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Donnerstag, 8. Januar 2009

Australia


Australia - nach Baz Luhrmanns Liebeserklärung an den Paso Doble (Strictly Ballroom), seiner Liebeserklärung an die Liebe und Shakespares Textkunst (Romeo + Julia) und seiner Liebeserklärung an die Liebe und Musik sowie fantasiereiche, farbenfrohe Bühnenaufführungen (Moulin Rouge) folgt hiermit seine Liebeserklärung an sein Heimatland und große Kinoepen mit in verführerische Landschaftsbilder eingebettetem Abenteuereinschlag.

Diese Verneigung spielt 1939, als die britische Adelige Lady Sarah Ashley aufbricht, um ihren Ehemann, der eine Rinderfarm in Australien betreibt, zu stellen, da sie ihn des Ehebruchs bezichtigt. Doch bevor sie zusammen mit einem Viehtreiber, den alle nur "Der Drover" nennen, die Farm "Faraway Downs" erreicht wird ihr Mann ermordet. Von der Polizei verdächtigt wird das Aborigineoberhaupt King George, dessen Tochter auf der Farm der Ashleys arbeitet und dessen Enkel, das Mischlingskind Nullah, den Film erzählt.
Lady Ashley muss feststellen, dass die Farm ihres Mannes durch Intrigen des Rinderzucht-Magnaten King Carney enorm geschwächt wurde und beschließt sie vor dem Ruin zu retten, indem sie zusammen mit den wenigen Angestellten und dem freischaffenden Drover die Rinder nach Darwin treibt und dort Carnay ein großes Geschäft vor der Nase wegzuschnappen.

Wie es sich für ein großes Leinwandepos gehört wird diese Geschichte mit einigen Schwierigkeiten versetzt um ein klassisches Abenteuerfeeling zu schaffen, und auch die Prise Romantik darf nicht fehlen. Denn wie könnte die anfangs noch stocksteife Lady Ashley (Nicole Kidman) dem rauhen Outback-Charme des Drovers (Hugh Jackman) widerstehen?
Für ein Epos nicht ganz untypisch greift Australia außerdem eine Problemthematik aus der Zeit auf, in dem es spielt. Ein Subplot des romantisch-abenteuerlichen "Down Under"-Epos behandelt die so genannte verlorenen Gnerationen, Mischlingskinder von Aborigines und Weißen, die auf Befehl der australischen Regierung ihren Eltern weggenommen wurden um sie vor "dem schlechten Einfluss" ihrer Herkunft zu "retten". Rassismus generell wird in Australia nicht totgeschwiegen, auch wenn der Film es vermeidet ein "Problemfilm" zu werden.

Um es schonmal vorwegzugreifen: Luhrmann vollbrachte es, mit Australia in einem jede Menge Reiselust zu wecken. Die rotbraune Wüstenlandschaft die sich vom einem Ende der Leinwand zum anderen erstreckt wurde verführerisch auf Zelluloid gebannt, wirkt manchmal wie gemalt. Das Spiel der Farben, der rötliche Sand, der blau-violette Himmel, die gelegentlichen grünen Farbtupfer - einer kleine Tour durch das Outback möchte man nach diesem Film wohl kaum entsagen. Am liebsten würde man sich auf dieser Reise vom Drover führen lassen, der zweifelsohne die beste Figur in Australia ist.

Hier kratzen wir allerdings auch schon an einer der Schwächen des neuen Luhrmanns: Die Figuren sind schnell vergessen, gehen zwischen all den malerischen Landschaftsbildern völlig unter. Einzig der Drover kann als australisches Raubein mit dem Herz am rechten Fleck neben dem Eindruck, den sein Heimatland hinterlässt, vollends bestehen. Lady Ashley ist zu Beginn des Films auch noch dank ihrer vornehmeren Art und den so entstehenden komödiantischen Einlagen ein Farbtupfer, der Rest des Figurenensembles geht dagegen schnell wieder unter.

Somit wird vom Zuschauer gefordert, dass er sich auch vom Abenteuer selbst fesseln lassen kann. Er soll prinzipiell wollen, dass die Guten gewinnen, sich die Liebenden lieben und der Rassismus besiegt wird - mitfiebern mit den Charakteren ist nämlich schwer, wenn sie alle nur Notwendigkeiten in der Geschichte sind.
Da die Geschichte aber gut erzählt und grandios in Bilder eingefangen wird, ist es durchaus möglich sich für drei Stunden völlig fesseln zu lassen, obwohl die Figuren recht dünn gezeichnet sind und das große Abenteuer verhältnismäßig belanglos ist. Hier kämpfen nicht wie in Pearl Harbor Soldaten in einem Krieg, hier geht es bloß um einen Viehtrieb. Obwohl der zweite Weltkrieg, wie die Texttafeln zu Beginn des Films bereits verraten, ebenfalls in die Story miteinspielt. Fast könnte man aber denken, dass er nur vorkommt, um dem Film einige weitere beeindruckende Bilder zu verpassen.

Luhrmanns visueller Stil ist in Australia übrigens wieder Mal spürbar. Eine dynamische Kamera und prachtvolle Kameraeinstellungen ergeben zusammen mit dem Setting ein Freudenfest für die Augen, welches Luhrmann-Fans begeistern wird. Auch Feinde des Australiers könnte der Stil von Australia überzeugen, da er weitaus weniger überbohrend und den Kitsch zelebrierend ist wie etwa Moulin Rouge. Die Romantisierung und die stete Übertreibung der Kinomagie sind hier um einiges gezügelter und äußern sich mehr durch eine irreal schöne Darstellung der Umgebung und einem leicht mystischen, stets aber auch in der Realität plausiblen, Auftreten der australischen Ureingeborenen.

Allein deshalb lohnt es sich Australia auf einer riesigen Leinwand zu sehen, denn hier vereint sich Baz Luhrmann mit dem Stil klassischer Wüstenepen des alten Hollywoods und der Visualität eines (Pre-Transformers) Michael Bay. Was ja wirklich nichts schlechtes ist, denn auch wenn Bays Filme nicht zu den intelligentesten gehören, so sehen sie alle verdammt geil aus.
Schade nur, dass Luhrmanns Strich auf der optischen Ebene im Laufe des Films nachlässt, und so sehen Teile des letzten Aktes nur noch nach Bay aus. Sogar Bays patentierte 360°-Kamerafahrt gegen den Uhrzeigersinn um eine zentral im Bild stehende und staunende Figur lässt sich in Australia finden.

Australia fehlt somit eine gewisse Konsequenz - Luhrmann fängt sehr typisch für ihn an und nimmt mit der Zeit wieder einiges seiner eigenen Note heraus, auch inhaltlich fühlt sich der Film an manchen Stellen etwas uneins an. Der Übergang zwischen den drei Akten (fast schon am Stundenzeiger auf der Uhr zu erkennen) holpert leider ein wenig. Von diesen Schwächen abgesehen ist es aber ein großer, leidenschaftlicher und emotionaler Abenteuer-Romantik-Schinken. Australia: Gut und groß - zwar nicht weniger, aber auch nicht mehr. Hoffentlich hält das Land selbst mehr von den Versprechungen, die uns der Film machte.

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