Es gab eine Zeit, da plante man das Geschäft mit den Videopremieren auch für ungewöhnlicheres, neues Material zu nutzen, und nicht nur für Fortsetzungen. 1996 befanden sich mit „Beowulf“ und „Frankenstein“ zwei Trickfilme in der Preproduktion, die sich an ein wesentlich älteres Publikum richteten als die zahlreichen, zum Großteil kindlichen, Sequels. Während man mit einem disney’schen Trickfilm-Beowulf in naher Zukunft wohl nicht mehr rechnen kann (schließlich kam erst vor kurzem Zemeckis Motion-Capturing-Beowulf in die Kinos), so besteht durchaus Hoffnung, dass man eines Tages dieses Projekt wiederbeleben wird. Seit John Lasseter die Sequels gestoppt hat, steckt in der für die DTVs zuständigen Trickabteilung Disneys viel ungenutztes Arbeitspotential. Da man dies sicherlich irgendwann ausschöpfen will, lässt sich durchaus hoffen, dass irgendwer die alte Frankenstein-Idee ausgräbt. Da der Film nur für DVD-Markt produziert würde (und dann aufgrund der hohen Qualität letzten Endes doch im Kino landet), müsse sich das Produktionsteam viel weniger Druck ausgesetzt fühlen und kann auch einige experimentelle Wege einschlagen. Einen vor Blut triefenden Film wird wohl kaum einer erwarten (und erhoffen), aber einen anspruchsvollen, sehr auf Spannung und Thrill setzenden Zeichentrickfilm, den würden wir doch alle gerne sehen, oder?
Angeblich soll ja der kommende Pixar-Film Up eine sehr freie Interpretation des Klassikers um den Windmühlen bekämpfenden “Helden” sein, so zumindest einige Internetspekulationen. So lange es aber weder offizielle Stellungnahmen Pixars, noch einen Trailer gibt, ist das letzte Wort nicht gesprochen. Sollte Up höchstens ein paar zufällige Parallelen zu Don Quijoten aufweisen, so könnte Disney das Buch durchaus noch verfilmen. Tatsächlich könnte ich es mir sehr gut als einen sehr freigeistigen Trickfilm vorstellen, idealerweise gemeinsam mit der Frankenstein-Verfilmung als Start der neuen Reihe ambitionierter DTV-Produktionen. Vielleicht kann man sich dabei auch an Terry Gilliams Ideen anlehnen?
Die kreativen Köpfe bei Pixar waren, so konnte man es Ende 2007 mehrfach dem Internet entnehmen, alles andere als zufrieden mit der Werbekampagne, die Disney für Brad Birds Ratatouille vorbereitet und letztlich auch durchgeführt hat. Deshalb verlangte man, die Promotion für den nächsten Kinofilm, WALL•E, selber in die Hand nehmen zu dürfen – und tatsächlich wurde dies auch gestattet.
Und Pixars Schritt in das neue Territorium der Film-PR sollte sich letztlich nicht auf Trailer und Kinoposter beschränken. Viel mehr startete Pixar eine ambitionierte virale Kampagne, welche dem Publikum die Hintergrundgeschichte des fiktiven Großkonzerns „Buy n Large“ näher bringt. Das Herzstück dieser Kampagne, die zu keinem Zeitpunkt zugab, worum es sich bei „Buy n Large“ wirklich handelt und stets den Anschein der Realität bewahrte, ist die Webseite www.buynlarge.com, die vermeintliche Homepage des Konzerns. Diese Seite gehört zu den größten, die je als Teil einer viralen Werbekampagne entworfen wurde und ist zudem feinstes Komikgold. Während die Seite oberflächlich bloß so wirkt wie eine dieser typischen, amerikanischen „Wir sind eine Familie und sorgen uns um das Wohl Amerikas“-Konzernwebseiten, so offenbart sich beim zweiten Hinsehen Satire vom allerbesten. Vor allem die „World News“-Sektion sprüht nur so vor mal heiteren, mal bissigen bis hin zu abgrundtief bösartigen Seitenhieben auf geldgierige, aufs Monopol schielende Großkonzerne, die über Leichen gehen um den Profit zu vergrößern.
Da sich der kommende Kinohit WALL•E aber hauptsächlich um die Titelfigur drehen wird, und eben nicht um die schockierende Geschichte der Firma hinter dem Roboter, verdirbt einem diese geniale Kampagne zu keiner Zeit die Vorfreude auf den nächsten Pixar – es gibt ja keine Spoiler – und baut bloß Vorfreude auf, dafür aber so sehr, wie es schon lange keine Werbekampagne mehr getan hat.
WALL•E wird zweifellos einer der besten Trickfilme aller Zeiten, und ich muss zugeben, dass ich mir bereits jetzt ein Spin-Off wünsche. Und sei es nur als ausführliches Extra auf der DVD. Ich wünsche mir nämlich vom ganzen Herzen eine ausführliche Mockumentary über den Aufstieg von „Buy n Large“, ganz im Stile der konzerneigenen Webseite. Es steckt so enormes Potential dahinter und wenn man es richtig anpackt könnte es die witzigste, gemeinste und zugleich feucht-fröhlichste Satire werden, die je aus dem Disney-Konzern ihren Weg in die Kinos (oder auf die DVDs) gefunden hat. Ich sehe bereits vor meinem geistigen Auge, wie einige der Artikel auf der BnL-Page verfilmt werden könnten. Sony bewies mit Könige der Wellen, dass Mockumentarys im Medium Animationsfilm funktionieren -und ich weiß genau, dass Pixar es eh noch tausend Mal besser hinkriegen würde. Und deshalb wünsche ich mir diesen Film!
Fortsetzung folgt... wenn wir uns langsam den absoluten Wunschträumen eines Disney-Fans nähern. Dort begegnen wir unter anderem einem Schöpfer und seinem Werk. Und jaaa... nicht nur meine eigenen Film-Träumereien werden eine Rolle spielen. Auch so manch anderer wird sich die kommenden Projekte herbeisehnen!
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