Wie angeblich veraltete Techniken und Methoden immer wieder zurückkehren
Die Zeit vergeht unaufhaltsam, und mit ihr erweist sich auch der technische Fortschritt als eine stetig vorantreibende Kraft.
Zunächst erlernten die Bilder das Laufen, einige Zeit später wurden sie farbenfroh. Leinwände wuchsen in die Breite, nachdem Kameras fähig waren breitere Aufnahmen zu machen. Das Farbspektrum wurde immer naturgetreuer, verbesserte Tiefenschärfe ließ das Publikum noch weiter in die Welten hineintauchen, die auf die großen Leinwände projiziert wurden. Die Computertechnik letztlich eröffnte den Filmemachern zahlreiche ungeahnte Möglichkeiten.
Wer allerdings denkt, dass mit jeder Neuentdeckung ein Stück alter Filmtechnik ausstirbt, der irrt sich, zumindest ansatzweise. Denn es gibt kein Naturgesetz, dass für jede Weiterentwicklung den Tod einer antiquierten Methode erfordert. Zwar mag es sein, dass die Allgemeinheit der Filmemacher mit dem Fortschritt mitgeht, aber durch wachsende Anzahl an Möglichkeiten erhalten Künstler eine immer größere Palette an Inspirationen. So kommen Techniken selbst Jahrzehnte, nachdem sie "offiziell" abgelöst wurden zum Einsatz.
Und genau damit möchte ich mich in den folgenden Absätzen genauer beschäftigen.
Bilder, die sich verweigerten, das Sprechen zu lernen
Nachdem das geklärt ist, muss ich natürlich zugeben, dass es durchaus wagemutig von mir ist, einen Artikel über nicht tot zu kriegende Filmtechniken ausgerechnet mit dem Stummfilm zu beginnen. Einigt man sich großzügig darauf, dass ein Stummfilm ein Film ist, in dem nicht gesprochen und idealerweise außer Musik auch keine sonstige Geräuschkulisse zu hören ist, so scheint der Stummfilm nach aufkommen des Tonfilms wirklich schnell ausgestorben zu sein.
Nachdem mit Der Jazzsänger 1927 der erste abendfüllende Tonfilm in die Kinos kam werkelten die Warner Studios schnell an einem reinen Dialogfilm (beim Jazzsänger bestanden rund 3/4 des Films noch immer aus stummen Passagen, sogar inklusive Texttafeln) und ab Mitte 1928 wandte sich auch MGM trotz anfänglicher Bedenken dem Tonfilm zu.
Welche Versprechungen die Reaktionen des Publikums auf den Tonfilm bei findigen Filmemachern auslösten kann man wohl am besten an Walt Disneys Entscheidung ablesen die bereits fertig produzierten Micky-Maus-Cartoons zurückzustellen und den als dritten produzierten Cartoon Steamboat Willie in mühesamer Kleinarbeit mit seinem kleinen Team zu vertonen.
Dabei hatten Walt und Micky den Spielfilmen gegenüber einen unfairen Vorteil: Während Micky in Steamboat Willie wild herumtoben konnte. Eine solche Bild- und Tondynamik war dem Realfilm nicht gegönnt. Die schwerfällige Tontechnik engte den Bewegungsfreiraum von Darstellern und Kamera unglaublich ein.
Dennoch empfing das Publikum den Tonfilm mit offenen Armen, die Besucherzahlen explodierten von 55 Millionen wöchentlich im Jahr 1927 auf 155 Millionen wöchentlich im Jahr 1930. Kein Wunder, dass nur noch wenige amerikanische Künstler, vornehmlich Stars der Stummfilmzeit, weiterhin dem Stummfilm treu blieben. Ironischerweise stellten sich gerade Produktionen wie Chaplins Moderne Zeiten als besonders langlebige Stummfilme heraus.
Allerdings spielt dies wiederum dem Thema dieses Beitrages in die Hände. Obwohl sich der Tonfilm zur Zeit ihrer Veröffentlichung bereits durchsetzte, konnten sich Moderne Zeiten oder Lichter der Großstadt als Klassiker der Filmgeschichte beweisen.
Als jedoch die letzten Größen der "alten" Ära ins klingende Fach hinüberwechselten verendete die Kunst des stummen Films. Erst in der jüngeren Vergangenheit interessierten sich wieder manche Filmemacher für den verzicht auf Dialog. Prominentestes Beispiel dafür dürfte wohl Mel Brooks Silent Movie aus dem Jahre 1976. Ein weiterer junger Stummfilm ist Call of Cthulhu von 2005, eine 47-minütige Verfilmung des berühmten Lovecraft-Mythos.
Vor allem aber deutsche Filmemacher scheinen sich in den Stummfilm verliebt zu haben:
Diese "modernen" Stummfilme sind allerdings nahezu ausnahmelos auf Hommagen an die Stummfilmära beschränkt. Wim Wenders' Die Gebrüder Skladanowsky, Franka Potentes Der die Tollkirsche ausgräbt und das surreale Märchendrama Tuvalu können weitesgehend als Stummfilme bezeichnet werden.
In der Sitcom ALF gab es ebenfalls eine weitesgehend stumme (und schwarz-weiße) Episode, in der sich ALF vorstellt wie es wäre, wenn er und die Tanners in einem Stummfilm leben würden. Wie bei den meisten anderen "modernen Stummfilmen" hängt hier die Wahl des Stilmittels eng mit dem Verweis auf die Stummfilmzeit zusammen. So ist Call of Cthulhu zwar auch aus Bequemlichkeit der Verantwortlichen ein schwarzweißer Stummfilm geworden, jedoch möchte er auch den Anschein erwecken im Jahr 1926 gedreht worden zu sein, in dem Entstehungsjahr der Cthulhu-Sagen.
Zu den wenigen Ausnahmen dieser Regel zählen Tuvalu und die Qatsi-Trilogie (Koyaanisqatsi, Powaqqatsi und Naqoyqatsi), eine Reihe von Dokumentarfilmen, die ihre Themen allein durch unkommentiertes lediglich mit Musik von Philip Glass untermaltes Filmmaterial behandeln.
Der im Vorfeld von vielen als Stummfilm bezeichnete erste Akt von WALL•E indes qualifiziert sich laut seinem Regisseur Andrew Stanton nicht als Stummfilm. Bei WALL•E handelt es sich nämlich, so Stanton, um einen Film, in dem seine zwei Hauptfiguren dem Zuschauer unbekannte Fremdsprachen sprechen.
Seine eigenständige Existenz hat der Stummfilm also zugegebenermaßen verloren, auch wenn er nicht vollkommen von der Bildfläche verschwand. Der Schwarz-Weiß-Film indes lebt nicht nur in Form von Hommagen weiter.
Zunächst einmal sollte an dieser Stelle etwas verdeutlicht werden, was mittlerweile hoffentlich völlig überflüssig geworden ist: Eine wortwörtlich zu verstehende Form des Stummfilms konnte sich niemals durchsetzen. Als es technisch noch nicht möglich war eine zufriedenstellende Form der gemeinsamen Aufnahme und Wiedergabe von Bild und Ton zu bewerkstelligen wurden Filme in Kinos üblicherweise akustisch untermalt. Manche Kinos konnten sich eine Livebegleitung mit einem Orchester leisten, in anderen Kinos musste sich der Zuschauer mit einem Klavierspieler oder mit einer Pianola begnügen.
Völlig geräuschlos ging es in Kinos normalerweise aber nicht zu.
Nachdem das geklärt ist, muss ich natürlich zugeben, dass es durchaus wagemutig von mir ist, einen Artikel über nicht tot zu kriegende Filmtechniken ausgerechnet mit dem Stummfilm zu beginnen. Einigt man sich großzügig darauf, dass ein Stummfilm ein Film ist, in dem nicht gesprochen und idealerweise außer Musik auch keine sonstige Geräuschkulisse zu hören ist, so scheint der Stummfilm nach aufkommen des Tonfilms wirklich schnell ausgestorben zu sein.
Nachdem mit Der Jazzsänger 1927 der erste abendfüllende Tonfilm in die Kinos kam werkelten die Warner Studios schnell an einem reinen Dialogfilm (beim Jazzsänger bestanden rund 3/4 des Films noch immer aus stummen Passagen, sogar inklusive Texttafeln) und ab Mitte 1928 wandte sich auch MGM trotz anfänglicher Bedenken dem Tonfilm zu.
Welche Versprechungen die Reaktionen des Publikums auf den Tonfilm bei findigen Filmemachern auslösten kann man wohl am besten an Walt Disneys Entscheidung ablesen die bereits fertig produzierten Micky-Maus-Cartoons zurückzustellen und den als dritten produzierten Cartoon Steamboat Willie in mühesamer Kleinarbeit mit seinem kleinen Team zu vertonen.
Dabei hatten Walt und Micky den Spielfilmen gegenüber einen unfairen Vorteil: Während Micky in Steamboat Willie wild herumtoben konnte. Eine solche Bild- und Tondynamik war dem Realfilm nicht gegönnt. Die schwerfällige Tontechnik engte den Bewegungsfreiraum von Darstellern und Kamera unglaublich ein.
Dennoch empfing das Publikum den Tonfilm mit offenen Armen, die Besucherzahlen explodierten von 55 Millionen wöchentlich im Jahr 1927 auf 155 Millionen wöchentlich im Jahr 1930. Kein Wunder, dass nur noch wenige amerikanische Künstler, vornehmlich Stars der Stummfilmzeit, weiterhin dem Stummfilm treu blieben. Ironischerweise stellten sich gerade Produktionen wie Chaplins Moderne Zeiten als besonders langlebige Stummfilme heraus.
Allerdings spielt dies wiederum dem Thema dieses Beitrages in die Hände. Obwohl sich der Tonfilm zur Zeit ihrer Veröffentlichung bereits durchsetzte, konnten sich Moderne Zeiten oder Lichter der Großstadt als Klassiker der Filmgeschichte beweisen.
Als jedoch die letzten Größen der "alten" Ära ins klingende Fach hinüberwechselten verendete die Kunst des stummen Films. Erst in der jüngeren Vergangenheit interessierten sich wieder manche Filmemacher für den verzicht auf Dialog. Prominentestes Beispiel dafür dürfte wohl Mel Brooks Silent Movie aus dem Jahre 1976. Ein weiterer junger Stummfilm ist Call of Cthulhu von 2005, eine 47-minütige Verfilmung des berühmten Lovecraft-Mythos.
Vor allem aber deutsche Filmemacher scheinen sich in den Stummfilm verliebt zu haben:
Diese "modernen" Stummfilme sind allerdings nahezu ausnahmelos auf Hommagen an die Stummfilmära beschränkt. Wim Wenders' Die Gebrüder Skladanowsky, Franka Potentes Der die Tollkirsche ausgräbt und das surreale Märchendrama Tuvalu können weitesgehend als Stummfilme bezeichnet werden.
In der Sitcom ALF gab es ebenfalls eine weitesgehend stumme (und schwarz-weiße) Episode, in der sich ALF vorstellt wie es wäre, wenn er und die Tanners in einem Stummfilm leben würden. Wie bei den meisten anderen "modernen Stummfilmen" hängt hier die Wahl des Stilmittels eng mit dem Verweis auf die Stummfilmzeit zusammen. So ist Call of Cthulhu zwar auch aus Bequemlichkeit der Verantwortlichen ein schwarzweißer Stummfilm geworden, jedoch möchte er auch den Anschein erwecken im Jahr 1926 gedreht worden zu sein, in dem Entstehungsjahr der Cthulhu-Sagen.
Zu den wenigen Ausnahmen dieser Regel zählen Tuvalu und die Qatsi-Trilogie (Koyaanisqatsi, Powaqqatsi und Naqoyqatsi), eine Reihe von Dokumentarfilmen, die ihre Themen allein durch unkommentiertes lediglich mit Musik von Philip Glass untermaltes Filmmaterial behandeln.
Der im Vorfeld von vielen als Stummfilm bezeichnete erste Akt von WALL•E indes qualifiziert sich laut seinem Regisseur Andrew Stanton nicht als Stummfilm. Bei WALL•E handelt es sich nämlich, so Stanton, um einen Film, in dem seine zwei Hauptfiguren dem Zuschauer unbekannte Fremdsprachen sprechen.
Seine eigenständige Existenz hat der Stummfilm also zugegebenermaßen verloren, auch wenn er nicht vollkommen von der Bildfläche verschwand. Der Schwarz-Weiß-Film indes lebt nicht nur in Form von Hommagen weiter.
Farblose (und farbarme) Filme
Die vermehrte Verwendung von Schwarz-Weiß als Stilmittel und/oder Hommage könnte durchaus zum Teil darin begründet liegen, dass die Schwarz-Weiß-Ära wesentlich länger lief als die Stummfilmära. Obwohl Hollywood den Farbfilm bereits in den frühen 30ern für sich entdeckte (die ersten Experimente fanden sogar noch früher statt) fanden bis in die 60er Jahre reguläre Schwarz-Weiß-Filme den Weg in die Kinos. Während der Stummfilm schnell zu einem Relikt verkam, existierten Farbe und Schwarz-Weiß gleichberechtigt nebeneinander, was sich zum Beispiel darin zeigt, dass die Academy of Motion Picture Arts & Sciences von 1940 bis 1966 den Oscar für das beste Szenenbild in zwei Kategorien vergab, einmal für Filme in Farbe und einmal für die in Schwarz-Weiß.
Gründe für das lange Festhalten vieler Filmemacher am Schwarz-Weiß-Film waren unter anderem der finanzielle Aspekt sowie die Abneigung einiger Kreativer gegenüber den unrealistischen Farbtönen, die das Technicolor-Verfahren in den Anfangsjahren erzeugte. Ähnlich wie beim Übergang vom Stumm- zum Tonfilm erschwerte auch das damals sehr sperrige Equipment den Gebrauch der neuen Filmtechnik, weshalb einige Regisseure lieber ganz auf Farbe verzichteten.
Ebenso wie beim Tonfilm erkannte Walt Disney nicht nur die Zeichen der Zeit sondern auch die Vorteile des Mediums Zeichentrickfilm, weshalb er sehr früh vollsten Gebrauch von Technicolors Drei-Farbstreifen-Prozess machte und sich sogar für die Anfangsjahre die Exklusivrechte daran sicherte. Der ursprünglich in Schwarz-Weiß geplante Film Flowers and Trees (1932) wurde in diesem Verfahren neuproduziert und gewann den ersten Oscar für den besten animierten Kurzfilm.
Die Disney-Studios lieferten generell Pionierarbeit beim künstlerischen Gebrauch von Farbe als Stilmittel in Filmen. Dass wütende Charaktere knallrot anlaufen, frierende Figuren fieslig blaue Farbe im Gesicht zeigen und dass Charakteren, den speiübel wird so grün wie Spinatsuppe werden mag heute als das selbstverständlichste in der Cartoonwelt gelten, aber seinerzeit musste man sich das erstmal ausdenken. Auch das Vorurteil, dass Zeichentrickfilme knallbunt sein müssen hebelten Walt Disney und seine begabten Künstler aus, und zwar mit Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937). Manche gehen sogar so weit, und sagen, dass die gediegenen Brauntöne des Zeichentrickklassikers für lange Farbfilme an sich der Durchbruch war, egal ob Animation oder Realfilm. Erst durch diesen massiven Kinoerfolg konnte Hollywood davon überzeugt werden, dass das Publikum den Technicolor-Farben stundenlang ausgesetzt werden kann, ohne Kopfschmerzen zu erleiden.
Bei den Schwarz-Weiß-Filmen späterer Jahre waren solche Bedenken natürlich längst passé. Dass einige Regisseure auch bis in die 60er hinein in Schwarz-Weiß drehten hatte vornehmlich persönliche Vorlieben zu Grunde liegen, oder auch die Annahme, dass Farbe bei intimeren, dramatischeren oder spannenderen Stoffen ablenkend wirke.
Trotzdem wurde Farbe im Laufe der 60er endgültig zum Standard, und Schwarz-Weiß-Filme bildeten von dort an eine rare Ausnahme, womöglich nicht zu Letzt weil Hollywood sich mit Farbe und breiten Kinoleinwänden einen Vorteil gegenüber dem Fernsehen verschaffen wollte.
Was mit der endgültigen Übernahme des Farbfilms als Standard eintrat, ließe sich fast schon als Naturgesetz in der Filmkunst beschreiben: Sobald eine Technik nicht mehr der Standard ist, wird sie gezielt als Stilmittel eingesetzt.
Einer der ersten Filme die gezielt zwischen Farbe und Schwarz-Weiß wechselten ist natürlich Das zauberhafte Land von 1939, bei dem Vor- und Abspann sowie die Kansas-Sequenzen in Schwarz-Weiß gedreht wurden (welche man danach in Sepiatönen einfärbte), während der in Oz spielende Großteils des Films in Farbe gedreht wurde um die triste Trostlosigkeit von Kansas und die fantasievolle, farbenfrohe Welt von Oz deutlich gegenüberzustellen. Aus der Zeit, als Schwarz-Weiß schließlich zu etwas altmodischem verkam ist eines der frühsten Beispiele einer solchen Technik der brasilianische Drogenhorrordrama-Experimentalfilm O Ritual dos Sádicos (dt. Titel Coffin Joe: Awakening the Beast) in dem sich vier Frewillige einem LSD-Experiment unterziehen. Die erste Stunde (schwarz-weiße) des Films wurde in einem ironischen, pseudo-dokumentatorischen Stil gedreht, in der sich Wissenschaftler über die Auswirkungen von Drogen unterhalten. Erst nachdem die vier Patienten unter Drogeneinfluss das Poster zum Horrorfilm The Strange World of Coffin Joe anstarrten wechselt der Film zu einem farbenfrohen, halluzinatorischen Sex-, Horror- und Drogentrip.
Ein frühes Beispiel für einen bewusst komplett in Schwarz-Weiß gedrehten Kinofilm nach den 60er Jahren ist Peter Bogdanovichs Die letzte Vorstellung von 1971. Der vom amerikanischen National Film Registry als Kulturerbe eingestufte, melancholische Film aus der Ära des New Hollywood zeichnet das Ohnmachtsgefühl einer Generation nach und wurde deshalb in schlichtem Schwarz-Weiß gedreht, eine Entscheidung die von Orson Welles beeinflusst wurde.
Viele heutige Kultregisseure begannen (aus unterschiedlichen Gründen) ihre Karriere mit Schwarz-Weiß-Filmen. David Lynchs ersten zwei Filme, der surreale Horror Eraserhead und das auf wahren begebenheiten basierende Drama Der Elefantenmensch wurden komplett in schwarz-weiß gedreht, was beiden (trotz ihrer Unterschiedlichkeit) eine beklemmende, albtraumhafte Atmosphäre verleiht.
Kevin Smith dagegen konnte sich für sein Erstlingswerk Clerks schlicht und ergreifend keinen Farbfilm leisten und musste deshalb in Schwarz-Weiß drehen.
Christopher Nolans Erstlingswerk, der moderne Film noir Following, wurde ebenfalls aus Kostengründen in schwarz-weiß gedreht, doch seine Form passt perfekt zum Inhalt: Durch das Schwarz-Weiß erinnert Following nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch an frühere Film noir-Werke. Generell beschließen viele Regisseure, ihre an Film noir erinnernden Projekte komplett in schwarz-weiß zu drehen (wie etwa Soderberghs The Good German) oder wenigstens die Farbe zu entsättigen (etwa Die Hollywood-Verschwörung). Die Film noir-Hommage Tote tragen keine Karos, die aus neu gedrehten Szenen und alten Filmschnipseln besteht, hatte sogar keine andere Wahl - mit eingestreuten Farbsequenzen würde sie gar nicht mehr funktionieren.
Besonders beim modernen Film noir bin ich jedoch kritisch, was das absichtlich gewählte Schwarz-Weiß angeht: Bei manchen erkennt man noch, dass es ein Kunstgriff ist oder eine für die Wirkung des Films nötige Entscheidung. Andere jedoch würden problemlos auch in Farbe funktionieren und es entsteht der Eindruck, dass der Regisseur den Film nur deshalb in Schwarz-Weiß drehte, weil er zu stark abguckte (oder das Publikum für so blöd hält, dass es den Film anderweitig nicht als Film noir verstehen würde). "Seht mich an, ich dreh' in Schwarz-Weiß, ich bin ja soooo kreativ! Und als nächstes schreib ich ein Ende, das keinen Sinn macht! Haha, ich bin ein Künstler!" scheint zu oft der Vater des Gedanken zu sein - und sowas frustriert mich als Zuschauer.
Ein weiteres positives Beispiel für einen komplett in Schwarz-Weiß gedrehten Film ist dagegen wieder Tim Burtons Ed Wood. Zwar ist, ähnlich wie bei The Good German, die Hommage der offensichtliche Grund für die Entscheidung, in Schwarz-Weiß zu drehen (dieses Mal an die C-Klasse-Filme von Ed Wood und nicht an den Film noir), jedoch rechtfertigt sich in Burtons Biographie des schlechtesten Regisseurs aller Zeiten der Rückgriff auf veraltete Filmtechnik durch die Passion, mit der Burton Wood darstellt. Es ist keine ordinäre Filmbiographie, erst Recht keine, wie sie über Ed Wood eigentlich ablaufen müsste. Stattdessen endet sie, ähnlich wie Scorseses Jahre später gedrehte Howard-Hughes-Biographie Aviator, vor seinem Absturz. Burton inszeniert sogar Woods legendär-miserablen Plan 9 from Outer Space als den glamourösen Höhepunkt in Woods Leben. Dass diese Verneigung vor Ed Wood in schäbigem Schwarz-Weiß daherkommt unterstreicht, wie Tim Burton das Thema anging und geht somit über simples Mimikry hinaus.
Noch häufiger als reines Schwarz-Weiß kann man in jüngeren Jahren im Kino eine Mischung aus Farbe und Schwarz-Weiß begutachten. Die Inspiration daher stammt (mehr oder minder) aus dem vorher erwähnten Beispiel Der Zauberer von Oz: Um ein örtliches oder zeitliches Setting vom anderen hervorzuheben, wird eines der beiden Settings in Schwarz-Weiß gezeigt, das andere in Farbe. In American History X sehen wir den wohl am häufigsten verwendeten Abwandlung dieses Kniffs: Die Rückblicke sind schwarz-weiß, während das Jetzt in Farbe abläuft. Memento von Christopher Nolan nutzt eine Variation dieses Kunstgriffes und färbt von seinen zwei Zeitebenen die vorwärts ablaufende in Schwarz-Weiß, während der für die Reputation des Films bedeutsamere, rückwärts laufende Zeitebene Farbe aufweisen kann.
In zwei hervorragenden Schwarz-Weiß-Filmen mit Farbelementen werden letztlich sogar nur einzelne Elemente eingefärbt, und nicht ganze Szenen, um sie vom restlichen Film hervorzuheben. Sie stellen mit ihrer Verwendung meine Lieblingsbeispiele für die Vermischung von Farb- und Schwarz-Weiß-Film dar, selbst wenn sie sonst nicht sonderlich viel gemeinsam haben: Steven Spielbergs Schindlers Liste und Robert Rodriguez verruchte Comicadaption Sin City. In Schindlers Liste sticht aus dem depremierenden Schwarz-Weiß des Nazi-Deutschlands ein junges Mädchen in einem roten Mantel heraus. Spielberg hebt so die bereits in der Buchvorlage besonders hervorgehobene Figur heraus und signalisiert uns, wie das kleine Mädchen Schindler in die Augen stach und so unwissend seine Persönlichkeitsveränderung in Gang setzte.
Sin City ist in seiner Verwendung von Farbelementen zweifelsohne bei weitem nicht so tiefsinnig, besticht jedoch mit einer komplexen, stilistischen Ästhetik und ist somit aus künstlerischer Sicht nicht zu verachten. Erneut werden Dinge eingefärbt, die den handelnden Figuren ins Auge stechen. Die babyblauen Augen einer jungen Prostituierten, das güldene Haar einer engelsgleichen Hure, die zarte Haut der in einer Bar als Go-Go-Tänzerin/Stripperin arbeitenden Nancy Callahan, die roten Turnschuhe die nicht zum restlichen toughen Outfit eines kernigen Kerls passen. Blut. Der stinkende gelbe Bastard.
Sin City ist ein visuelles Meisterwerk und erstaunt immer wieder mit seinen Farbspritzern in Mitten des knallharten Schwarz-Weiß. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Schwarz-Weiß-Filmen wurde Sin City zunächst in Farbe gedreht, bevor digital die Farbe herausgenommen wurde. Normalerweise sind Schwarz-Weiß-Filme ja in Wahrheit eigentlich Grau, doch in Sin City ist das Schwarz tiefschwarz und finster wie die Nacht, während es mit stechendem Weiß kontrastriert wird. Robert Rodriguez ahmt nicht bloß Frank Millers Graphic Novel nach, während wiederum als überstylisierte, moderne und schmutzigere Comicform des Film noir bezeichnet werden könnte, sondern bewirkt mit seiner Farbauswahl weiteres. Anstatt als bloße Verbeugung vor früheren Arbeiten dient sie auch dazu die raue Atmosphäre und die kantigen Figuren stärker zu übermitteln, die irreale Gestaltung Basin Citys und der Bewohner prägnanter zu gestalten. Alles wirkt saucool, doch unfreundlich. Der erträglichste Platz, die mehrmals vorkommende Bar in der Nacy auftritt und sich die Geschichten überkreuzen, ist konsequenterweise das elaborierteste Set (der Löwenanteil des Films wurde auf einer grünen Bühne gefilmt) und ist farblich am wenigsten heruntergeregelt.
Außerdem wirken in Schwarz-Weiß Robert Rodriguez' Discount-Computeranimationen und Guerilla-Make-Up realistischer denn je zuvor, was die Effektarbeit Sin City deutlich beeindruckender macht als man es von Rodriguez gewohnt ist.
Nichts geht für ewig
Da wäre die Technik der Stop-Motion-Animation. Früher war sie in Spielfilmen das Mittel für große Spezialeffekte. Ob ein Mann gegen Skelette kämpfen muss oder Monster eine Stadt plattmachen, wo heutzutage Computereffekte eingesetzt werden, hatten früher Stop-Motion-Künstler ihre Finger dahinter, vorzugsweise Ray Harryhausen.
Heutzutage verzichtet man auf das für heutige Sehgewohnheiten klobige Stop-Motion-Monster, es sei denn jemand möchte Harryhausen einen Tribut zollen. Manchmal werden sogar CGI-Effekte entsprechend umgesetzt, wie etwa in Robert Rodriguez' Spy Kids 2, der zeitweise wie ein alter Abenteuerfilm wirken soll, selbst wenn die verwendeten Techniken auf der Höhe der Zeit waren.
Vor allem aber wird Stop-Motion heutzutage für Animationsfilme verwendet, wie etwa die Wallace & Gromit-Reihe, Corpse Bride oder Henry Selicks Nightmare before Christmas und Coraline. Hier erweist sich die Regel, dass im Bereich der Animation kein Medium totzukriegen ist. Stop-Motion-Trickfilme stecken international seit den 90ern eher sogar eine Blütezeit, während die früheren, typischen US-Weihnachtsfernsehspecials auf dieser Seite des Atlantiks kaum jemandem etwas sagen. Die Computeranimation konnte Stop-Motion nicht verdrängen, egal wie viele Leute dies prophezeiten. Für skurrile, schrulligere Stoffe ist Stop-Motion einfach wesentlich besser geeignet. Ganz zu schweigen davon, dass manche Künstler halt einfach viel lieber mit kleinen Sets und winzigen Darstellern arbeiten, als hinter dem Computer.
Die Liste der hervorgeholten alten Techniken ist nahezu unerschöpflich. Während Kameramänner etwa jahrzehntelang daran arbeiteten, Lichtbrechungen zu vermeiden und sie aus Filmen vernannten um realitätsnäher zu erscheinen, wünschen sich manche Regisseure mittlerweile das Gegenteil und nutzen Lichtbrechungen um einen besonderen Effekt zu erzielen. Wenn beispielsweise Jack Sparrow während des Krakenangriffs in Pirates of the Caribbean - Dead Man's Chest einen besonders heroischen Moment hat und nach einem Gewehr greift, während Elizabeth zu ihm aufsieht, erfüllt eine gewaltige Lichtbrechung das Bild. Diese wurde künstlich am Computer erstellt, um diesem Moment die Ausstrahlung eines heroischen Frank-Frazetta-Bildes zu verleihen. Und in Wall•E arbeiteten die Pixaranimatoren absichtlich Lichtbrechungen ein und berücksichtigten bei Kamerabewegungen den Raum, in dem sich eine echte Kamera während der Szene bewegen könnte, um den Film glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Realismus durch Makelhaftigkeit war die Methode, Wall•E sollte aussehen, als wäre er wirklich gefilmt worden.
Absichtliche technische Fehler sind in der Postmoderne gang und gäbe. Quentin Tarantino und Robert Rodriguez trieben es in Grindhouse völlig auf die Spitze, als sie nicht nur die Grobkörnigkeit und Farbsättigung alter Exploitationfilme imitierten, sondern sogar die Abnutzungserscheinungen, die deren Filmkopien beim übermäßigen Einsatz in schlechten Kinos erleiden mussten. Doch Tarantino und Rodriguez sind nicht die Erfinder dieses "Grindhouse"-Effekts. Wenn Oberanarcho Tyler Durden in Fight Club im Kino arbeitet, wird während der Erzähler erklärt was ein Brandloch ist im Film ein Brandloch eingeblendet. Und als Durden sich kurz darauf gen Kamera richtet und eine kleine, äußerst motivierte Rede hält, beginnt der Film zu wackeln und ist kurz davor durchzubrennen oder zu reißen. Durdens Ausstrahlung und Anarchie durchbrechen "die vierte Wand" des Films, Durden ist so eine mächtige Figur, die ihre radikale Einstellung so leidenschaftlich versprüht, dass sie ihren eigenen Film aushebelt. Unterschwellig wird diese Botschaft selbst im Zeitalter von digitalem Kino erfolgreich vermittelt, obwohl Filme heute nicht mehr reißen können.
Es hat gibt zahlreiche gute Gründe, sich als moderner Filmemacher an verstaubten Techniken zu bedienen. Sie können eine Situation unterstreichen (wer eine Szene über in seinem Film oder seiner Serie Western parodiert ist oft gut beraten während dieser Sequenz auf Super-Mega-Breitbild zu wechseln), wohlige Erinnerungen beim Publikum wecken oder manche Aussagen einfach besser vermitteln können.
So lange es kreative (oder einfach nur außergewöhnliche) Filmemacher gibt, werden auch vergangene Filmtechniken wieder zum Leben erweckt. Und sei es auch nur eine kurze Sequenz über.
Neben den beiden großen Weiterentwicklungen in der Filmtechnik lassen sich auch kleinere technische Möglichkeiten nicht völlig unterkriegen, völlig gleich, wie viele modernere Alternativen es geben mag. Sei es aus Nostalgie, künstlerischen Vorlieben oder als gezielt eingesetztes Stilmittel: Die Technik von früher fasziniert Filmemacher noch heute und wird immer wieder ausgegraben. Und manche Techniken werden sogar dauernd totgesagt, und kommen dennoch nie erst unter die Erde.
Da wäre die Technik der Stop-Motion-Animation. Früher war sie in Spielfilmen das Mittel für große Spezialeffekte. Ob ein Mann gegen Skelette kämpfen muss oder Monster eine Stadt plattmachen, wo heutzutage Computereffekte eingesetzt werden, hatten früher Stop-Motion-Künstler ihre Finger dahinter, vorzugsweise Ray Harryhausen.
Heutzutage verzichtet man auf das für heutige Sehgewohnheiten klobige Stop-Motion-Monster, es sei denn jemand möchte Harryhausen einen Tribut zollen. Manchmal werden sogar CGI-Effekte entsprechend umgesetzt, wie etwa in Robert Rodriguez' Spy Kids 2, der zeitweise wie ein alter Abenteuerfilm wirken soll, selbst wenn die verwendeten Techniken auf der Höhe der Zeit waren.
Vor allem aber wird Stop-Motion heutzutage für Animationsfilme verwendet, wie etwa die Wallace & Gromit-Reihe, Corpse Bride oder Henry Selicks Nightmare before Christmas und Coraline. Hier erweist sich die Regel, dass im Bereich der Animation kein Medium totzukriegen ist. Stop-Motion-Trickfilme stecken international seit den 90ern eher sogar eine Blütezeit, während die früheren, typischen US-Weihnachtsfernsehspecials auf dieser Seite des Atlantiks kaum jemandem etwas sagen. Die Computeranimation konnte Stop-Motion nicht verdrängen, egal wie viele Leute dies prophezeiten. Für skurrile, schrulligere Stoffe ist Stop-Motion einfach wesentlich besser geeignet. Ganz zu schweigen davon, dass manche Künstler halt einfach viel lieber mit kleinen Sets und winzigen Darstellern arbeiten, als hinter dem Computer.
Die Liste der hervorgeholten alten Techniken ist nahezu unerschöpflich. Während Kameramänner etwa jahrzehntelang daran arbeiteten, Lichtbrechungen zu vermeiden und sie aus Filmen vernannten um realitätsnäher zu erscheinen, wünschen sich manche Regisseure mittlerweile das Gegenteil und nutzen Lichtbrechungen um einen besonderen Effekt zu erzielen. Wenn beispielsweise Jack Sparrow während des Krakenangriffs in Pirates of the Caribbean - Dead Man's Chest einen besonders heroischen Moment hat und nach einem Gewehr greift, während Elizabeth zu ihm aufsieht, erfüllt eine gewaltige Lichtbrechung das Bild. Diese wurde künstlich am Computer erstellt, um diesem Moment die Ausstrahlung eines heroischen Frank-Frazetta-Bildes zu verleihen. Und in Wall•E arbeiteten die Pixaranimatoren absichtlich Lichtbrechungen ein und berücksichtigten bei Kamerabewegungen den Raum, in dem sich eine echte Kamera während der Szene bewegen könnte, um den Film glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Realismus durch Makelhaftigkeit war die Methode, Wall•E sollte aussehen, als wäre er wirklich gefilmt worden.
Absichtliche technische Fehler sind in der Postmoderne gang und gäbe. Quentin Tarantino und Robert Rodriguez trieben es in Grindhouse völlig auf die Spitze, als sie nicht nur die Grobkörnigkeit und Farbsättigung alter Exploitationfilme imitierten, sondern sogar die Abnutzungserscheinungen, die deren Filmkopien beim übermäßigen Einsatz in schlechten Kinos erleiden mussten. Doch Tarantino und Rodriguez sind nicht die Erfinder dieses "Grindhouse"-Effekts. Wenn Oberanarcho Tyler Durden in Fight Club im Kino arbeitet, wird während der Erzähler erklärt was ein Brandloch ist im Film ein Brandloch eingeblendet. Und als Durden sich kurz darauf gen Kamera richtet und eine kleine, äußerst motivierte Rede hält, beginnt der Film zu wackeln und ist kurz davor durchzubrennen oder zu reißen. Durdens Ausstrahlung und Anarchie durchbrechen "die vierte Wand" des Films, Durden ist so eine mächtige Figur, die ihre radikale Einstellung so leidenschaftlich versprüht, dass sie ihren eigenen Film aushebelt. Unterschwellig wird diese Botschaft selbst im Zeitalter von digitalem Kino erfolgreich vermittelt, obwohl Filme heute nicht mehr reißen können.
Es hat gibt zahlreiche gute Gründe, sich als moderner Filmemacher an verstaubten Techniken zu bedienen. Sie können eine Situation unterstreichen (wer eine Szene über in seinem Film oder seiner Serie Western parodiert ist oft gut beraten während dieser Sequenz auf Super-Mega-Breitbild zu wechseln), wohlige Erinnerungen beim Publikum wecken oder manche Aussagen einfach besser vermitteln können.
So lange es kreative (oder einfach nur außergewöhnliche) Filmemacher gibt, werden auch vergangene Filmtechniken wieder zum Leben erweckt. Und sei es auch nur eine kurze Sequenz über.
In der unregelmäßig fortgeführten Artikelreihe Filmhistorische Fußspuren wurden bislang auch folgende Themen behandelt:
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