zurück zu Teil XVIBeinahe 100 Lieder haben wir jetzt schon hinter uns gelassen. Zeit, erneut einer bedeutsamen Frage ins Auge zu blicken: Was genau ist denn jetzt eigentlich der Unterschied zwischen einer Liste mit Lieblingssongs und einer Hitliste der besten Lieder?
Die grundlegenden Prinzipien dieser Definition, und weshalb ich mich dazu entschied meine Lieblingslieder zu präsentieren, statt mich an einer Liste der besten Disney-Songs zu versuchen, erläuterte ich ja bereits
im Eingangsposting sowie
im ersten regulären Artikel dieser Reihe.
Im Vorfeld dieses Blocks möchte ich näher darauf eingehen.
Es ist nunmal so: Es gibt Musik, bei der man auf Anhieb erkennt, dass es sich dabei um gute Musik handelt, vollkommen unabhängig von jedweden persönlichen Vorlieben. Insbesondere bei Filmmusik gibt es den einen oder anderne zweifelsfreien Fall. Wenn eine eingängige Melodie, eine in den Kontext passende Klangfarbe und eine zum gerade im Fokus stehenden Charakter aus der Seele sprechende Textwahl zusammenfallen, der Sänger/die Sängerin alle Töne trifft und Gefühl ins Lied hineinlegt, dann muss es sich - sofern dieser Song nicht grauenvoll produziert wurde - um ein gutes Exemplar der Gattung Filmsong handeln.
Ebenso gibt es Musik, die schlichtweg schlecht ist. Ein schlecht gewähltes Genre, unpassender Gesang, zum Himmel schreiende Texte, eine seelenlose Produktion und keinerlei erkennbarer Zusammenhang zum Film oder irgendwelcher Anspruch...
Allerdings gibt es schlechte Musik, die trotz ihrer Mülltonnen-Qualität gefällig ist. Ich spreche von solchen Liedern, die in ihrer Dreistigkeit, Dämlichkeit und/oder Unbeholfenheit so etwas wie den Mutterinstinkt unserer Gehöhrgänge wecken und schlichtweg Freude machen.
Wenn dann noch wohlige Erinnerungen anheim fallen, dann ist es um uns geschehen, und wir bilden uns tatsächlich ein, dass dieser Song Qualitäten habe.
Bei ein oder gar zwei Liedern aus dem nun folgendem Block bin ich mir sogar vollstens dessen bewusst, dass ich mir lediglich eine fragile Schutzkuppel baute, die diese Musikstücke vor der harten Realität bewahren soll, dass ich mir diese Lieder mit schwachen Argumenten schönrede. Doch es stört mich nicht.
Das ist jedoch keineswegs ein Freifahrtsschein für schlechte Musik oder sogar eine Benachteiligung guter Lieder. Absolute Pflichtkandidaten werden sich hier in dieser Liste in der einen oder anderen Form auf jeden Fall wiederfinden, und es ist ja auch nicht so, als würde ich gute Musik aktiv ablehnen. Auf den etwas weniger hart umkämpften Rängen ist die Auswahl lediglich etwas... origineller... durchmischt.
Platz 238: Always Know Where You Are aus
Der SchatzplanetMusik & Text von John Rzeznik
Die Misserfolge der Disney-Zeichentrickfilme aus den Jahren 2000 bis 2003 schmerzen mich sehr, da die Filme von
Fantasia 2000 bis
Bärenbrüder allesamt mehr Erfolg verdient gehabt hätten (okay,
Lilo & Stitch hat so ungefähr den Erfolg gehabt, der ihm gebührt), doch wenn es einen Film gibt, bei dem es mich am meisten ärgert und der in Zukunft gefälligst wie
Pinocchio oder
Dornröschen zu den größten Ehren unter Disneyfans und Animationskennern kommen sollte, dann ist es
Der Schatzplanet von Ron Clements und John Musker.
Wie sehr ich diesen Film mag kann man vielleicht daraus gut ablesen, dass der Abspannsong aus der Feder vom Frontmann der Goo Goo Dolls für mich der größte Schwachpunkt dieses visuell überwältigenden Disney-Meisterwerkes ist. Es klampft zurückhaltend voran und schafft es durchaus, die Stimmung und Entwicklung des Protagonisten Jim Hawkins einzufangen, der in dieser Version ein rebellischer Teenager ist. Der Song kann mich jedoch nicht mitreißen und beendet den Film somit auf einer zu entspannten, leicht distanzierenden Art. Da hätte mich eine Jims Veränderung reflektierende Reprise von
I'm Still Here oder ein instrumentales Medley des gelungenen Scores von James Newton Howard wesentlich mehr erfreut.
Dennoch ein gutes Lied, dass ich mir auch außerhalb des Kontextes des Films dann und wann gerne anhören kann.
Platz 237: The Kid in You aus
Die Country BearsMusik & Text von John Hiatt
Nicht sämtliche Lieder in Disneys alberner, stellenweise allerdings durchaus ansehnlich-amüsanter Attraktionenverfilmung
Die Country Bears werden auch tatsächlich von der titelgebenen Bärenbande gesungen. Die fiktive Country-Pop-Gruppe tritt auch ein paar Schritte zurück, um reale Stars und Sternchen aus dem Musikgeschäft singen zu lassen. Hinter den Kulissen änderte sich jedoch nichts, auch diese Gesangseinlagen wurden von John Hiatt komponiert und getextet. Eine Künstlerin, die auf diesem Weg Einzug in diesen Film fand, ist Krystal Harris, deren erste Single der Song
Supergirl! vom
Plötzlich Prinzessin-Soundtrack war. Nach ihrem Debütalbum und einem weiteren akustischen Auftritt (nun in der Komödie
Natürlich blond) markierte ihr Gastauftritt in
Die Country Bears sowie auf dem Soundtrack des Fake-Bandmovies das Ende ihrer Karriere. Ein Schelm, wer böses dabei denkt...
The Kid in You bringt zu Beginn des Films erstmals etwas popiges Leben in die Musik von
Die Country Bears und frischt zudem auch die Szenerie auf: Der kleine Beary hat es endlich geschafft und konnte eine die ersten Bears dazu bringen sich aufzumachen um ihre über die USA verstreuten Ex-Bandmitglieder zu suchen und die Band wieder zusammenzuführen. Unter den noch zu überzeugenden Mitgliedern ist Fred, der als Sicherheitsmann in einem kleinen Studio arbeitet, wo Krystal Harris ihr neues Musikvideo dreht. Während einer Runde Smalltalk fällt bei Krystal endlich der Groschen, und sie erkennt im Sicherheitsmann, mit dem sie schon länger per Du ist, die Munharmonika spielende und das Crowd-Surfing erfindende Countrylegende, die Fred früher einmal war. Schon bittet Krystal Fred sie beim Proben für den Videodreh zu begleiten. Der Clip trieft vor 90er-Popmusikvideo-Klischees (kommt dabei jedoch nicht als Parodie rüber), aber das ändert nichts daran, dass die sauber produzierte Nummer in der Mundharmonika, Tamborin und R'n'B-Backgroundsängerinnen auf solide fetzendem Mainstreampop treffen dem Film nochmal ordentlich Schub gibt. Den er sehr schnell wieder verliert...
Platz 236: Pretty Irish Girl aus
Das Geheimnis der verwunschenen HöhleMusik & Text von Lawrence Edward Watkin & Oliver Wallace
Das Geheimnis der verwunschenen Höhle (Originaltitel:
Darby O'Gill and the Little People) gehört zwar nicht zu den erfolgreichsten Disney-Spielfilmen aller Zeiten, jedoch konnte er sich mittlerweile sehr viel Respekt bei Filmhistorikern und -schaffenden erarbeiten, nicht zuletzt dank seiner sicht nahtlos einfügenden Spezialeffekte. Steven Spielberg nennt die mühevoll eingesetzte "Forced Perspective" in dieser irischen Mär "das perfekteste Perspektivenspiel der Filmgeschichte", Peter Ellenshaw zauberte einige der besten Maskenmalereien seiner Karriere und Lawrence Watkin, der zuvor für Walt Disney das Drehbuch zu seinem ersten reinen Spielfilm,
Die Schatzinsel, schrieb, verfasste auf Basis der
Darby O'Gill-Geschichten von H.T. Kavanagh ein fantasievolles, romantisches, witziges menschelndes und stellenweise auch schauriges Drehbuch, in dessen Zentrum der ältere Gutsverwalter Darby O'Gill steht, der den König der Leprechauns einfing und mit dem er sich seither in einem Spiel aus Lug, Trug und Hassliebe befindet.
Pretty Irish Girl ist die charmante, launige kurze Weise von Michael McBride, den Darby mit seiner Tochter zu verkuppeln versucht. Gespielt wird McBride von niemand anderem als Sean Connery, der in diesem Film seine erste Hollywoodrolle bestritt. Gesungen hat er, entgegen eines populären Mythos, für diesen Film jedoch nicht. Er und seine Leinwandpartnerin bekamen mit Brendan O'Dowda und Ruby Murray zwei Gesangsdouble. Eins ympatisches, schönes Lied bleibt
Pretty Irish Girl aber weiterhin.
Platz 235: Vive la France ("Petey's King of France") aus
Micky • Donald • Goofy: Die drei MusketiereMusik entliehen aus
In der Halle des Bergkönigs von Edvard Grieg, Text von Chris Otsuki (dt. Fassung von Andreas Hommelsheim)
Wann immer etwas hinterhältiges ausgetüftelt wird oder kleine Schaurigkeiten vor sich gehen, muss diese Melodie herhalten. Kein Wunder, dass
In der Halle des Bergkönigs in dem mit klassischer Musik gefütterten DVD-Zeichentrickfilm
Die drei Musketiere als Bösewichtlied für Kater Karlo herhalten muss, der sich gerade wie ein kleines Kind darüber freut, dass sein Plan aufzugehen scheint. Vorhang auf für einen wundervoll kindlichen, sich selbst genießenden Bösewicht-Song, in dem Karlo wunderbar-komische Texte zur spaßig arrangierten Schauermelodie singen darf und auf eine an Yzma erinnernde, umständliche und
Disneyland taugliche Weise in sein geheimes Versteck "schleicht", wo er sich zum großen Finale des Liedes die Oberbekleidung vom Körper reißt. Eine wahre Spaßnummer.
Platz 234: Mr. DuckMusik von Keykov, Text von Frank Meyer-Thurn & Jean Bronte
Ich hätte beim Erstellen meiner Disneylieder-Hitliste mogeln, sie auf Gesellschaftsfähigkeit überprüfen und daraufhin schönschminken können. Schließlich gebe ich hier meinen persönlichen, musikalischen Geschmack der Öffentlichkeit preis. Da sollten erhebliche Ausrutscher nicht unbedingt stolz hinausposaunt werden. Ich mache es dennoch und stehe dazu, dass ich den überaus trashigen Eurodance/Euro House-Track
Mr. Duck, den deutsche Videokäufer auf der Cartoon-Sammlung
That's Donald über sich ergehen lassen mussten, tatsächlich irgendwo, tief in den dunkelsten und verdorbensten Ecken meiner verworrenen Seele mag. Mit preisverdächtigen Liedtexten wie "Here comes Mr. Duck, Mr. Duck, Mr. Donald Duck, the one and only, call him Mr. Duck, Mr. Duck, Mr. Donald Duck" und "He's crazy, he's crazy, he's crazy over Daisy! That's Donald!" infiltrierte der mit schnellem, aber nicht zu lautem Bass vorantreibende 90er-Trash meine frühe Jugend. Dabei mochte ich elektronische Musik noch nie so wirklich. War es allein der Donald-Bonus? Nein, es war auch zu weiten Teilen das hypnotische, mich unter einer Bilderflut begrabene Musikvideo im Zusammenspiel mit der "so bad, it's funny"-Dancetrash-Melodie und den krude reingestreuten Soundschnipseln. Ich kann mich nicht weiter wehren - dieses Lied hat mich ein Stück weit musikalisch verdorben, und ich finde es nicht weiter schlimm. Mein einziger Kommentar dazu: Heiliger Quackstrudel!
Platz 233: Das Nichtgeburtstagslied ("A Very Merry Un-birthday (The Un-birthday Song)") aus
Alice im WunderlandMusik und Text von Mack David, Al Hoffman und Jerry Livingston (dt. Fassung von ?)
Genauso wie schon bei
Guten Tag, wie geht's denn? (
Platz 266) wurde die Eingängigkeit der musikalischen Filmvorlage durch ein Disney-
Sing mit uns-Video in die Höhe getrieben, womit sich dieses Lied endgültig für immer und ewig in meinem Kopf festsetzte.
Das Nichtgeburtstagslied ist wohl der berühmteste von den 14 Songs aus
Alice im Wunderland und wurde von Walt Disney in Auftrag gegeben, um der geplanten Teepartysequenz eine Struktur zu geben. Dafür wendete er sich an die Liedtexter von
Cinderella, und sie fanden, dass das Konzept eines Nicht-Geburtstages die beste Idee für ein verrücktes Teetreffen sei. Und so schufen sie eines der unvergesslichsten, eingängigsten und verrücktesten Disney-Lieder aller Zeiten. Erst macht's Spaß, dann nervt's, und dann ist's wieder lustig.
Platz 232: Quack Quack Quack, Donald Duck aus
Disneyland: A Day in the Life of Donald DuckMusik und Text von Jimmie Dodd (dt. Fassung von ?)
In der Folge
A Day in the Life of Donald Duck aus der Reihe Disneyland folgen die Zuschauer Donald Duck in die Disney-Studios und bestaunen einen typischen Tag im Leben eines beliebten Hollywood-Stars. Unter anderem führt er die Mitglieder des
Mickey Mouse Clubs in die Farb- und Zeichenabteilungen sowie auf die Soundstages der Studios und es wird ein neues Lied über Donald Duck vorgestellt, das besingt, wie toll und beliebt Donald ist. Das Lied von Jimmie Dodd, der im Special sich selbst spielt, ist sehr einfach strukturiert, die Melodie simpel und der Text schnell gelernt. Und weil's ja so viel Spaß macht, wird es sogleich in international angehauchten Versionen Reprisen fortgeführt, so lange, bis man es nicht mehr aus seinem Kopf bekommt. Diese Weltreise beinhaltet dann sogar eine familienfreundlichere, weniger brisante Rückkehr eines gänzlich anderen Donald-Songs... Nämlich dem Titelsong des einzigen Oscar-prämierten Donald-Films.
Quack Quack Quack, Donald Duck ist zwar alles andere als ein sonderlich gehaltvoller oder anspruchsvoller Song, und ich muss zugeben, dass ich "Woof Woof Woof, Mr. Goof" wohl kaum so hoch auf dieser Liste platziert hätte, aber dieses Lied heitert einen richtig auf - und hat somit seine Berechtigung in dieser Liste.
Platz 231: Ich bin unterwegs ("On my Way") aus
BärenbrüderMusik und Text von Phil Collins (dt. Fassung von Leslie Mandoki & Matthias Monka)
Tarzan war ein großer Erfolg und der Soundtrack kam enorm gut an. Kein Wunder, dass man Phil Collins für einen weiteren Disney-Zeichentrickfilm verpflichtete. In
Bärenbrüder brachte der einstige Genesis-Sänger nicht mehr ganz so stark seine Wurzeln als Drummer ein, dafür durchzieht sämtliche Lieder eine berührende Melancholie. Selbst der heitere Reisesong
Ich bin unterwegs, in dem die gemeinsame Reise des Bärenjungen Koda und des in einen Bären verwandelten Menschens Kenai quer durch die malerischen Landschaften des Nordens Amerikas besungen wird kann sich nicht gänzlich einer schwermütigen Note entsagen. Dies spiegelt nicht nur die Natur des Films wieder, sondern trifft sehr gut den Kern einer längeren Reise. Phil Collins erkannte, dass solche Reisen wie Kenais zwar spaßig sein können, aber stets auch etwas bewegtes an sich haben - und dies baute Collins hervorragend in dieses Lied ein, ähnlich wie Hans Zimmer das Titelthema des "Reisefilms"
Pirates of the Caribbean - Am Ende der Welt verletzlich-romantisch anlegte.
Ich bin unterwegs könnte zwar gerne ein paar Sekunde kürzer sein und Kodas schiefer Gesang zu Beginn ist für mich verzichtbar, doch die genannten Gründe hieven dieses Lied trotz dieser kleinen Kritikpunkte auf Platz 231 meiner liebsten Disney-Lieder.