Vor kurzem habe ich mir als Vorbereitung auf einen anderen, aufwändigeren Artikel nochmal das aus dem Jahr 2004 stammende Disney-DTV Die drei Musketiere mit Micky, Donald und Goofy in den Hauptrollen angesehen, und da dachte ich mir: Hey, schlag doch zwei Fliegen mit einer Klappe, und nutze den Film nicht nur als Vorbereitung, sondern schreib' über ihn am besten noch eine Rezension. Gedacht, getan.
Die drei Musketiere versetzt Micky, Donald und Goofy nach den Featurettes Mickys Weihnachtserzählung und Der Prinz und der Bettelknabe ein weiteres Mal in einen vielfach verfilmten Klassiker der Literaturgeschichte. Alexandre Dumas Abenteuerklassiker dient diesem Zeichentrick-Komödchen jedoch bloß als grobe Orientierungshilfe für die Handlung: Micky, Donald und Goofy arbeiten im Frankreich des 17. Jahrhunderts als eine Art Hausmeister/Mädchen für alles des königlichen Hofes. Seit Kindestagen wünschen sie sich nichts sehnlicher, als Musketiere zu werden, doch dafür sind sie zu klein (Micky), zu feige (Donald) oder zu dumm (Goofy). Genau dies macht sich der hinterhältige Karlo zu nutze: Er befördert das chaotische Trio und setzt sie als Leibwache für Prinzessin Minni ein, welche er entführen lassen möchte um so König von Frankreich zu werden.
Viele Kritiker gingen ja wirklich wohlwollend mit Die drei Musketiere ins Gericht; die Meinungen reichten von "der hätte im Kino laufen sollen" bis zu "für ein DTV wirklich gut, kann sich aber nicht mit den Kinofilmen Disneys messen lassen". Allerdings begehen diese Kritiker in meinen Augen einen Fehler: Sie messen Die drei Musketiere an anderen Disney-Videofilmen, dabei sollten sie ihn an weiteren Filmen mit Micky, Donald und Goofy messen.
Die klassischen Disney-Figuren gehören zu den wandelbarsten Charakteren des Zeichentrickstudios. Sie sind großartige Komiker zudem bewiesen sie in ihrer langen Historie schon, dass sie auch für dramatischere Stoffe geeignet sind, etwa in den bereits erwähnten Featurettes Mickys Weihnachtserzählung oder Der Prinz und der Bettelknabe.
Wenn man es bereits in diesen Kurzfilmen schaffte gefühlvolle und spannende Momente einzuweben, dürfte man doch eigentlich problemlos davon ausgehen, dass sich der längere Die drei Musketiere seinen zwei indirekten Vorgängern anschließt. Aber weit gefehlt.
Statt die längere Laufzeit auszunutzen, um eine familiengerechte, aber emotionale und spannend inszenierte Trickversion der Dumas-Geschichte zu erzählen verläuft sich das DTV in kindische Lapalien, die niemandem weh tun können und seinen drei Hauptdarstellern nicht gerecht wird. Die seichten Gags sind nicht schlecht, allerdings sehnt man sich in den kurzen, komödiantischen Sternstunden des Films (z.B. beim Opern-Jingle) nach mehr pointierten Volltreffern, die ein Publikum "von 6 bis 66 Jahren" ansprechen.
Besonders schade ist, dass man mit Die drei Musketiere konsequent auf ein wesentlich jüngeres Kernpublikum abzielte, als es bei Disneys Kinotrickfilmen der Fall ist. Nicht nur, dass die Geschichte keinerlei Fallhöhe aufbaut und vorhersagbar ist, nein, auch bei den Gags wurde darauf geachtet, dass so wenig wie möglich über die Köpfe der Kinder hinwegfliegt. Mehr als eine kleine Hand voll von Disney-Insidern bekommt der ältere Zuschauer nicht geboten. Dabei nutzte man es in früheren Versionen des Films noch voll aus, dass er als DVD-Produktion kein breites Kinopublikum befriedigen musste und griff beherzt nach der erwachsenen Disney-Stammzuschauerschaft: In einer frühen Storyboard-Fassung begegnete Micky Maus im Himmel seinem Schöpfer (nein, nicht Gott, sondern Walt) und zog über Disney's California Adventure her und an einer Stelle sollte sich Michael Eisner selbstbewusst und selbstverliebt als vierter Musketier anbiedern, woraufhin Micky, Donald und Goofy versuchen schnellstmöglichst das Set des Films zu verlassen.
Appropos: Mich ärgert bereits schon, dass man die meisten der Figuren einfach nur sich selbst spielen ließ, anstatt sie wie Schauspieler zu verwenden.
In der Adaption von Dickens' Weihnachtsgeschichte spielen Micky, Donald und Co. Rollen und werden auch mit ihren Rollennamen angesprochen. Die Twain-Verfilmung änderte letzteren Aspekt bereits und besetzte die Figuren fast ausschließlich in nahe liegenden Rollen, aber es war weiterhin so, dass die Disney-Charaktere andere Rollen ausfüllten.
In Die drei Musketiere spielen dagegen, mit Ausnahme von Klarabella Kuh, alle Charaktere einfach nur sich selbst - oder das, was die Macher des Films dafür halten. Die Darstellung von Donald als feiges Huhn treibt mich als eingeschworenen Donald-Fan nämlich fast schon zur Weißglut.
Die Animation ist gewohnt gut, das Design hübsch, aber ohne herausstechende oder erinnerungswürdige Elemente (von den an ihre 40er-Jahre-Inkarnationen angelehnten Versionen der Titelcharaktere abgesehen). Negativ fällt die etwas klinische Computerkoloration auf. Durchaus lobenswert ist die Idee klassische Musikstücke als Melodien für die Songs zu verwenden, nicht nur an die Classic Cartoons anzuknüpfen, sondern auch auf das Setting des Films einzustimmen. Leider sind die Texte, die man Beethoven, Strauß, Tchaikovsky, Bizet und den anderen Komponisten verpasst von sehr wechselhafter Qualität. Manchmal sind sie stimmig, mal schmerzt es ein wenig im Hinterköpfchen.
Fazit: Micky, Donald, Goofy: Die drei Musketiere tut nicht weh, könnte allerdings um Längen lustiger sein und fällt im Vergleich zu anderen gemeinsamen Arbeiten der Hauptdarsteller stark zurück. Zwar ist es unterhaltsamer als das durchschnittliche Disney-"Direct to Video"-Produkt, aber die übertrieben handzahme Natur gleicht dies wieder nach unten hin aus. Ein Durchschnittsprodukt, das zwar respektvoll an seine legendären Hauptfiguren herangeht, ihrem Potential trotzdem nicht im Ansatz gerecht wird.
1 Kommentare:
Der Film ist doch besser als viele dieser neuen Disney-Filme, die man einmal sieht und wieder vergisst. Gruß Onkelosi
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