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Sonntag, 26. Juli 2009

King Arthur

Sommer 2003: Meine Vorfreude auf Fluch der Karibik steigt ins Unermessliche, ich kann den Kinostart gar nicht mehr erwarten. Exakt auf dieser Welle meiner Vorfreude lese ich ein Interview mit Keira Knightley in dem sie darüber spricht, dass sie nach Fluch der Karibik als nächstes in einer von Jerry Bruckheimer produzierten Adaption der Arthus-Sage zu sehen sein wird. Allerdings sei dies eine sehr raue, harte und realistische Umdeutung des berühmten Stoffes und sie würde in sehr knaper Kleidung außerordentlich intensive Actionszenen drehen.

Na, halleluja! Da habe ich nach Start von Fluch der Karibik ja weiterhin etwas zum drauf freuen. Bruckheimer + knallhart + König Arthus? Ich war sofort angefixt, und nachdem ich Fluch der Karibik gesehen hatte, schwang sich auch meine Vorfreude auf King Arthur weiter nach oben. Im Rausch der Begeisterung für das Piratenspektakel genoß der Megaproduzent Bruckheimer bei mir blindes Vertrauen und weil Knightley in Fluch der Karibik zu gefallen wusste, aber zu wenig an der Swashbuckling-Action teilnahm, konnte der Ausgleich durch ihre schwitzig-blutige und erbarmungslose Amazonen-Guinevere nicht schnell genug kommen.

Bis zum Kinostart im Sommer 2004 trieben Disney und Bruckheimer meine Erwartungen durch das Versprechen knallharter, realistischer und zugleich innovativer Schlachtenszenen immer weiter in die Höhe und auch der Trailer überzeugte mich auf ganzer Linie. Kurz vor Kinostart folgte jedoch ein jäher Dämpfer.

The Untold True Story That Inspired The Legend

Dabei fand ich bei meinem Kinobesuch von King Arthur viele der versprochenen Elemente, die ihn von anderen Artusfilmen unterscheiden sollten, wider. So stellt King Arthur trotz einiger historischer Inkorrektheiten (wie etwa das Auftauchen mittelalterlicher Schwerter) die wohl bislang realistische filmische Neuerzählung der Artussage dar. Das vom Gladiator-Autor David Franzoni verfasste Historienepos verzichtet auf sämtliche übernatürlichen Einflüsse, die in Geschichten über den legendären König und Kriegsherren so häufig auftauchen, und streicht jegliche Heldensagen-Romantisierung aus seiner Gleichung. Konsequenterweise und angeblich an historischen Befunden orientiert verlegte der Autor seine depressive Artusgeschichte ins Jahr 452 nach Christus, statt sie weiterhin in einer glanzvollen Ära der Ritterepik zu belassen. Britannien ist ein verfallenes Land und die glorreichen Ritter der Tafelrunde erweisen sich als zum Kriegsdienst gezwungene Heiden, die sich unter der Führung des Halbrömers Arturius, genannt Arthur, befinden und mit einem wüsten Durcheinander aus verdreckten, römischen sowie barbarischen Ausrüstungsüberresten durch verschiedenste Aufträge metzeln.
Am Tag, an denen die unfreiwilligen Krieger ihre Freiheit zurückerlangen sollten, zwingt ihnen der römische Bischof einen letzten, selbstmörderischen Auftrag auf. Sie sollen eine römische Familie aus dem von einem Sachenangriff bedrohten, eiskalten Norden eskortieren.

Die Zeichnung des Ritterdienstes in weniger glorifizierenden Tönen korreliert mit der von Regisseur Antoine Fuqua gewählten Optik und Stimmung. Sein pessimistisches und winterlich-unterkühltes Schlachtgemälde kennt kaum erheiternde Momente, die Liebesgeschichte zwischen Guinevere und Arthur wird auf eine lüsterne Liason reduziert und imposant weiten, leeren Landschaftsbilder baden förmlich in ihrer bedrückenden und rauhen Gräulichkeit.
Selbst der Titelheld bekommt hinter all seiner Aufrichtigkeit von seinem Darsteller Clive Owen eine undurchsichtige, rätselhafte Ausstrahlung verliehen, die zwischen ihm und dem Zuschauer trotz seiner Liebe zur Gerechtigkeit eine Distanz entstehen lässt.

Bezüglich dessen hielten Produzent Jerry Bruckheimer und das produzierende Studio Touchstone Pictures ihre Versprechungen ein. King Arthur wurde tatsächlich ein betrüblicher Monumentalfilm mit von Bruckheimer gewohnt hohen Produktionswerten.
Was meinen Erwartungen einen Dämpfer versetzte, und den gesamten Film in Mitleidenschaft zog, war jedoch etwas anderes.

Rule Your Destiny

Das Schicksal meinte es nämlich nicht gut mit einem weiteren Kernelement von King Arthur: Seinem Gewaltlevel. Ursprünglich plante Regisseur Antoine Fuqua mit diesem Epos ein Schlachtengemälde das in pechschwarz und blutrot gemalt wurde. Seine Darstellung von Arthur und den Rittern der Tafelrunde war rau und kompromisslos, und so sollte auch die Gewaltdarstellung im Film sein. Zusammen mit Produzent Jerry Bruckheimer war ein R-Rating bereits abgesprochen und angeblich zählten die härteren Momente aus Braveheart als Mindestmaß für die Kämpfe in King Arthur. Die Ritter sollten von ihrer außergewöhnlichen Ausrüstung (so verzichtet Lancelot auf ein Schild und kämpft mit zwei Schwertern), vollsten Gebrauch machen und so die Actionszenen in King Arthur von anderen Ritterschlachten abheben.

Doch es hat nicht sollen sein. Nachdem Warner Bros. in den US-Kinos mit Troja eine Schlappe erlitt, gaben Hollywoods Finanzexperten dem R-Rating die Schuld. Die Angst, hoch budgetierte Filme mit einem R-Rating in die Kinos zu entlassen, wurde in Hollywood wieder angefacht und der Disney-Konzern geriet bezüglich der ausschweifenden gewalt in King Arthur ins Grübeln. Als dann mit Hidalgo und Alamo zwei kostspielige Produktionen des Erwachsenenlabels Touchstone Pictures katastrophal floppten brauchte der Konzenr unbedingt einen massentauglichen Megahit. Diese Rolle sollte King Arthur übernehmen. Mit dem frisch gebackenen Star Keira Knightley in der Darstellerriege und dem Erfolgsgaranten Jerry Bruckheimer als Produzenten müsste das doch klappen, wenn man dieses dämliche R-Rating los wird...
Und so wurde Antoine Fuqua gebeten die kritischsten Stellen zwei Mal zu drehen, einmal in einer Fassung, die ein PG-13 bekommen würde, und einmal als R-Rating. Außerdem solle die Stimmung des Films wenigstens ansatzweise etwas aufgelockert werden.

Was in die Kinos entlassen wurde, war letztlich eine schwer definierbare Mischung aus angenehm realistischer Ritterdepressivität und blutleerer Umsetzung. Man merkte dem Film an, dass irgendetwas fehlte.
Auf DVD folgte 2005 schließlich der Director's Cut, der den Film zurück ins Gebiet des R-Ratings beziehungsweise der FSK-Freigabe ab 16 Jahren führte. Das für die Kinofassung digital entfernte Blut wurde wieder eingesetzt, eine kurze Liebesszene an eine andere Stelle gesetzt, eine heitere Lagerfeuersequenz gestrichen und die Schlachten erhielten ihre Brutalität zurück.

Im Director's Cut fühlt sich King Arthur prompt wesentlich "kompletter" an. Die zusätzliche Viertelstunde verleiht ihm mehr Intensivität und die härteren sowie spannenderen Kämpfe lassen King Arthur nicht weiter entzwei fallen. Für die Atmosphäre, die der Film provoziert, sind die Kämpfe allerdings selbst im Director's Cut nicht hart genug. Es lässt sich außerdem nicht das Gefühl erwähren, dass die langatmig-pessimistische Grundstimmung des Films ursprünglich finsterer und beißender geplant war.

Aber auch im Director's Cut krankt der Film an seiner schwachen Exposition. Die Vorstellung der Charaktere wirkt abgehetzt und gerät sehr oberflächlich. Bis auf Arthur, Lancelot und Guinevere verkommen die restlichen Ritter deshalb zur Staffage und man wünscht sich, dass man ihnen noch mehr Zeit eingeräumt hätte.
Die Charaktere, die etwas zu sagen haben, sind dafür aber durchaus gelungen. Neben der bereits erwähnten Darstellung Owens als schwer lesbaren Arthur besticht vor allem Keira Knightley. Sie spielt Gunievere mit unaffektierter und naturbelassener Attraktivität und lässt uns ihr sowohl die ungehemmte Kampfamazone aus dem Finale, als auch die galantere Bogenschützin und das fragile Opfer, das Arthur aus dem Kerker religiöser Fanatiker befreit.
Ioan Gruffudds Lancelot komtm bereits etwas zu wenig Leinwandzeit zu, aber dort kann er mit spitzbübischem Charme auftrumpfen ohne der realistischen und rauhen Natur des Films zu schaden.

Die Höhepunkte des Films stellen selbstverständlich die längeren Kampfszenen dar. Vor allem die famose Schlacht auf einem gefrorenen See ist originell geraten und interessant inszeniert. Aber auch das ausführliche Finale weiß zu überzeugen: Die letzte Schlacht zieht mit ihrer detaillierten Darstellung und ausschweifenden Länge den Zuschauer in ihren Bann, dank verschiedener Angriffsphasen ist zudem für Abwechslun gesorgt. Bedauerlich ist bloß, dass zuvor den meisten Figuren zu wenig Zeit gegeben wurde sich zu etablieren. Wenn man sich auf der Gegenseite nur deshalb an Stellan Skarsgård als Sachsenanführer erinnern kann, weil er zwischendrin zwei, drei coole Sprüche loswerden durfte, und einem sein Sohn nur deshalb besonders auffällt, weil er nunmal von Til Schweiger gespielt wird, dann denkt man sich schon, dass man mit besserer Vorarbeit mehr mitfiebern würde.

Was bei King Arthur unbedingt noch herausgestellt werden muss, sind die großartigen Maskenzeichnungen. Der Einsatz von diesen Spezialeffekten ist intensiv, aber nicht aufdringlich oder spürbar: Die künstliche Landschaften im Film sind beindruckend und fügen sich in ihrem Realismus nahtlos in die tatsächlich gefilmten Elemente nahtlos ein. Sogar das Wetter stammt fast ausnahmelos aus dem Computer - King Arthur wurde während eines Rekordsommers gedreht, was man ihm zu keinem Moment anmerkt.

Musikalisch liefert Komponist Hans Zimmer in King Arthur größtenteils routiniert solide Kompositionen ab, allerdings gönnte er sich ein paar Ausrutscher nach oben. So vermengt die einfallsreiche Untermalung zur ersten Kampfszene (Woad to Ruin) irische Vitalität mit kriegerischer Härte und Schwere, während spätere Themen einen gelungenen Balanceakt zwischen Mythologisierung der Charaktere und zum Film passender, dunklerer Dramatik vollbringen. Nennenswert ist außerdem, dass zwei der dramatischeren Motive im Film offenbar Ideengeber für den Score waren, der während Jack Sparrows letzter Szene in Fluch der Karibik 2 zu hören ist.

Fazit: King Arthur ist trotz schwerfälliger Handlungs- und Charakterentwicklung ein mit sehenswerter Optik ausgestattetes Schlachtenepos, dessen Kampfszenen zwar selbst im Director's Cut härter sein dürften, aber ansehnlich, kurzweilig und stellenweise auch einfallsreich inszeniert wurden.
Unklar ist, ob man den Film gerne verlängern möchte, um seinen Figuren mehr Profil zu verleihen, oder lieber verkürzen, um die Längen zu überspringen und ihn auf die Höhepunkte zu verkürzen.

Davon abgesehen bleibt nur die Frage offen, wie King Arthur ausgesehen hätte, wäre ihm sein ursprünglich vorgesehener Regisseur treu geblieben. Bis er aufgrund von Budgetproblemen abdankte entwickelte nämlich Michael Bay diesen Film fünf Jahre lang für sich selbst...

King Arthur läuft heute Abend ab 20.15 Uhr auf ProSieben. Erfahrungsgemäß erwartet uns bei der Nachtwiederholung um 1.00 Uhr der Director's Cut.

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