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Sonntag, 4. Januar 2009

Scary Movie 4

Die Scary Movie-Reihe: Erfolgreich an den Kinokassen, die Initalzündung für einen lang anhaltenden Trend von Kinoparodien und zentrales Thema zahlloser Niveaudiskussionen.

Stritten sich nach Kinostart (April 2006) noch Kinogänger und Filmkritiker darüber, ob das Scary Movie-Franchise den Gipfel der Belanglosigkeit und den Höhepunkt des Schwachsinns erreicht hat oder ob sich die Filmreihe endlich erfolgreich vom schmuddeligen und gezwungenen zweiten Teil erholen konnte, überschwemmt derzeit das Duo Aaron Seltzer und Jason Friedberg den Kinomarkt mit völlig gehalt- und witzlosen Möchtegernparodien. Innerhalb von nur zwei Jahren entwickelte sich Scary Movie 4 vom Zankapfel über die Grundsatzdiskussion ob Pipi-, Kacka-, Sex- und Drogenwitze oder "Gegend-die-Wand-lauf"-Humor nivealoser sind zum letzten (erfolgreichen) Verteter einer Ära, in der sich die Verantwortlichen noch um durchdachte und pointierte Parodien bemühten.

Dass Scary Movie 4 gegen Date Movie, Fantastic Movie & Co. meisterlich wirkt, ist fast schon eine Selbstverständlichkeit. Spannender ist da schon die Frage, wie er den Test der Zeit bestanden hat. Mit Krieg der Welten, The Grudge und The Village suchte man sich nämlich nicht gerade die zeitlosesten Opfer aus.

Schade auch, dass die Verquickung der Filmparodien im Vergleich zu Scary Movie 1 und 3 nachließ: Während sich Cindy Campbell (Anna Faris) als Krankenpflegerin in einem verfluchten Haus versucht (The Grudge), verliebt sie sich in ihren Nachbarn Tom (Craig Bierko), einen dummen und sehr schusseligen, in Scheidung lebenden Familienvater. Die junge Liebe wird je gestört, als Aliens die Erde angreifen und sich die Wege der zwei wieder trennen. Tom flieht mit seinen Kindern (Krieg der Welten), während Cindy eine Spur verfolgt, die sie laut einem Geist zum Hintergrund der Angriffe führen wird. Dabei stolpert sie durch ein zurückgebliebenes Dorf (The Village) und begegnet auch ihrer Freundin Brenda (Regina Hall, deren Rolle in diesem Teil der Reihe zu einer dummen und selbstdarstellerischen Bitch verkommt und extrem nerven kann).

Um die einzelnen Parodien zu verbinden klauten die Autoren Craig Maizin, Jim Abrahamns und Pat Proft sowie Regisseur David Zucker ein bisschen bei ihrem eigenen Vorgängerfilm Scary Movie 3: Cindy (Fluch-Storyline) verliebt sich in einen Dummkopf mit mangelhaften Vormundfähigkeiten (Teil der Alien-Storyline) und stolpert zwischendurch bei der Suche nach Gründen für die seltsamen Ereignisse durch die dritte Hauptparodie des Films. Dass hier und dort am Rande noch weitere Filme parodiert werden (wie etwa Saw) versteht sich von selbst.
Doch während Scary Movie 3 bei all seiner Naivität eine tatsächlich durchaus logische Einheit bildete, wirken die Versatzstücke von Scary Movie 4 eilig zusammengeschustert. Die Abkupferei vom Vorgänger trübt den Gesamteindruck unnötigerweise noch mehr.

Natürlich muss man von einem Film wie Scary Movie 4 keine brilliante Story erwarten, doch sobald eine Blödelkomödie darauf verzichtet eine Sketchshow wie Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft zu sein, und selbst den Anspruch erhebt eine Geschichte zu erzählen, sollte sie im besten Fall den gesamten Film unterstützen und Witze verbessern, im schlechtesten noch zu akzeptierenden Fall nicht stören. Bei Scary Movie 4 dagegen wird man leider hin und wieder mit den Augen rollen müssen.
Den Autoren ist auf der Handlungsebene allerdings zu verzeihen, dass man erneut auf Leslie Nielsen als US-Präsidenten zurückgriff - das bringt eine Art Kontinuität ein und liefert wieder einige treffsichere Momente.

Erstaunlich treffsicher ist auch der, leider etwas spärlich eingestreute, Dialogwitz, der einen immer wieder überrascht. Die Sprüche sind zwar nicht die hellsten, doch außerordentlich gut getimt und vor allem stets unerwartet. Leider werden dafür manche visuelle Gags zu ordentlich vorbereitet, als dass sie wirklich zünden könnten und wieder andere Gags werden so lange ausgeschlachtet, dass nicht nur der Witz verfliegt, sondern auch gleich die komplette Aufmerksamkeit auf den Film (Stichwort: Autotür). Das ist allerdings nichts gegen die dämlichen und uninspirierten Behindertenwitze im Mittelteil, die offenkundig versuchen die schlechtesten Szenen aus Scary Movie 2 im Humorkeller zu besuchen.

Positiv erwähnenswert ist dafür, dass die meisten Gags keinerlei Kenntnis der Vorlagen fordern und deshalb die vorhin gestellte Frage nach der Zeitlosigkeit von Scary Movie 4 im Gegensatz zu den popkulturschweren und zitatlastigen Seltzer/Friedberg-Filmen mit einer positiven Nachricht beantwortet werden kann. Bestes Beispiel ist wohl das Unglück, dass das Abrahams/Zucker-Team über Toms Tochter hereinbrechen lässt: Der dümmliche "Hau-auf-das-Kind-drauf"-Humor mag zwar feinsinnige Geister stören, ist aber sehr gut in Szene gesetzt und wird auch nach der x-ten Wiederholung nicht langweilig. Wenn man dann aber noch weiß, wie nervig die Vorlage dieser Figur (Dakota Fennings Charakter in Krieg der Welten war), wird man jeden einzelnen Schlag gegen dieses Kind feiern.

Am ehesten könnte die Parodie auf Tom Cruises Auftritt bei Oprah unter der verstrichenen Zeit gelitten haben, was wirklich schade ist. Sie litt bereits darunter, dass sie nach einer gelungenen Kopie von Cruise und einer treffenden Übertreibung immer mehr ins absurde glitt, der Zahn der Zeit gibt der eingangs vielversprechenden Szene schließlich den Rest.

Übertrieben albern und zugleich erschreckend witzig sind die Auftritte von Charlie Sheen und den Rapperkumpels (Kevin Hart und Anthony Anderson) aus Scary Movie 3, von denen es gerne mehr hätte geben können. Das nicht völlig ausgeschröpfte Potential ist generell eines der Hauptprobleme von Scary Movie 4: Wenn man sich auf die Blödelei einlässt wird man tatsächlich, ohne dass der eigene Intellekt großartig beleidigt wird, sehr oft herzlich zum lachen gebracht, doch immer wieder ertappt man Stellen an denen etwas fehlt, ebenso wie es Stellen gibt die einen Schritt zu weit gingen. Die Million Dollar Baby-Parodie etwa ist in ihrer völlig überzogenen Natur sehr treffend - nur verliert sie durch zu langem Auskosten dieses Volltreffers wieder ihren Witz.

Schade auch, dass der Film unbedingt The Village verspoilern muss, und das auch noch für eine nur ansatzweise ausgeschöpfte Pointe.

Unter'm Strich ist Scary Movie 4 wirklich gut gealtert, viel witziger als ich ihn in Erinnerung hatte und es hier klingen mag. Die Schwächen sind allerdings schwer zu übersehen und trüben dadurch das Sehvergnügen sehr.

Intelligente oder cineastisch wertvolle Filme waren die Scary Movies ja noch nie, aber dennoch vermisse ich sie ein wenig. Über einen fünften Teil würde ich mich deshalb freuen, es stellt sich allerdings die Frage, wann eine weitere Wiederbelebung der Reihe sinnvoll wäre. Unter all den schlechten Parodien der letzten zwei Jahre litt der Ruf des Genres und auch die Einspielergebnisse lassen immer mehr nach. Gut möglich, dass die Meine Frau, die Spartaner und ich-Macher Seltzer und Friedberg zu viel Misstrauen im Publikum gesät haben, als dass ein fünfter Scary Movie im Kino erfolgreich ankäme.
Außerdem ließ die Horrorfilmwelle mittlerweile wieder ein wenig nach, bloß Saw und weitere so genannte "Torture Porns" schreiben Zahlen, die ihre Macher zufrieden stellen. Vielleicht liegt darin aber auch der Schlüssel zu eine gelungenen fünften Teil. Der bisherige Primus des Franchises, nämlich der erste Scary Movie, parodierte vornehmlich Teen-Slasher, das seinerzeit dominierende Horror-Subgenre, und nur am Rande wurden andere Filme zitiert und parodiert. Danach klöppelten die Scary Movies verschiedenste Filme für eine Parodie zusammen. Vielleicht findet man durch eine vornehmlich auf Saw gemünzte Parodie zum Ursprung zurück?

Pläne für Scary Movie 5 gibt es jedenfalls schon länger, einige angeblche Starttermine sind mittlerweile verstrichen. Doch wenigstens ein fünfter sollte meiner Meinung nach wirklich noch kommen, denn der vierte ist kein wirklicher Abschluss. Nach dem ersten hätte Schluss sein können (klar), oder auch mangels Qualität und Erfolg auch nach dem zweiten. Scary Movie 3 hätte eine Trilogie gebildet und konnte zwar nicht das Original überbieten, hätte die Reihe aber auf einer steigenden Note beendet. Der durchaus erfolgreiche Teil 4 dagegen schwebt irgendwo zwischen sinnfrei, aber echt lustig und so lala und unterbietet somit den dritten Teil. Das ist doch kein Abschluss...

Für alle Interessierten: Scary Movie 4 läuft heute, am 4. Januar 2009, um 20.15 Uhr auf ProSieben.

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