Mittwoch, 20. August 2008

Car's Anatomy

Jake Parker von den Blue Sky Studios (Ice Age), der unter anderem an Horton hört ein Hu mitarbeitete veröffentlichte in seinem Blog ein kleines Posting über Pixars unter Fans wohl bislang umstrittensten Film, nämlich Cars.

Parker schreibt, dass ihm die Geschichte und Moral des Films sehr zusagten und er sich darin wiederfinden konnte, da er selbst miterlebte, wie kleine Städtchen aufgrund neu gebauter Highways mit dem Überleben kämpften. Alles in allem habe dem Animator Cars sehr gefallen, jedoch habe er ein besonderes Problem mit dem Film: Die Maschinen-Organismus-Hybriden, die den gesamten Film bevölkern. Auf der einen Seite sind die Charaktere technische Objekte, jedoch weisen sie auch organische Elemente auf.

It’s as if a mad scientist enamored with automobiles terraformed Mars and furnished it with cyborg vehicles with engines of steel and minds of flesh. You have these cars, but with actual fleshy eyes, with irises, and mouths of teeth and tongues. Where does the machine end and the flesh begin?
[...]
Actually, that mad scientist idea might be a good premise for Cars II. Lightning discovers that they’re all created on a whim by some wacko genius as toys for his own amusement.

Pixar wird diesen Storyvorschlag für Cars 2 wohl kaum annehmen, jedoch hätte ich nichts gegen ein offizielles Statement seitens Pixars gegenüber Jake Parkers weitere Überlegungen einzuwenden. Parker zeichnete nämlich zum besseren Verständnis eine anatomische "Studie" von Lightning McQueen, die zeigt wie er Pixars Filmuniversum aus dem Cars-Franchise versteht.

(Zum Original)

Ich persönlich habe im Gegensatz zu Parker und vielen anderen Zuschauern allerdings überhaupt kein Problem mit der stellenweise lückenhaft gezeichneten Welt in Pixars Cars. Zwar ist es in vielen Fällen lobenswert, wenn sich die Autoren (und der Regisseur) umfassende Gedanken machen und eine in sich logische Welt kreieren und diese detailliert in ihrem Film aufzeigen, jedoch ist es bei weitem nicht nötig.
In manchen Fällen, in denen die richtigen Elemente zusammenkommen, ist es sogar viel bezaubernder, wenn nicht alles erklärt wird und bis ins letzte Detail schlüssig ist. Wenn dem Zuschauer Platz für seine eigene Fantasie gelassen und/oder mit der so genannten "suspension of disbelive" des Publikums gespielt wird, kann ein Film auch an Reiz dazugewinnen.

Aber das ist generell ein Problem mit der Welt des heutigen Kinos: Alles muss erläutert und wissenschaftlich glaubwürdig erklärt werden.
"Wo kommt dies und das her, was macht es, warum macht es das, wer hat es erfunden, wieso hat er es erfunden, welche Probleme hatte er in seiner Kindheit, wieso ist die Kaffeesahne schon wieder alle?"
Solch magischen Werke wie Peter Pan oder Mary Poppins würden, wenn sie heute entsünden, wohl gänzlich anders aussehen. Und nicht mehr funktionieren.

Cars reicht zwar nicht an genannte Beispiele heran, macht sich aber einen von Walt Disney höchstpersönlich in seiner TV-Show erklärten Kunstgriff zu nutzen: Den der Plausibilität. In einem (Animations-)Film muss nicht alles wissenschaftlich korrekt, realistisch und logisch sein. Es reicht, wenn etwas plausibel ist. Und dies erfüllt Cars - und an Stellen, die etwas knifflig sind, blendet der Film klugerweise weg. Als z.B. Chick Hicks von anderen Autos beworfen wird (wie denn bitte?) sieht man nur die Ergebnisse dessen, aber kein einziges Auto, das etwas wirft.
Und das reicht für diesen Film auch völlig aus. Ich muss hier wahrlich nicht alles erklärt bekommen (z.B."wo kommen die Baby-Autos her?").

Dennoch habe ich so meine Probleme mit Cars. Diese liegen jedoch nicht auf der Logik-Ebene der fiktiven Welt, sondern ganz woanders.

Erstens: Die Geschichte wird zwar weitesgehend gut erzählt, jedoch ist sie ziemlich unoriginell, besonders wenn man sie mit anderen Pixar-Storys vergleicht.

Zweitens: Die dramatischen und emotionalen Szenen ziehen mich als Zuschauer nur bedingt mit. Während es alle anderen Pixars seit einschließlich Die Monster AG spielend vermochten mich mitzureißen und zu rühren, bleibt zwischen mit und Cars eine kleine Distanz. Er lässt mich nicht völlig kalt, aber dafür, dass der Film in manchen Szenen doch so viel ernstere Töne anschlägt als z.B. Toy Story 2 ist es doch leicht enttäuschend.

Drittens: In Cars kommen zwar fast durchgehend gute Pointen vor, die mich zu einem Dauergrinsen zwingen, doch richtige Brüller sind eher rar gesät.

Auf der "Haben"-Seite gibt es aber eine hervorragende Animation, designtechnisches Ideenreichtum (am besten sind und bleiben die Käfer) und einen als Regisseur gereifteren und selbstsicheren John Lasseter, der öfter Mal die Bilder für sich sprechen lässt.
Unter dem Strich haben wir, meiner Meinung nach, mit Cars sicherlich einen Knick in Pixars bisheriger Statistik, einen kleineren Rückschlag, doch bei weitem nicht das Debakel, das viele aus ihm machen. Den ganzen Hass hat der Film wirklich nicht verdient. Eine Fortsetzung jedoch auch nicht, aber diese Flausen werden wir wohl kaum noch aus Pixars Kopf bekommen.

Außerdem fand ich ja auch Toy Story 2 um Lichtjahre besser als seinen Vorgänger. Möglicherweise überrascht mich Cars 2 ja ebenfalls. Sollte Pixar dabei jedoch Erklärungen über das Filmuniversum nachschieben und die putzig-süße Cars-Welt dabei unnötigerweise entzaubern, sehe ich eher schwarz.

Was meint ihr?

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