Im Hafen von Los Angeles sterben Dutzende Menschen in Folge einer Explosion. Die Behörden vermuten einen schief gelaufenen Drogendeal, bloß fehlt dazu die wohl wichtigste "Zutat": Die Drogen. Ein Zollinspektor versucht durch das Verhöhr der einzigen zwei Überlebenden des Vorfalls das Rätsel zu lösen: Ein komatöser Gangster aus Osteuropa und der halbseitig gelähmte Kleinganove Verbal Kint, welcher sich dazu bereit erklärt zu verraten, wie es zu diesem Massaker kommen konnte, wenn man ihm Immunität verspricht. Stück für Stück skizziert Kint, welche verwirrenden Puzzleteile des organisierten Verbrechens zum exolosiven Abend im Hafen von LA führten.
Ich wurde ja vor einiger Zeit gebeten, ab und zu in diesem Blog auch ein paar (moderne) Klassiker zu besprechen, weil es wohl interessant sei zu lesen,w as ich über sie denke. Ich habe mich entschlossen, zunächst eine Rezension zu Die üblichen Verdächtigen vorzuschicken, weil ich denke, dass dies eine der sinnvolleren Kritiken werden könnte, da ich dort wenigstens wirklich etwas neues zur allgemeinen Rezeption dieses Films beizutragen habe.
Haltet eure Kaffetassen fest, denn ich finde Die üblichen Verdächtigen nicht gerade für perfekt. Das Drehbuch von Christopher McQuarrie gehört zweifelsohne zu den durchdachtesten und intelligentesten Skripten Hollywoods und die Schauspieler sind bis in die kleinste Rolle gut besetzt, und natürlich hat sich Kevin Spacey seinen Oscar für diesen Thriller redlich verdient (selbst wenn es eine typische Hollywood-Oscarmogelei ist, dass er in der Nebenkategorie landete), allerdings lassen sich wohl mit zunehmendem Alter von Die üblichen Verdächtigen viele Filmfans und -kritiker zu stark vom Schluss blenden.
Dieser macht einen in seiner Schlüssigkeit und unerwarteten Radikalität den Zuschauer wirklich sprachlos, lässt viele darüber jedoch auch vergessen, dass Regisseur Bryan Singer in den vorangehenden 90 Minuten daran scheitert seinen Figuren ein richtiges Leben einzuhauchen. Die in der Gegenwart spielenden Verhörsequenzen zwischen dem körperlich behinderten Kleinkriminellen Verbal Kint (Kevin Spacey) und Zollinspektor Dave Kujan (Chazz Palminteri) profitieren vom starken Schauspiel der beiden Akteure und einer beklemmenden Stimmung, die durch Rückblenden konstruierten Ereignisse der Tage zuvor dagegen konnten mich nie fesseln. Die Charaktere bleiben dort, obwohl sie glaubwürdig gespielt werden, blasse Pappkameraden in einem intriganten Unterweltspoker. Wer was warum macht, und wem welche Bedeutung zukommt ließ mich beim ersten Ansehen völlig kalt, und anders als The Sixth Sense baut Die üblichen Verdächtigen nach Kenntnis des Finales ab. Selbst wenn man weiß, wie M. Night Shyamalans erfolgreiches Geisterdrama endet,erzählt er weiterhin eine emotionale und packende Geschichte, Die üblichen Verdächtigen dagegen lässt einen ob seiner lückenlosen Konstruktion staunen, die eigentlichen Erlebnisse aber sind mir vollkommen gleich.
Die üblichen Verdächtigen ist zu verkopft für einen spannenden Gangsterstreifen, aber in seinen Rückblenden, wenn man sie für sich betrachtet, zu profillos für einen intelligenten Thriller. Wenn man also seine gewaltige Verblüffung über den Schluss eindämmt, bleibt ein gut gespielter, sehr gut geschriebener Film übrig, der erst in dne letzten zehn Minuten den Zugang zu seinem Publikum findet. Aufgrund seiner genannten Qualitäten zwar durchaus ein Kandidat für eine Pflichtliste im Thrillerbereich, aber keineswegs einer der besten Filme aller Zeiten.
Jetzt dürft ihr mich gerne ausbuhen und mit unsortierten Akten beschmeißen. Ich verstecke mich so lange hinter Kritikergott Roger Ebert, mit dem man natürlich nicht immer einer Meinung sein muss, der aber gleichwohl im Zweifelsfall ein gutes Schutzschild abgibt.
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1 Kommentare:
Whoa, Kritik an "Die üblichen Verdächtigen"! Dass ich das noch erlebe. ;)
Meine Erinnerung an den Film ist nicht mehr sooo frisch, vielleicht sollte ich mir die DVD demnächst mal wieder anschauen (aber nicht über die Feiertage, denn wie ich festgestellt habe, gehöre ich definitiv nicht zur Actionfilme-an-Weihnachten-Fraktion, sondern zur Märchenfilme-au-ja!-Fraktion).
Das Ende ist natürlich ein ziemlich genialer Coup und der Film ist sehr gut geschrieben, keine Frage. Aber die Tatsache, dass ich mich an kaum etwas aus dem Film erinnern kann außer an die letzten 10 min und einige sehr wenige Sequenzen dazwischen (eher einzelne Bilder als wirkliche Szenen), lässt mich dazu tendieren, dir recht zu geben. Hätten die Charaktere mich wirklich gepackt, v.a. auch die, die nicht ganz so sehr im Mittelpunkt stehen, würde ich mich an mehr erinnern können.
Ganz spontan fällt mir dazu "The Prestige" ein, auch auf der Thriller-Schiene mit etwas Mystery drin und ein zumindest für mich sehr überraschendes Ende. Und da habe ich mit den Charakteren wirklich etwas anfangen können; mir sind viele Szenen im Gedächtnis geblieben; kalt gelassen hat mich das Schicksal der Protagonisten nicht.
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