Denkt man an Disney, denkt man zunächst an gezeichnete Zeichentrickmusicals mit witzigen Nebenfiguren, großäugige Prinzessinnen und großartige Animationen, an Micky Maus, Donald Duck und Co., an klinisch saubere Themenparks mit langen Schlangen, vielen Geschäften, teurem Fast-Food und fantastischen Attraktionen, an Familienunterhaltung, Romantik, an Kitsch... Aber wie oft denkt man beim Namen Disney schon an total seltsame und verrückte, filmgewordene Drogentrips, an Abstecher in den Wahnsinn, Non sequitur, Mindfucks und Big Lipped Alligator Moments?
Zumindest bei mir kommt diese Verbindung tatsächlich recht früh und oft - denn Disney neigt recht gerne Mal dazu, in seinen Filmen die Realität bei Seite zu schieben.
Aber warum gibt es bei Disney so häufig derlei Szenen? Ganz einfach: Das Zauberwort lautet "Animation"! Animation ist das perfekte Medium für freigeistiges Ausleben der Kreativität, hier lassen sich Szenen, deren einzige Logik das assoziative Denken und die einzige Grenze die Kreativität der Filmemacher ist, am besten umsetzen.
Kein Wunder also, dass in Disney Meisterwerken des öfteren farbenfrohe, ausgelassene Szenen vorkommen oder anderweitig irreale Sequenzen, die so mancher Ex-Hippie als "trippy" bezeichnen würde. Aber auch im Realfilmbereich kommt so etwas dem vielsehenden Disneyfan gehäuft unter.
Hier sind also meine fünfzehn liebsten etwas "anderen" Disney-Szenen. Übergeschnappte. Verrückte. Wilde. Seltsame. Irreale Trips. Fear and Loathing in Disneyville, mein Freund!
Platz 15: Der Abspann von Große Pause: Die geheime Mission
Natürlich kann der Kinoableger von Disneys beliebter Zeichentrickserie nicht mit den großen Disney-Meisterwerken mithalten, dennoch war er ganz gelungen und verdient schon aufgrund seines Soundtracks einige Sympathiepunkte. Warum genau die Musik der 60er so prominent im Film vertreten ist, wissen wohl nur die Macher selbst (wollte man den Eltern im Publikum etwas gutes tun?), aber es hebt den Film definitiv von vergleichbaren Produktionen ab.
Dass man dann allerdings zu Beginn des Abspanns ein psychedelisches Hippievideo zu Green Tambourine ist eine großartige und gewissermaßen auch mutige Entscheidung, mit der man riskierte zahlreiche Mitglieder des jungen Publikums zum Abschluss nochmal richtig vor den Kopf zu stoßen, während sich die Älteren über den Stil des Videos und die Anspielungen auf Musikikonen der Zeit freuen. Ein toller, völlig aus den Zusammenhang gerissener und groovy Abschluss zu einem ganz netten Kinoableger einer guten Zeichentrickserie.
Platz 14: Die "Heffalumps und Wusel"-Szene in Die vielen Abenteuer von Winnie Puuh
Ich könnte ja aggressiv werden bei dem, was Disney seit den 80ern mit Winnie Puuh gemacht hat (ausgenommen: Winnie Puuh und I-Aahs Geburtstag). Seither wurde Puuh immer stärker auf ein immer jüngeres Publikum gebogen, und während man die 80er Serie zwar von der Entwicklung her ärgerlich, für sich genommen aber noch leiden kann, ist der Puuh der späten 90er und dieses Jahrzehnts einfach nur grausig. Zwar besteht ein kleines bisschen Hoffnung, dass man unter Lasseter aus dem Babysitter und Souvenir für junge Mädchen (die ihn immer totaaaaaal toll finden - ohne auch nur einen einzigen Film von ihm gesehen zu haben) wieder den Puuh macht, den man aus den Kino-Featurettes und der Kompilation Die vielen Abenteuer von Winnie Puuh kennt, doch vor 2011 bleibt uns nichts anderes, als sich gelegentlich die alten Klassiker anzusehen. Einer der Momente, die man sich mit dem Playhouse Disney-Puuh gar nicht mehr vorstellen kann, ist der abgedrehte Albtraum Puuhs über "Heffalumps und Wusel". Den hat man sich ja mit dem lila Knuffelding "Lumpi" aus Heffalump - Ein neuer Freund für Winnie Puuh für immer verdorben - aus schrägen Albtraumschatten wird ein knuddeliges Gift für jeden Diabetiker.
Davon abgesehen ist die Szene gelungen, wenn auch etwas zu stark von den Rosa Elefanten abgekupfert, die allerdings wesentlich dynamischer sind. Der Puuh-Albtraum ist im direkten Vergleich stocksteif und langsam.
Platz 13: Beethovens Fünfte in Fantasia 2000
Es gibt dreierlei Arten von Musik. Musik, die eine klar definierte Geschichte erzählt, Musik, die bestimmte Stimmungen, Impressionen oder Motive ausdrückt und schließlich absolute Musik, die für sich selbst steht. Beide Fantasia-Filme beginnen mit einem solchen Musikstück, Fantasia 2000 wählt ungeachtet zahlreicher Interpretationsversuche dieser Sinfonie Beethovens Fünfte. Ihr wisst schon, die mit dem markanten Anfang (*da-da-da-daaaaah!*).
Manche werden fragen: "Wie? Du setzt Fantasia 2000 so weit unten auf deine Hitliste? Ich dachte du findest den Film so großartig?". Und ja, ich finde Fantasia 2000 großartig, doch im Gegensatz zu Fantasia schwelgt die Neuauflage in weniger abstrakten Bildern. Für diese Hitliste qualifizieren sich meiner Meinung nach bloß die fliegenden Wale (WTF?!) zu Pinien von Rom (Moment, was?!) und nunmal dieser Anfang. Und die umherflatternden, abstrakten und semi-abstrakten Dreiecke/Schmetterlinge finde ich als Sequenz einfach viel besser und besser zur Musik abgestimmt. Und somit schafft es Fantasia 2000 noch relativ knapp in die Hitliste meiner liebsten ... äh...
Platz 12: Das Finale von Das schwarze Loch
Achtung, wie sich jeder denken kann, folgen jetzt Spoiler für einen 30 Jahre alten Film. Falls das irgendwen juckt...
Disneys erster PG-Film Das schwarze Loch ist dank dem sprechenden Roboter V.I.N.C.E.N.T. zwar stark in seiner Zeit verankert (das Design... die "Effekte"... dass man überhaupt so eine Figur brauchte), aber davon abgesehen weißt er eine gar nicht mal so schlechte Geschichte, gute Effekte von Ellenshaw und eine kühle Atmosphäre aus. Und dann kommt halt das Ende von diesem "20.000 Meilen unter dem Meer im Weltall", welches sich problemlos neben dem gewaltigen "Mindfuck" zum Schluss von 2001: Odyssee im Weltall einreihen kann. Nur mit dem Unterschied, dass sich Cineasten und Kritiker nicht so sehr an Disneys abgedrehter Spaceoper aufgeilen, und das Ende von Das schwarze Loch dem Zuschauer gegenüber mehr Hilfestellung gibt, das Geschehen zu verarbeiten und zu begreifen (wetten, dass mich irgendjemand für meine Ehrlichkeit beschimpft - nur weil ich im Angesicht von 2001 keinen Hofknicks machte?).
Zum Schluss von Das schwarze Loch sehen wir, wie unsere Helden, die Crew der USS Palomino in das schwarze Loch steuern, und sich plötzlich in einer hollenähnlichen Umgebung befinden, in der ein in den Roboter Maximilian eingesperrter Doctor Hans Reinhardt wie der Leibhaftige persönlich auf einer Felsspitze thront. Nach der Hölle erreicht das Raumschiff einen strahlenden Tunnel voller Himmelspforten... Es kommt aus dem Nichts und ist völlig verwirrend, ganz eindeutig von 2001 inspiriert und passt logisch gesehen nicht zum vorangegangenen Film. Und es ist trotzdem toll. Basta!
Platz 11: Der Albtraum in Herbie groß in Fahrt
Herbie mit gewaltigen Raffzähnen? Mehrere Herbies in Indianerverkleidung? Fliegende, King Kongs Kampf auf der Spitze des Empire State Buildings nachstellende Herbies? WTF?!
Alonzo Hawks Albtraum ist episodisch und surreal, wie es sich für einen tüchtigen Albtraum in einem Hollywoodfilm auch gehört. Schade nur, dass die geplante Albtraumsequenz mit zwei Chirurgen-Herbies und einer Kreissäge wegen des drohenden PG-Ratings geshcnitten wurde...
Platz 10: Donald dreht völlig durch gen Schluss von Der Fuehrer's Face
Der Film klingt eh schon wie der Drogentrip eines Klassenkameraden, den man sich als bekennender Disneyfan eines Morgens vor dem Unterricht anhören muss: "Ey, Mann... boah... Hör mal, du bist doch voll der Disney-Dude, oder? Klar biste das, mein Freund... Alter... Hör mal, das muss ich dir erzählen... Gestern, ne... Ey, gestern, ne! Da hab ich mich so ein bisschen entspaaaaaannt... weißt schon... so hingelegt und eine... also, weißt schon... Und dann hatte ich voll die Vision... Ich hab echt Donald Duck gesehen! Das muss dich doch neidisch machen, oder? Tja, solltest dich mal so entspannen wie ich, dann triffste den auch Mal. Nur, weißte, ich hab den gesehen, nur dass der... ey, der war voll der Nazi! Hat so 'ne Uniform getragen, und andauernd: HEIL HITLER! Und die haben total das geile Lied gesungen! Ey, boah... Krasser Scheiß! Und wenn der dann Urlaub hat, total der geile Urlaub, vor so 'nem Bild der Alpen... der bewegt sich wie ein Hakenkreuuuuz!"
Als Donald dann aber gegen Schluss des Cartoons durch- und der Film endgültig völlig abdreht, bestätigt sich wieder einmal die große Regel des Filmemachens: Albträume sind nicht einfach nur unheimlich oder schaurig, sie sind in kuriose Farben getünchte Ausgeburten des Surrealismus. Und haben vorzugsweise einen Ohrwurm als musikalische Untermalung.
Platz 9: Die Nussknackersuite in Fantasia
Was wäre eine Liste von abgedrehten, psychedelischen und anderweitig andersartigen, "trippy" Filmszenen ohne Fantasia? Höchst wahrscheinlich gravierend inkomplett. Als Gesamtwerk verdient Fantasia natürlich eine höhere Position und ginge es hier nach dem Grade, wie sehr sich der Film (oder die Szene) als Drogenhalluzination qualifiziert, wäre Fantasia bestimmt auf dem Treppchen, wenn nicht gar auf dem Siegerplatz. Doch da die Rangplätze nach meinem Geschmack verteilt wurden und ich mich zudem entschied, die Nussknackersuite als "Trip
Dennoch ist diese Sequenz ist wundervoll und nahezu poetisch. Das Highlight der Episode: Natürlich der Tanz der Fliegenpilze!
Platz 8: Die Kristall-Szene in Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt
Statt eine weitere überdrehte Traum- oder Musiksequenz mit quietschigen Farben zu drehen, kann man auch den esoterischen und Gänsehaut erregenden Weg gehen, um sich in dieser Liste zu platzieren. Und genau das haben die Regisseure Kirk Wise und Gary Trousdale gemacht (den klassischen Weg sind sie allerdings auch gegangen, aber das werdet ihr ja gleich sehen): Ihr actiongeladenes und unverdienterweise derbe am Publikum gescheitertes Expeditionsabenteuer Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt nimmt sich kurz vor der finalen, explosiven Luftschlacht einen Moment Pause von Action, Erkundung und Humor, um uns stattdessen mit einem mystischen Höhepunkt (Kida wird vom schwebenden Kristall "auserwählt") in seinen Bann zu ziehen. Wenn man denn mag.
Ich erinnere mich nämlich noch so gut an meinen Atlantis-Kinobesuch, als wäre er gestern gewesen: Während meine Augen förmlich an der Leinwand kleben, um ja keine Sekunde dieser Szene zu verpassen und mich kaum zu atmen wage, um die mystische Majestätik dieses Moments nicht zu untergraben, spüre ich in meinem Nacken, wie ein Großteil der Zuschauer spätestens jetzt völlig vom Film abgestoßen wird. Über dem Kinosaal schwebte die Frage, ob sich die Zeichner wohl mit Algen das Hirn weggeraucht hatten, als sie diese Szene zeichneten. Ich dagegen war von der fantastischen Musikuntermalung durch James Newton Howard, der Auswahl der Blickwinkel und der kühlen Farbästhetik begeistert.
Und nein, die Szene ist nicht dreist geklaut. Wenn ihr in den Kommentaren rumheulen wollt, dann lieber, weil diese Sequenz eurer Meinung nach nicht zum Rest der Liste passt (tut sie übrigens wohl - nicht jede verrückte Drogenhalluzination muss quietschfidel und knatschbunt sein. Habt ihr Fear and Loathing in Las Vegas und vergleichbare Filme etwa nie länger als drei Minuten gesehen und verlasst euch in eurer Definition von "trippy" allein auf Alice im Wunderland?)...
Platz 7: Alice im Wunderland. Punkt!
Und da wir gerade schon davon sprechen... Äh, ein bisschen Tee? Nein, schade...
Die Grinsekatze ist übrigens da entlang gelaufen. Nein, äh, da lang. Ach, Quatsch, ich meine natürlich... Was sagst du? AB MIT DEM KOPF!!!
Platz 6: Sei hier Gast in Die Schöne & das Biest
Ich höre es schon... "Wa-wa-wa-waaaas? Hallooooo?! Was hat denn bitte dieser Klassiker in dieser wirren Hitliste zu suchen?!"
Ganz einfach: Singende und tanzende, verzauberte Bedienstete, die nun wie Haushalts- und Einrichtungsgegenstände aussehen sind eine Sache, aber wenn plötzlich Hunderte von Tellern singen und tanzen, Löffel ein Wasserballett aufführen und Torten aus dem Nichts auftauchen, damit verzauberte Bedienstete ihre in dieser Form unmöglich aufführbare, lediglich den physikalischen Cartoongesetzen gehorchende Choreographie in buntem Scheinwerferlicht aufführen können, ist das ein gigantisches "Bohr dir ein Loch ins Knie!" an den sonstigen Realismus des Films und ein warmes Hallo an die alte Cartoonzeit, wo Hosen tragende Mäuse Ziegen als Drehorgel missbrauchten. Nur dass Sei hier Gast im Gegensatz zu den alten Cartoons hübsch bunt ist. Vor allem aber wissen Kinder dank dieser Szene, was sie erwartet, wenn sie eines Tages unter Drogeneinfluss zum ersten Mal bei ihren Schwiegereltern in spe zum Abendessen eingeladen sind.
Platz 5: Die Episode Die Kohlkopf-Monster (Twin Beaks) von Darkwing Duck
Twin Peaks, David Lynchs Kultserie aus den 90ern. Ein Krimi, eine surrealistische Erfahrung. Ein kurzer, aber dafür umso heftiger einschlagender Erfolg, der die USA schockte, verwirrte und rätseln ließ. Mindfuck folgte auf Mindfuck.
Atmosphärisches Meisterwerk oder wurde mit dem Zuschauer dreistes Schindluser gespielt? Völlig egal, was Twin Peaks nun war - als ich im zarten Kindesalter erstmals die Darkwing Duck-Folge Die Kohlkopf-Monster sah, hatte ich keine Ahnung davon und konnte deshalb natürlich nicht verstehen, dass es sich dabei um eine Parodie auf die Lynch-Serie handelte. Dem entsprechend musste ich die Episode unabhängig von ihrem Vorbild bewerten. Und ich wusste nicht, was man gerade eben mit meinem Verstand machte, welcher Teufel die Leute bei Disney da geritten hat. Ich war verwirrt, ein klein wenig überfordert, hatte Kopfweh sowie einen trockenen Mund (nicht wundern, das geht bei mir gerne Mal Hand in Hand). Und ich wollte die Folge unbedingt nochmal sehen. Sie war so seltsam, dass ich es einfach nochmal sehen wollte, um mir klar zu machen, dass sie auch wirklich lief und kein seltsamer, durch Magenkrümmungen erzeugter Traum meinerseits war.
Die Folge beginnt damit, dass der derzeit inhaftierte Benni Buxbaum von Darkwing Duck für tot befunden wird. Quack jedoch findet dank seiner neuen metaphysischen Fähigkeiten (trainiert mittels des neusten Bands aus der Reihe "Unglaublich dicke und sonderbare Bücher für ihre Eichenschrankwand") heraus, dass er einfach nur aus dem Gefängnis herauswuchs. Während dessen bittet Alfred Darkwing darum bei sich zu Hause zu ermitteln, weil seine Familie sich völlig merkwürdig benimmt - merkwürdiger als sonst! Sie verteilten im ganzen Haus Dünger und pflanzten gigantische Kohlköpfe - und dann sind sie verschwunden. Die Spur führt nach Zwickpick (Twin Beaks), einem friedlichen und unheimlich ruhigen Ort, in dem sich die Einwohner liebevoll um ihre Kohlköpfe kümmern.
Im von antropomorphisierten Enten bevölkerten David-Lynch-Städtchen angekommen wird die Episode erst so richtig wirr. Die Dialoge schienen mir als Kind völlig abgedroschen und zusammenhanglos und Quack benimmt sich als Anhänger des Paranormalen noch seltsamer als sonst (Er spricht mit Holzscheiten und kommt zum Schluss: "Die Kühe sind nicht, was sie zu seien scheinen"). Highlights wie eine Toilette für Kohlköpfe, eine zweite Buxbaum-Leiche oder eine vollkommen bizarre Traumsequenz machen die Episode zu einer einzigartigen Mindfuck-Sammlung und lassen mich heute lauter denn je über sie lachen. Definitiv eine Folge, die bei Erwachsenen (noch) besser funktioniert als bei Kindern. Früher war ich wundersamerweise fasziniert und hatte ein seltsames Gefühl bei ihr, heute komme ich aus dem Lachen kaum noch heraus.
Platz 4: Nur ein kleiner Freundschaftsdienst in Aladdin
Ich liebe diese Szene! Ich liebe sie, liebe sie, liebe sie! Sie ist extrem dynamisch, einfallsreich, witzig, voller Energie und einer der cartoonigsten Momente im Disney-Meisterwerke-Kanon. Diese fantastische Einführung des Dschinnis lässt einem keinerlei Atempausen und erschlägt einen geradezu mit den verrückten Einfällen und Verwandlungen des blauen Flaschengeistes. Die Zeichner schröpften aus dem Vollen und nutzen die magischen Fähigkeiten des freudseligen Alleinunterhalters um alles mögliche überall herbei zu zaubern. Ein überdrehter, audiovisueller Trip durch den Einfallsreichtum der Disneyzeichner, der einem ein Grinsen auf's Gesicht zaubert und die Synapsen an den Rand der Überlastung bringt. Und dass Aladdin alle paar Sekunden seine Erscheinung wechselt setzt diesem verrückten Bilderrausch die Krone auf. Diese Metamorphosen Aladdins kommen so überraschend, man könnte fast denken, es wäre ein Versehen. Aber das ist natürlich völlig abwegig.
Platz 3: Die Davy Jones Reich-Sequenz in Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt
Grelles Weiß. Eine riesige Nase fährt die Leinwand entlang und bleibt vor einer einzelnen Erdnuss stehen. Captain Jack Sparrow nimmt sich eine Gabel und will sein fürstliches Mahl zu sich nehmen, als er erschossen wird.
Von niemand geringerem als Captain Jack Sparrow, der sich sogleich die Erdnuss schnappt und an Bord seiner in Mitten einer Salzwüste gestrandeten Black Pearl seine stolze Crew voller Jack Sparrows befehligt. Unter den zahlreichen Sparrows, von denen manche ziemlich normal wirken und andere seltsam in der Gegend rumzappeln, ist auch einer, der sich ganz nonchalant an eine Ziege ranschmeißt.
Aus Unzufriedenheit über den Mangel an Disziplin an Bord seines Schiffes nimmt Captain Jack Sparrow einen der Jack Sparrows ins Kreuzverhöhr und erdolcht diesen schließlich. Daraufhin wäscht er sich rein von derlei' Merkwürdigkeiten, bevor er einen Stein abschleckt, ihn wegwirft und darüber lamentiert, dass er ein prächtiges Gartenfest feiern wird, und wir nicht eingeladen seien. Schließlich verwandeln sich zahlreiche Steine in kleine Krebse, die die Black Pearl davontragen, so dass Jack Sparrow gegenüber den nun ebenfalls in Davy Jones Reich angelangten ... äh ... Weggefährten einen beeindruckenden Auftritt hinlegen kann.
Diese monochromatisch gefilmte, mit übersteuerter, minimalistischer Musik unterlegte Szene zeichnet ein (im wahrsten Sinne des Wortes) wahnsinniges Bild des Fegefeuers und bringt den geliebten Captain Sparrow an den Rand des Wahnsinns. Surrealistisch, selbstverliebt und mit gesundem Desinteresse dafür, was das normale Publikum jetzt denken mag wurde diese Sequenz innerhalb weniger Sekunden zum Scheideweg zwischen denen, die willig sind, sich auf ein zum Blockbuster mutiertes Experiment einzulassen, und jenen, die seltsamerweise Teil 1 und 2 der Reihe sahen und noch immer einen konventionellen Action-Abenteuerfilm erwarteten (und dem entsprechend beleidigt aus dem Kino gingen).
Die Szene in Davy Jones Reich ist eine paranoide, abstruse Schreckenshalluzination mit einem großspurigen Traumschluss für Jack Sparrow: Endlich bekommt sein Umfeld etwas genauso legendäres zu sehen, wer er es sich andauernd in seinem eigenen Kopf ausmalt.
Eine Szene die man hassen oder lieben kann. Ich jedenfalls kann nicht genug von ihr kriegen.
Platz 2: Rosa Elefanten in Dumbo
Die Rosa Elefanten... Was kann ich über dieses Meisterwerk innerhalb eines Meisterwerks, dieses unvergessliche Paradebeispiel für Kreativität und die Möglichkeiten der Zeichentrickkunst sagen, was nicht bereits gesagt wurde? Nun, höchst wahrscheinlich nichts, schließlich ist diese berühmte und unglaublich beliebte, mitunter aber auch gefürchtete Szene wohl unbestritten eine der meistdiskutierten Disney-, ja, womöglich sogar Filmsequenzen aller Zeiten. Und da ich es in Zukunft wohl nicht ausschließen kann, nochmal auf sie sprechen zu kommen (im Laufe der Zeit wird sie mir als Disneyfans unvermeidlicherweise wieder über den Weg kommen), wird das ganze hier nicht gerade einfacher.
Andererseits: Warum sollte ich auf Teufel komm raus etwas neues über diese Szene sagen, was ihr am Ende gar nicht gerecht wird? Lassen wir also den Zwang nach Neuem bei Seite und tun einfach das, was diese Sequenz verdient hat: Sie lobpreisen!
Die Rosa Elefanten-Sequenz ist die Urmutter der überdrehten, surrealistischen, hektischen Zeichentricksequenzen der Farbära, an ihr müssen sich alle vergleichbaren Szenen messen - und fast alle scheitern. Dank Norman Fergusons Regieführung hält die völlig zusammenhanglose Szene in sich selbst zusammen und schafft es sich immer weiter in ihrem Wahnsinn zu steigern und rechtzeitig (weder zu früh, noch zu spät) wieder in den eigentlichen Film zu münden.
Es ist wirklich eine Schande, dass die für sie hauptverantwortlichen Zeichner Hicks Lokey und Howard Swift im Gegensatz zu ihrem Werk so derbe in Vergessenheit gerieten... Aber in den Albträumen zahlloser Kinder und in den Träumen von Millionen Animationsfans erhalten sie, wenn auch anonym, die nötige Anerkennung. Wer kann ihren schwarzäugigen, rosa Schreckgestalten schon widerstehen?
Vor allem aber: Was kann sie nur übertrumpfen? Welche surrealistische, abgedrehte oder anderweitige in eine vergleichbare Kategorie zu steckende Sequenz ist noch einfallsreicher, noch besser abgestimmt und noch mitreißender? Wo greift der eskalierende Wahnsinn des Films am stärksten auf mich als Zuschauer über?
Platz 1: Drei Caballeros
Drei Caballeros, die filmgewordene Mischung aus einem Erdbeer-Margarita und Absinth, ein reiner Rausch der Sinne, eine Fiesta für jeden Freund ausgelassener Animation. Das Vergnügen, das die Animatoren an Drei Caballeros hatten, sprüht in gigantischen Funken auf den Zuschauer rüber und am liebsten würde man bei dieser grandiosen Geburtstagsfeier für Donald mitmachen. Die Rosa Elefanten-Sequenz mag zwar die Urmutter derartiger Trickfilmsequenzen sein, doch in Drei Caballeros wurde der schwungvolle, psychedelische Surrealismus perfektioniert.
Stück für Stück wird Drei Caballeros immer wahnsinniger - die Steigerung ist zwar nicht komplett kontinuierlich (das noch vor dem Erscheinen des dritten Caballeros Panchito gesungene Stück Os Quindis de Yayá kulminiert in seinem Finale zu einem ersten, verfrühten "Trip"-Höhepunkt), doch niemand erwartet nach den verhältnismäßig bodenständigen Cartoons zu Beginn (ein Pinguin der ständig friert, ein Esel mit Adlerschwingen) den kompletten Wahnsinn, des berauschten, fiebertraumartigen Finales. Nach der Darbietung des Titelsongs dagegen, mutet man dem Film schon eher so einen Abschluss zu.
Donalds, Josés und Panchitos gemeinsame Gesangsnummer Drei Caballeros ist im Grunde genommen nichts anderes als ein Vorläufer von Dschinnis Nur ein kleiner Freundschaftsdienst: Vor Farbkarten, die als Hintergrund dienen, singen und tanzen die drei Caballeros und zaubern sich Requisiten herbei, die zum Songtext passen. Die physikalischen Gesetze weichen der Cartoonlogik und schon haben wir hervorragende Unterhaltung. Das großartige Timing der zahllosen Gags hilft dem ganzen natürlich auch.
Das Finale währenddessen ist schließlich reiner Wahnsinn: Statt dass während einer Gesangsnummer Dinge herbei gezaubert werden, fliegt Donald Duck (der andauernd die Farben wechselt) durch ein surreales Bilderbuch von Mexiko. Kaleidoskopeffekte, Frauenbeine, die nirgendwo hinführen, eine Frau, die tanzenden Kakteen befehligt, wilde Musikuntermalung, die hin und wieder von einer herzerreißenden Ballade unterbrochen wird, Frauen tauchen auf und verschwinden wieder, Blumen fliegen durch die Gegend... Man kann das Finale gar nicht angemessen in Worte fassen.
Drei Caballeors ist eigentlich schon gar nicht mehr der Disneyfilm mit den besten berauschenden und begeisternden Szenen, er selbst ist ein Rausch, der zufälligerweise auf Film gebannt wurde. Er macht ungeheuer Laune, ist fantasievoll und mit großartiger Musik unterlegt. Und somit mit riesigem Abstand auf Platz Eins dieser Hitliste!
Das war es also von Fear and Loathing in Disneyville! Aber bevor ich euch nach Hause entlasse, möchte ich euch alle an mein Motto erinnern, dass ihr euch zu Herzen nehmen soltet: "Ich nehm keine Drogen, ich bin Disneyfan! Wenn ich bunte Farben und fliegende Dinge sehen will, schau' ich mir 'nen Film an!"
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"Heffalumps und Wusel"-Szene fand ich richtig gut, obwohl ich Pooh nich leiden kann.
Über Alice im Wunderland geht sowieso nichts!
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