Sind Promis wirklich ein Fluch hinter'm Mikro?
Die Promisynchronisation. Weithin als eines der größten Übel der Lokalisierungspolitik verschrieen, ein Topargument für die Originalfassungen. Und allgemeinhin als Scheuche bekannt, die ausschließlich den Animationsfilm bestrifft.
Letzteres stimmt sogar, die Promisynchronisation hat sich bislang nur im Animationsbereich durchgesetzt. Die sprichwörtliche Ausnahme von der Regel ist selbstverständlich existent, so waren die Sprecherinnen von 8 Frauen dem durchschnittlichen deutschen Kinogänger um einiges geläufiger als die Schauspielerinnen im Film, die spanische Adaption des chaotischen Comicduos Clever & Smart wurde mit den Stimmen von Erkan & Stefan "bereichert", in Adam Sandlers Komödie Waterboy ersetzte die deutsche Synchronisation Stammsprecher Dietmar Wunder durch Matthias "Matze" Knop, der Sandler so sprach wie seine damals populäre (und schnell ausgereizte) Kunstfigur Richie, Harold & Kumar wurden mit Oliver Pocher und Rick Kavanian besetzt (auf den letzteren Sprecher werde ich später noch zurückkommen) und zu guter Letzt sprach der damalige Viva-Moderator Mola Adebisi die Hauptrolle in Ali G in da House. Als bemühtes, aber gelungenes Beispiel gäbe es dann noch Christoph Maria Herbst in Willkommen bei den Sch'ti. Gesondert erwähnt werden sollte noch Im Rennstall ist das Zebra los, in dem die Tiere von Promis wie Günther Jauch, Mario Adorf und Heiner Lauterbach gesprochen wurden, jedoch kann man diesen Film wohl getrost als großen Sonderfall betrachten.
Im Animationsfilm dagegen ist die Promisynchronisation oder -besetzung zwar nicht unbedingt ein Standard, jedoch weitaus verbreiteter, als im Realfilm. Sehr zum Unmut vieler deutschsprachiger Animationsfreunde. Es ist fast schon ein Ritus nach der Ankündigung eines großen US-Animationsfilms in zahlreichen Internetforen öffentlich um eine Nicht-Promisynchro zu betteln. Und fast genauso sehr ist es bereits Tradition, dass vor Kinostart eines Animationsfilm im Fernsehen ein Promi nach dem anderen erklärt, dass er wahlweise "Schon immer synchroniseren wollte" oder behauptet, er mache "sowas ja eigentlicht nicht, aber bei diesem Drehbuch erkannte, dass das mehr ist als ein dummer Kinderfilm".
Allein diese einseitigen Promotionmaterialien, die der geneigte Animationsfan vor Kinostart durchstehen muss sind schon ein Nervfaktor, doch der wahre Grund für den miesen Ruf von Promisynchronisationen sind die schlimmen, ohrenbetäubenden Fehlbesetzungen, die zu Gunsten bekannter Sprechernamen getroffen wurden. Absolute Krönung war wohl Dreamworks eh schon grenzwertiger Große Haie - Kleine Fische, dessen Hauptfiguren bewusst stark nach ihren Originalsprechern gestaltet wurden, in Deutschland aber mit Leuten wie Soapdarstellerin/Sängerin Yvonne Catterfeld, Soapdarsteller Daniel Fehlow, RTL-Klatschreporterin Frauke Ludowig und Mola Adebesi besetzt wurden.
Selbst wer den Film noch nicht gesehen hat kann sich das Ergebnis sicherlich vorstellen...
Neben diesem wohl wirklich krassen Fall gab es in der Vergangenheit aber auch noch viele weitere Beispiele, wo die Synchronisation zwar nicht völlig absurd besetzt wurde wie hier, aber dennoch eine eher fragwürdige Qualität aufwies: Wer braucht schon den unbetont dahinnäselnden Boris Becker in Himmel und Huhn? Überhaupt wollte Disney diesem Film wohl unbedingt mit "Starpower" auf die Beine helfen, schaut man auf die weitere Besetzungsliste. Verona Pooth als Susie Schnatter, Kim Frank als Hühnchen junior, Markus Maria Profitlich als Bruno Hühnchen, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude als Fritz von Vogelwitz und der damals dank einer Hitsingle mit Sasha ein bisschen bekannte Sänger Cosmo Klein als der Sänger des Lieds mehr weiß ich nicht. Und das größte Problem fängt am Ende der Liste an: Damals war Cosmo Klein bekannt. D-A-M-A-L-S. Der Film lief vor nichtmal einem halben Jahrzehnt in den Kinos und ich spreche von damals. So schnell veraltete diese Promisynchronisation (ganz zu schweigen davon, dass Klein die emotionale Nummer zum Schlummerlied verkommen lässt). Den Witz hinter der Besetzung einer Verona Pooth als hässliches Entlein versteht man dagegen noch immer, und ihre Stimme passt schon ein wenig zu der Figur. Dafür macht Kim Frank als Hühnchen junior wieder Probleme. Zwar hat man seine Stimme so sehr hingebogen, dass sie in manchen Szenen schon an Kim Hasper, den Stammsprecher von Hühnchens Originalsprecher Zach Braff, erinnert, an dessen Talent reicht aber längst nicht heran. Wieso einen bekannten, mäßigen "Imitator" wählen, wenn auch die Originalbesetzung bezahlbar gewesen wäre?
Nur Markus Maria Profitlich holt das meiste aus seiner Rolle. Über werde ich deshalb später nochmal zu sprechen kommen.
Weitere negative Beispiele für Promisynchros sind zum Glück nicht mehr als Komplettbesetzung zu finden, sondern nur stückweise. Ärgerlich bleibt es dennoch: Was suchen Ralf Möller und Eva Padberg in Triff die Robinsons oder etwa Guido Cantz und Mirja Boes in Tierisch wild? Vielleicht hätte ich da eine Antwort parat, da sich hier ein Schema abzeichnet: Eh schon schlechte Filme provozieren die deutschen Dependancen der Filmstudios allen Anzeichen nach zu urteilen dazu, dem Film mittels Promistatus hinter dem Mikrofon ein paar zusätzliche Zuschauer abzugewinnen.
Mit zwei weiteren Beispieenl werde ich mir wohl Feinde machen: Der meiner Meinung nach suboptimale Ab durch die Hecke wurde mit der geballten Starpower von Ralf Schmitz, Bernard Hoecker, Jeanette, Götz Otto und Ben Becker zu einem wahren Publikumsrenner. Ganze 3,4 Millionen Zuschauer sahen sich die Dreamworks-Komödie an, und das obwohl sie eine Zeit lang gegen die WM im eigenen Land ankämpfen musste. Zuvor konnte bereits Madagascar sowohl in den USA als auch in Deutschland durch namenhafte Sprecher (hierzulande immerhin Bastian Pastewka, Jan Josef Liefers, Rick Kavanian und die Fantastischen Vier) über inhaltliche Schwächen hinwegtäuschen.
Somit sollte sich die Theorie der erfolgsversprechenden Promisynchro dann doch bestätigen. Wer weiß, wie viele Zuschauer Triff die Robinsons ohne Gottschalk gehabt hätte?
Andererseits... Kann ein Disneyanimationsfilm wirklich weniger als 269.374 Besucher haben? Sogar der von normalen Kinogängern und Disneyfans gleichermaßen verhasste, von Disney "nur" mitfinanzierte und weltweit vertriebene Tierisch wild lockte mehr Leute ins Kino...
Doch ich schweife ab. Konzentrieren wir uns wieder auf die Promibesetzung, und weniger auf ihre (wie man sieht bestreitbare) Auwirkung auf die Kinoeinnahmen.
Auffällig wird: Bei all der Promi-Besetzungswut für miese Filme sind die Studios nicht vor versehentlichen Glücksgriffen geweiht: Wer konnte schon ahnen, dass Verona Pooth ein gutes, hässliches Entlein abgibt oder Thomas Gottschalk ein überzeugendes Familienoberhaupt in Triff die Robinsons? Nur bei Profitlich in Himmel und Huhn gab es gute Vorzeichen...
Da diese Sprecher bloß die raren Glücksmomente einer Talfahrt ins Verderben sind, erklärt sich die Herkunft des schlechten Rufs von Promisynchros von alleine. Und wirklich hilfreich für das Image von Promisprechern wird die Lokalisierung von Pixars Cars nicht gerade gewesen sein: Michael Schumacher, Mika Häkkinnen, Daniel Brühl, Bettina Zimmermann, Rick Kavanian, Christian Tramitz, Nikki Lauda, die Formel Eins-Kommentatoren Danner und Wasser, Franziska van Almsick, Mario Barth, Oliver Kalkofe und Cora Schumacher sprachen in Cars, was mit der allgemeinen Qualität des Films (er war nicht Pixars bester) verbunden so manchem wieder ein schlechtes Bild von dieser Besetzungstechnik vermittelt haben.
Dabei sprachen Schumacher und Häkkinnen bereits im Original, Tramitz und Kavanian warenschon zuvor im Synchronbereich tätig und mit Danner, Wasser, Lauda und van Almsick und Cora Schumacher wollte man ein bisschen den Spaßfaktor des Films für den deutschen Markt rüberretten, der mit Anspielungen auf die US-Rennszene nicht viel hätte anfangen können. Von daher war die Besetzung bei Cars ein anderes Kaliber als die "wir müssen diesen Film irgendwie bekannt machen"-Ideen der vorher besprochenen Filme. Zugegeben, mit dem nuschelnden und schwachen Lauda hat man sich einen akustischen Tritt ins Fettnäpfchen geleistet, und wo der Sinn hinter der durch ihr Rumgequiekse im Film unerkenntlich gemachte Cora Schumacher steckt will sich mir auch nicht erschließen. Dennoch ist die Cars-Synchro bei weitem nicht so schlecht, wie sich durch die Besetzungsliste vermuten lässt. Der schale Nachgeschmack, der von Cars überbleibt wird, meines Erachtens nach, allein durch den Film selbst verursacht. Cars gefiel mir zwar besser als Toy Story 2, doch so wie ich es von Pixar gewohnt war, hätte er Die Unglaublichen schlagen müssen.
Die Unglaublichen wurde übrigens ebenfalls mit einigen bekannten Namen unter den Synchronsprechern bereichert: Markus Maria Profitlich sprach Bob Parr /Mr. Incredible, Kai Pflaume Bobs Kumpel Frozone, Barbera Schöneberger lieh ihre Stimme Mirage und Herbert Feuertsein war als Bob Parrs Giftzwerg von Chef zu hören.
Im Voraus hagelte es in Film- und besonders in Disney-Foren zahlreiche Proteste, dass Disney in Deutschland hiermit einen viel versprechenden Pixar-Film zerstören würde. Brad Birds erster Film nach seinem riesigen Kritikererfolg Der Gigant aus dem All verbindet ein seriös und emotional behandeltes Familiendrama mit waschechter Action und stylischem Retro-Charme, und da seien rumscherzende Promis und der aalglatte Kuppelshowmoderator Kai Pflaume, der ausgerechnet Samuel L. Jacksons obercoole Figur Frozone spricht, einfach fehl am Platz.
Feuerstein deutet auf die falsche Figur, doch da der von ihm erstaunlich gut gesprochene Chef eh kein eigenes Poster vorzeigen kann, ist ihm das verziehen
Entgegen aller Erwartungen überraschte Disney Ende 2004 den deutschen Zuschauer mit einer hervorragenden Synchronisation. Vor allem Markus Maria Profitlich überzeugte als Mr. Incredible. Profitilich sieht dem Superhelden mit Gewichtsproblemen nicht nur sehr ähnlich, sondern bewies auch ein breites darstellerisches Spektrum. Herbert Feuerstein traf den, ihm erschreckend ähnlich sehenden, nörgelnden und abgezpckten Chef auf den Kopf und auch Barbera Schöneberger verlieh der rätselhaften Mirage einen verführerisch-geheimnisvollen Klang. Wieso zum Dreiteufelsnamen Kai Pflaume als Frozone ausgesucht wurde wird sich mir dagegen nie erschließen. Profitlich und Feuerstein wird man wohl aufgrund ihres Aussehens angefragt haben, und bei Schöneberger spielte wohl die Darstellung der Figur Mirage ein wenig bei der Entscheidung mit, aber wer kommt auf den Gedanken Pflaume einen obercoolen, von Smauel L. Jackson gesprochenen Superhelden eindeutschen zu lassen?
Wer auch immer auf diese Idee kam - er hat Glück. Manchmal muss Pflaume schon ziemlich pressen, um Frozones Stimmungslage und Ausdrücke zu untermalen, am Ende passt es aber wirklich. Ich finde die Besetzung tatsächlich gelungen, auch wenn ich Pflaume, im Gegensatz zu Profitlich aus Mr. Incredible, nicht als "Muss" sehe.
Mit Profitlich schneide ich übrigens einen Punkt an, der beim Thema "Promisynchro" gerne unter den Tisch gekehrt wird: Promistimmen, die wirklich perfekt auf die Figur passen. Immer wieder wird über Promisynchros gemeckert, das manchmal wohl verdiente Lob wird dagegen liebend gern ausgelassen.
Otto ist als Faultier Sid (Ice Age) und vorlauter Drache Mushu (Mulan) ein wahrer Traum, vor allem Ice Age hätte es ohne Otto in Deutschland wohl nicht so weit gebracht. Komikerkollege Michael "Bully" Herbig verlieh dem arroganten Kuzco in Ein Königreich für ein Lama auf Deutsch jede Menge Charme und Witz und ist trotz Bullys unverkennbarer Eigennote noch immer vorlagengetreu. Und Terk aus Disneys Tarzan ist mir nur mit Heike Makatsch als Sprecherin sympathisch.
Die perfekte Promibesetzung fängt, wie man sieht, bei komödiantischen Rollen an, ist aber keineswegs auf sie beschränkt, wie sich ebenfalls durch Disneys Tarzan-Adaption beweisen lässt. Anke Engelke ist eine großartige Jane, verleiht der Figur Stärke, Charme, Liebenswürdigkeit und eine schlagfertige Natur. Auch als Fisch mit Gedächtnisstörung ist Anke Engelke mehr als nur witzig: Als Dorie in Findet Nemo musste sie auch das dramatische Element des Films mittragen und war für ein paar rührende Szenen verantwortlich.
Großen Respekt verdient hier auch ihr Kollege Christian Tramitz, der den Clownfischvater Marlin mit viel Herzblut sprach.
Christian Tramitz' großes Engagement in der Synchronbranche wirft eine weitere, entscheidende Frage auf: Was ist überhaupt eine Promisynchro?
Denn Tramitz mag zwar dank der Bullyparade eine bekannte Persönlichkeit sein, aber er verdient sich durch Synchronjobs auch sein tägliches Brot, ganz anders als Thomas Gottschalk, Markus Maria Profitlich, Yvonne Catterfeld und Co. Tramitz tritt nicht gelegentlich hinter's Mikrofon, sondern regelmäßig.
Mehr noch, denn Tramitz war sogar schon als Synchronsprecher tätig, bevor er zu einem deutschlandweit bekannten Star wurde. Er sprach mehrfach den "frühen" Jackie Chan, war in Police Acadamy 2 bis 6 zu hören und ist mehr oder weniger der deutsche Stammsprecher von Judge Reinhold (Santa Clause). Tramitz war zudem niemand geringeres als die deutsche Stimme vom Schurken Eisenbeiß aus Disneys unglaublich populärer Zeichentrickserie Darkwing Duck sowie der Sprecher von Willie Tanners Bruder Neal aus der Serie ALF.
Wenn man Tramitz, der erst Synchronsprecher war und dann berühmt wurde, nun als Promisprecher bezeichnet und seine Synchronleistungen runterputzt kann man nur von blindem Hass reden, von der kopflosen Verfolgung eines Trends, dem "Promi-Synchro-Bashing".
Mögen mir bei Tramitz jedoch vielleicht noch einige Gegner von Promisynchros zustimmen, stellt sich die Frage, wo die Grenze zu ziehen ist. Ab wann ist ein bekannter Mensch als "ernst zu nehmender" Sprecher akzeptiert? Liegt es an der Anzahl der Einsätze? Ist dann auch Rick Kavanian (12 Filme) ein etablierter Sprecher? Was ist mit Anke Engelke? Immerhin ist das Synchronisieren von Marge Simpson nun ihre geregelste TV-Arbeit, die sie zudem (nach einiger Eingewöhnungszeit an diese Rolle) sogar ganz gut hinkriegt. Spätestens seit ihrer Arbeit am Simpsons-Kinofilm akzeptiere ich sie, auch wenn sie in einigen früheren Folgen sehr künstlich klingt.
Und was ist erst mit Leuten wie Anke Engelkes Vorgängerin Elizabeth Volkmann oder Thomas Fritsch, die vor ihrem dauerhaften Engagement als Synchronsprecher aufgrund von Fernsehprojekten und Theaterarbeiten im Rampenlicht standen? Als sich ihre Karrierelaufbahn veränderte, gingen sie in die Synchronbranche. Wenn man jeden Sprecher, der einem auch aus einem anderen Zusammenhang (also eigene Film- und Fernsehauftritte, Sport, Musik usw.) bekannt sein kann als "Promi-Sprecher" bezeichnet und diese Besetzung automatisch verteufelt, dann müsste man auch Fritsch hassen, der vor allem bei Disney seine Spuren hinterließ: Als Jeremy Irons bzw. Scar (Der König der Löwen), Tim Curry (Die drei Musketiere, Die Muppers Schatzinsel), Geoffrey Rush bzw. Nils (Findet Nemo), Liam Neeson bzw. Aslan (Narnia) David Hyde Pierce bzw. Dr. Doppler (Der Schatzplanet) und Patrick Stewart bzw. Bambis Vater (Bambi 2) prägte er schon mehrere Filme und vor allem sein galant-abartiger Scar gehört zu den Glanzstunden deutscher Disneysynchronfassungen.
Ja, für einen Promisprecher wurden sogar Petitionen ins Internet gestellt: Schauspieler und Komödiant Peer Augustinski wurde aus gesundheitlichen Gründen als Robin Williams' Stammsprecher abgesetzt, worauf zahlreiche Proteste folgten.
Aber nicht nur das Werk einzelner Personen müsste als Promisynchron abgetan werden, sondern ganze Filme. Wo sind die laut aufschreienden "Ich hasse Promisynchros, ich will die Disneys der 90er zurück"-Meckerfritzen, wenn über Der König der Löwen diskutiert wird?
Neben dem bereits angesprochenen Thomas Fritsch sprechen dort auch die Komikerin Hella von Sinnen und der Disco-Moderator Ilja Richter. Der ist übrigens als Mike Glotzkowski in Die Monster AG zu hören, einem weiteren Film dem trotz prominter deutscher Besetzung kaum jemand eins von über drei Millionen Haare (allein an Sullys Körper) krümmen mag. Dabei sprechen dort auch der stets angetrunkene Schauspieler Martin Semmelrogge, die Komikerin/Moderatorin Sissi Perlinger und Peter Lustigs Nachbar Paschulke (Helmut Krauss).
Oder springen wir Mal noch weiter in der Zeit zurück: Wieso sind Schlagersängerin Wencke Myre und Entertainer Harald Juhnke in Bernard & Bianca Kult, weshalb darf Aristocats mit dem Pianisten und Sänger Paul Kuhn sowie Schauspieler und Kabarettist Klaus Havenstein auftrumpfen? Von der Heiligsprechung der Dschungelbuch-Synchro ganz zu schweigen, wo dieser Promi ebenfalls rumhampeln darf...
So könnte ich mich durch zahlreiche ältere und beliebte Synchronisationen wüsten. Was ich natürlich nicht machen werde, denn mein Standpunkt sollte klar sein: Das stetige blinde Kritisieren einer Synchronisation, sobald ein Prominenter mit an Bord ist, ist völlig albern. Erst Recht, wenn derjenige, der kritisiert sich nur auf Berümtheiten "seiner" Generation wirft und etwa völlig vergisst, dass der ältere Bruder den ebenfalls mitsprechenden Ilja Richter als Prominenten ansieht.
Das Anti-Qualitätsmerkmal "Promi-Synchro" kann deshalb nur dann missachtend gebraucht werden, wenn der jüngeren Zielgruppe derzeit in den Medien tätige, Zuschauer anlockende Namen vorgesetzt werden, obwohl diese Leute eigentlich nicht als Synchronsprecher tätig sind.
Selbst dann würde ich nicht immer von einer Promisynchro sprechen - es kann auch Glücksgriffe geben und eine aktive Promotion mit dem Promi ist für die Definition der Klischee-Promisynchro auch nötig. Profitlich machte ein paar kurze Interviews für WALL•E sowie ein Pressefoto. Profitlich als der Sprecher des dialoglastigsten Charakters im Film war allerdings auch so ziemlich der einzige Ansprechpartner für exklusives Material in Deutschland. Disney verzichtete auf eine große Werbetour mit ihm und wer den Film auf Deutsch und Englisch gesehen hat wird mir sicher beipflichten: Profitlich wurde nicht wegen seines Namens gewählt. Er klingt einfach fast genauso wie der Originalsprecher des AXIOM-Kommandanten, Jeff Garlin. Als ich den Film das erste Mal auf Englisch sah, traute ich meinen Ohren nicht.
Hier wurde Profitlich eindeutig deshalb gewählt, weil er stimmlich perfekt passt und bereits bewies, dass er auch die Dramatik der Rolle tragen kann.
Und das ist nur eines von vielen Beispielen.
Wenn das nächste Mal also ein Prominenter für die Synchronisation eines Animationsfilms angekündigt wird, denkt daran: Das gibt es schon seit mehreren Jahrzehnten und muss wirklich nicht in einer Katastrophe enden. Und wenn es doch wieder grausam wird: Schimpft die Sprecherwahl generell aus, nicht bloß den Bekanntheitsgrad des Sprechers.
In der unregelmäßig fortgeführten Artikelreihe Filmhistorische Fußspuren wurden bislang auch folgende Themen behandelt:
Außerdem empfehlenswert:
- Arielle, die Meerjungfrau im Synchronvergleich
- You've Got a Freund in mir - Toy Story 3 als Beispiel, kreativer Synchronentscheidungen
Und jeder, der mehr Infos über die Sprecher von (Disney-)Animationsfilme wissen möchte, geht bitte auf Edi Griegs Synchronarchiv!
9 Kommentare:
Ein wunderbarer Beitrag!
Als ob eine Promisynchro automatisch schlecht ist, nur weil irgendjemand Bekanntes spricht! Wie du sagst, da kann man richtig Glück haben, oder es geht eben völlig in die Hose.
Negativ auffallend ist natürlich "Große Haie...", der ja sowieso sehr, ähm, kommerziell ausgelegt ist. Durch die größtenteils absolut unpassend gewählten Sprecher (und dabei nur B- und C-Promis, noch nicht mal wirklich große Namen) verliert der Film dann noch mehr an Substanz. Als Oskar das erste Mal den Mund aufmachte... *schauder* Wie sehr hab ich mir da Erik Odle herbeigewünscht. V.a. da die Promo ja mit den englischen (!) Sprechern lief! Dann nehmt doch gefällisgt gleich die richtigen Sprecher, damit man wenigstens den Originalsprecher erkennt...
Profittlich ist ein großartiger Sprecher! Er wurde bisher auch einfach immer ziemlich passend besetzt; wobei "Die Unglaublich" eh sehr schön synchronisiert ist. Barbara Schöneberger hab ich zB überhaupt nicht erkannt, ich fand die Sprecherin aber richtig gut und war nachher sehr überrascht.^^
"Findet Nemo" war auch wunderbar; gerade Anke Engelke hat sich ja zu einem richtigen Synchro-Profi gemausert. Und Leute wie Christian Tramitz, Rick Kavanian oder Peer Augustinski sind ja eh alte Hasen in dem Geschäft. Genau wie Joachim Kemmer, dem ich immer noch nachtrauere. Er war so wunderbar als Sebastian oder Dschafar...
Augustinski war natürlich auch mein Held damals, als er den Dschini sprach. Mit ihm hatte man einfach den perfekten Sprecher für Williams gefunden. Ich hab zumindest gelesen, dass er vor einiger Zeit mal wieder im Studio stand, aber Gesundheit geht einfach vor, so schade es auch ist.
Ilja Richter und Thomas Fritsch sind auch hervorragend. Fritsch spricht ja auch sehr fleißig TV ("Miss Fine!"*g*) und Realfilme und ich find ihn einfach imemr toll. Scar ist von ihm so perfekt umgesetzt worden... ich ziehe ihn dem Original vor. *g* Und Richter kommt Nathan Lane richtig nah, ich konnt's kaum glauben...
Disney hat ja häufig mit bekannten Namen gearbeitet, v.a. im Original natürlich. Logisch ist das aus Promozwecken immer gut - Mel Gibson, Robin Williams, Jeremy Irons, Angela Lansbury... es muss einfach passen!
Und hier in Deutschland ist es wirklich nicht so schlecht, wie es gerne gemacht wird. In Oben spricht Dirk Bach - und ich hab ihn nicht erkannt. *g* Bach hat ja auch schon hin und wieder vorm Mikro gestanden; Nena, Hartmut Engler, Mario Adorf sind auch immer wieder zu hören.
Aber wir Deutsche nörgeln nun mal gern. Selbst Til Schweiger war als Herkules gar nicht so schlecht - und so deutlich wie da hat er danach nie wieder gesprochen! *g*
Oh, wer mich auch positiv überrascht hat, waren Nina Hagen und Tim Sander in "Chihiros Reise...". Schön!
(Von den bekannten Gesangsstimmen fang ich jetzt gar nicht erst an. *g*)
Naja gut Krauss, Fritsch oder Richter zu nehmen ist schon etwas kleinlich. Auch Tramiz ist für mich ein hervorragender Sprecher.
Ich zum Beispiel mag es nicht wenn über den Promi für einen Film Kommerz gemacht wird wie jetzt z.B. in Toy Story 3.
Warum sind ausgerechnet die 3 Bullyparade-Stars mit von der Partie?
Warum MUSS Bully ausgerechnet Woody sprechen? (Ein Ersatz für Augustinski im Falle seines Aussetzens hätte doch wohl gereicht)...
All das sind Faktoren die ich nie begreifen werden.
Dennoch schöner Artikel!
Also der Vergleich Fritsch und Co ist schon sehr unangebracht. Das sind ausgebildete Schauspieler. Es geht um den Promi-Bonus der die Leute aufregt mit der Verhunzung...
Genau das steht doch im letzten Absatz.
Fritsch und Co. stehen hier doch als Beispiele für Leute, die ebenfalls prominent sind (oder waren) und bei denen niemand "Promi-Synchro!" schreit.
Endlich einer, der meine Sprache spricht.
Ich muss zugeben: wenn ich höre, dass wieder ein Promi mit macht, denke ich nur: "Wiesooooo?". Aber die meisten machen es dann doch ordentlich, vor allem in den Synchros vor der Jahrtausendwende gab es nichts zu meckern. Neben den bereits hervorgehobenen Namen wie Thomas Fritsch, Anke Engelke, Ilja Richter usw möchte ich noch mal andere herausstellen:
Sigmar Solbach und Hildegard Knef in Pocahontas- beide auf den Punkt passend ausgesucht und auch gesprochen und gesungen. Hat mich die Hercules-Synchro mit Til Schweiger(seine Stimme klang wirklich nie wieder so schön), Jasmin Tabatabai, Mirko Nontshew und Stefan Jörgens - alle absolut auf hohem Niveau.Auch Klaus-Jürgen Wussow war der perfekte Frollo im Glöckner von Notre-Dame.
Aus der Nichtdisney-Ecke mal andere positive Beispiele: Anja Kling(Anastasia und Moses' Schwester im Prinz von Ägypten)und Helmut Krauss(Däumeline und Schwanenprinzessin).
Ich könnte die Liste guter Promisynchros noch lange fortsetzen, im Endeffekt gibt es nämlich viele tolle Beispiele und nur wenige schlechte.Das Problem ist hauptsächlich, dass man in einigen Fällen das (berechtigte) Gefühl kriegt, dass ein Profi das hätte besser machen können.
Bei den neueren Filmen(sprich Küss den Frosch und Rapunzel) fand ich die Synchros auch ok. Bill Ramsey, Roger Cicero, Marianne Rosenberg, Alexandra Neldel und Moritz Bleibtreu waren schauspielerisch ansprechend. Eigentlich geht sogar die vielgescholtene Cassandra Steen durch, die Arme hat nur das Pech, dass zum einen sie ihre ersten Sätze total vergeigt hat und dieser Eindruck einfach über den ganzen Film bleibt, auch wenn sie sonst weitesgehend ordentlich ist.Zudem hatte sie es sowieso schwerer als so mancher anderer, weil ihre Text stellenweise einfach nur dämlich war und selbst Profis da nicht viel hätten draus machen können und weil sie keine Stelle hatte, wo sie sich hätte beweisen können.
Allgemein muss man glaube ich festhalten: Wenn die Leute richtige Schauspieler oder gute Comedians sind, ist nichts dagegen einzuwenden. Die müssen schon von Berufswegen her mit ihrer Stimme umgehen können, da sind sie auch für eine Synchro geeignet. Ansonsten: es hängt vom Dialogregisseur ab. Ist der gut, kann man auch bei vermeintlich hoffnungslosen Fällen noch viel machen.^^
Übrigens: wenn man sich daran gewöhnt hat, ist sogar Boris Becker als Sportlehrer ok
Hab was vergessen: Christian Tramitz war Eisenbeiß? OMG!!!!!
Vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar zu einem doch etwas älteren Beitrag. :-)
Bei Cassandra Steen sehe ich das etwas anders - nach mehrmaligem Anschauen / Anhören habe ich mich etwas an sie gewöhnen können, trotzdem halte ich sie für die schlechteste Disney-Prinzessinnen-Stimme und eine generell recht schwache Hauptsprecherin. In einer Nebenrolle wär's vlt. besser über die Bühne gegangen. Was mir aber jetzt, da du's ansprichst, auffällt: Tatsächlich sind einige der ersten Sätze mit die schlechtesten. Wirklich kein guter Start in den Film.
Und Boris Becker hat den Vorteil, dass er als Gag-Castingbesetzung in einer schieren Gag-Rolle eh nicht soooo viel versaubeuteln kann. :-)
Und wer wird denn nun den Puss in Puss in Boots in Deutssh versaubeuteln?
Also, in den Trailern klingt das für mich sehr nach Benno Fürmann, der ja auch in den Shrek-Filmen diese Rolle sprach.
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