Wie unter anderem bei Quotenmeter nachzulesen ist, möchte ABC dieses Jahr seine Vorberichterstattung vom roten Teppich der Academy Awards verdreifachen. Die bislang traditionell knapp dreißig Minuten andauernde Einstimmung auf Hollywoods Nacht der Nächte wird am 27. Februar 90 Minuten Zeit in Anspruch nehmen. Internationale Fernsehstationen, wie etwa ProSieben, die die Oscarverleihung übertragen, stehen nun vor einer Entscheidung: Soll die eigene Liveübertragung vom roten Teppich, die vor die ABC-Show geschaltet wird, gestrichen werden, verlängert man seine Oscar-Nacht um eine Stunde oder steigt man irgendwann quer in die ABC-Sendung ein?
Durch ABCs Entschluss könnte sich nächsten Monat mehr denn je offenbaren, welche Natur sich hinter der Einzelperson unter den jeweiligen Oscar-Zuschauern verbirgt: Vermisst man die alte Oscar-Ordnung mit Steven Gätjen und einer halben Stunde ABC im Anschluss, oder begrüßt man die verlängerte US-Übertragung? Redlich bemüht, aber produktionstechnisch zweitklassig oder glamourös und
Ich möchte mich zum Beispiel an dieser Stelle für Steven Gätjens Vorberichterstattung stark machen, die in Livechats, Webforen und auch meiner Kommentarsektion während der Oscar-Nacht von einigen Leuten passioniert kleingeprügelt wird. Gewiss, sie ist ungeplant, vom Zufall abhängig und die Qualität der Kurzinterviews schwankt äußerst stark, aber ich finde Gätjen in seiner Rolle als Teppichrand-Interviewer sympatisch und muss ihn einfach mal dafür loben, dass er bei den redseligeren Gesprächspartnern bemüht ist thematisch in die Tiefe zu gehen und sie über ihre Filme, deren Rezeption und Aussage auszufragen. Ja, es hakt fast immer beim Gesprächseinstieg, und oft auch beim -abschluss, während die an Thomas Gottschalk erinnernden Späßchen (Sandra Bullock bekam letztes Jahr z.B. Gummibärchen angeboten) und Belanglosigkeiten (Hey, wir sind aus Deutschland, kennen Sie Deutschland, waren Sie schonmal da?) einen depperten Charme haben, aber das ist es halt: Sie haben Charme. Und man muss Gätjen zu Gute halten, dass er einen Balanceakt versucht, und man ihm anmerkt, dass er versucht das bestmögliche aus der Situation zu holen. Wer eh nur PR-Geschwätz und Freundlichkeiten ins Mikro grinsen will, muss sich dann halt mit drolligen Albernheiten konfrontiert sehen.
Die ABC-Show dagegen finde ich um ein vielfaches ärgerlicher: Als veranstaltender US-Sender hat Disneys TV-Station den beneidenswerten Luxus, seine Sendung auf dem roten Teppich abhalten zu können, statt Schulter an Schulter mit dem Rest der Fernsehwelt zusammengedrängt am Rand zu stehen. ABC kann seine Sendung vorplanen. Sie hat das höhere Produktionsniveau, kommt nicht nur näher an die Stars heran, sondern bekommt auch die größeren Namen ans Mikrofon. Es gibt, vorbereiteten Filmausschnitten und dem Einsatz mehrerer Moderatoren sei Dank, keinen Leerlauf. Und was macht ABC mit seinen Möglichkeiten?
"Who are you wearing?" "What's your dress tonight?" "So, who designed your incredible dress?" Designer hier, Kleid da, Kleid dort, super Frisur, tolle rote Bäckcken, Mensch, du riechst aber lecker, ist das dein eigenes Parfüm?
Das sind die Oscars, nicht der alljährliche Fashion-Award! Weder interessieren mich die Kleider der Stars, noch hätte ich was davon, fände ich die Kleider sonderlich bemerkenswert, da ich sie mir nicht leisten könnte. Niemand von uns könnte das. Also, wieso die Gelegenheit verschwenden und die ganzen Filmstars über ihre Fummel ausquetschen, wenn man über Filme reden könnte?
Deshalb erachte ich Gätjen eher als Teil "meiner" Oscar-Tradition, als die ABC-Show. Jedes Jahr bleibe ich am Ball, statt sie zum Vertreten meiner Beine oder Besorgen von Verpflegung zu nutzen, in der Befürchtung, etwas zu verpassen. Und jedes Jahr realisiere ich während der hastigen Abmoderation: Nein. Ich hätte mir stattdessen auch Mode-Promiblogs ansehen können.
Doch wer weiß - vielleicht, aber nur vielleicht nutzt ABC die längere Sendezeit, um seine Vorberichterstattung endlich einmal mit so etwas wie Inhalt zu füllen. Wünschenswert wäre es, denn die hübsche Verpackung hatte bislang weniger Nährwert, als Steven Gätjens Kampf um die Aufmerksamkeit der vorbeischreitenden Stars.
1 Kommentare:
Ich mag Gätjen, ich finde, der macht das gut. Ich mag ihn sogar richtig. Würde mir sogar fehlen.
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