Jerry Bruckheimer macht seit der Zeit nach Bad Boys II auch nicht mehr das, womit er früher so erfolgreich war... Statt wie in den 80er und 90er Jahren mit schnell geschnittenen und explosiven Action-Blockbustern amerikanische Großstädte unsicher zu machen, schickt er neuerdings lieber ungewöhnliche Piraten quer durch die Karibik, versucht sich in der Drama-Sparte oder bringt einen völlig unterschätzten Thriller mit Sci-Fi-Touch in die Kinos.
Am ehesten lassen sich noch die Vermächtnis-Abenteuerfilme mit Nicolas Cage als klassische Bruckheimer-Kost bezeichnen, zumindest beinhalten sie zwischen all dem Rätselgelöse und der Schatzsucherei und ihrem Abenteuerflair noch eine gute Prise der modernen Bruckheimer-Verfolgungsjagden quer durch berühmte Städte und vorbei an bekannten Städte-Wahrzeichen.
Mit G-Force kehrt Bruckheimer nun zu seinen Wurzeln zurück: Eine (nicht so ganz authorisierte) Spezialeinheit des FBIs macht es sich zum Auftrag den geheimen, weltzerstörerischen Plan eines Großkonzern-Vorsitzenden aufzuhalten, verpatzt den bedeutsamen Auftrag jedoch und fällt deswegen in Ungnade. Um sich zu rehabilitieren nehmen sie die Sache selbst in die Hand und machen sich gegen den Willen des FBIs auf in die Höhle des Löwen. Gewürzt wird das ganze mit den obligatorischen Liebeleien im Team, schnellen Verfolgungsjagden, einem Schuss Heldendrama (der Anführer des Teams verliert den Glauben an sich selbst) und selbstverständlich darf der vertrottelte Neuling in der Spezialeinheit auch nicht fehlen.
Klingt schon eher wie ein waschechter 90er-Actionstreifen? Mag sein, allerdings hat G-Force einen kleinen Twist: Die Spezialeinheit G-Force besteht aus... Meerschweinchen. Aus Meerschweinchen, einer Fliege und einem Maulwurf, um genau zu sein.
Das klingt zunächst vollkommen dämlich? Als wäre es Bruckheimers Antwort auf das zu Tode gerittene Air Bud-Franchise? Nach einem Hund, der sämtliche Sportarten durchprobierte nun ein Team von Meerschweinchen, das die Welt rettet? Hat die jahrelange Zusammenarbeit mit Disney den Testosteron gefüllten Megaproduzenten nun ein für alle Mal verweichlicht?
Nun, da muss ich dem herbei eilenden Mob ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen. G-Force mag tatsächlich Bruckheimers bislang kindgerechtester Film sein und zweifelsohne sein erster Film, bei dem Kinder das Kernpublikum darstellen (für alle Haarspalter: Kangoroo Jack orientierte sich in meinen Augen eher schon an jüngere Teenager), ein Film der Marke Beverly Hills Chihuahua, Air Buddies, Space Buddies & Co. wurde das Ganze allerdings nicht.
Viel eher muss man G-Force als familiengerechte Actionfilmparodie betrachten. Der Film von Regiedebütant Hoyt Yeatman (Effektleiter bei Filmen wie The Rock, Con Air und Armageddon) nimmt eine generische Sommerblockbusterprämisse und setzt eine Gruppe sprechender Nagetiere ins Rampenlicht. Die (vermeintliche) Austauschbarkeit von Helden wie Arnold Schwarzenegger, Bruce Willis oder Nicolas Cage (im englischen Original des Films übrigens als Stimme des Technikspezialisten Specles - übrigens ein Vertreter der Gattung Maulwurf - zu hören) wird dadurch ebenso aufgezeigt, wie es plötzlich möglich wird Actionszenen oder Auftragsbesprechungen freiwillig komisch wirken zu lassen, obwohl sie durch und durch ernst gespielt und inszeniert werden.
Vor Kauf einer Eintrittskarte für G-Force sollte sich deshalb jeder, der über 12 Jahre alt ist darüber im klaren sein, mit welcher Herangehensweise er den Kinosaal betreten möchte. Nur wer G-Force als Parodie sieht (und vorzugsweise bereits den einen oder anderen in der Gegenwart spielenden Actionfilm auf dem Buckel hat) sowie für die Dauer des Films eine kindliche Begeisterungsfähigkeit mitbringen kann wird rund 90 pfiffige Minuten erleben und mit toller Unterhaltung (wenn auch ohne erinnerungswürdige Momente) entlohnt.
Alle anderen werden vor lauter (definitiv vorhandener und sich immer mehr überbietender) Absurdität und (vermeintlicher?) Albernheit aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr rauskommen.
Sollte man sich mit der Grundidee von G-Force irgendwie arrangieren können, so stört bloß noch recht wenig das harmlose, aber spritzige Vergnügen. Die Werbung wurde G-Force nämlich bei weitem nicht gerecht: Disney vollbrachte das Kunststück die Trailer mit sämtlichen Furzwitzen zu füllen, die G-Force zu bieten hat. Es verteilen sich drei oder vier Stück über rund 90 Minuten - sicherlich unnötig, aber längst nicht so störend wie es im Trailer wirkte.
Am ehesten lässt sich nach dem Kinobesuch über G-Force klagen, dass der Film zwar kurzweilig, süß und recht witzig war, aber so viel mehr Potential hatte. Das Drehbuch des Ehepaars Cormac & Marianne Wibberley (Bad Boys II, Das Vermächtnis der Tempelritter, Das Vermächtnis des geheimen Buches sowie das Shaggy Dog-Remake mit Tim Allen und Drei Engel für Charlie: Volle Power) hakt gekonnt zahlreiche Klischees ab, jedoch geht G-Force zu handzahm an die Sache heran. Aber wer möchte darüber schon klagen, wenn man bedenkt, dass es mit Sicherheit hätte schlimmer sein können? G-Force profitierte nämlich von einer (im Abspann ungenannten) Überarbeitung durch die talentierten Autoren Ted Elliott und Terry Rossio, welche seit Fluch der Karibik fast schon zu Jerry Bruckheimers Stammautoren mutierten.
Ich wundere mich schon ein wenig, weshalb Bruckheimer bei diesem Film erst auf die Wibberleys setzte und erst später Elliott und Rossio zu rate zog, nachdem er bereits bei beiden Vermächtnis-Filmen um Rossios und Elliotts Hilfe bat. Wenn sie schon zweimal die Skripts der Wibberleys verbessern sollten, wieso musste Bruckheimer es ein drittes Mal darauf ankommen lassen? Zumal Elliott und Rossio mit dem ersten Shrek-Film bereits bewiesen, dass es möglich ist ein Genre so durch den Kakao zu ziehen, dass sich Erwachsene schlapp lachen, und zugleich Kinder zu unterhalten.
Ansonsten gibt es nicht mehr viel zum Film zu sagen: Die deutsche Synchronisation ist überraschenderweise gelungen, nachdem ich bei der promilastigen Ankündigung bereits einen Schrecken bekam. Sonya Kraus und Wigald Boning sind überraschend gut, bloß auf den Maulwurf Speckles hätte ich lieber Nicolas Cages Stammsprecher Martin Kessler statt Götz Otto gehört, da diese Besetzung bestimmt lustiger und zur Stimmung des Films passender gewesen wäre. Auch Steve Buscemis Rolle als gestörter Hamster wäre in Deutsch mit Santiago Ziesmer sicherlich pointierter gewesen.
Die Hintergrundmusik stammt von Bruckheimer-Actionveteran Trevor Rabin, der es als Komponist schaffte an den Stellen, an denen ein strikt geradeaus arbeitender Score besser wirkt einen hämmernden, elektrifizierenden Actionscore zu schreiben und in genau den richtigen Momenten einen Schuss musikalisches Augenzwinkern abzuliefern. Ein Bewerbungsschreiben für The Sorcerer's Apprentice ist es leider noch immer nicht. Sorry, ich mag Rabin wirklich, aber diese Entscheidung kann ich noch immer nicht verstehen...
G-Force jedenfalls leidet (vom fehlendem Biss abgesehen) unter einem Problem - er verlangt vom erwachsenen Zuschauer einen für die meisten zu schwiergen Spagat. Auf der einen Seite muss er genügend Zynismus mitbringen, um an vielen Stellen fies zu grinsen und sich an den gezielt abgehakten, ins Absurde gedrrehten Klischees zu erfreuen, gleichzeitig sollte er G-Force durch die Augen eines Kindes betrachten um bei kleineren, putzigen Einfällen zu schmunzeln und sich an den süßen Hauptfiguren zu erfreuen.
Wahrscheinlich blieben die Einnahmen deshalb bislang hinter den Erwartungen zurück. Schade, so werde ich meine erwünschte (und ursprünglich von Disney/Bruckheimer geplante), hoffentlich frechere, Fortsetzung wohl nie bekommen... Es sei denn, das Merchandising schlägt ein wie eine Bombe und auf DVD erweist sich der Film als Renner.
1 Kommentare:
Als ich im September im DLP war wurde das Merchandising schon verramscht. Wirklich gut sah davon auch nichts aus.
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