Eindruck kann man auf vielerlei Arten schinden. Da gäbe es das archetypische Bild des großen Bruders, der einem ein beneidenswertes Leben vorlebt und sanftmütig Ratschläge gibt, wie man es ihm gleichtut. Oder den besten Freund, ehemals Kettenraucher, der mit eisernem Willen sein Laster aufgibt. Eine andere Weise, wie einen Menschen beeindrucken, kennt man vom Verfolgen besonderer Nachrichten: Die junge Frau, die Courage beweist, indem sie eine Messerstecherei an der S-Bahn-Haltestelle vereitelt. Im direkten Vergleich banal, aber dennoch beeindruckend, sind Kunststücke intellektueller oder artistischer Art, die manche Personen in Unterhaltungssendungen vorführen. Der 65-Jährige Rentner, der topfit Hürden läuft. Die Gedächtniskünstlerin, die sich eine schier unendliche Ziffernfolge merken kann.
Ich möchte mich jedoch keiner Person widmen, die mich auf direktem Wege oder durch eine einzelne Glanzleistung beeindruckt hat, sondern diesen Gedanken ein wenig abstrahieren, und ein Künstlerduo vorstellen, dessen Schaffen mich regelmäßig auf eine außergewöhnliche Weise beeindruckt, wie sonst kaum jemand: Die Autoren und Filmregisseure Aaron Seltzer und Jason Friedberg, Macher solcher Humorkakophonien wie Date Movie, Fantastic Movie, Meine Frau, die Spartaner und ich oder dem jüngst auf die Kinowelt losgelassenen Beilight – Bis(s) zum Abendbrot. Mit welcher Konstanz und Penetranz diese witzlosen Regiedilettanten sämtliche berechtigte Kritikerschelte ignorieren und nahezu Jahr für Jahr einen weiteren Film aus ihren Rippen leiern, für den die Einschätzung als „belanglos“ bereits eine unverschämte Ehrung wäre, versetzt mich immer wieder ins Staunen. Es kommt einem Wunder gleich, wie diese zwei wandelnden Beleidigungen an die Kunstform der Parodie stets neue Finanziers finden, Menschen, die sich der Beihilfe zur Ermordung des komödiantischen Geschmacks schuldig machen und als Retour bloß überschaubare Profite erhalten.
Was mich jedoch, je intensiver ich über die ihre Karriere als „zwei der sechs Autoren von Scary Movie“ startenden Fließbandfilmer nachdenke, am meisten beeindruckt, ist wie zielsicher es ihnen gelingt, in ihren Parodien die zuvor abgegrenzte Humorzielscheibe zu verfehlen. Es muss ein unschätzbarer Vorrat an Selbstignoranz in Aaron Seltzer und Jason Friedberg wohnen, um das eigene Vorhaben, eine Parodie auf Liebesfilme mit lauwarmen Der Herr der Ringe-Witzchen zu füllen oder sich in einer vermeintlichen Belustigung über den dezent selbstironischen Historien-Machismusactionfilm 300 durch zahlreiche so genannte Internetmemes und deren Nachahmung zu hetzen. Welch überproportional gewachsenes Ego muss man besitzen, um einen weltberühmten Fernsehsketch über das Durchführen sexuelle Interaktionen rüder Art mit Matt Damon ohne schlechtes Gewissen zu klauen und diesen Diebstahl geistigen Eigentums minutenlang in der Schlusssequenz des unfreiwillig treffend betitelten Desaster Movie auszuwalzen? Ich kann es kaum abschätzen, gewiss ist mir allein, dass es ein Ego von beeindruckenden Ausmaßen sein muss, welches mir bei der nächsten Auseinandersetzung mit meinem Strom-, Wasser-, Gas- oder Telekommunikationsanbieter sicherlich gelegen käme. Wäre ich so beeindruckend dreist und selbstsicher wie Seltzer & Friedberg, mein Telefonanbieter würde mir zum Dank für meine Kundschaft monatlich Geld überweisen, nicht umgekehrt. Denn ich wüsste mit meinem ungesund gewachsenen Ego erbauliches anzufangen, während dieses Regieduo mit seinem Ego ja nur Schund produziert. Ebenfalls erstaunlich, wie man solch ungewöhnliche Talente derart zu verschenken weiß. Wie zwei einzelne Menschen so viel Scheitern vereinen können, welchen Ausstoß an filmwissenschaftlichem Exkrement sie von sich geben, das ist beeindruckender, als sämtliche Kunststücks, die mir gestresste Straßenkünstler ungefragt vorführten – zusammengerechnet!
Einen Kritikpunkt habe ich allerdings an Aaron Seltzer und Jason Friedberg, etwas, dass deren Status als makaber invertriertes Vorbild meinerseits beinahe zum Zusammenbrechen bringt: Denkt man, sie hätten es raus, sich gänzlich von dem gesunden Restverstand der cineastischen Welt abzukehren, erkennt man, dass sie Schutz hinter dem Schleier der Selbstironie suchen, dass sie zu diesem billigen und ausgeleierten Stilmittel greifen müssen, hoffend dass Leute über diesen Einfall amüsiert neue Sympathie für Seltzer & Friedberg finden... Sie ließen für die DVD-Veröffentlichung von Date Movie einen Audiokommentar einsprechen, in dem zwei namenhafte Filmkritiker diese Pointendissonanz genüsslich zerreißen.
Ein Schachzug, den diese Menschen, die mich mit ihrer fahnenschwingenden Parade des Versagens nicht nötig gehabt hätten. In einer idealeren Welt wäre es nicht passiert. Dann hätte ich nicht aus Neugier ob dieses Audiokommentars einen der schlechtesten Filme der vergangenen Dekade käuflich erwerben müssen. Oder erkennen müssen, dass selbst die verblendedsten Wirrköpfe selbstreflexive Augenblicke verleben. Wodurch der bleibende Eindruck, den Seltzer und Friedberg bei mir hinterließen, dezent getrübt wurde.
Deren Verlust – wären sie für mich ungebrochene Vorbilder, so käme ihnen an dieser Stelle die Ehre zuteil, meinen Aufsatz durch ein Zitat aus deren Produktionen auf prätentiös, wissenschaftliche Art abzuschließen. Stattdessen entlehne ich lediglich eines ihrer am meisten verwendeten dramaturgischen Stilmittel und spurte zu einem abrupten Ende, zur Vollendung gebracht durch eine nicht zündende Poente. Quack, Quack, Pups.
Anmerkung: Für ein Blockseminar in meinem Studiengang wurde Monate nach Anmeldeschluss als Teilnahmebedingung ein mindestens eine DIN-A-4-Seite umfassender Aufsatz zum Thema "Eine Person, die mich beeindruckt hat" verlangt. Da diese Aufgabe nichts mit dem Thema des Blockseminars zu tun hat und es versäumt wurde, weitere Instruktionen oder Rahmenbedingngen aufzustellen, produzierte ich das hier.
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