einfach nur ein glücklicher Zufall? Nachdem kurze, eher harmlose Sprüche von Gibbs, Norrington und Familie Swan sowie minimaler Slapstick von Will Turner den Zuschauer in sanften Dosen auf das Comedy-Element von Fluch der Karibik vorbereitet haben, ging es mit Captain Jack Sparrow erst so richtig los. Doch um dem Zuschauer vorzuführen, wie gerissen und vor allem auch witzig Sparrow wirklich ist, benötigte er "Gegenspieler". Oder besser gesagt: Opfer. Auftritt Murtogg und Mullroy! Zwei vertrottelte Marinesoldaten die ein schnuckeliges Boot, äh, Schiff bewachen... sollen. Denn die zwei verstricken sich in eine intensive und verworrene Diskussion über die Black Pearl, ausgelöst von Jack Sparrow, der sich während des Dialogs verkrümelte und nun das Schiff begutachtet. Das Duo bereitet so zudem noch das Publikum auf den Auftritt eines weiteren Komiker-Duos vor: Pintel und Ragetti, die schräge Version dieser Marinesoldaten. Wie das Team schon bemerkte: Murtogg & Mullroy sind "Dick und Doof" - Pintel & Ragetti aber "Dick & Doof auf Ecstasy" - und dadurch, dass die Marinesoldaten vor den Piraten auftauchen ist eine Steigung in der Comedy-Intensivitätskurve zu verzeichnen. Gerissen, oder?
Nachdem die zwei in der Fortsetzung von "Fluch der Karibik nicht vorkamen, kehren sie in Am Ende der Welt schließlich zurück, nun als Soldaten der EITC. Aber irgendwie gehören sie da nicht hin - und wechseln deshalb rüber zu den Piraten... und blamieren sich fast durch ihr übertriebenes Gehabe (zur Freude der Zuschauer).

Platz 19: Cryer (einziger Auftritt: Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Okay. Swan hat eine größere Rolle und ist wohl schwer aus den ersten drei Pirates-Filmen wegzudenken. Aber während seine Figur halt "nur" extrem solide gespielt und liebenswürdig angelegt ist, so ist er insgesamt nichts "besonderes", das mich während seiner Szenen vor Freude jauchzen lässt. Anders ist dies bei dieser Figur aus Am Ende der Welt. Wir wissen nicht, ob der im Abspann angegebene Name "Cryer" nur eine Kurzform für seine Berufsbezeichnung "Town Cryer" ist, oder ob diese Figur zufälligerweise auch so heißt - immerhin bringt in Fluch der Karibik auch ein Leutnant Gillette (!) die Eisen (!) und Becketts Assistent aus Am Ende der Welt trägt den Namen "Lefthand". Doch egal, wie der junge Mann auch heißen mag, sein Auftritt ist Teil einer meiner absoluten Lieblingsszenen der gesamten Trilogie und schon allein deshalb verdient er eine Erwähnung in dieser Rangliste. Hinzu kommt aber, dass ich bei jeder bisherigen Sichtung des Filmes ab dem Moment, in dem er auf der Leinwand auftaucht, mit weit offenen Augen dasitze und platt bin. Die Blicke und die Mimik des Stadtausrufers in EITC-Uniform, während er die neusten Erlassungen Becketts vorliest, faszinieren mich immer wieder, und auch seine deutsche Synchronstimme ist wahrlich perfekt. Allein er schafft es schon, die Bedrohung und den Schrecken der East India Trading Company auszudrücken und der Szene eine tiefe Atmosphäre zu verleihen, ohne dass die Szene zu beklemmend wird. Eine Internetrecherche erklärte mir nun, wie es kommen kann, dass diese winzige Rolle mich so sehr beeindruckt und ich jedes Mal wenn ich sie sehe, wie toll doch die schauspielerische Leistung ist: Gespielt wird die Figur von Mark Hildreth - der junge Mann hat mir bisher zwar überhaupt nichts gesagt, doch wie ich erfuhr wurde er schon für zahlreiche Nachwuchsauszeichnungen nominiert und hat auf Filmfan und -kenner-Seiten einige Fans, die sich auch über seine kleine Rolle im dritten Piratenspektakel freuten. Was eine Dosis Talent einer minimalen Rolle also alles verleihen kann...
Diese Figur hätte aufgrund der Darstellerleistung, eigentlich schon aufgrund des alleinigen Umstandes, dass ich mich tatsächlich über so eine Randfigur in einem epischen Film informiere, eigentlich einen noch besseren Rang in meiner Hitliste verdient - aber letzten Endes bleibt sein Auftritt nunmal kurz und die Figur als solche unbedeutend. Irgendwo muss dann selbst ich eine Grenze ziehen, zumal ich mir die drei Pirates-Filme zwar ohne Cryer, aber nicht ohne so manch andere Figur vorstellen kann.

Platz 18: Cabin Boy (einziger Auftritt: Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Das Intro des dritten Pirates-Films wird, wie gesagt, schon allein durch den Stadtausrufer zu einer sehr gelungenen Szene. Doch durch eine bestimmte Figur übertrifft sich die Sequenz nochmal selbst: Der kleine, zum Tode verurteilte Junge verdeutlicht noch einmal mit einem Faustschlag ins Gesicht des Kinopublikums, wie grausam und unmenschlich Beckett und seine Gesetze sind. Es ist aber das, was nach dem Gang zum Galgen folgt, was den Auftritt des Jungen so denkwürdig macht. Unsicher blickt er auf eine Silbermünze herab, wendet sie in seinen verschmutzten Händen und beginnt, anfangs verschüchtert, ein Lied zu singen. Dieses Lied ist zwar sehr kurz und eher minimalistisch orchestriert, doch der bedeutungsvolle Text der Filmautoren Ted Elliott und Terry Rossio und Hans Zimmers gefühlvolle, traurige und zugleich erbauliche Melodie verbinden sich zu einem wahrlich großartigen Song, der dieser bedrückenden Szene eine neue Richtung gibt. Ein Happy End für den Jungen und die anderen Gefangenen, die in seinen Gesang mit einstimmen, ist jedoch nicht abzusehen. Beckett bleibt die Ruhe selbst, als sich die Verurteilten aufbauschen, mit ihren Ketten rasselnd das Lied singen und die Wachen einschüchtern - er ist sogar erfreut. Deshalb kommt es so, wie es kommen musste... der Junge und sechs weitere Gefangene werden hingerichtet. Der Darsteller des Kindes verdient meinen vollsten Respekt: Diese Szene gut zu spielen ist ein wahrer Drahtseilakt. Viel zu schnell hätte die Szene kitschig, albern oder aufgesetzt wirken können, als ob Disney der Härte der gezeigten Bilder einige Musicaleinlagen im Film entgegensetzen möchte. Aber Brendyn Bell meisterte dies - nur schade, dass er in den Augen mancher Zuschauer eine frappierende Ähnlichkeit mit Schauspieler Dominic Scott Kay aufweist, welcher ganz am Ende des Films (also runde 165 Minuten NACH Bell) auftaucht und Will Turners Sohn spielt. Dies führte leider zu unnötiger Verwirrung im Publikum - einige fragten sich tatsächlich, wie es sein kann, dass der zu Beginn gehängte Junge nun 10 Jahre später neben Elizabeth rumhüpft und singt. Ich selbst sehe keine Ähnlichkeit zwischen den Darstellern (und den Figuren), weshalb ich nicht beurteilen kann, ob sich manche Zuschauer nun eine Brille kaufen sollten oder ob Disney so dumm wahr, zwei so gleich aussehende Kinder für unterschiedliche Rollen auszusuchen...

Platz 17: Cotton (Auftritte in allen drei Filmen)
Zwar darstellerisch eine viel geringere Leistung, aber dennoch zu respektieren und aufgrund der kleinen, aber mir als Fan doch ans Herz gewachsenen Momenten mit ihm schließlich auf diesem Rang anzutreffen: Cotton, der stumme, zungenlose Pirat mit vom Alter gezeichnetem Gesicht und einem leicht ahnungslosen Blick, der (nachdem ihm die Zunge rausgeschnitten wurde) einem Papagei das sprechen beibrachte. Bis jetzt weiß niemand, wie es ihm gelungen ist, aber ich weiß, dass wohl einige Fans der Trilogie gemeutert hätten, wäre es den Autoren auch nur in den Sinn gekommen, Cotton im großen Endkampf über die Planke ins Reich der Toten gehen zu lassen. Cotton mag zwar nicht unerlässlich sein und auch nicht gerade eine handlungsspezifisch relevante Figur, aber diesen armen alten Mann mit respektablen Leistungen als Steuermann umzubringen wäre eine Schande für die Pirates-Trilogie. Als Bildfüller und gelegentlicher Anteilhaber an erfrischenden Pointen sowie Mitgrund um das Überleben einer Schiffsbesatzung zu bangen ist Cotton ideal und deshalb ist es schade, dass er wohl nicht weiter neben Jack Sparrow dient.

Platz 16: Will Turner (Auftritte in allen drei Filmen)
Ginge es nur nach Sympathie, wäre der ständige Prügelknabe Will wohl nicht so weit oben platziert, aber es spielen hier auch andere Faktoren mit, darunter auch die Wichtigkeit für den Plot. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind: Sooo schlimm ist Will auch wieder nicht. Er zieht keine einzigen Szene durch eine nervige Präsenz herunter (was man über Ana Maria nicht sagen kann... *duck*) und er hat sogar ein paar gute Seiten: Sein unschuldiger Welpenblick ist recht gut, er hat eine wunderbare Singstimme und er kann wirklich gut kämpfen. Außerdem gefallen mir sein Ledermantel aus Die Truhe des Todes und sein rotes Hemd aus Am Ende der Welt. Öhm... das ist doch was, oder? Ich meine, da sieht man doch gerne über seine leicht verlorene und stellenweise dümmliche Art geflissentlich hinweg... Na fein, dann nicht! Aber seine Actionszenen sind wirklich spektakulär, vor allem der Kampf gegen Jack Sparrow zu Beginn von Fluch der Karibik. Schade nur, dass Will im dritten Teil der Trilogie nichtein weiteres Mal mit feurigen Waffen kämpfen durfte. Dafür wurde er von seinem eigenen, in Teil Eins an Swan ausgehändigten Schwert durchstochen. Das hat einen nicht zu verachtenden Hauch von Schicksal an sich haften. Und da ich sonst keiner Figur so eine durchbohrende, tiefergehende Dramatik gönne, ist Will für die Bodenhaftung der Filmreihe einfach unerlässlich. Und sollte es einen fünften Teil geben und irgendwer meint, man müsse Orlando Bloom nochmal engagieren, dann gebt ihm zwei flammende Schwerter - in diesem Falle werde ich mich sogar über Wills Rückkehr freuen. Alternativ nehme ich auch gerne eine durchchoreographierte Begrüßungssequent an Bord der Flying Dutchman mit offenen Armen entgegen. Das Kraken-Thema, mit Glöckchen neu instrumeniert? Jau, hätte was... Ansonsten sei ihm gedankt, dass er dafür sorgte, dass die Filmreihe nicht endete, nachdem Jack Sparrow vom Gefängnis von Port Royal landete. Dies ist auch ein weiterer Grund für seine hohe Platzierung. Ohne Will geht es halt nicht in Teil 1 bis 3. Aber von nun an darf er gerne abtauchen. Fazit: Will ist in Ordnung, mehr von ihm hätte es nicht sein sollen, weniger muss es aber auch nicht sein. Denn irgendwie braucht jedes größere Filmuniversum jemanden, auf dem es sich rumtrampeln lässt. :-p

Platz 15: Cottons Papagei (Auftritte in allen drei Filmen)
(okay, ganz ehrlich, wer hat nun gelacht, nachdem er gesehen hat, dass ein Papagei besser abschnitt als Will Turner?)
Er ist witzig und allein sein Mut unter Jack Sparrow zu einer Meuterei aufzurufen, verdient Respekt. Dass aber gerade dieser scheinbar mutige Papagei aus lauter Angst vor dem Endkampf im dritten Film einfach flieht, ist doch was verwunderlich. Naja, großer Schnabel nichts dahinter. Für Cottons Papagei erwarte ich dramatische Entwicklungen, sollte er in einem künftigen Teil wieder kommen. Die Autoren gaben ja bereits zu, Cottons Papagei nicht wirklich zu mögen. Ich wittere (und das meine ich tatsächlich ernst) eine Todesszene für den Vogel mit Seemannswortschatz. Und seien wir ehrlich: Wenn dies wirklich geschieht, werden doch wir alle ein bisschen geschockt sein, oder? Allein schon wenn ich mir Cottons trauriges Gesicht daraufhin vorstelle...

Platz 14: Mercer (Auftritte in Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes und Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Mercer ist filmimmanent eine der unsympathischsten und kaltblütigsten Figuren im gesamten Pirates-Universum. Doch von außen betrachtet ist diese Figur ein bösartiges Kleinod. Becketts treu ergebener Diener tritt zunächst einfach nur als Haftbefehl-Halter-Mann auf, doch im Laufe von Die Truhe des Todes entfaltet sich seine gesamte Natur. Ohne mit der Wimper zu zucken ermordet er unter Anwesendheit des Gouverneurs einen Schiffskapitän und bemerkt dann mit vorwurfsvoller Stimme und einer Art pervertiertem Hundeblick, dass er einen Brief des Gouverneurs gefunden hat. Er stürzt sich auf Swan und fragt ihn drohend nach dem Aufenthaltsort seiner Tochter. Es ist diese Komposition aus Kaltblütigkeit und Freude an dem, was er tut, die Mercer zu einem genialen Helfer des Bösewichts Beckett macht. Als er in Am Ende der Welt erklärt, dass die Armada der EITC nicht geschlagen werden kann, so lange sie von der Flying Dutchman angeführt wird, leuchten seine Augen hell auf und ein Lächeln erfüllt Mercers faltiges Gesicht. Mercer kann man nur hassen - aber es macht einen riesigen Spaß, ihn zum Teufel zu wünschen. Die Faszination des Bösen wurde (zumindest bei Disney) selten zuvor bei einer solch kleinen Rolle so klar rübergebracht. Der verdiente "Lohn" für all diese Abartigkeit Mercers: Ein widerlicher und beinahe schockierender sowie beängstigender Filmtod durch Davy Jones' Tentakelbart. Anders hätte Mercer nicht sterben dürfen - der übrigens trotz all seiner Regungslosigkeit bei Gewaltakten tatsächlich freiwillig über Bord gesprungen ist, als er sich Barbossa im Schwertkampf stellen musste. War dies der Funken Normalität in Mercers schwarzer Seele?

Platz 13: Stiefelriemen Bill Turner (Auftritte in Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes und Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Stiefelriemen Bill Turner gibt Will Turner in der Trilogie mehr zu tun, als bloß Elizabeth hinterher zu rennen und Jack um Hilfe zu bitten. Man könnte glatt sagen, dass Will durch seinen Vater sogar zu einem halbwegs akzeptablen Piraten wird. Darüber hinaus ist Bill Turner irgendwie liebenswürdig. Er ist ein alter, verzweifelter, aber nicht völlig glückloser Mann, der in seinem Leben, dass er gerne der Piraterie widmen wollte, halt mehrmals zur falschen Zeit am falschen Ort war. Am liebsten würde man diesen Kerl trösten - nur ist er so... verkrustet und fischig... Diese Erscheinung hat er dem möglicherweise besten Make-Up in den letzten Jahren Filmgeschichte zu verdanken, das dem tragischen Charakter noch einige Schauwerte verleiht.

Platz 12: "Poochie", der Schlüsselhund (Auftritte in allen drei Filmen)
Lange bevor jederman bei den Worten "Pirates of the Caribbean" an Johnny Depp, schwarzen Eyeliner und 882 Stücke verfluchtes Aztekengold gedacht hat, gab es einen kleinen, struppigen Hund der vor einer Gefängniszelle saß und sicht mit eisernem Willen den Verlockungen eingesperrter Piraten widersetzte. Unter Disney-Park-Fans erreichte die Wasserbahn Pirates of the Caribbean einen besonderen Kultstatus und eine der berühmtesten Szenen ist besagte Stelle mit dem Gefängnis- beziehungsweise Schlüsselhund. Kein Wunder, dass diese Szene zusammen mit vielen anderen in Fluch der Karibik als Hommage an die beliebte und berühmte Attraktion aus Disneyland eingebaut wurde. Als der Schlüsselhund, nun unter dem Namen Poochie, plötzlich auch in der Fortsetzung eingebaut wurde war die Freude unter den Fans groß. Er wird als der Grund angegeben, das Pintel & Ragetti freikamen. Als Poochie dann auf der Kannibaleninsel zurückgelassen wurde, kamen die etwas feinfühligeren Kinogänger nicht umher, sich um den Kläffer zu sorgen- um so größer dann die Freude als er (angeblich unter Zuhilfenahme von Schildkröten) im dritten Teil wieder auftauchte. Nun als der Schlüsselhund des Hüters des Piratenkodex. Eine winzige Rolle mit großem Knuddelfaktor. Einfach süß und kultig!

Platz 11: Marty (Auftritte in allen drei Filmen)
Klein, aber oho - das ist der Winzling Marty, der im ersten Teil der Pirates of the Caribbean-Kinoreihe noch für einen kurzen Gag beim Appell in Tortuga diente und im zweiten Teil durch seinen erneuten Auftritt und mehr, wenn auch sehr kurze, Textzeilen zum festen Bestandteil der Filme wurde. Es ist beinahe so wie mit dem Film selbst: Teil Eins war genial, aber halt ein Film, ein Überraschungserfolg, ein kleines Phänomen. Erst dadurch, dass es Fortsetzungen gab, wurde der Film zum absoluten Kult und Teil der Pop-Kultur. Ganz so weit ist es mit Marty nicht gediegen, aber er hat es geschafft durch simpelste Aussagen und ein paar Pointen riesige Sympathie unter den Fans für sich aufzubauen. Und in Am Ende der Welt sorgte er für einen der Gags, der wirklich nahezu jeden im Kino zum Lachen brachte. Denn nachdem mehrere Dialogwitze schon eine der festen Banken dieser Trilogie auch im dritten Teil einbauten, etabliert Marty mit einem Paukenschlag die liebenswürdige, fast absurde Slapstick-Situationskomik der Vorgängerfilme im Finalfilm. Er klettert durch ein Loch im Boden des Badehauses von Sao Feng, feuert eine große Waffe ab und wird von deren Rückstoß urplötzlich wieder ins Loch zurückgestoßen. Durch das Timing und die leichte Skurrilität entert der Film nun auch besagten Slapstick-Bereich und ist bereit für Captain Jack Sparrows urkomische Mimik und Gestik.

Platz 10: James Norrington (Auftritte in allen drei Filmen)
Commodore James Norrington hat eine interessante Entwicklung in allen drei Filmen durchgemacht. In Teil Eins sah er sich noch auf der Seite der Guten und war deshalb einer der Gegenspieler unserer Hauptfiguren - denn im Pirates-Universum ist der Zuschauer gegen die Royal Navy eingestellt. Doch Norrington war hier nur der Anführer der "harmlosen" Bösen: Während Barbossa Elizabeth entführt und nichts gegen den Tod von Will und Jack hat, so will Norrington "nur" den Tod von Jack Sparrow. Aber richtig zum Fürchten war Norrington eh nicht, immerhin wurde er mit seinem Eiscreme-Outfit eher zum Opfer der Gags, als zu einer ernstzunehmenden Bedrohung. Anders war dies in Teil Zwei: Zwar weiterhin gegen Jack Sparrow und nun auch gegen Will Turner eingestellt, gewann Norrington zahlreiche Sympathien durch sein Piraten-Dasein. Als verkommener Säufer und Knecht mit feschem Bart erfreute Norrington mich (und zahllose Fans, vor allem auch weibliche) viel mehr, als er es noch in Teil Eins tat - kein Wunder, dass sein Tod in Teil 3 dann (eingangs recht unerwartet) zu den traurigeren Stellen gehört. Er war nie wirklich böse, aber auch nie so ganz auf der Seite der Hauptfiguren. Ihre Schicksale waren verbunden - doch nie eins.

Platz 9: Lord Cutler Beckett (Auftritte in Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes und Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Lord Cutler Beckett, unerklärlicherweise auch bekannt als "der sieht ja aus wie Norrington", ist die möglicherweise am meisten unterschätzte Figur im gesamten Pirates-Kosmos. Er zieht seine Fäden in weiser Voraussicht und ist für einen Großteil des Plots verantwortlich - ohne jemals selber zu handeln. Beckett steht im Hintergrund, schmiedet seine Pläne und lässt sie von anderen ausführen. Dies macht ihm zu einem kaltherzig berechnenden Widersacher, dem nur schwer beizukommen ist. Genau genommen ist er, zumindest für mich, sogar der einzige "pure" Bösewicht in der gesamten Trilogie: Barbossa ist zu charmant und in dem dritten Teil zu kooperativ (zumindest für einen Piraten), als dass man ihn einfach nur als einen Bösewicht abstempeln könnte, Sao Feng taucht viel zu kurz auf, als dass man sich ein größeres Bild machen könnte, und Davy Jones erregt zu viel Mitleid für dieses Prädikat. Becketts Schoßhündchen Mercer ist zwar ebenfalls durchweg verdorben, jedoch zeigt er zu wenig Eigeninitiative für die Rolle des ultimativen Bösewichts. Zu guter Letzt hat Lord Cutler Beckett, deren Auswirkungen trotz kurzer Screentime enorm sind, eine fantastische Todesszene, die mit Symbolik und genüsslichem Pathos nur so trotzt. Und herrje, in der deutschen Fassung wird er von Axel Malzacher vertont, muss man da eigentlich noch argumentieren?

Platz 8: Elizabeth Swann (Auftritte in allen drei Filmen)
Auch wenn Elizabeth den fatalen Fehler begann, Jack Sparrow an den Kraken zu verfüttern und somit an sich eindeutig als hinterlistiges Biest bezeichnet werden müsste, sollte man sich zugestehen, dass man Elizabeth nach dieser Szene nicht jedesmal wenn sie im Bild zu sehen ist, zum Teufel wünschen und auch guten Gewissensnie zu den Bösewichtern zählen kann. Sie behält weiterhin gewisse grundlegende Sympathiepunkte und allein dies hat eine gewisse Achtung vor ihrer Darstellerin Keira Knightley verdient. Elizabeths Wandlung von einer kleinen Piratenanhängerin zu einem Piratenopfer, das sich selbst wehren kann, zu einer echten Piratenbraut bis hin zum König des hohen Rats der Bruderschaft, zieht sich klar, aber niemals zu aufdringlich durch die gesamte Filmreihe und ist die wohl deutlichste Charakterentwicklung in dieser Trilogie. Und im Gegensatz zu ihrem dümmlicheren Ehemann Will Turner hat Elizabeth auch richtig was auf dem Kasten, sie formt die Geschichte aktiv mit. Des Weiteren ist sie Teil einiger der einvernehmendsten Momente der Trilogie: Von dem kleinen, unfreiwilligen Rendez-vous mit Jack Sparrow auf dem winzigen Eiland Black Sam's Spit, hin zur verführerischen Neugierde-Sequenz hin zum Abschluss der Trilogie, die sie bereits schon eröffnete. Und deshalb gehört Elizabeth, wenn auch relativ knapp für eine so prominente Figur, zu den Top 10 dieser Liste.

Platz 7: Captain Teague (einziger Auftritt: Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Der Hüter des Kodex wird von niemand geringerem als Rolling Stones-Gitarrist Keith Richards gespielt, der mit diesem kurzen Auftritt als gefürchteter Pirat und eigenwilliger Vater von niemand geringerem als Captain Jack Sparrow höchstpersönlich einen der besten Film-Cameos der letzten Jahre hinlegt.
Diesen Auftritt sollte man nicht mit zu vielen Worten totquatschen - er ist schlichtweg cool und zudem ist die Idee dass Richards (als Vorlage für Sparrow) Jacks Vater spielt genial selbstreferentiell - und der Einfall, dass Jacks Mutter nach der Szene mit Teague an Sparrows Gürtel baumelt herrlich!

Platz 6: Der Kraken, der Krakeeen, der Kraaaakeeeeen!!! (Auftritte in Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes und Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Welches bösartige Haustier eines Tentakelbartträgers, das ganze Schiffe verschlingen und einem das Gesicht wegsaugen kann hat schon eine genialere, eigene Titelmelodie als der gefürchtete Leviathan des teuflischen Davy Jones? Schon allein aufgrund des von Hans Zimmer als sein "Rock'n'Roll"-Thema der Pirates-Reihe bezeichneten Musikstücks The Kraken muss man diesen überdimensionalen Special Effect lieben. Der Kraken, eine mehrere Millionen Dollar teure Hommage an Disneys Spielfilmklassiker 20.000 Meilen unter dem Meer, bringt frischen Wind in den zweiten Teil der Filmreihe, indem er Seeschlachten der etwas anderen Art ermöglicht. Die gewaltigen Actionszenen in denen der Kraken die Edinburgh Trader und später auch die Black Pearl angreift, sind einfach atemberaubend und waren für Disney-Verhältnisse ziemlich brutal (allein der Bodycount des Kraken sollte neue Maßstäbe gesetzt haben, aber spätestens seit Pirates 3 dürfte niemanden mehr irgendwas in Sachen Gewalt bei Disney verwundern), doch das geniale Musikthema macht aus diesen Szenen auch noch einen Mordsspaß. Und eine ultimativere Bedrohung konnte es zu diesem Zeitpunkt im Pirates-Universum einfach nicht geben. Mit dem Kraken lässt sich nicht verhandeln, er trotzt Kanonenkugeln und Schwerter werden ihn wohl schlimmstenfalls ein bisschen jucken. Eigentlich schade, dass dieses Monster zwischen Teil 2 und 3 sterben musste - aber andererseits sollten wir froh sein, dass man diese "Figur" nicht überreizt hat und noch eine weitere Krakenszene in die Trilogie einbauen wollte.


Platz 5: Tia Dalma / Calypso (Auftritte in Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes und Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Die einzige Figur in der gesamten Trilogie, die mir gegen Ende schlechter gefiel als zu Beginn, ist Tia Dalma. Nach ihrem kurzen, expositionslastigen und herrlich mystisch-verschrobenen Auftritt in Pirates of the Caribbean -Die Truhe des Todes hätte sie sich Platz 1 dieser Liste und Platz 3 der Hitliste aller Figuren aus den PotC-Filmen gesichert. Ein wunderbarer Akzent und die unter all ihrer Verschrobenheit weiterhin vorhandene Attraktivität der Vodoo-Zaubererin mit Kenntnissen zahlreicher Geheimnisse, schloss ich sofort in mein Herz. In Am Ende der Welt ist sie immer noch eine gelungenee Figur, aber leider nicht mehr ganz so einzigartig. Ihr Verhalten gleicht sich dem der anderen Figuren an und durch ihre neu gewonnene Schwäche verliert sie etwas von ihrer reizenden Aura. Außerdem mangelt es ihrem Ausgeh-Kleid an der Verspieltheit des Kleides aus ihrer wunderbaren Hütte, die wir noch in Teil Zwei gesehen haben. Doch ihre "Liebesszene" mit Davy Jones und die kleinen Turteleien mit dem einmaligen Jack lassen sie nicht völlig abstürzen. Und somit ein stolzer fünfter Platz für die Frau, der es gelingt, jede Wahnvorstellung noch ein bisschen makaberer zu gestalten.

Platz 4: Jack (Auftritte in allen drei Filmen)
Die Karriere eines Affen: In Teil Eins war er in meinen Augen kaum mehr als eine nette Idee, doch bereits in Teil Zwei erhielt er den Status "Pflichtprogramm". Putzig, frech und kultig - der kleine verfluchte und deshalb untote Affe mit leichter Kleptomanie. Und in Teil Drei setzte er noch einen drauf. Egal ob er mit großen Augen in die Kamera blickt, während er sich im Eismeer seinen kleinen Hintern abfriert oder ob er Barbossa in Singapur mit Feuerwerkskörpern zur Seite steht, ob er von Pintel und Ragetti aus einer Kanone abgefeuert wird oder ob er den hilflosen Papageien von Mister Cotton mit einer Knarre bedroht, Jack ist einfach eine vorzügliche Ergänzung zu seinem genialen Herrchen Barbossa. Punkt, Ende.

Platz 3: Davy Jones (Auftritte in Pirates of the Caribbean - Die Truhe des Todes und Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt)
Weniger süß und viel mehr tentaklig, denn struppig ist der gefürchtete Davy Jones, der in der englischen Fassung des Originalfilms erwähnt wurde und in den zwei darauf folgenden Filmen auch zu sehen war. Und was man da vor Augen geführt bekam, ist eine wahrliche, wenn auch schleimige und in Realität sicher beängstigende, Augenweide. Davy Jones ist die Inkarnation des gelungenen Spezialeffekts, eine nahezu perfekte Symbiose aus schauspielerischer Leistung und unzähligen Arbeitsstunden am Computer. Dank iMoCap konnte man Bill Nighy zusammen mit allen anderen Darstellern bei den Dreharbeiten filmen, so als porträtiere er eine völlig normale Figur. Und daraufhin verlieh man ihm am Computer sein faszinierendes Äußeres, darunter auch seinen Bart mit eigenem Willen. Doch Jones ist nicht nur ein toller Effekt, sondern auch ein unheimlicher Bösewicht mit Teleportationsfähigkeit, einem gefährlichen Haustier (das eine geniale eigene Erkennungsmelodie aufweisen kann), einem schaurigen Schiff und zu guter Letzt auch einer zutiefst verletzten Seele. Seinen Schmerz drückt er durch sein talentiertes Orgelspiel aus (eine weitere nicht gerade kostengünstige Hommage an 20.000 Meilen unter dem Meer) und ansonsten genießt er förmlich sein Leben als herzloser, "verfluchter Bastard", der verunglückte Seeleute für seine Crew anheuert... oder hinrichten lässt. In Am Ende der Welt wird er unfreiwillig zu Becketts neuster Promenadenmischung und muss unter seinem Kommando sämtliche Piraten angreifen und Becketts wahnsinnigen Plan, bei dem es "nur ums Geschäft" geht in die Tat umsetzen. Außerdem bekommt Davy Jones eine eigenständige Plotline, in der seine Liebe zu Calypso beleuchtet wird. Und kurz vor seinem Tode darf Davy Jones mit einem von Will Turner geschmiedeten Schwert hoch oben auf dem Mast der Flying Dutchman gegen Jack Sparrow ein Schwertduell austragen - dies ist zwar kurz und knapp, aber dafür atemberaubend und eine gelungene Effekt-Extravaganza, die trotz ihrer sicherlich hohen Kosten gar nicht laut aufschreit "bestauned mich, ich bin ein Effekt!". Dass Davy Jones von einigen Filmkritikern als gelungenes, traditionelles Make-Up bezeichnet wurde, ist gar nicht Mal eine so große Blamage für diesen Berufsstand. Jones wirkt so real, man mag kaum ein Computereinsatz glauben.

Platz 2: Pintel & Ragetti (Auftritte in allen drei Filmen)
Verrückt, dreckig, gemein, witzig und einfach nur irre: Pintel & Ragetti, das verdreckte Idioten-Duo der Black Pearl, das sich opportunistisch der Seite anschließt die gerade am profitabelsten ist. Nachdem Barbossa von Jack getötet wurde, der Fluch aufgelöst und mit Hilfe von Poochies Schlüssel die Kerkertür geöffnet stießen sie auf Jack und schlossen sich ihm einfach an, immerhin hat er ja jetzt die Pearl, das einzige Schiff das die Dutchman schlagen kann. Als sie dann aber die Truhe des Todes stehlen konnten, haben sie sich wieder abgekapselt und ihr eigenes Ding durchgezogen - aber so ganz haben ihre Pläne nicht funktioniert und beim Krakenangriff waren sie wieder mit den anderen im selben Boot. Dort beweisen sie sogar so etwas wie Güte, als sie Elizabeth vor dem Kraken retten. Als dann aber später Barbossa die Pearl gekrallt hat, sind sie wieder auf seiner Seite - auch wenn Pintel & Ragetti Gewissensbisse äußern. Sie sind also Piraten wie sie im Buche stehen - nur sehr viel dümmer. Aber gerade das ist das Herrliche an ihnen. Wann immer ein Gag gebraucht wird, sie sind zur Stelle. Und da ich nach drei Filmen keineswegs müde von ihnen bin und sie gerne auch in weiteren Filmen der Reihe gesehen hätte, dürfen sie gerne den Ruhm genießen und sich auf Platz 2 aufhalten.

Platz 1: Joshamee Gibbs (Auftritte in allen drei Filmen)
Das Pirates-Franchise steckt voller angedeuteter, implizierter und angeschnittener Storylines sowie voller mystischer und sagenumwobener Begebenheiten und Orten, von denen teilweise auch die Figuren in diesem Universum noch nie gehört haben - kein Wunder, dass dann auch der Zuschauer eher unwissend ist. Um dies bestmöglich zu unterbinden, benötigt es in den Filmen dieser Reihe besonders viel Exposition - und die muss ja auch irgendjemand vermitteln. Den genialen Autoren sei dank wurden gleich mehrere Figuren entworfen, die äußerst kurzweilig Informationen übermitteln können. Barbossa ist einfach herrlich, wenn er Informationen über den Aztekenfluch, Sao Feng, das Ende der Welt oder Calypso liefert. Pintel & Ragetti liefern kurz, knapp und vor allem witzig kleine Zusatzinformationen und über Tia Dalma muss ich wohl nichts mehr sagen. Aber da gibt es noch Mister Gibbs, der im Gegensatz zu den vorher genannten Figuren fast ausschließlich für die Exposition geschaffen wurde - und dabei mehr als nur brilliert. Die Gesichte dieses alten Seebären mit einem Bart der an Meister Dachs erinnert, bleibt eher nebulös - einst war er Teil der Marine doch später verschwand er im Nirgendwo, gab seine Angst vor Piraten auf und wurde zu einem freundlichen nahezu knuddeligen, aber auch gewieften und eindeutig ziemlich versoffenen Piraten mit beinahe lexikalischem Wissen über alles was piratig ist.
Wann immer eine neue Person, ein neuer Ort, ein neuer Gegenstand oder auch nur die Antwort auf eine neue Frage gesucht ist, Gibbs ist stets zu Rat und liefert seine Informationen auf liebenswürdige und unterhaltsame Art und Weise. Am Ende der Trilogie scheint er (mit Hilfe von Jack Sparrow) sein Glück in Tortuga gefunden haben. Doch ein Seebär wie Gibbs verschwindet nicht spurlos mit zwei Huren unter'm Arm in eine verruchte Hafenstadt, ohne sich daraufhin wiederzumelden. Gibbs verfasste seine eigene Version des Piratenkodex und wird uns, Jack Sparrow und weitere Gestalten sicherlich noch mit sehr viel Seemannsgarn versorgen. Seemannsgarn, an den man besser glauben sollte...

Soviel jedenfalls über die Vergangenheit dieses faszinierenden Franchises. Doch wie sieht es mit dessen Zukunft aus? Begegnungen mit einer Meerjungfrau stehen aus, sowie mit einem jungen Pfarrer. Dieser wird anhand seines dümmlich-knuffigen Blicks in den Trailern zu Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten bereits als Will Turners Reinkarnation bezeichnet. Nun, gönnen wir ihm das Beste...
Dann wäre da noch Angelica, eine weitere Piratenbraut. Sie bringt spansiches Temperament mit... aufgrund meiner Reserviertheit gegenüber Darstellerin Penelope Cruz warte ich mit den Jubelstürmen. Doch es gibt jemanden, dem ich bereits in den Trailern aus der Hand fresse: Ian McShane, der einen wundervoll dick auftragenden, selbstverliebten und bedrohlichen Blackbeard gibt. Er hat die Chance, sich hinter Barbossa und Jack Sparrow einen Podiumsplatz in meiner Gunst zu ergattern. Ich bin jedenfalls gespannt - in einem Monat weiß Kinodeutschland mehr...

Am 19. Mai ist es endlich so weit: Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten startet in Deutschland. Bis dahin werdet ihr hier im Blog wohl kaum an der dreckigen, blutigen Piratenmeute vorbeikommen. Zu Beginn des Endspurts wollte ich für all jene, die ihn noch nicht kannten, meinen alten Forenbeitrag über die besten Pirates-Figuren hervorkramen. Natürlich in aktualisierter Form. Aber keine Bange - in den nächsten Wochen gibt's auch neues Material! Bis dahin wünsch ich euch immer eine Handvoll Rum unter'm Kiel und jede Menge Salzwasser in euren Buddeln... oder so...

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