Die Walt Disney Company verfügt über eine ausgeklügelte Marketingmaschinierie, vor der Kinoexperten und Hollywoodinsider regelmäßig den Hut ziehen oder in Ehrfurcht erstarren. Disneys Marketingerfolge sind nahezu legendär, und wenn Experten das Kinoeinspiel von Disneyfilmen prognostizieren wollen, so schlagen sie regelmäßig ein paar Milliönchen drauf, den Disney-Marketing-Bonus.
Wer sich näher mit Disney beschäftigt konnte in den vergangenen Jahren jedoch anmerken, dass die sagenumwobene Marketingabteilung der Disney Studios mehr und mehr von ihrem Glanz verlor. Ihr Ruf nährte sich in der jüngeren Vergangenheit stärker von den Erinnerungen an früher, als durch gegenwärtige Taten.
Der Riese geriet ins Stolpern. Niedergegangen ist er nicht, Disney versteht es weiterhin Erfolge zu maximieren und den einen oder anderen angeblich unverkaufbaren Film haben die Maketingstrategen des Disney-Konzerns dem Publikum erfolgreich angedreht, doch die glorreichen Tage waren definitiv vorbei.
Insbesondere wenn man seinen Blick auf die studioeigenen Animationsfilme lenkt: 2007 nahm der Animationsfilm Triff die Robinsons trotz wohl wollender Kritiken weltweit gerade einmal 169 Millionen Dollar ein. Ein Pixar-Film würde sich heutzutage schämen, wenn er das allein in den USA eingebracht hätte.
Auch Disneys vergangener Animationsfilm Bolt holte nicht das Maximale aus seinem Potential und nahm weltweit fast 310 Millionen Dollar ein.
Disneyfans waren sich in beiden Fällen einig: Das Marketing war Schuld. Die Trailer erweckten Eindruck, dass Bolt und Triff die Robinsons lieblos dahergeschluderte 08/15-Animationskomödchen seien, die nichts von der einstmals hoch gelobten Disneyqualität aufweisen könnten.
Disneys treue Fangemeinde war nicht alleine mit diesem Eindruck: John Lasseter, Pixar-Legende und Creative Director der Disney-Animationsstudios, erteilte der Marketingabteilung nach dem mäßigen Einspielergebnis von Bolt und dem ersten Kinotrailer für Küss den Frosch einen Rüffel, weil sie im Animationsbereich lediglich einen einzigen Trick beherrsche. Sie würde das Scheinwerferlicht zu stark auf witzige Nebencharaktere lenken - und das ziehe beim Publikum nicht mehr. Schlimmer noch, es erwecke einen falschen Eindruck der beworbenen Filme (mehr dazu).
Die Unzufriedenheit über Disneys Marketing zog bereits vorher weite Kreise: Als Reaktion auf die Vermarktung von Ratatouille übernahmen die Pixar-Studios die Promotion ihres darauf folgenden Films Wall•E, weil sie Disney nicht zutrauten diesem Film eine ihm gebührende Werbekampagne aufzubauen.
Nicht nur die Disney-Fans und Lasseter waren unzufrieden, auch Robert Zemeckis äußerte seine Bedenken über die Taktiken der disneyschen Marketingmethoden. Ihm missfiel es sehr, dass Disney Eine Weihnachtsgeschichte als Jim-Carrey-Starvehikel bewarb, statt es (wie er es sich vorstellte) als magische, ernstznuehmende Dickens-Adaption zu vermarkten.
Das Ergebnis dessen zeigte sich vergangenes Wochenende an den Kinokassen: Mit knapp 30. Millionen US-Dollar Startergebnis in Nordamerika blieb der später als 3D-Eventmovie mit tollen Effekten und lauten, knalligen Momenten beworbene Film unter seinen Möglichkeiten, viele Kinogänger mieden den als reinen Effektfilm abgetanen Streifen. (Okay, dass Motion-Capturing einen Dämpfer bekommt freut mich, doch das ist nicht der Punkt...)
Jetzt könnte eine Wende in der Geschichte des Disneymarketings eintreten: Wie Variety meldet trat am Montag Marc Zoradi, der Präsident des weltweiten Marketings und Vertriebs der Walt Disney Studios Motion Pictures Group, nach 29 Jahren Dienst für den Konzern von seinem Posten zurück.
Studio-Insider verrieten, dass Zoradi nicht aufgrund des Einspiels von Eine Weihnachtsgeschichte zum Rücktritt gebeten wurde, sondern weil der neue Studiovorsitzende Rich Ross (mehr zu ihm hier) den Posten lieber mit einem alten Kollegen besetzen möchte. Wer genau die Nachfolge Zoradis übernimmt, ist bislang allerdings nicht bekannt.
Für mich ist eine personale Umstrukturierung von Disneys Marketingabteilung jedenfalls eine gute Nachricht. Ja, Disney schaffte es aus Fluch der Karibik, einem Film an den anfangs nahezu niemand glaubte, einen Erfolg zu machen. Und ja, dies war - zumindest bis die hervorragende Mundpropaganda das Ihrige zur Popularität des Films beitrug - zu weiten Teilen Verdienst der Marketingabteilung, die im US-Publikum den Glauben erweckte, dass eine Wasserbahn-Verfilmung/ein Piratenfilm mit Johnny Depp/ ein Bruckheimer-Actionstreifen unter dem Disney-Banner funktionieren kann. International war man ebenso sehr tüchtig, die deutsche Marketingarbeit war hervorragend und streute Lust auf das Piratenabenteuer.
Danach war allerdings Sense mit Wunderleistungen. Sicherlich, oft genug leistete die Marketingabteilung solide Arbeit, sie hat nicht alles verbockt, und die Einfälle bei der Promotion von Fluch der Karibik 2 (z.B. die Volvo-Schatzsuche) waren sehr gut. Dennoch verkaufte sich der Film hauptsächlich selbst beziehungsweise durch seinen Vorläufer.
Mit dem Marketing von Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt dagegen war das Studio hoffnungslos überfordert. Sicherlich, der Film überschritt letztlich die Milliardengrenze, allerdings bin ich mir sicher, dass mehr dringewesen wäre, hätte das Marketing nicht so gepennt. Es gab einzig und allein einen Kinotrailer für den Film, und der prämierte gerade Mal rund zwei Monate vor Kinostart. Die offiziellen Filmplakate waren als Charakterposter ganz cool (ihr wisst schon, die mit dem Nebelmotiv), als Hauptplakat dagegen eher schwach, es herrschte weder Kontinuität zur Gestaltung der Poster zu Teil 1 und 2 (die hübsch synchron aufgebaut waren), noch gaben sie einen Einblick auf die epische Bandbreite des Films.
Das Marketing der Pixarfilme fand ich selbst immer recht okay, weshalb mich Pixars drastische Reaktion nach dem Kinostart von Ratatouille etwas überraschte. Aber Pixar hat es mit Wall•E in meinen Augen wesentlich besser gemacht als Disney, weshalb es meiner Meinung nach immer so laufen könnte. Überhaupt muss sich Disneys Marketingabteilung nichts auf die Pixar-Erfolge einbilden: Nicht Disneys Marketing überzeugte die Kinogänger einen Film über eine kochende Ratte oder einen gefühlvollen Abenteuerfilm mit einem Rentner in der Hauptrolle zu sehen, sondern der Markenname Pixar. Meiner Erfahrung nach war es nahezu allein der Ruf der Pixar-Studios, der Zweifler von den Filmen überzeugte: Wenn es Pixar ist, muss es doch gut sein. Diejenigen, die keine Ahnung von Pixar haben ("Haben die auch Shrek gemacht?") werden einfach mit in Kino geschleppt oder von der Mundpropaganda überzeugt.
Die einzige Marketingmaßnahme, die meines Wissens nach Zweifler an kommenden Pixarprojekten zu überzeugen wissen sind die frühen Teaser Trailer mit extra dafür produzierten Szenen. Und ratet Mal, wer die herstellt...
Abseits dessen hat Disneys Marketingabteilung oft genug Mogelpackungen erstellt, die sich letztlich negativ auf die Rezeption des beworbenen Films auswirkten (Paradebeispiel: The Village).
Es ist nicht immer eine Todsünde einen Film als etwas zu bewerben, das er gar nicht darstellt. Manchmal ist es in Hollywood erlaubt - nämlich dann, wenn der anders verpackte Film einen ordentlichen Start hinlegt, die durch das Marketing in die Irre geführten Kinobesucher zufrieden den Kinosaal verlassen und sich die vom Film eigentlich anvisierte Zielgruppe nicht von der Werbung abschrecken lässt. Ein seltener Kunstgriff, an dem Disney nun öfter's scheiterte, während die Weinsteins ihn mit Inglourious Basterds beispielhaft vollzogen haben (mehr dazu).
Disneys Marketingabteilung baute nicht nur Mist in den vergangenen Jahren, das mag sein. Tatsächlich waren einige Kampagnen sehr solide bis gut. Aber genauso oft griff Disneys Marketing daneben oder operierte unter dem von einst gewohnten Erfolgmaß.
Vielleicht ist damit bald Schluss...
Wer sich näher mit Disney beschäftigt konnte in den vergangenen Jahren jedoch anmerken, dass die sagenumwobene Marketingabteilung der Disney Studios mehr und mehr von ihrem Glanz verlor. Ihr Ruf nährte sich in der jüngeren Vergangenheit stärker von den Erinnerungen an früher, als durch gegenwärtige Taten.
Der Riese geriet ins Stolpern. Niedergegangen ist er nicht, Disney versteht es weiterhin Erfolge zu maximieren und den einen oder anderen angeblich unverkaufbaren Film haben die Maketingstrategen des Disney-Konzerns dem Publikum erfolgreich angedreht, doch die glorreichen Tage waren definitiv vorbei.
Insbesondere wenn man seinen Blick auf die studioeigenen Animationsfilme lenkt: 2007 nahm der Animationsfilm Triff die Robinsons trotz wohl wollender Kritiken weltweit gerade einmal 169 Millionen Dollar ein. Ein Pixar-Film würde sich heutzutage schämen, wenn er das allein in den USA eingebracht hätte.
Auch Disneys vergangener Animationsfilm Bolt holte nicht das Maximale aus seinem Potential und nahm weltweit fast 310 Millionen Dollar ein.
Disneyfans waren sich in beiden Fällen einig: Das Marketing war Schuld. Die Trailer erweckten Eindruck, dass Bolt und Triff die Robinsons lieblos dahergeschluderte 08/15-Animationskomödchen seien, die nichts von der einstmals hoch gelobten Disneyqualität aufweisen könnten.
Disneys treue Fangemeinde war nicht alleine mit diesem Eindruck: John Lasseter, Pixar-Legende und Creative Director der Disney-Animationsstudios, erteilte der Marketingabteilung nach dem mäßigen Einspielergebnis von Bolt und dem ersten Kinotrailer für Küss den Frosch einen Rüffel, weil sie im Animationsbereich lediglich einen einzigen Trick beherrsche. Sie würde das Scheinwerferlicht zu stark auf witzige Nebencharaktere lenken - und das ziehe beim Publikum nicht mehr. Schlimmer noch, es erwecke einen falschen Eindruck der beworbenen Filme (mehr dazu).
Die Unzufriedenheit über Disneys Marketing zog bereits vorher weite Kreise: Als Reaktion auf die Vermarktung von Ratatouille übernahmen die Pixar-Studios die Promotion ihres darauf folgenden Films Wall•E, weil sie Disney nicht zutrauten diesem Film eine ihm gebührende Werbekampagne aufzubauen.
Nicht nur die Disney-Fans und Lasseter waren unzufrieden, auch Robert Zemeckis äußerte seine Bedenken über die Taktiken der disneyschen Marketingmethoden. Ihm missfiel es sehr, dass Disney Eine Weihnachtsgeschichte als Jim-Carrey-Starvehikel bewarb, statt es (wie er es sich vorstellte) als magische, ernstznuehmende Dickens-Adaption zu vermarkten.
Das Ergebnis dessen zeigte sich vergangenes Wochenende an den Kinokassen: Mit knapp 30. Millionen US-Dollar Startergebnis in Nordamerika blieb der später als 3D-Eventmovie mit tollen Effekten und lauten, knalligen Momenten beworbene Film unter seinen Möglichkeiten, viele Kinogänger mieden den als reinen Effektfilm abgetanen Streifen. (Okay, dass Motion-Capturing einen Dämpfer bekommt freut mich, doch das ist nicht der Punkt...)
Jetzt könnte eine Wende in der Geschichte des Disneymarketings eintreten: Wie Variety meldet trat am Montag Marc Zoradi, der Präsident des weltweiten Marketings und Vertriebs der Walt Disney Studios Motion Pictures Group, nach 29 Jahren Dienst für den Konzern von seinem Posten zurück.
Studio-Insider verrieten, dass Zoradi nicht aufgrund des Einspiels von Eine Weihnachtsgeschichte zum Rücktritt gebeten wurde, sondern weil der neue Studiovorsitzende Rich Ross (mehr zu ihm hier) den Posten lieber mit einem alten Kollegen besetzen möchte. Wer genau die Nachfolge Zoradis übernimmt, ist bislang allerdings nicht bekannt.
Für mich ist eine personale Umstrukturierung von Disneys Marketingabteilung jedenfalls eine gute Nachricht. Ja, Disney schaffte es aus Fluch der Karibik, einem Film an den anfangs nahezu niemand glaubte, einen Erfolg zu machen. Und ja, dies war - zumindest bis die hervorragende Mundpropaganda das Ihrige zur Popularität des Films beitrug - zu weiten Teilen Verdienst der Marketingabteilung, die im US-Publikum den Glauben erweckte, dass eine Wasserbahn-Verfilmung/ein Piratenfilm mit Johnny Depp/ ein Bruckheimer-Actionstreifen unter dem Disney-Banner funktionieren kann. International war man ebenso sehr tüchtig, die deutsche Marketingarbeit war hervorragend und streute Lust auf das Piratenabenteuer.
Danach war allerdings Sense mit Wunderleistungen. Sicherlich, oft genug leistete die Marketingabteilung solide Arbeit, sie hat nicht alles verbockt, und die Einfälle bei der Promotion von Fluch der Karibik 2 (z.B. die Volvo-Schatzsuche) waren sehr gut. Dennoch verkaufte sich der Film hauptsächlich selbst beziehungsweise durch seinen Vorläufer.
Mit dem Marketing von Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt dagegen war das Studio hoffnungslos überfordert. Sicherlich, der Film überschritt letztlich die Milliardengrenze, allerdings bin ich mir sicher, dass mehr dringewesen wäre, hätte das Marketing nicht so gepennt. Es gab einzig und allein einen Kinotrailer für den Film, und der prämierte gerade Mal rund zwei Monate vor Kinostart. Die offiziellen Filmplakate waren als Charakterposter ganz cool (ihr wisst schon, die mit dem Nebelmotiv), als Hauptplakat dagegen eher schwach, es herrschte weder Kontinuität zur Gestaltung der Poster zu Teil 1 und 2 (die hübsch synchron aufgebaut waren), noch gaben sie einen Einblick auf die epische Bandbreite des Films.
Das Marketing der Pixarfilme fand ich selbst immer recht okay, weshalb mich Pixars drastische Reaktion nach dem Kinostart von Ratatouille etwas überraschte. Aber Pixar hat es mit Wall•E in meinen Augen wesentlich besser gemacht als Disney, weshalb es meiner Meinung nach immer so laufen könnte. Überhaupt muss sich Disneys Marketingabteilung nichts auf die Pixar-Erfolge einbilden: Nicht Disneys Marketing überzeugte die Kinogänger einen Film über eine kochende Ratte oder einen gefühlvollen Abenteuerfilm mit einem Rentner in der Hauptrolle zu sehen, sondern der Markenname Pixar. Meiner Erfahrung nach war es nahezu allein der Ruf der Pixar-Studios, der Zweifler von den Filmen überzeugte: Wenn es Pixar ist, muss es doch gut sein. Diejenigen, die keine Ahnung von Pixar haben ("Haben die auch Shrek gemacht?") werden einfach mit in Kino geschleppt oder von der Mundpropaganda überzeugt.
Die einzige Marketingmaßnahme, die meines Wissens nach Zweifler an kommenden Pixarprojekten zu überzeugen wissen sind die frühen Teaser Trailer mit extra dafür produzierten Szenen. Und ratet Mal, wer die herstellt...
Abseits dessen hat Disneys Marketingabteilung oft genug Mogelpackungen erstellt, die sich letztlich negativ auf die Rezeption des beworbenen Films auswirkten (Paradebeispiel: The Village).
Es ist nicht immer eine Todsünde einen Film als etwas zu bewerben, das er gar nicht darstellt. Manchmal ist es in Hollywood erlaubt - nämlich dann, wenn der anders verpackte Film einen ordentlichen Start hinlegt, die durch das Marketing in die Irre geführten Kinobesucher zufrieden den Kinosaal verlassen und sich die vom Film eigentlich anvisierte Zielgruppe nicht von der Werbung abschrecken lässt. Ein seltener Kunstgriff, an dem Disney nun öfter's scheiterte, während die Weinsteins ihn mit Inglourious Basterds beispielhaft vollzogen haben (mehr dazu).
Disneys Marketingabteilung baute nicht nur Mist in den vergangenen Jahren, das mag sein. Tatsächlich waren einige Kampagnen sehr solide bis gut. Aber genauso oft griff Disneys Marketing daneben oder operierte unter dem von einst gewohnten Erfolgmaß.
Vielleicht ist damit bald Schluss...
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