Viele von uns werden es bislang höchst wahrscheinlich noch nicht so betrachtet haben, doch wir befinden uns in einer Ära der Trickfilmgeschichte, von der kommende Generationen träumen werden. So wie Zeichentrickliebhaber heute sich wünschten bei der Uraufführung von Schneewittchen, Pinocchio oder Fantasia dabeigewesen zu sein, werden zukünftige Animationsbegeisterte mit neidischen Augen auf uns zurückblicken und sich ins Fäustchen beißen, dass sie niemals die Gelegenheit hatten Ratatouille im Kino zu bewundern. Und ähnlich wie wir unsere Köpfe über das Publikum schütteln, dass seinerzeit Fantasia keine Chance gab, werden sich Leute eines Tages die Münder darüber zerreißen, dass WALL•E nichtmal halb so viel einspielte, wie er verdient hätte. Daran, dass mich dahingehend keinerlei Schuld trifft, weil ich WALL•E immerhin fünf Mal im Kino gesehen habe, wird sich bis dahin natürlich auch niemand mehr erinnern...
Im Laufe von bloß vierzehn Jahren und zehn Filmen hat Pixar dem Animationsfilm zu neuer Stärke verholfen und sich bei Kino- und Trickfilmkennern weltweit einen Namen gemacht. Mehr noch, sie schinden unheimlich Eindruck. Gestandene Männer im Kritikergeschäft geben zu, dass sie schon dann lächeln, wenn über die Kinoleinwand die kleine hüpfende Lampe über die Leinwand flimmert und den Beginn eines neuen unvergleichlichen Animationsereignisses ankündigt.
Dabei war es nicht immer so. Als Toy Story 1995 seinen Siegeszug feierte, heimste Disney noch vielerorts die Anerkennung und den Ruhm. Auch wenn die einen oder anderen Extras auf Toy Story-DVDs den Eindruck erwecken, es wäre anders gewesen, erhielt Pixar nicht mit einem gewaltigen Schlag all den Respekt, den sie heute haben.
Viel mehr erarbeitete sich Pixar all die berechtigte Anerkennung mühevoll durch eine konstant hohe Filmqualität. Pixar lieferte einen erfolgreichen, beliebten und qualitativ hochwertigen Film nach dem anderen ab, und dadurch erhielt Pixar auch außerhalb Kennern des Geschäfts seine ungeheure Popularität. Qualität setzt sich eben durch, und bleibt in den Köpfen der Leute hängen.
Bei mir hat es ebenfalls seine Zeit gedauert, bis der Funke übersprang. Toy Story hat mich seinerzeit nicht wirklich umgehauen. Ja, es war für mich ein guter Film, aber weder fand ich die Charaktere sonderlich ansprechend, noch fand ich Toy Story gut aufgebaut. Mittlerweile ist mir Toy Story etwas näher ans Herz gewachsen, er bleibt in meinen Augen trotzdem der schwächste Pixar. Ich schein' es irgendwie mit den ersten animierten Langfilmen fabelhafter Studios zu haben (Schneewittchen und die sieben Zwerge kann aus filmhistorischer Sicht nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt bekommen, außerhalb des Kontextes betrachtet jedoch finde ich ihn, wenn man allein seine eigenen Qualitäten bemisst, maßlos überschätzt)...
Doch wie dem auch sei, mit jedem einzelnen Film lernte ich Pixar ein wenig mehr zu respektieren, besonders weil sie sich zumindest meiner Meinung nach stets ein bisschen steigerten. Nicht bloß auf dem technischem Level, sondern auch inhaltlich. Das große Krabbeln gefiel mir bereits recht gut und bei Toy Story 2 (mein Urteil: Sehr gut) habe ich erstmals mehrmals herzlich in einem Pixarfilm gelacht.
Januar 2002 letztlich kam in Deutschland mit Die Monster AG der Film in die Kinos, mit dem sich Pixar für mich von dem Studio, das die witzigen Computerfilmchen macht, zu einem ernstzunehmenden Trickstudio wandelte, das fähig ist rundum gelungene Kinoerlebnisse abzuliefern. Mehr noch: Ich fand Die Monster AG nicht bloß enorm kreativ, einfallsreich und super, es war zugleich der erste Pixarfilm, der mich emotional berührte, statt mich bloß zu unterhalten. Sullys Abschied von Buh ist ein wunderschöner, herzerwärmender und rührender Moment und sozusagen der Augenblick, in dem Pixar für mich erstmal so etwas wie den Disneyzauber versprühte, diese besondere Emotionalität der animierten Charaktere.
Der Mann, der bei Die Monster AG Regie führte, war Pete Docter. Er löste als erstes Pixar-Mitglied John Lasseter auf dem Regiestuhl der großen Filme ab und hebte Pixar in die Königsklasse des Animationsgeschäfts. Und dort blieb Pixar auch: Es folgten Andrew Stantons immenser Welterfolg Findet Nemo, welcher Pixar endgültig und ein für alle Mal als kreative und qualitativ hochwertige Traumfabrik bestätigte, Brad Birds hervorragender Die Unglaublichen aus dem ich staunend herausgegangen bin ("Die haben's tatsächlich geschafft... Sie haben Findet Nemo geschlagen!"), John Lasseters Rückschlag auf hohem Niveau Cars (wesentlich besser als sein Ruf unter vielen Disney- und Pixarfans, nichtsdestoweniger der erste Pixarfilm, den ich schlechter als seinen Vorläufer fand), Brad Birds kunstvolles Meisterwerk Ratatouille und zu guter letzt die atemberaubende, unvergleichliche Krönung von Pixars Schaffen, Andrew Stantons WALL•E.
Seit Pete Docters Die Monster AG veröffentlichte Pixar also mittlerweile fünf Filme, und die Latte wurde vier Mal höher gelegt, zuletzt sogar nahezu unerreichbar hoch. Und genau jetzt, betritt Pete Docter wieder die Bühne. Bedenkt man, wie sehr ich WALL•E in mein Herz schloss, ist es nahezu unvermeidlich, dass Docter den zweiten Pixarfilm abliefert, der im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger schlechter abschneidet. Allerdings erwarte ich diese unmenschliche Aufgabe auch gar nicht erst von ihm.
Jedoch stellt sich die Frage, ob Pete Docter mit Oben als erster Regisseur einen Pixarfilm erschuf, der nicht an seine letzte Regiearbeit heranreicht. Und wenn, wäre das wirklich schlimm?
Bedenkt man den weltweiten Erfolg von Oben (er ist der zweiterfolgreichste Pixarfilm aller Zeiten in den USA und läuft international bislang durchschnittlich 50% besser als WALL•E) besteht kein handfester Grund zur Besorgnis. Die Kritiker lieben Oben, das Publikum ebenfalls.
Die Zeichen deuten auf einen großartigen Film, die schier überwältigende Qualität von WALL•E brachte mich dazu, von Pixar keine weiteren Wunder zu erwarten. Ich gehe mit Vorfreude und Gewissheit, aber ohne Erwartungsdruck an Oben heran.
Die perfekten Voraussetzungen.
Die Leute bei Pixar sind ein ungewöhnlicher, kreativer Haufen.
Bedenkt man, welche enormen Kosten ein gut aussehender, auf dem modernsten Stand der Technik gemachter Animationsfilm heutzutage verschlingt und welche teilweise absurden Vorstellungen bezüglich Familientauglichkeit an sie gestellt werden (um nicht zu sagen, dass man sämtliche Leute erschießen sollte, die sagen Animationsfilme wären gleichbedeutend mit Kinderfilmen, selbst wenn es durchaus angebracht wäre eine solche Bestrafung in Betracht zu ziehen), könnte man eigentlich sagen, dass die Pixarcrew aus unheimlich mutigen Filmemachern besteht. Wo andere Menschen aus dem Filmbusiness auf Nummer Sicher gehen und bereits erfolgserprobte Stoffe in möglichst massentauglichem Stil nach Schema F abspulen, lässt sich Pixar auf das ungeheure Riskio ein, selbst nachzudenken. Weder sind die Geschichten erprobt, noch gehen die Leute bei Pixar mit ihren neuen Ideen alte Pfade entlang.
Pixar legt es eigentlich nahezu immer darauf an, angebliches Kinogift durch gute Umsetzung in erfolgreiches, qualitativ hochwertiges Geschichtenerzählen zu verwandeln. Und als Pixar fünf Filme hintereinander immer mehr Erfolg und Anerkennung erhielt, holte man absichtlich einen Computer unerfahrenen Mann von außen ins Studio und ließ ihn den sechsten Film nachlegen. Pixar möchte sich nicht selbst wiederholen (weshalb wir alle sehr gespannt sind, welchen Weg Toy Story 3 gehen wird, ich tippe auf positiv-schockierend bittersüß), möchte nicht alt werden.
Doch während Pixars Herangehens- und Arbeitsweise wirklich stets frisch bleibt, so merkt man Pixar in einem Aspekt sehr wohl an, dass der Kreativkern nicht jünger wird: Pixar verließ das Kinderzimmer sowie den mit dem naiv-abenteuerlichen Blick eines Kindes betrachteten Ameisenhügel und fing an Filme über die Bürden der Vaterschaft, eheliche Probleme, verspätete Selbstfindungsprozesse, künstlerische Leidenschaft und bedingungslose Liebe (und den Untergang der Erde inklusive dem Wiederaufkeimen der menschlichen Zivilisation) produziert. Nun behandelt Pixar den Tod, oder genauer gesagt die Schwierigkeit den Verlust eines geliebten Menschens zu verarbeiten. Mancher sich für besonders clever haltende Filmrezensent lässt sich sogar zur Behauptung hinreißen, dass Regisseur und Autor Pete Docter Pixar mit seinem über 70-jährigen Protagonisten Carl Fredricksen ins Altersheim führe.
Dabei kommt es gar nicht so weit:
Um der drohenden Abschiebung ins Altersheim zu entfliehen und den größten Traum seiner verstorbenen Frau zu erfüllen, entschwebt Carl Fredricksen mitsamt seinem geliebten Haus dank mehrerer Tausend Heliumballons nach Südamerika. Ärgerlicherweise ist er auf seiner letzten Reise nicht alleine, denn ein pummeliger, kleiner Pfadfinder saß auf der Verande von Carls Haus fest, als es abhob. Und so muss sich Carl mit dem nervigen Wonneproppen herumschlagen, der Carls Mission in Südamerika erheblich erschwert, etwa damit, dass er Carl anbettelt einen ihnen zugelaufenen Hund mit Hundespracheübersetzungshalsband und einen sehr seltsamen Vogel behalten zu dürfen.
Pixars Wagemut, alles zu tun, bloß nicht das, was das gewöhnliche Publikum in einem teuren Familienanimationsfilm schlägt einem bereits bei der Erklärung des Plots von Oben ins Gesicht. Obwohl nahezu jeder Walter Matthau oder Spencer Tracy (die als Teilinspiration für Carl dienten) als mürrische alte Männer mag, gelten Rentner als vollkommen ungeeignet eine Geschichte als Hauptfigur zu tragen, und fliegende Häuser gibt's bitte nur in abgedrehten Fantasyspektakeln, Steampunk-Epen oder bei Monty Phyton.
Viel entscheidender als das simple Suchen ungewöhnlicher, als unmachbar geltende Ideen ist für das Erfolgsgeheimnis Pixars jedoch die Umsetzung, die stets ein wenig mit der Erwartung des Publikums spielt.
Denn wenn man schon eine so (angeblich) abstruse Geschichte wie diese ins Kino bringt, dann wohl bitte als komödiantisches Actionabenteuer. Spektakuläre Flugszenen und wilde Dschungelabenteuer in feinster Indiana Jones-Manier sollten einen erwarten, oder?
Oben erfüllt diese Vermutung nur so weit wie nötig, und liefert etwas wesentlich schöneres ab: Pete Docter erschuf mit seiner ersten Regiearbeit seit Die Monster AG ein großes und aufwändiges Leinwandabenteuer, das sich wie eine intime, emotional erzählte Geschichte anfühlt.
Trotz der gewollt abstrusen Premisse und einiger verschrobener, abenteuerlicher Elemente weigert sich Pete Docter mit Oben eine skurrile Abenteuerkomödie zu erzählen und verankert seine zweite Regiearbeit dank seiner melancholischen Geschichte in einer traurig-nachdenklichen und herzerwärmenden Gefühlswelt. Der erste Akt von Oben und ganz besonders sein Herzstück, eine etwa vierminütige, dialog- und geräuscheffektfreie Montage die auf Carls früheres Leben zurückblickt, gehört zum besten, was Pixar bislang ablieferte und erzählt in einfachen, aussagekräftigen Bildern eine bewegende Geschichte. Perfekt begleitet werden die Lebenseindrücke von einem herrlich simplen, zwischen einfacher Beschwingtheit und unpathetischer Traurigkeit tänzelnden Musikstück vom musikalischen Chamäleon Michael Giacchino.
Der immer gefragter werdende Komponist, der von sich sagt er nehme nur Aufträge an, bei denen er zu guten Leistungen inspiriert wird, zeigt stets eine unverkennbare, qualitativ hochwertige Handschrift, verzaubert einen dabei jedoch immer wieder mit einem gänzlich anderen Stil. Nachdem er für Pixar in Die Unglaublichen den mit Blechbläsern bestückten 60er und 70er Agentenfilmswing zelebrierte und in Ratatouille mit französischem Esprit betörte, lässt er in Oben das klassische Hollywood-Filmorchester der 30er bis 40er wieder auferleben. Oben präsentiert uns Giacchinos bislang emotionalsten Score, mit voluminöser Orchestrierung stimmt er vor allem bedachtvolle, ruhige Töne an. Durch eingewobene 30er-Swing-Elemente und Walzeranleihen sorgt Giacchino im Oben-Score für Abwechslung.
Giacchinos Leistung für Oben ist nicht zu unterschätzen, er ist in den ruhigeren Szenen wirklich meisterhaft und die dramatischeren Sequenzen untermalte er ebenfalls sehr gut, aber dennoch muss ich sagen, dass mir Giacchinos andere Pixar-Soundtracks noch ein Stück besser gefielen, sie waren nochmal eine Spur unvergleichlicher und prägnanter.
Dennoch helfen Giacchinos Kompositionen Regisseur Pete Docter ungemein dabei, den stimmungstechnischen Drahtseil von Oben gekonnt zu überwältigen und eine kurzweilige und amüsante, mit einigen spannenden Elementen gewürzte dramatische Erzählung über Trauerbewältigung zu erzählen. Kernpunkt des Films ist die Erkenntnis, dass die alltäglichen Dinge das Leben erst lebenswert machen, und schöner (oder unaufdringlicher) bekamen wir eine solche Moral im Kino schon lange nicht mehr erzählt.
Besondere Höhepunkte sind die malerischen Landschaftsaufnahmen, die das künstlerische Auge von Docter und seinem Produktionsdesigner Ricky Nierva sowie das technische Können der Pixaranimatoren vorzüglich unter Beweis stellen. Oben vereint stilisierten Realismus und Karikaturen zu einem genüsslichen Augenschmaus und geht dabei auch das eine oder andere Risiko ein. Es ist schon eine waghalsige Idee, in ein und dem selben Film von den Karikaturisten Al Hirschfeld, Hank Ketcham und George Booth beeinflusste Menschen, eine Horde nahezu fotorealistischer Hunde und den wie aus einem früheren Disneycartoon stammend geformten Hund Dug auftauchen zu lassen, doch es funktioniert auf eine eigenartig-ansehnliche Art und Weise. Die realistischen Hunde sind wirklich beeindruckend und ein kleines Highlight, aber der aus ihnen herausstechende Dug wird darüber hinaus sogar zum heimlichen Star des Films.
Oben ist ein sehr charmanter, liebenswürdiger und anregender Film. Aber wie schlägt er sich im direkten Vergleich mit dem restlichen Pixar-Schaffen?
Nun, Oben ist wahrlich kein zweiter WALL•E. WALL•E schlägt seinen Pixarnachfolger um solch weite Längen, dass man nichtmal davon reden könne, dass es ein knappes Rennen war. Andrew Stantons düster-tragisch-komisch-zuckersüße Roboterliebesgeschichte spielt in ihrer eigenen Liga, und Oben versuchte es gar nicht erst, sich durch die holperige Qualifikation zu schinden. Aber, wie eingangs bereits geschildert, durfte auch niemand ernsthaft von Pete Docter erwarten, dass er sich diesem bahnbrechende Meilenstein nähert.
Oben geriet allerdings auch nicht zu einem zweiten Rückschlag wie Cars - zwar erleben wir mit Oben erwartungsgemäß den zweiten Fall, in dem ein Pixarfilm nicht an seinen direkten Vorgänger herranreicht, doch der Rückschritt fiel bei weitem nicht so herb aus wie mit John Lasseters Hommage an die Route 66. Oben vereint wie jeder herausragender Pixarfilm Dramatik und Humor, großartiges Geschichtenerzählen und atemberaubende Visualität zu einem Kinoerlebnis, dass ein breit gefächertes Publikum ansprechen wird.
Ein paar Anlässe zum mäkeln gibt es dennoch, und sei es bloß meckern auf besonders hohem Niveau. So schneiden sich Docter und Co-Autor Bob Peterson mit der Charakterisierung des Antagonisten ins eigene Fleisch. Sie wollen Charles Muntz als Spiegelbild Carls etablieren, als einen gebrochenen, alten Mann, dessen einziger und letzter Lebenssinn darin besteht ein Versprechen einzulösen. Er soll kein Klischeebösewicht sein, und dieses Vorhaben ist lobenswert. Leider inszeniert Docter Charles Muntz als genau das - er erscheint dem Publikum als Widersacher, weil uns Regie und Musik sagen, dass wir ihn nicht mögen dürfen. ("Er ist der böse, weil, öh, ja, öhm, weil finstere Musik spielt, wenn er die Augen zusammenkneift!")
Seine Motivation dagegen rechtfertigt eine solche Darstellung nicht wirklich. Während der Film ihn nun als den Feind darstellt, denke ich mir lange Zeit noch, dass das alles eigentlich völlig unnötig sei und man die Situation durch ein Gespräch sicher klären könne. Und so besteht eine Zeit lang eine Differenz zwischen dem, was ich als Zuschauer fühle, und dem, was der Film mich fühlen lassen möchte. Erst später machen Muntz' Handlungen ihn wirklich zu einem Bösewicht, allerdings bleibt ein wenig der bittere Nachgeschmack, dass Muntz jetzt nur deswegen so handelt, weil der Film ja beschloss aus ihm den Fiesling zu machen. Für mich ist dies der größte Schwachpunkt an Oben.
Die Flugsequenzen wiederum sind wirklich wunderschön geraten, während den Verfolgungsjagden ein wenig an Energie fehlt. Die Actionszenen in Die Unglaublichen gestaltete Docters Kollege Brad Bird wesentlich energiereicher und optisch ansprechender. Das Finale von Oben ist zwar äußerst spannend geraten, jedoch ist es von manchen Gags abgesehen wesentlich koventioneller geraten, als möglich. Von Pixar ist man da mittlerweile anderes gewohnt. Generell geriet Oben phasenweise verwirrend "normal", zumindest so normal und konventionell, wie ein Film über einen alten Mann, der mit seinem Haus nach Südamerika flog.
Das macht Oben keinesfalls zwangsweise schlecht, allerdings haben da im Vergleich WALL•E und Ratatouille mit ihrem überbordenden Einfallsreichtum den Bonus auf ihrer Seite.
Auch die Atmosphäre von Oben ist weniger dicht und unvergleichlich wie die einiger anderer Pixar-Filme. Das soll aber keinesfalls heißen, dass Oben nicht einvernehmend ist. Ich fand ihn in seiner Stimmung nur weniger einmalig und ein bisschen weniger packend.
Doch das war genug Haarspalterei: Oben ist ein weiterer Geniestreich aus den Pixarstudios. Pete Docter hielt dem enormen Erwartungsdruck stand, und erfreut nach Pixars letztjähriger Bestleistung WALL•E mit einem weiteren Topwerk. Genauso wie seine Regiekollegen schaffte es Docter mit seinem zweiten Film sein Regiedebüt zu schlagen und die Ergolgsgeschichte Pixars fortzuführen. Oben mag mein Herz zwar nicht so sehr wie WALL•E oder Ratatouille erobert zu haben, doch er gehört zweifelsohne zu Pixars besten Filmen. Und da Pixars abendfüllende Filme noch nie schlecht waren, kann man da nur applaudieren und sich die Tränen der Rührung aus den Augenwinkeln wischen.
Weitere Trickfilmkritiken:
- WALL•E
- Ratatouille
- Bolt - Ein Hund für alle Fälle
- Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt
- Coraline
- Kung Fu Panda
- Cars 2
- Wie schlägt sich Oben nach einer zweiten Sichtung?
- Regisseur Pete Docter über die Magie der Animation
- Positive Kritiken I
- Positive Kritiken II
- Positive Kritiken III
- Entwicklung der Charaktere
- Oben legt den drittbesten Pixar-Start in den USA hin
- Pixar erfüllt krebskrankem Mädchen den letzten Wunsch
- Oben ist der zweiterfolgreichste Pixarfilm in den USA
- Wall Street Experte entschuldigt sich für seine Prognose
4 Kommentare:
Sehr gute Kritik, der ich mich auch im großen Teilen anschließe.
Allerdings empfinde ich Muntz nicht so schlimm wie du: Ich denke er ist ein relativ gelungener "Bösewicht", zumindest einer der besseren von Pixar, wobei ich mich wundere wie ein Mann, der am Anfang schon Erwachsen war wo Carl ein Kind ist, so Jung geblieben ist.
Mich störte eher der kleine Hänger in der Mitte, bis Dug auftaucht. Da hatte der Film kleinere schwächen, bis eben der niedlichste Hund der Pixar Studios seinen Auftritt feiert.
Ansonsten aber gebe ich dir vollkommen recht.
Das nenne ich mal eine ausführliche, objektive und verdammt gut geschriebene Filmkritik! Eine Freundin hat mich auf deinen Blog aufmerksam gemacht (sie kam durch irgendeine Verlinkung, vermutlich im Zusammenhang mit Sweeney Todd oder PotC, auf dich^^) und ich bin ihr unglaublich dankbar. Es scheint schwierig zu sein, deutsche Beiträge zu Filmen zu finden, die sich nicht in sinnlosen Schwärmereien ("Er ist soooo süß in der Rolle!") oder Ähnlichem verlieren.
Und da ich ja nicht still bleiben kann, wenn es um Filme geht *g*, kriegst du also einen kleinen Kommentar von mir!
Oben war der erste Film seit... langer Zeit, der mich im Kino zu Tränen gerührt hat. :) Jetzt ganz spontan würde ich möglicherweise sogar sagen, dass er mir besser gefällt als WALL-E, ABER den habe ich leider seit meinem Kinobesuch damals nicht mehr gesehen. Die Erinnerung ist nicht mehr so frisch, das verwässert mein Beurteilungsvermögen natürlich ein wenig. *g*
Die Montage zu Beginn ist einfach wunderschön, Dug erinnert mich unglaublich an meinen Hund (dieser Blick!) - aber Muntz war tatsächlich ein bisschen... unterentwickelt als Bösewicht. Wie du sagst, es wird zum Ende etwas besser (allein leben mit bekloppten Hunden hat ihm vermutlich nicht gerade geholfen), aber zu Beginn ist er eben böse, weil er Kevin fangen will. Wobei mir jetzt eigentlich auch kein Pixar-Bösewicht einfällt, der einfach "böse" ist. Naja, gut Sid vielleicht, oder Hopper... aber aus den neueren Filmen?
Ich bin gespannt, wie mir der Film beim zweiten Mal gefällt.
Übrigens auch Respekt vor deinem offensichtlich sehr fundierten Hintergrundwissen!
Gefährlich.*g* Unser Filmgeschmack ist sich sehr ähnlich, also könnte es durchaus passieren, dass ich meinen Senf noch bei anderen Posts dazugebe. Es sei denn, ich höre Protest.^^
Vielen, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und das Lob. Freut mich, dass ich von deiner Freundin (wahrscheinlich) über PotC oder Sweeney Todd gefunden wurde, das trifft einen sanften Punkt bei mir. *g*
Ich kann nachvollziehen, dass einen "Oben" eher zu Tränen rühren kann als Wall•E, bei mir war's aber halt andersrum. Es hat halt jeder woanders seine Schwächen. [Bockig sei]Wall•E ist trotzdem besser![/Bockig sei]
Wie böse Sid und Hopper waren ist eine Frage des Standpunktes. Einige Macher sagten ja, dass sie als Kind genau wie Sid waren (und wenn man nicht weiß das Spielzeuge leben, was ist an seinem Handeln dann so gemein). Hopper war zwar wirklich hauptsächlich ein einfacher Bösewicht, aber mit einem nötigen Schuss Ironie.
Muntz ist ja auch nicht einfach böse und Schluss, man gab ihm ja ein gutes Motiv. Nur fand ich, dass sich Handlung und Inszenierung widersprachen (Handlung: Hey, er ist ein Spiegelbild Carls. Regiearbeit: Er ist böse, hasst den Kerl!).
Aber vielleicht gehe ich da zu kritisch heran. Beim zweiten Mal werde ich den Punkten des Films eine neue Chance geben.
P.S.: Kommentier ruhig weiter, ich klage nicht. ;-)
Gerne! :) Wenn sich jemand schon diese Mühe macht, sollte er dafür belohnt werden! Wer PotC und Sweeney Todd gut findet, hat aus Prinzip schon einmal Lob für guten Geschmack verdient!
Jaja, schon gut, Wall-E ist um Lääängen besser! ;) Da ich aus jedem Pixar-Film mit einem "Awwww, war das ein schöööner Film!"-Gefühl gehe, bin ich irgendwie ein wenig zu faul, da auch noch Abstufungen zu finden! ;)
Mit dem Standpunkt bei den "Bösen" hast du natürlich recht. Ein Bösewicht sieht sich ja selbst eh immer als "Guter". *g* Aber klar: Für die Spielzeuge ist Sid der absolute Horror, während dieser nun mal einfach ein etwas zerstörungswütiges Kind ist und damit eigentlich relativ normal. *g* Und Hopper war natürlich schon der böse Kerl, quält arme Ameisen etc., aber er hatte irgendwie Stil. *g*
Hm, was Muntz angeht - vielleicht wollten sie darauf anspielen, dass Carl sozusagen den besseren, weil nicht fanatisch-irren Weg gewählt hat, sich an sein Versprechen zu halten. Bzw. dass Carl es eben schafft, nicht Alles und Jeden zu vergessen, um sein Ziel zu erreichen. (Hm, ich gestehe, dass ich mir nach dem Film darüber gar nicht so viele Gedanken gemacht habe.^^)
Dinge kritisch zu sehen ist ja nichts Schlimmes, und gerade wenn man mit hohen Erwartungen an etwas rangeht, tendiert man doch leichter dazu, über Kleinigkeiten zu nörgeln. Denn wären die nicht gewesen, dann wäre das Endergebnis ja noch besser geworden! ;)
P.S.: Ich hatte dich gewarnt! ;)
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