Die Herrschaft der Doofen
Die US-Army testet eine Möglichkeit Menschen einzufrieren, um so den Zerschliss ihrer Top-Soldaten zu verzögern. Für den Testlauf opfert die Army jedoch keinen der Top-Soldaten, sondern den durchschnittlichsten Durchschnittsmenschen, den sie innerhalb des Militärs auftreiben konnten. Er und eine Zivilperson (eine Hure namens Rita, die sich ihm Gegenüber als Künstlerin ausgibt) sollen für ein Jahr eingefroren werden, doch es kommt wie es kommen muss: Das streng geheime Projekt läuft schief und erst 500 Jahre später wird Joe Bauer (gespielt von Luke Wilson) durch Zufall aus seinem hochtechnischen Kühlsarg befreit.
Die Welt, die er daraufhin entdecken muss, ist Opfer einer dramatischen Entwicklung geworden: Die Menschheit wurde immer dümmer, woraufhin sie das Müllproblem nicht mehr in den Griff bekommen konnte, die Städte verfallen und Großkonzerne immer mehr Macht an sich reißen konnten. Die Sprache wurde immer simpler und die einzigen Lebensinhalte der Bevölkerung sind Essen, Fernsehen und Sex.
Der Beavis und Butt-Head-Schöpfer Mike Judge zeichnet in seiner schwarzen und zugleich locker-pfiffigen Satire von 2006 ein Bild, in der ein verantwortungsscheuer Durchschnittsamerikaner mit einem IQ von 100 als intelligentster Mensch der Welt dasteht und sich in Mitten reinster Idiotie und Ignoranz gegenüber Kultur wieder findet. Und auch wenn diese etwas andere Dystopie namens Idiocracy an manchen Stellen eben jener Flachheiten bedient, die sie verurteilt, so ist ihre Aussage unbestritten wertvoll. Dass die detaillierte geschilderte Zukunft, in der die Dummheit Überhand gewonnen hat, zugleich noch in eine ungemein witzige Handlung mit zahlreichen frechen Seitenhieben und kleinen, feinen Pointen eingebettet wird kommt dem denkenden Zuschauer nur zu gute.
Ganz schöpft Idiocracy sein Potential leider nicht aus, was vor allem der eher blassen weiblichen Hauptrolle Rita (Maya Rudolph) zuzuschreiben ist sowie der etwas geringeren Gagdichte im späteren Teil des Films. Dass man dem Film an seinen Sets und Requisiten das relativ niedrige Budget von 25 bis 35 Millionen Dollar ansieht mag manchen Zuschauern auch sauer aufstoßen, doch meiner Meinung nach verstärkt der Look der Zukunftswelt die Wirkung und hat zudem etwas kultiges an sich.
Hauptdarsteller Luke Wilson hat Charisma und trifft genau den Punkt zwischen leicht verpeilt und durchschnittlich-intelligent, so dass der Zuschauer das Handeln seiner Figur den ganzen Film über nachvollziehen kann und dennoch problemlos auch über Joe selbst lachen kann. Somit gewinnt der Film zusätzlich an Witz - nur über die Idioten aus dem Jahr 2505 zu lachen wäre auf Dauer doch eintönig geworden.
Lobenswert ist auch Mike Judges Regie, die zwar sicherlich kein Meilenstein der Kinogeschichte ist, bei Idiocracy aber die richtige Menge aus bitterbösem und simpel-unterhaltsamen Humor findet (mit einigen wenigen zu flachen Ausnahmen). So bewahrt er den Film nicht nur davor, zur Moralpredigt zu verkommen, sondern auch vor dem Abrutschen in die Belanglosigkeit.
Dass der wirklich witzige und eigentlich schon längst überfällige Film Idiocracy mit seiner - genrebedingt - überzeichneten jedoch wahren Aussage so unbekannt ist, ist übrigens dem Verleih 20th Century Fox zu zuschreiben. Aus Angst vor boshaften Publikumsreaktionen und Klagen der parodierten und teils auch explizit genannten Firmen beließ man es bei der US-Kinoauswertung im Jahr 2006 auf anfänglich sieben Städte, später immerhin knapp über 100 Kinoleinwände. Werbematerial, Trailer oder sonstiges Marketing sparte man sich jedoch.
Auf DVD baut sich Idiocracy jedoch mittlerweile langsam aber sicher eine wohlverdiente Fangemeinde auf. Und wer sich die Wartezeit auf den deutschen Kinostart von WALL•E mit einer unterhaltsamen Satire über eine im Müll versinkende Zukunft, in der die Menschen verblöden und Großkonzerne fast alle Fäden in den Händen halten überbrücken möchte, der liegt mit diesem Film sowieso goldrichtig.
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