Er zeichnete Arielle, das Biest, Aladdin, Pocahontas, Tarzan und John Silver (in Der Schatzplanet), er gehört zu den sympatischsten Disney-Animatoren der Post-Nine Old Men-Ära (obwohl.. gibt es eigentlich unsympatische Disney-Animatoren? Abseits von Art Babbitt...) und er wollte mit Rapunzel sein Regiedebüt feiern: Glen Keane gehört zweifellos zu den größten noch aktiven Disneylegenden und dank seiner zahlreichen Auftritten in Making ofs sollte er sich so langsam auch einen Namen außerhalb des Fandoms gemacht haben.
Letzten Oktober trat Keane aus gesundheitlichen Gründen vom Regieposten bei Rapunzel zurück, als ausführender Produzent und Animations-Regisseur (zuständig für das Design der Animation, nicht zu verwechseln mit dem "normalen" Regisseur) bleibt er dem Projekt jedoch erhalten. Glücklicherweise, denn Keanes Ideen für die Visualität bei Rapunzel sollen Insidern zu Folge ja schlichtweg atemberaubend sein.
Keane hat eh einen Pionierinstrinkt inne. Nachdem er sich Tron ansah, der seinerzeit viele Zeichentrickkünstler in Sorge um die Zukunft ihrer Kunst stürzte, nahm er das Medium der Computeranimation freudig als neues Handwerkszeug für bahnbrechende Animationen an. Zusammen mit seinem Kumpel John Lasseter versuchte er sich an einem Stück Mischanimation: Basierend auf Where The Wild Things Are (derzeit als Realfilm von Spike Jonze in Produktion) entwarfen sie einen Film mit von Hand animierten Figuren (erstellt von Keane) und computeranimierten Hintergründen (erstellt von Lasseter). Disney sah keinen Sinn in diesem Experiment, Lasseter wechselte zu Pixar, Keane blieb Zeichner bei Disney.
So legendär und beliebt Keanes traditionell animierten Charaktere auch sein mögen (bei denen er angeblich immer ein bisschen was von seiner Frau einfließen lies, so soll Tarzan ihre Zehen haben), der Drang zur Verquickung von Comuputeranimation und Zeichentrick blieb erhalten. Am nähsten kam Keane diesem Wunsch mit Der Schatzplanet, der aufwändig beide Medien auf vielerlei Arten vereinte, so auch in Keanes Interpretation des Piraten John Silvers, der hier als Cyborg auftrat und deshalb teilweise computeranimiert wurde.
Rapunzel sollte zwar komplett am Computer erstellt werden, doch in den langen Jahren Vorproduktion soll Disney (unter Keanes Einfluss) viele Techniken, Methoden und Programme entiwckelt haben, die den Arbeitsprozess der Computeranimation näher an die traditionelle Zeichentrickkunst bringt. Ganz zu schweigen davon, dass der Film wie sich bewegende Ölgemälde aussehen soll. Erinnerungen an den animierten Wandteppich Dornröschen werden wach, und die ausgedehnte Produktionszeit beider Filme legt weitere Parallen nahe...
Wie viele von Keanes Vorarbeiten in den endgültigen Film einfließen werden, können wir wahrscheinlich erst 2010 mit fester Sicherheit sagen können. Wohin Keanes Wege ihn als nächstes führen werden, deutete der Zeichner jedoch schon in einem Interview mit Lineboil an:
"Bei Rapunzel Regie zu führen war eine großartige Lernerfahrung für mich. Dennoch sah ich mich immer vom Herzen her als ein Zeichner, und ich sehnte mich nach dem Tag, an dem ich wieder animiere, in die Haut der Figur schlüpfe, die ich zeichne.", sagt Keane über seine Gehversuche als Regisseur, wodurch die Nachricht seines Rücktritt vom Regieposten immer mehr an Schrecken verliert. Es freut mich fast schon, Keane wieder als Zeichner zu sehen. Bleibt nur zu hoffen, dass er auch bald ein angemessenes Projekt findet.
Bei The Princess and the Frog vermisse ich ihn allerdings noch nicht. Wie auf der WonderCon verkündet, verzichtet der Film ja weitesgehend auf Computerunterstützung, während kommende Projekte, sofern es sich künstlerisch rechtfertigt, wieder auf CG-Einflüsse zurückgreifen werden. Genau das passt perfekt zu Keanes persönlichen Zukunftsplänen:
"Ich möchte neue Richtungen erforschen, in die sich der Zeichentrick bewegen kann, Richtungen, die der Computer nun möglich machte."
Die Sterne stehen wirklich günstig. Zwar bezweifle ich, dass schon ein solcher Trickfilm in der Vorproduktion steht, obwohl Disney einem älteren Jim-Hill-Bericht zu Folge ja bereits einen zweiten Zeichentrickfilm in der Hinterhand hat, doch wenn sowohl Lasseter, als auch Keane ähnliche Pläne haben, und die beiden ja bekanntermaßen nicht gerade auf dem kriegsfuß stehen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein solches Traumprojekt den Startschuss erhält.
Somit könnte uns auch ein goldenes Zeitalter der Animation erwarten. Keane meint, dass Lernprozesse und Entdeckungen ein solches Zeitalter starteten. Als Walt Disney die Studios in eine riesige Zeichenschule verwandelte folgten Schneewittchen, Bambi und Fantasia. Als in den späten 70ern seinen Trainingsprozess wieder aufnahm und die "Nine Old Men" neue Zeichner schulten, folgte auf diese Verquickung von neuen Taltenten und erfahrenen Lehrern Arielle, Die Schöne & das Biest und Der König der Löwen, sowie die Filme von Lasseter, Brad Bird und Tim Burton.
Für ein neues goldenes Zeitalter der Animation müsste man sich "ausdehnen und lernen, entdecken, neue Dinge ausprobieren. Es gibt immer einen stärkeren, überzeugenderen, persönlicheren aus ausdruckstärkeren Weg unsere Geschichten zu erzählen und unsere Charaktere zu animieren. Wenn wir das machen, können wir auch in ein neues goldenes Zeitalter treten".
An Keane wird es sicherlich nicht scheitern, der sich im Interview als sehr interessiert an einer Position als Animationslehrer äußert. Auch die neuen Chefs bei Disney Animation geben ihr bestes. Seit Ed Catmull und John Lasseter bei Disney sind bemerkt Keane "eine erfrischende Ehrlichkeit und eine Zusammenarbeit, die das ganze Studio durchdringt. Sie gründeten sehr früh einen Story-Trust, bestehend aus Regisseuren und den leitenden der Storyabteilungen, wo jeder gegenseitig ehrliche Kritken für die Filme des anderen abgibt. Für diese Art von Rückmeldung offen zu sein ist zugleich schmerzhaft und befreiend. Unsere Filme machen durch diesen Prozess gigantische Fortschritte."
Das komplette Interview, in dem Keane auch Einblicke in seinen persönlichen Arbeitsprozess gibt, findet ihr hier.
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