Dass Charlie Kaufmann ein Meister des exzentrischen und (neo-)surrealen Geschichtenerzählens ist, sollte wohl unbestritten sein. Welches seiner Drehbücher in den besten Film mündete, ist hingegen durchaus ein Zankapfel unter Liebhabern des schrulligen Kinos. Ich zählte mich lange zum Being John Malkovich-Lager, wobei ich Adaption, Vergiss mein nicht! und sogar den von Kritikern und Kaufmann-Anhängern eher stiefmütterlich behandelten Human Nature allesamt sehr gut finde. Einzig zu Confessions of a Dangerous Mind nehme ich ein wenig Distanz.
Anlässlich des DVD-Starts von Kaufmanns Regiedebüt Synecdoche, New York und dem konsequenten Auftauchen von Michel Gondrys herausragender Romantiktragikomödie in den Dekadenbestenlisten zahlreicher Kritiker forderte ich meinen persönlichen Kaufmann-Favoriten heraus, indem ich mir erneut Vergiss mein nicht! anschaue, den Film, in dem Jim Carrey die bis dato wohl beste darstellerische Leistung seiner Karriere gibt. Mit feinsinnigem Gefühl für abgedrehte Momente und grundehrlichen Emotionen nimmt uns Carrey mit durch diese verrückt-emotionale Reise durch eine verunglückte Liebesgeschichte, deren glücklichen Momente sich innerhalb seines Gedächtnisses erneut abspielen. Meines Empfinden nach überflügelt er mit seiner intuitiven, unaufdringlichen Arbeit sogar seine (für diesen Film Oscar -nominierte) Leinwandpartnerin Kate Winslet, die man in Vergiss mein nicht! ebenfalls dabei beobachten kann, wie sie einen der Höhepunkte ihres bisherigen Schaffens kreiert. Man liebt sie, bedauert es sie zu lieben, liebt es, dieses Bedauern zu verspühren. Trotz all der surrealen Ereignisse und dem einer beunruhigenden, dennoch faszinierenden Traumlogik unterworfenen Szenenbild sowie der viel Aufmerksamkeit auf sich ziehenden non-linearen Erzählweise ist Vergiss mein nicht! ein Schauspieler-Film, der durch seine Hauptdarsteller atmet, lebt und nachwirkt.
Die Klasse des Drehbuchs und der Regieführung möchte ich damit keinesfalls klein reden. Vergiss mein nicht! bleibt trotz der einfallsreich verklausulierten Form der Erzählstruktur und der verrückten Grundidee verständlich und nachvollziehbar, Regisseur Michael Gondry nimmt einen zielstrebig und -sicher mit auf diese emotional engagierte, die Liebe mit assoziativer Logik abhandelnde Reise, was bei Filmen dieser intellektuellen Güte keineswegs selbstverständlich ist.
Vergiss mein nicht! ist bezüglich seiner Aussage über Liebe ambivalent, ohne ungenau zu wirken: Einerseits löst das Leinwandgeschehen beim Zuschauer eine Ernüchterung aus, dass (fast?) jede Liebe irgendwann zum Scheitern verurteilt ist, andererseits ist Vergiss mein nicht! ein passioniertes Mahnmal, das einen daran erinnern möchte, dass die Schattenseiten einen nicht dazu drängen lassen dürfen, die schönen Momente aus dem Blick (oder gar dem Gedächtnis) zu verlieren.
Während die Qualität von Being John Malkovich bei mehrfachem Anschauen solide bleibt, schafft es Vergiss mein nicht! mich mit jedem Mal sogar ein bisschen mehr zu überzeugen. Jetzt hat der Film es schließlich geschafft, mich in sein Lager zu locken. Es sind beides faszinierende Meisterwerke voller vielschichtigem Witz, Gefühl und äußerst unterhaltsam verpackter Gedankengänge über die menschliche Psyche.
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4 Kommentare:
Geht mir ebenso, dass ich nach mittlerweile drei Sichtungen sehr begeistert bin.
Being John Malkovich habe ich wegen John Cusack gesehen, der für mich jeden noch so schlechten Film aufwertet.
Und Eternal Sunshine of the Spotless Mind (den grässlich-dämlichen deutschen Titel möchte ich nicht niederschreiben) habe ich mir trotz Jim Carrey angesehen und finde ich trotzdem noch besser :)
Trotz Jim Carrey???
milan, wenn deine Carrey-Zeit mit Kinobesuchen von Die Maske, Ace Ventura und Dumm und Dümmer begonnen hätte, dann würdest du den auch nicht mögen :)
Sie hat damit begonnen - aber für das was die Filme sein sollten waren sie auch ganz gut ;)
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