An sich mag ich Tony Scott ja. Der Staatsfeind Nr. 1, Crimson Tide und Déjà Vu etwa verbergen unter ihrer überaus ansehnlichen Optik eine für Bruckheimer-Blockbuster überraschende Fülle an Gehalt. Allerdings verzettelt sich Tony Scott gelegentlich völlig in seiner markanten Ästhetik und verbricht solche Kopfschmerzexperimente wie Domino.
Als ich dann die Trailer zu Unstoppable sah, konnte ich mein Lachen kaum unterdrücken. Natürlich, ein alter Hase im Bahnfahrgeschäft und ein Neuling fahren einen Zug, der sich auf dem selben Gleis wie ein Sonderzug voller Kinder und ein führerloser, rasender ChemikalienG-Güterzug befindet. Natürlich spaziert ein Kind die Gleise entlang und natürlich muss ein bockiges Pferd vom Bahnübergang gezerrt werden. DRAMATIK!
Sicherlich gehört Unstoppable nicht zu den smartesten Action-Thrillern des Jahres, er gehört nichtmal zum cleversten, das Tony Scott bislang auf Film bannte. Doch er spielt seine Dramatik längst nicht so penetrant in die Höhe, wie das Marketing vermuten lässt. Stattdessen verlässt sich Tony Scott nahezu gänzlich auf die durch das Schreckensszenario allein ausgelöste Dramatik, ohne durch dramaturgische Kniffe noch mehr Zunder dazuzulegen. Gerade dadurch ist Unstoppable wesentlich spannender, als das, was die Trailer bewerben. Unstoppable mag zwar holzschnittartige Figuren und einige vorhersehbare Momente haben, doch er ist ernstzunehmen und durch Scotts pyhsische Inszenierung, die westernartig die Schwere und Macht der Lokomotiven auf Zelluloid überträgt und mit flotten Schnitten und Kameraschwenks viel Dynamik verleiht, ist das Tempo des Films kaum noch aufzuhalten. Sobald er denn ins Rollen kommt. Die erste halbe Stunde von Unstoppable ist nämlich noch sehr gemächlich.
Dauersympathieträger Denzel Washington (ach, kommt, selbst in Training Day konnte man ihn nicht hassen) macht dank seines Charismas das beste aus seiner stereotypen Figur des alten Hasens in einer Extremsituation, genauso wie Rosaria Dawson, die in der Schaltzentrale die Rettungsmissionen zu koordinieren versucht. Jüngling Chris Pine bleibt dagegen blass - ein Eindruck, der durch die im Drehbuch verankerte Durchschnittscharakterisierung verstärkt wird. Aber die Figuren sind eh nebensächlich - Scott verlegt den Fokus auf das Szenario. Und das zeichnet er überaus spannend. Für Freunde des Genres wird Unstoppable so zum klaren Kinoherbsttipp. Alle anderen werden wohl mit der Hand auf der Stirne den Kopf schütteln. Sollen sie doch...
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