Was die Disneyparks von den zahlreichen anderen Vergnügungsparks dieses Globus unterscheidet, ist die immense Wucht an Imagination und Fantasie, die Disneys kreativen Weltenschöpfer in sie hienpacken. Auch heute, über fünfzig Jahre nachdem Walt Disney seinen großen Traum verwirklichte und eine eigene kleine Traumwelt in Form eines Freizeitparks erschuf kann man während eines Besuchs spüren, dass es den Verantwortlichen nicht allein um den heiligen Dollar geht, sondern um gelebte Premiumunterhaltung, die in ihrer detaillierten Architektur und durchdachten Organisation mit liebevollen Schnörkeln für den aufmerksamen Besucher bereits an Kunst grenzt. Aber vielleicht spricht da auch nur der enthusiastische Disneyfan aus mir, der unbedingt wieder einen Fix seiner luxuriösen Droge braucht und unbedingt einen Abstecher in Richtung Westen machen muss.
Jedenfalls haben die Disney-Imagineers, wie sich die Parkschöpfer tauften, ein unvergleichliches Talent darin, es den Touristen leicht zu machen, die stressige "Wir sind in einem Freizeitpark und wollen voll kirmesmäßig einfach nur von einem Fahrgeschäft auf's nächste"-Gesinnung hinter sich zu lassen und in eine zauberhafte Welt einzutauchen. Ich versinke derzeit beispielsweise mit einem glückseligen Lächeln auf dem Gesicht in der Musikschleife der Main Street, U.S.A. und mir mangelt es an nichts, mein Gemüt ist in einer idyllischen amerikanischen Kleinstadt ca. 1916 und möchte von dort nicht entfleuchen.
Der einzige Stolperstein dieser Realitätstäuschung waren bislang die aus logistischen Gründen schwer vermeidbaren Warteschlangen vor einer Attraktion. Mit dem Fastpass-System (Karte für eine bestimmte Zeitspanne ziehen und bis dahin woanders im Park herumstreunern) konnte man die Wartezeit bereits verkürzen, doch jetzt möchte man im Magic Kingdom ein neues System einführen, dass die Wartezeit noch stärker versüßen soll.
Das bereits in Disney's Hollywood Studios-Park im Rock'n'Roller Coaster starring Aerosmith getestete System erinnert ein wenig an Bürokratie, klingt aber unterhaltsamer: Gäste erhalten eine (aus Umweltgründen wiederverwertbare) Karte mit einer aufgedruckten Nummer. Fastpass-Gäste verfahren wie gewohnt, andere Besucher kommen in einen Warteraum, wo interaktive Spiele und Live-Entertainment auf sie warten. Sobald ihre Nummer angezeigt wird, haben sie fünf Minuten Zeit sich zur eigentlichen Attraktion zu begeben. Beim Test im Rock'n'Roller Coaster wurde es so durchgeführt, dass man wahlweise an Guitar Hero spielen konnte oder sich von einem DJ unterhalten lassen durfte, der die Besucher zu etwas rhythmischer Betätigung animierte.
Die erste Attraktion, die offiziell einen solchen Warteraum erhält wird die umgebaute Dumbo-Attraktion im neu gestalteten Fantasyland sein. (Quelle: The Disney Blog)
Mein erster Gedanke war: Was passiert, wenn man seinen Aufruf überhört/-sieht? Beim Fastpass hat man halt Pech und zieht sich einen neuen oder geht in die normale Schlange, doch hier ist man ja bereits in der eigentlichen Schlange? Ich habe keine Ahnung, wie Disney in dem Fall verfahren will und wie leicht man seine Einstiegszeit versäumen kann, da die bisherigen Reaktionen von Testkanninchen allerdings ganz zufrieden klingen, wird es wohl nicht so leicht zu Versäumnissen kommen.
Ein größeres Problem habe ich mit der Möglichkeit der Imagineers, sich einfach mit virtuellem Vergnügen aus der Affäre zu ziehen. Nicht nur, dass man nie genug Automaten aufbauen kann, um jeden Gast glücklich zu machen (und sich auch nicht jeder etwas daraus machen sollte, ich denke da nur an die betagteren Besucher), es passt auch nicht überall hin. Beim Rock'n'Roller Coaster starring Aerosmith liegt Guitar Hero ja nahe, doch ich würde es als argen Stilbruch bezeichnen, würde man bei den Pirates of the Caribbean in Zukunft einfach ein paar Automaten mit der Spieleadaption von Pirates of the Caribbean - On Stranger Tides in den Warteraum klatschen. Ins Adventureland beziehungsweise auf den New Orleans Square gehören keine Videospiele, da bin ich gestrenger Purist. Es ließen sich für solche Attraktionen sicherlich treffende und äußerst kurzweilige Formen der Gästeanimation finden, bloß wundere ich mich, ob man der Versuchung eines Videospielautomaten widerstehen kann. Selbst wenn man es anfangs so versucht, wer garantiert mir, dass Gäste nicht überall lautstark nach Zockerein verlangen, wenn sie realisieren, dass sie in der einen Attraktion ihre Fingerfertigkeiten verfeinern können, während sie in der Haunted Mansion von irgendeinem knochigen, verstaubten Butler schief angelabert werden?
Jedenfalls ist es eine vorzügliche Idee - jetzt muss sie nur noch ohne Fiktionsbrüche umgesetzt werden, und ich bin wahnsinnig glücklich.
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5 Kommentare:
Nur noch 6 Monate bis zum Tangled-Start und Disney zeigt noch immer kein Filmmaterial...
Was ist da bloß los?
Werden sie dne Film kippen?
Disney arbeitet mit Hochdruck an dem Film, der wird nicht gekippt.
http://sirdonnerboldsbagatellen.blogspot.com/search/label/Rapunzel
@anonym: Spätestens in 2 Wochen gibt es vielleicht auf dem Stuttgarter Trickfilmfestival neue Infos dazu (u.a. Präsentation von ersten Einblicken zu Tangled).
@Sir Donnerbold: Danke für die News! Ich kann mir auch bei bestem Willen nicht vorstellen, wie dieses neue System in der Realität funktionieren soll. Ich finde, dass eine thematisierte Warteschlange doch erst die Spannung aufbaut und in die Thematik des jeweiligen Rides einführt. Nicht umsonst gibt es in Japan teilweise Warteschlangen von 3 Stunden und mehr - und die Japaner nehmen das ohne Murren hin.
Interessant wäre hier, WANN bzw. WO dieser Warteraum platziert werden soll. Bleiben bisherige Warteschlangen? Werden diese umfunktioniert? Könnte mir vorstellen, dass es da einen möglichen Wirkungsverlust gibt: Kinder daddeln erst in diesen Sponsoring-Warteräumen auf ihren Spielen und machen dann eine Themenreise? Das passt doch nicht. Gerade bei den Pirates und "Haunted Mansion" ist das eine absolut gruselige Vorstellung. Wir werden sehen, wie die Imagineers das konzipiert haben. Bin jedenfalls sehr auf die Umsetzung in der Realität gespannt.
Mensch, zu dem Festival würde ich auch gern gehen... *seufz*
Zu den "Warteräumen": Man wird sicherlich nicht bei jeder Attraktion einen solchen Raum einführen (können), so wie auch der Fastpass logistisch nicht überall umgesetzt werden konnte. Sollte er sich bei neuen Attraktionen bewähren und bei einigen alten Attraktionen ebenfalls ankommen, wird man allerdings sicher so weit wie möglich darauf umschwenken. Und gerade "Pirates" und "Haunted Manson" bzw. "Phantom Manor" wären vom Platz durchaus dafür geeignet, denke ich.
Dann kann ich ja erzählen, wie die Tangled-Vorstellung war (Sofern ich ein Plätzchen bekomme). *wink*
Wenns ums Trickfilmfestival geht kann man wenigstens einmal drüber glücklich sein woher zu kommen wo sonst nie was passiert (In diesem Fall: Stuttgart). :D
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