Die feindlichen Übernahmeversuche auf Walt Disney Productions in den frühen 80er-Jahrenwurden bereits ausführlich in Disney-Sekundärliteraturen behandelt – ein Werk das dabei besonders heraussticht und auf welches in anderen Disney-Sachbüchern oft zurückgewiesen wird ist „Storming the Magic Kingdom“ von John Taylor. Auf 261 Seiten fasst der Autor alles wesentliche über diese turbulente Zeit bei Disney zusammen und lässt aufgrund des packenden Schreibstils viel Lesefreude aufkommen. In Rezensionen wird das Werk oft mit Filmen verglichen und als hochspannender Krimi bezeichnet. Warum also nicht verfilmen?
Es gibt so viele Biopics, aber wie wäre es nun mit einem Companypic? Nun, kein Studio könnte je diesen Film umsetzen ohne Disney im Nacken zu haben. Also müsste Disney selbst das in die Hand nehmen. Ja, es würde wohl nie geschehen, aber es wäre wunderbar. Und direkt danach könnte man das Buch umsetzen, dass für den Anfang der 00er bei Disney das ist, was „Storming the Magic Kingdom“ über die 80er ist: James B. Stewarts „Disney War“.
Schreie der Verlorenen, die Verfilmung des Romans „A Watcher in the Woods“ von Florence Engel Randall, ist ein besonders spannendes und bezeichnendes Beispiel für Disneys zweites Dark Age. Ursprünglich sollte der blutarme Gruselthriller durch dichte Atmosphäre und eingestreute Schockmomente Disneys Antwort auf Der Exorzist werden. Ernsthaft rechnete man mit geschockten Reaktionen der amerikanischen Eltern – und lies dies in einem der Trailer deutlich werden. Eine Texttafel warnte, dass dies kein Märchen wäre und Eltern empfohlen wird den Film vor ihren Kindern zu sehen. Eine andere Texttafel vor einem weiteren Trailer ist ebenfalls für die Einstellung des Studios zum Film bezeichnend: Disney möchte mit dieser Produktion eine neue Ära vorstoßen. Sicher, eine gewisse Marketing-Übertreibung kann man dem nicht abstreiten, doch es steckte auch ein Körnchen Wahrheit in diesem Werbetext.
Aber es kam (wie so oft für Disney in den 80er Jahren) ganz anders als man dachte.
Der Aufsichtsrat zeigte sich wenig über die Pläne erfreut und nur ein mehrmals entschärftes Drehbuch schaffte es in die Produktionsphase – während der Dreharbeiten sorgte dann Ron Miller, damaliger Präsident der Disney Productions, persönlich dafür, dass weitere kritische Szenen verharmlost werden. Darunter sogar ein Moment, in dem die Hauptfigur eine Ohrfeige bekommen sollte. Doch all dies war nur die Spitze des Eisberges für dieses Projekt. Durch zahlreiches Hin und Her über die Endsequenz versetzte das Studio dem Film seinen Todesstoß. Im Zuge der aktuell anhaltenden Modernisierung des „Walt Disney Pictures“-Markennamens wäre heute endlich der richtige Zeitpunkt für diesen Filmstoff angekommen. Sofern sie auf übertriebene Bluteffekte und ausschweifende Tötungssequenzen verzichten können auch die spannendsten und Nerven zerfetzendsten Gruselfilme ein PG-13 erlangen. Ein Rating, vor dem Disney nicht weiter zurückschreckt. Zwar erregen Remakes nicht selten ein entnervtes Stöhnen beim Publikum und bei den Kritikern, die einen Mangel an Kreativität in Hollywood vermuten, doch in diesem Falle wäre nicht der Ideenmangel Schuld am Remake. Auch keine Geldgier. Dieser Film hat sich sein Remake verdient – damit er wenigstens einmal gescheit produziert wird.
Platz 36: Gnomeo & Juliet
Ähnlich wie um Schreie der Verlorenen gab es auch um Gnomeo & Juliet ein heftiges Hin und Her. Doch während der Gruselthriller wenigstens den Weg ins Kino gefunden hat, bleibt es im Falle der Animationskomödie mehr als unklar. Ursprünglich als Disney-Zeichentrickfilm fürs Kino geplant litt die Koproduktion mit Rocket Pictures unter den (in Disneys Augen) kläglichen Einspielergebnissen der Meisterwerke aus dieser Dekade – und wurde letztlich wie zahlreiche andere Projekte gecancelt. Die Reaktionen der Disney-Fans waren gemischt. Manche trauerten nicht gerade um die Romeo & Julia-Neufassung mit Gnomen und Elton-John-Songklassikern. Schließlich bräuchte es nicht noch einen bitteren Literaturklassiker, der durch Disney sein Happy End erhält. Andere waren dagegen aufgrund der originellen Idee durchaus enttäuscht. Nicht lange Zeit später wurde das Projekt jedoch als CGI-Film wiederbelebt. Doch die Produktion schien eher schleppend zu verlaufen – die nächste Meldung über die Komödie kam erst Anfang 2006, als John Lasseter als eine seiner ersten Amtshandlungen direkt neben mehreren DTV-Sequels auch diesem Film den Stecker zog. Jedoch nicht ohne Protest der am Film Beteiligten und den Chefs des Plattenlabels „Walt Disney Records“. Und so kam es zum Kompromiss: Lasseter bekommt seinen Willen – dies wird kein Disney-Trickfilm. Die Produzenten des Films bekommen auch ihren Willen: Der Film kommt in die Kinos – als Miramax-Film mit PG-13. Ob nun auch das tragische Ende möglich ist? Nun, wer weiß. Es ist wohl genauso wahrscheinlich wie eine Koproduktion zwischen Disney und Miramax. „Santa Clause“ war eine Koproduktion zwischen Hollywood Pictures und Walt Disney Pictures. Letzteres Label brachte den Film raus, unter ersterem wurde er entwickelt. So ähnlich wird es wohl auch bei Gnomeo & Juliet ausgehen – auf das Miramax-Logo folgt die Einblendung „in Zusammenarbeit mit Walt Disney Pictures“. Es wäre in meinen Augen die korrekteste Lösung.Und Rechtfertigt meine Entscheidung diesen Film hier zu erwähnen...
Platz 35: Joe Jump
Kurz bevor sich die Gerüchte, John Lasseter würde aus den Walt Disney Animation Studios wieder ein reines Zeichentrickstudio machen, immer populärer wurden tauchte in mehreren Listen zukünftiger Disney-Trickfilme der Titel Joe Jump auf. Ein paar Wochen später tauchte die vermeintliche Idee hinter diesem Film auf: Eine Videospielfigur aus den frühen 80er Jahren landet in einer modern animierten Computerumgebung. Diese „Fish out of Water“-Geschichte klingt nach einem herrlichen Leckerbissen für Videospiel-Nostalgiker, einem vor Anspielungen und Seitenhieben sprudelnden Spaßprojekt. Mittlerweile ist der Titel mehr oder weniger von den Listen verschwunden, gecancelt wurde er jedoch auch noch nicht. Da heißt’s wohl Abwarten und Feuerblumen-Tee trinken...
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