Achtung! Dieser Beitrag enthält Spoiler über das grandiose Pixar-Meisterwerk WALL•E!
WALL•E und die Frau aller Frauen: EVE
WALL•E ist ein Film, dessen künstlerischen und intellektuellen Anspruch ich hier nicht oft genug loben kann. Wie Andrew Stanton es gelang in eine unschuldige, liebenswürdigen Romanze angebrachte Sozialkritik einzubauen und hinter der unglaublich unterhaltsamen Fassade dieser Sci-Fi-Geschichte einen Gedankenkomplex zu errichten, der selbst den engstirnigsten Kultrbanausen davon überzeugen müsste, dass Trickfilme und Filme mit niedriger Jugendfreigabe nicht automatisch Kinderfilme sind.
Bereits in meiner ausführlichen Rezension analysierte und interpretierte ich einige Sequenzen und Konstellationen in WALL•E und bezeichnete die im Film getätigte Darstellung der Beziehung zwischen WALL•E und EVE als die perfekte, reine Liebe und übergreifendes Bild für eine ideale Liebesbeziehung.
Bereits in meiner ausführlichen Rezension analysierte und interpretierte ich einige Sequenzen und Konstellationen in WALL•E und bezeichnete die im Film getätigte Darstellung der Beziehung zwischen WALL•E und EVE als die perfekte, reine Liebe und übergreifendes Bild für eine ideale Liebesbeziehung.
Durch sein lesenswertes Interview mit der Newsweek-Journalistin Sarah Ball goss Andrew Stanton weiteres Öl in das Feuer meiner brennenden Leidenschaft für seine vorzügliche Regie- und Autorenarbeit. Stanton erläutert im Interview welche Überlegungen er bei der Gestaltung von EVEs Charakter anstellte und deutet die Symbolfunktion der Roboterdame.
Auf die Frage danach, was EVE, die auf alles mögliche schießt, feminin mache, antwortete Stanton:
"Ich versuchte bloß emotional und vom Temperament her einzufangen, wie ich stets als das Wesen einer Mann-Frau-Beziehung gesehen habe. Zumindest aus meiner eigenen Erfahrung heraus -- und ich bin ein Nerd. Ich war stets geschockt und wartete immer darauf, dass das Gegenüber das Eis brechen würde, dass ein Mädchen mich jemals ansprechen würde, geschweige denn mich zu heiraten.
Sie [die Frauen] schienen für mich immer eine Kraft innezuhalten, und von meiner Mutter über meiner Frau bis hin zu meiner Tochter, jedesmal wenn ich wirklich versuche sie zu verstehen, und denke, dass ich sie [nun] festgenagelt habe, dann bezahle ich dafür. Dort ist einewechselhafte Seite, doch mysteriöserer Natur, an Frauen, die sie, wie ich finde, so attraktiv macht. Und ich glaube das ist es, was ich liebe: Kerle scheinen nie zu wissen, wenn sie zu nahe kommen und eine Grenze überschreiten, und dann kommt das Temperament zum Vorschein.
Das ist wirklich, wovon die Pistole [von EVE] handelt, davon dass WALL•E nicht weiß wo die Grenzen bei einer Frau sind.
Denn Männer wissen das genauso wenig. Männer stolpern einfach darüber und finden es durch eigene Erfahrungen heraus. Und entweder überleben sie es, oder sie tun es nicht.
Es war tatsächlich eine Metapher dafür."
Weiter erklärt Stanton, dass EVEs hochtechnisiertes Design und das Verdecken ihrer Mechanik sie geheimnisvoll und hübsch machen sollte. Nicht unbedingt auf die selbe Weise, wie ein Mensch jemanden sieht, sie solle viel mehr für einen Roboter hübsch sein. Und dass EVE schwebt und sauber bleibt, während WALL•E sich auf dem Boden bewegt und schmutzig wird, seien recht konventionelle Bilder für die verschiedenen Geschlechter, die auf der obersten Ebene des Films funktionieren sollen (wohl im Gegensatz zu den etwas tiefgründigeren Gedanken, wie etwa die hinter der Laserkanone EVEs und ihrem Design).
Stanton spricht im Interview auch darüber dass viele Leute Animationsfilme noch immer als etwas anderes, spezielleres sehen und er sich wünscht, dass das Publikum eines Tages die Frage nach dem medium mit "Es ist mir egal" beantwortet.
Da kann ich ihm beipflichten: Spielfilme und Animationsfilme (egal welcher Art) sind einfach zwei verschiedene Herangehensweisen, sie sind anders, aber nicht verschiedener Wertung. Egal ob mit Darstellern, am Computer animiert oder per Hand gezeichnet, oder mit der Stop-Motion-Technik: Der Künstler soll das Medium wählen, das er am besten beherrscht oder für das Material am angebrachtesten findet.
Ein wenig taut das Publikum ja mittlerweile auf. Durch die guten Pixarfilme und die immerhin unterhaltsamen Dreamworksfilme lernten einige, dass Trickfilm nicht gleich etwas für Kinder sein muss. Unterschieden wird dennoch, wie ich letztens wieder in einer Diskussion feststellte, als ich WALL•E und EVE als mein liebstes Filmpaar bezeichnete. Mein Gegenüber, der sich einige jüngere Animationsfilme mehrfach ansah und sie auch begeistert aufnahm, war trotz seines Verständnisses des Trickfilms als "Erwachsenenmedium" ziemlich erstaunt und sah das ganze freakig an. Das beste und romantischste Paar ist doch nicht etwas animiertes, also, da müsse man doch schon was mit richtigen leuten wählen.
Dabei sprach ich ja nicht vom "hübschsten" oder "geilsten" Paar, sondern vom romantischsten und besten Filmpaar. Entscheidend dafür ist doch die Geschichte und wie sie umgesetzt wurde. Ob nun mit Darstellern oder animiert, und ob es nun Menschen, Tiere, Roboter oder abstarkte Kleckse sind, spielt doch keine Rolle. Man kann bestimmt manche Paare besser oder romantischer finden als WALL•E und EVE, wenn man denn unbedingt möchte, aber da erbitte ich mir eine romantischere Geschichte, die überzeugender vermittelt wird. Und kein Argument über die Produktion des Films.
Bis Stantons Wunsch sich erfüllt, ist es also leider noch etwas hin, einige Vorurteile sind aber schonmal erledigt.
Das komplette Interview mit weiteren Aussagen über die Unterscheidung zwischen Real- und Animationsfilm findet ihr hier. Dort spricht Stanton auch nochmal über Filmpreise und den Oscar (das Interview fand jedoch vor Bekanntgabe der Nominierungen statt). Außerdem verneint Stanton erneut eine Findet Nemo-Fortsetzung.
Er sei nicht gegen Fortsetzungen an sich, nur eignen sich nicht viele Geschichten dazu.
"Ich habe zudem diesen künstlerischen Stolz. Ich möchte nicht, dass mein Enkel zu mir kommt: 'Opa, hast du Nemo 1 oder 2 gemacht?' Das würde mich umbringen."
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