Musikalisch sollte die kommende Oscar-Verleihung ausgesorgt haben. Denn niemand geringeres als Michael Giacchino wird die Verantwortung für die Musik am großen Abend übernehmen und dazu noch das Orchester dirigieren, wie Variety bekannt gab.
Giacchino ist einer der coolsten momentan aktiven Filmkomponisten und hat eine sehr nostalgische, jazzig-groovige Handschrift, die vor allem in seinem von Blechbläsern betontem Score für Die Unglaublichen zum tragen kam. Weitere Engagements des sich an der alten Schule (aus einer Zeit vor digitalen Aufnahmeprozessen) orientierendem Komponisten waren der Oscar nominierte Score zu Ratatouille, die sich über die Jahre enorm verbessernde Musik in Alias und die schaurige Klanguntermalung für Lost.
Giacchino könnte dem glamourösen Abend endlich eine deutlich erkennbare, musikalische Richtung vorgeben, und seine Ankündigung, nostalgische Gefühle wecken zu wollen, weckt in mir tatsächlich Vorfreude auf die Verleihung an sich, und nicht blkoß auf die Bekanntgabe der Gewinner. Nun muss nur noch ein guter Moderator her...
Außerdem beginnt langsam das große Rätselraten um die Song-Kategorie, und wieder einmal sind die Disney-Studios das interessanteste Mitglied in der großen Oscar-Truppe. Letztes Jahr steuerte Verwünscht gleich drei von fünf Songs bei, und auch dieses Jahr könnte Disney einen Löwenanteil für sich beanspruchen.
Wenn auch nicht ein weiteres Mal dank einem einzelnen Film. Nachdem Verwünscht und Dreamgirls zwei Jahre nacheinander mit je drei Songs die Song-Kategorie für sich vereinnahmten (und dennoch nicht siegreich nach Hause gingen), änderte die Acadamy die Regeln. Nun darf ein Studio zwar für jeden Film beliebig viele Lieder einreichen (sofern sie die altbekannten Bedingungen erfüllen), doch maximal zwei können letztlich nominiert werden. Neu ist auch die Regel, dass nur noch der erste Song aus dem Abspann nominiert werden kann. Würde in WALL•E vor Peter Gabriels Down To Earth ein anderer Song im Abspann laufen, so könnte Gabriels Lied nicht am Oscar-Rennen teilnehmen.
Disneys bisherige Bemühungen, aus den Oscar-Angeboten anderer Studios herauszustechen, ist faszinierend. Auf der an Jurymitglieder von Filmpreisverleihungen gerichteten Disney-Webseite stellt das Studio seine diesjährigen Filme vor und erwähnt, wann Vorstellungen für dieses spezielle Publikum stattfinden. Im Laufe der Saison werden auch explizitere Vorschläge für das Wahlverhalten gemacht, derzeit listen die Studios üblicherweise sämtliche möglichen Kategorien auf. Subtil wird dennoch versucht, die Entscheidungsträger zu beeinflussen. So wird die WALL•E-Kampagne, die "Best Picture and Best Animated Feature" herraussticht fortgesetzt.
Bemerkenswert ist, dass Disney die Informationen für Bolt, High School Musical 3: Senior Year und WALL•E aktualisierte, nicht aber die für Miracle at St. Anna und Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian. Abgeschrieben sind die Filme noch nicht, worauf Disney seine Energie und Erwartungen konzentriert wird trotzdem schnell klar.
Aus allen HSM 3-Songs wählte Disney bereits vier Songs aus und reichte sie der Acadamy ein, die restlichen Lieder erfüllen (mit Ausnahme der neuen Version von We're All In This Together) zwar rein theoretisch auch die Qualifikationsbedingungen, fallen nun aber durch den Schritt Disneys, sie nicht einzureichen, heraus. Somit möchte Disney sicherlich die Chancen für die vier (eingereichten) Songs I Want It All, A Night to Remember, Scream, und Can I Have This Dance? erhöhen und einer Stimmenverteilung auf sämtliche Lieder des Films vermeiden. Womöglich bezweckt Disney auch, das Lieder-Repertoire so mehr auf die Oscar-Jury zu zuschneiden. Die poppigeren Lieder The Boys Are Back und Now or Never hätten eh geringere Chancen, und die restlichen Verbliebenen sind eh schwächere Glieder des Films.
Sollte High School Musical 3: Senior Year etwa wirklich die Transformation zu den Pop-Oscars abrunden? Es ist nicht auszuschließen, und wenn nicht HSM 3, so gibt es ja noch Disneys Bolt, der sich noch zweifach Hoffnungen macht. Einer der zwei Songs wird von Miley Cyrus zusammen mit John Travolta gesungen (der sich bereits als Cyrus-Fan outete und sie mit seiner Grease-Partnerin Newton-John verglich). Und was entscheidender ist: Cyrus hat an dem Song auch mitgeschrieben, was der 16-jährigen einen Oscar einbringen könnte (ohne das Lied zu können, schaudert's mir schon vorbeugend...).
Nach der Ehre, dafür gesorgt zu haben, dass Travoltas Tochter ihren Pappi endlich als Star anerkennt, ist ein Oscar für sie wohl der höchste Ritterschlag (dank an Wild Bill für die Info).
Disneys ruhigster Song des Jahres ist der bereits genannte Schlussong für WALL•E. Eigentlich mag die Acadamy Lieder aus dem Abspann nicht so sehr, doch da WALL•Es Abspann zur Erzählung dazugehört und Pixar schonmal einen Oscar für den Abspann rausholte, könnte Disney einem weiteren Genesis-Sänger zu höheren Filmweihen verhelfen.
Drewamworks Animation versucht es ebenfalls sehr poppig und schickt Hans Zimmer zusammen mit Black Eyed Peas-Mitglied will.i.am für Madagascar 2 ins Rennen. Und der Oscar-Buzz für Another Way To Die will auch nicht abreißen. Könnte einer der umstrittensten Bond-Songs tatsächlich einer der wenigen werden, der sich eine Oscar-Nominierung ergreift?
Oder setzen sich wieder Lieder aus Independent-Filmen durch? Fox Searchlights Sportdrama The Wrestler konnte sich immerhin Bruce Springsteen für einen Song schnappen...
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