Sonntag, 22. März 2009
Unverdientes Rekordtief für "Wetten, dass...?"
Dass sich die Quoten von Wetten, dass...? nicht mehr auf dem ursprünglichen Niveau bewegen, ost mittlerweile hinlänglich bekannt. Dennoch wäre jeder andere Sender glücklich, wenn er eine Show hätte, die bislang konstant über zehn Millionen Zuschauer anlockte und nun gelegentlich knapp an dieser Hürde scheitert.
Gestern schauten "nur" 9,23 Millionen Deutsche zu, laut Quotenmeter.de ein Rekordtief für Wetten, dass..? und somit für die Leute hinter den Kulissen der weiterhin größten Samstagabendshow Europas ein Warnsignal: Zwar ist man weiterhin das Showformat schlechthin, doch egal wie langsam das Schiff sinken mag - das Sinken zu verhindern wäre noch besser.
Ich möchte jetzt aber gar nicht darüber reden, wie man Wetten, dass...? retten könnte. Dafür ist vielleicht ein anderes Mal der Zeitpunkt gekommen.
Stattdessen möchte ich einfach betonen, dass die gestrige Ausgabe diesen historischen Tiefwert nicht verdient hatte.
Gottschalk war nicht schlechter als in anderen Ausgaben - wer seine Altherrensprüche wie "Der Papst sieht das gar nicht gern, wenn wir Katholiken unsere Gummis selbst drüberstulpen" (während der Präsentation einer "Autoreifen ohne Werkzeug anbring"-Wette) nie mochte, wird die Sendung eh kaum weiter verfolgen - eigentlich kam er mir sogar ein bisschen besser vorbereitet vor und sprach mit dem Gast Kevin James nicht bloß über das Wetter und wie schön Deutschland ist.
Der ewige Kritikpunkt, die Hollywood-Stars müssten auch dauernd wieder wegfliegen traf gestern gar nicht ein, Kevin James blieb die gesamte Show über da und reichte zwar nicht an absolute Highlights heran, wie Spielberg, DiCaprio und Hanks die damals dauernd für Stimmung sorgten, doch wenn James angesprochen wurde, machte er mit und war sympathisch.
Die Wetten waren gut, vor allem der verdiente Wettkönig, der sich von 15 Autos überfuhren ließ, während er "O sole Mio" sang. Eine typische Wetten, dass...?-Wette. Völlig sinnfrei und spektakulär. Das vermissten viele Zuschauer in den vergangenen Monaten - gestern war's wieder da und "keiner" hat's gesehen.
Zwei Kritikpunkte gab's trotzdem: Mario Barth kam mir sehr aufgesetzt und berechnend "volksnah" vor, spielte sich zudem in den Mittelpunkt (was darin gipfelte, dass er während der Wette dauernd durch's Bild lief) und die Regie war zu blöd einzublenden, welche "Delikatessen"* Iris Berben von Gottschalk und Alfons Schubeck serviert bekommt. Das Feuilleton wird es wieder so drechseln, dass ein planloser Gottschalk mit Ekelfraß durch die Gegend lief und hilflos um Anweisungen aus der Regie bettelte.
Das Herumgemeckere an Wetten, dass...? gehört nunmal ebenso dazu wie das regelmäßige Überziehen. Nur dass letzteres eigentlich ein Qualitätsmerkmal ist: Gestern dauerte die Sendung 35 Minuten länger als vorgesehen. Zeit, in der Gottschalk mit Take That sang, sich ausführlicher als üblich mit dem Ensemble von Spamalot unterhielt (inkl. Alfred Biolek), sich die Mutter des Wettkönigs nach dessen gewonnen Wette bei Thomas Gottschalk beschwert "Und du erlaubst ihm das?" und ein anderer, außerordentlich redseliger Kandidat über seine verlorene "Glasboden aus Flaschen, die in Ballons stecken, raushau"-Wette philosophierte. Die unvorhergesehenen Dinge sind es halt, die diese Sendung ausmachen. Davon gab es gestern reichlich. Schade, dass die Quoten so schlecht waren. Sicherlich zieht man beim ZDF wieder falsche Schlüsse und plant in den nächsten Ausgaben noch mehr ganz genau durch.
*Die "Delikatessen" (Hühnerfüße, Kalbsohren, Stierhoden) könnten als dritter Kritikpunkt durchgehen: Warum so extreme Ekelwetteinsätze? Wenn man zugleich wieder Wischi-Waschi-Einsätze macht (Gottschalk musste firsche Kuhmilch trinken... uuuuh), ist es erst recht völlig sinnlos. Irgendwie muss man da die Mitte finden.
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1 Kommentare:
Ich finde, der langsame Niedergang von "Wetten Dass...?" begann mit Thomas Gottschalks Rückkehr. OK, Lippert war sowieso ein Tiefpunkt, aber als Gottschalk zurückkehrte, erwartete man, dass die Show wieder die alte Form zurückgewann. Stattdessen übernahm er aber leider einige sehr negative Elemente, die seit Lippert herumgeisterten. Und dazu gehörte, dass die Stars sich nach ihrem Auftritt aus der Show verabschiedeten. Vor Gottschalks erstem Abgang war das nicht vorgekommen. Für mich hat das die Sendung wirklich kaputtgemacht, da die Atmosphäre auf dem Sofa immer dadurch besonders war, dass eben die verrücktesten Kombinationen von deutschen und Hollywoodstars dasaßen und ein bisschen familiäre Atmosphäre aufbauten.
Die zweite Lippert-Verschlimmbesserung, die Gottschalk übernahm, war, dass die Wetteinlösungen in der Halle zu erfolgen hatten und in der Regel von den Produzenten selbst vorgegeben waren. Dadurch wurden die Wetteinlösungen meistens kleine lächerliche Spielchen, die keinerlei bedeutung mehr hatten und oftmals eher peinlich wirkten. Ich will hier gar nicht Karlheinz Böhm rauskramen, aber allein schon zu sehen, dass sich viele der Stars vornahmen, einen kleinen Betrieb zu unterstützen, indem sie einen Nachmittag Schuhe verkauften oder so etwas, oder eine wohltätige sache machten, war cool. Die Show hatte dadurch, auch wenn es immer nur um kurze Einblendungen zu Beginn der Sendung ging, ein bisschen die Wirkung, als sei sie etwas wichtiges, das von den Stars ernstgenommen wurde und dass sie diese Wetten als Ehrensache sahen, die man eben einlösen musste. Und vor allem waren es oftmals (so kam es jedenfalls rüber) ihre eigenen Ideen, was sie tun wollten und keine dumme vorgegebene Verkleidung oder so.
Nach und nach verlor die Show auch immer mehr den Publikumsbezug. Seien wir ehrlich, die Wetten selbst waren nie der wirkliche Höhepunkt der Show. Manchmal ragten sie wirklich heraus, aber man schaltete nicht ein, um die Wetten zu sehen, sondern, um die Stars zu sehen. Und auch, wenn die Wettkandidaten einfache Leute aus dem Volk waren, war es immer der meistens extrem aufgeregte Saalkandidat mit der Saalwette, der die Figur war, mit der der Zuschauer sich am ehesten identifizieren konnte. Da saß der ganz normale kleine Mann zwischen all diesen Berühmtheiten und durfte ein wenig mit denen quatschen. Durch die leicht kuschelige Sofa-Atmosphäre hatte man wirklich das gefühl, dass der Normalbürger da mit dazugehören darf.
Als nach und nach all diese Elemente, alles was ein wenig spontanität förderte und Überraschungen brachte, herausgenommen wurden, wurde es für mich immer langweiliger und berechenbarer. Sicher, auch jetzt passieren immer noch nette und spontane Sachen und der Verlauf der Wetten ist ja auch immer noch spannend, aber Es kommt einem wesentlich mehr vor wie eine routinierte, geölte Maschine in der jeder Höhepunkt kalkuliert wird.
Hinzu kommt dann noch dieses ständige Sponsoring. Das ist ja inzwischen wieder ein bisschen zurückgefahren worden, aber vor einigen Jahren war es wirklich unerträglich. Es ging nur noch darum, Dinge anzupreisen und zu verkaufen. Was soll die Sache mit der Auto-Versteigerung? Es ist doch klar, dass da kein Normalbürger eine Chance hätte, das Ding zu bekommen. Natürlich ist es klasse, dass "Wetten Dass...?" etwas für einen guten Zweck tut, aber mir kommt das alles sehr elitär vor. Wir zeigen dem Pöbel die oberen Zehntausend auf der Couch und auch die wirklich tollen Sachen gönnen wir nur denjenigen, die auch wirklich Geld haben, die lassen wir in unseren Club.
Aber was mir in den letzten Jahren "Wetten dass...?" vollständig verleidet hat, ist Gottschalk selbst. Eigentlich mag ich ihn, ich will ihn auch wirklich mögen, aber ich kann die Sendung nicht mehr sehen, weil da so irrsinnig viele Fremdschäm-Momente drin sind, die das für mich unangenehm machen. Ich erwarte bei einer Unterhaltungs-Show keine tiefgründigen Gespräche, aber für jemanden, der selbst in Los Angeles lebt und auch an dem ganzen Star-Rummel teilnimmt, ist Gottschalk immer wieder erstaunlich schlecht über seine Gäste informiert, so dass sich immer wieder peinliche Momente ergeben. Und am schlimmsten ist dieses widerliche Getatsche.. Ich habe nichts gegen eine anzügliche Bemerkung hier und da, aber Gottschalk wirkt, als würde er hier seinen Johannestrieb ausleben. Nun ist er ja inzwischen fast 60 und da mag man das verzeihlich finden, aber diese Masche zieht er seit 10 Jahren schon verstärkt ab. Ich kann das immer nicht ertragen, wenn er seine weiblichen Gäste mit den plattesten Anzüglichkeiten angeiert, so dass man das Gefühl bekommt, dass sie ihm, wäre kein Publikum im Raum, eine schallende Ohrfeige geben würden.
Ich finde das alles sehr schade, weil ich mir eigentlich eine große, tolle Samstag Abendshow wünsche, die nicht in einem kleinen Studio produziert wird oder wie eine Sportübertragung mit Stefan Raab inszeniert wird. Ich wünsche mir einen großen Showzirkus, der durch die Republik zieht, ein Event, wie "Wetten dass...?" es ist. Von dieser Art ist "Wetten Dass...?" leider der letzte übriggebliebene Dinosaurier. Ich hoffe zwar, dass er nicht ausstirbt, aber so, wie es ist, kann ich es mir trotzdem nicht ansehen.
P.S. Ich bin ziemlich sicher, dass Deutschland Samstag-Abend-Familien-Shows will. Man muss sich nur auch trauen, eine gute Idee zu entwickeln, die man auch dann von vornherein so groß aufbaut. Als Ende der 90er die "Einer Wird Gewinnen" Neuauflage so gewaltig floppte, wurde das ja als ein Zeichen gesehen, dass sich das Konzept überlebt hat. Ich denke, dass das nicht der Fall ist. Meiner Meinung nach liegt der Flop von "EWG"-Reloaded vor allem daran, dass die Show so klein produziert wurde.. in einem piefigen Studio mit minimalem Publikum und einer kalten Studio Atmosphäre, viel technik Schnickschnack, aber nichts wirklich Echtem dabei. Ich denke mir, dass EWG sogar auch heute noch funktionieren könnte, wenn man sich trauen würde, die Sendung so groß zu machen, wie sie es verdient.
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