Sonntag, 13. April 2008

Darjeeling Limited


Wes Anderson ist einer dieser Regisseure, deren Werk man sofort erkennt, wenn man auch nur einen seiner Filme (sei es auch nur zum Teil) gesehen hat. Seine von außerordentlich detaillierten Sets geprägte Bildästhetik ist einzigartig und die Art und Weise, wie seine Geschichten aufgebaut sind und erzählt werden hat ebenfalls eine sehr eigene Färbung. Mit galantem Musikeinsatz, verschrobenem Humor und viel Stille zeichnet Anderson in seinen Filmen die Welt von emotional verstörten, reichen Amerikanern auf der Suche nach sich selbst, Familienzusammenhalt und Freundschaft und/oder Liebe nach.

Dabei schafft es Wes Anderson, nicht verwandt oder verschwägert mit Paul Thomas (There Will Be Blood) oder Paul W.S. (Resident Evil) Anderson, problemlos sämtlichen Selbstplagiarismus zu vermeiden und unter der dicken Sicht eigener Bildästhetik, des eigenen Humors und der eigenen Erzählweise immer wieder neue Geschichten zu erzählen.
Jedermanns Geschmack ist das Gesamtwerk dieses Regisseurs jedoch mitnichten. Seine Filme schweben irgendwo in einem schwer definierbaren Grenzbereich. Emotionale, ungefilterte Kameraaufnahmen der geschundenen Hauptfiguren stecken mitten in einer Reihe von allein an den Intellekt gerichteten Sequenzen, die eine Distanz zwischen Film und Zuschauer aufbauen sollen. Und der verschrobene, leise Humor vermag sicherlich auch nicht jeden zu unterhalten.

Dennoch sollte man Wes Anderson stets zwei Chancen geben. Den hochgelobten Rushmore (1998) fand ich grausig, langweilig und zu sehr gekünstelt, zu gewollt. Mit seinem nächsten Langfilm, Die Royal Tenenbaums (2001) dagegen haute mich Anderson um, der Film gehört seither zu meinen absoluten Favoriten. Die Tiefseetaucher (2004) wiederum gefiel mir sehr, reichte aber nicht ganz an den Vorgänger heran.

Darjeeling Limited ist Andersons erster Langfilm nach diesem Triplet an Filmen und wird nicht von Touchstone Pictures veröffentlicht, sondern von 20th Century Fox' Independentlabel Fox Searchlight. Inhaltlich ändert sich jedoch nichts - man könnte höchstens behaupten, dass die Tragik oder Emotionalität zugunsten von Selbstreflexionen geprägten, nachdenklicheren Szenen etwas zurückgestutzt wurden.

Im Film geht es um drei Brüder: Francis (gespielt von einem filigran und subtil arbeitenden und dennoch herrlich komischen Owen Wilson), Peter (erstmals unter Andersons Regie: Adrien Brody) und Jack (Anderson-Routinier Jason Schwartzman) Whitman, die eine gemeinsame Reise im titelgebenden Zug "The Darjeerling Limited" unternehmen. Die Reise führt sie quer durch Indien und soll die emotional zerrütteten Gebrüder, die sich seit dem Tod ihres Vaters auseinander lebten, wieder auf den rechten Weg bringen soll. Dieses Vorhaben ist allerdings mit zahlreichen Hindernissen gespickt - und die verschrobene Art der Brüder trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei, dass aus einer besinnlich-friedlichen Reise ein Aufeinandertreffen der verletzten Persönlichkeiten wird.

Diese Geschichte lässt einen lauten, slapstickhaften Roadmovie vermuten, doch das gibt es bei Anderson natürlich nicht zu sehen. Dadurch, dass der vermeintlich offensichtliche Weg, den der Film einzuschlagen hat jedoch so "natürlich" wirkt, ist Darjeerling Limited nicht wirklich der ideale Einstieg ins Anderson-Universum. Wer mit der falschen Erwartungshaltung an diesen FIlm geht, wird schwer enttäuscht das Kino entlassen.

Denn Darjeeling Limited gewinnt seinen Humor zumeist aus den Details des Gesagtem - und noch öfter aus dem, was NICHT gesagt wird. Es gibt natürlich auch offensichtlicheren Humor, auch bereits zu Beginn des Films, doch dieser gewinnt nicht die Oberhand.

Wie auch in allen bisherigen Filmen von Wes Anderson ist auch in Darjeeling Limited der Einsatz von Musik grandios. Ein paar bekanntere Musikstücke und zahlreiche unbekannte Lieder wurden von ihm sorgfältig ausgesucht und perfekt eingesetzt. Die Expertise im Umgang mit Musik, die Anderson immer wieder zeigt erinnert fast schon an den Einsatz von Musik in der hervorragenden Serie Scrubs - Die Anfänger. Das besondere an Darjeeling Limited ist, dass Anderson komplett auf neuen Score verzichtet und den Film nur mit Liedern sowie Score-Ausschnitten aus zahlreichen indischen Filmen untermalt. Diese Scoreauswahl ist jedoch recht subtil eingesetzt, die westliche Musik dominiert die musikalische Welt dieses Films.

Für die Geschichte ist dies auch die logischste Entscheidung, die der Regisseur treffen konnte. Schließlich geht es in diesem Film um drei emotional kaputte, amerikanische Brüder, die eine Reise durch Indien unternehmen. Es geht dabei jedoch nicht um das Aufeinandertreffen der Kulturen oder dass die drei Protagonisten Indien kennen lernen wollen. Indien bleibt die Kulisse des Films.

Darjeeling Limited, zu dem übrigens auch der originelle Kurzfilm Hotel Chevalier mit Natalie Portman gehört, ist alles in allem eine verschrobene, subtile und anspruchsvolle Charakter-Dramödie die sich problemlos in Andersons restliche Filmografie einordnen lässt. Es ist nicht sein stärkstes Werk, aber auch nicht sein schlechtestes. Dafür sind die Darsteller zu stark und das Thema wird zu ambitioniert erzählt. Aber an den Charme, Witz und die Emotionalität von Die Royal Tenenbaums reicht er nicht heran.

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