Nicht nur Hollywood schwört darauf, eingefahrene Filmreihen wie Spider-Man oder Batman mit einem Reboot neu in Gang zu bringen. Auch in Hong Kong lässt sich diese Praxis beobachten, etwa mit Jackie Chans rasant-komödiantischer Actionreihe Police Story, welche 2004 mit New Police Story einen dramatischeren Nachleger erhielt. Der praktisch gesehen kaum Verbindungen zu seinen Vorgängern hat. Der Titel spielte mal wieder die Musik.
In New Police Story spielt Jackie Chan, unter der Regie von Benny Chan (Jackie Chan ist Nobody), den erfolgreichen Polizeiinspektor Chan Kwok-Wing, der den Auftrag erhält, einen Einsatz gegen eine fünfköpfige Jugendbande zu leiten. Die Polizei unterschätzte jedoch die Ernsthaftigkeit der Lage: Die Jugendlichen sind wahre Sadisten und tüftelten einen brutalen Plan aus, wie sie einen von Kwok-Wings Männern nach dem anderen schnappen können. Kwok-Wing soll daraufhin in Wettstreiten gegen die Jugendbande um das Leben seiner Kollegen, darunter auch seinen Schwager, spielen. Doch er verliert einen nach dem anderen. Von diesem traumatischen Ereignis zerrüttet, verliert sich Kwok-Wing an den Alkohol.
Ein Jahr später tritt ein junger Mann namens Frank in seine Wohnung, um ihm zu berichten, dass er sein neuer Partner sei und mit ihm endlich der bankraubenden und polizistenmordenden Jugendbande auf die Schliche zu kommen. Zunächst widerwillig, rafft sich Kwok-Wing auf, als er erfährt, dass Frank seinen Bruder während des tragischen letzten Einsatzes seines neuen Partners verlor.
Mit New Police Story wollte der an diesem Film auch als Produzent tätige Jackie Chan beweisen, dass er als Darsteller nicht auf (sympathischem) Blödel-Kung-Fu reduziert werden darf. Anfangs kann sich Jackie Chan in New Police Story auch von diesem Image distanzieren, er mimt glaubwürdig und engagiert den ernsten, nicht aber verbiesterten, Polizeiinspektor, dem ein wichtiger Einsatz entgleitet.
Der erste Akt von New Police Story besticht vor allem aber durch die dichte Atmosphäre, die Regisseur Benny Chan mit dunklen Bildern und präzisen Schnitten kreiert. Wie sich die aus verwöhnten Reichensöhnchen und -töchterchen bestehende Jugendbande langsam als gemeingefährliche Anarchotruppe enttarnt, und Jackie Chans Figur von ihr an den Rande der Verzweiflung gedrängt wird, sorgt für packende und auch beklemmende Filmminuten. Rückblickend bietet sich fast schon der Vergleich mit dem Banküberfall des Jokers in The Dark Knight ein, auch wenn Kameramann Anthony Pun längst nicht derart überwältigend-hypontische Aufnahmen auf Zelluloid bannte, wie es Wally Pfister für Christopher Nolans Megaerfolg tat.
Nach der Entgleisung von Kwok-Wings offenbaren sich jedoch die Schwächen in Alan Yuens Drehbuch des nie fortgesetzten Police Story-Reboots. So wird der Verfall des zuvor stolzen Polizeiinspektors nicht ohne an Team America erinnernde Übertreibungen skizziert - was Jackie Chans Darstellung mit über die Grenze zur ungewollten Parodie drängt. Daraufhin braucht New Police Story seine Zeit, um sich wieder zu fangen. Während die Handlung leidsam bemüht in ihre (leider nicht sonderlich mutigen) Bahnen gelenkt wird, etabliert man Nicholas Tse in seiner Rolle des Frank Cheng Siu Fung behutsam als jungen Jackie Chan. Dies zeigt sich spätestens in der ersten gemeinsamen Actionsequenz von Tse und Chan, in der sich Tse als tollpatschiger und weniger erfahrener Partner mit einer guten Dosis Slapstick-Elementen aus gefährlichen Situationen prügelt.
Moment, Slapstick? Ja, Slapstick! Denn selbst wenn New Police Story nicht die komödiantischen Ausmaße der herzlich-blödeligen Rush Hour-Filme oder Shanghai Noon/ Shanghai Knights annimmt, so entfernt sich der Film mit zunehmender Laufzeit vom grimmeren Anfang und nimmt wieder typischere Jackie-Chan-Züge an. Eine sich an die Original-Police Story anlehnende Bus-Verfolgungsjagd und eine in bester Chan-Tradition sämtliche Requisiten und Set-Elemente ausnutzende Actionsequenz in einer LEGO-Ausstellung (!) lassen gegen Schluss letztlich kaum noch atmosphärische Rückschlüsse auf den ernsthafteren Anfang ziehen.
Es gibt nunmal Filme, bei denen man das Gefühl entwickelt, die Macher hätten sich zunächst auf einen möglichst ausgerundeten Anfang konzentriert - und den Rest halt hinterhergeschmissen. New Police Story ist solch ein Film. Ein großartiger Anfang, der mit etwas Feinschliff sogar beklemmend-albtraumhafte Qualitäten erhalten könnte, ein stackselnder Mittelpart, der sich bemüht, wieder Fahrt aufzunehmen und die Story in Griff zu kriegen sowie ein routiniert-annehmbarer, nur leider zu vorsichtiger Schluss. Das ergibt einen für Jackie-Chan-Fans unverzichtbaren, für Action-Freunde ganz ansehnlichen Film, der nicht das ist, was er zunächst sein möchte.
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