Platz 43: Baron von Münchhausen
Terry Gilliam verfilmte seine Geschichte, Hans Albers spielte ihn schon und Käpt’n Blaubär schlägt voll und ganz in seine Kerbe: Der Meister der großen Lügen ist im Mediengeschäft alles andere als ein Unbekannter. Schade, dass Disney ihm bisher nicht die verdiente Ehre gegönnt hat. Dabei wäre ein Trickfilm über den Lügenbaron mit Sicherheit eine spaßige Angelegenheit. Man bräuchte dafür aber vor allem einen Regisseur der die Geschichte davor bewahrt all zu sehr in eine episodenhafte Kinderei abzurutschen, bei Disney und dieser Vorlage (wie ich finde) keine völlig unbegründete Befürchtung. Doch richtig angepackt wäre Baron von Münchhausen eine passende und zugleich völlig unerwartete Ergänzung des bisherigen Meisterwerk-Rasters aus den Disney-Studios. Die Genre-Türen sind dabei weit geöffnet. Es könnte im Disney-Märchenstil gemacht werden, als Abenteuer, Fantasywerk und selbstverständlich auch als Komödie. Gut, man könnte auch ein depressives Psychodrama über einen krankhaften Lügner machen, der sich nach und nach in seiner immer weiter ausdehnenden Lügenwelt verliert – aber das dann bitte nur aus der Feder von Christopher Nolan, mit seinem Stammdarsteller Christian Bale als Baron und dann nicht unter dem Disney-Logo...Dafür wurde Miramax geschaffen...
Ende der 90er Jahre begann eine Experimentierphase in den Disney-Studios. Die Ergebnisse dieser teils etwas verworrenen Zeit konnte man zu Beginn dieser Dekade im Kino bewundern. Allerdings fanden sich leider ziemlich wenige Kinozuschauer, die diese Filme auch im Kino sehen wollten. Der Schatzplanet lief in den Kinos katastrophal und im Jahr davor ging Atlantis heimlich, still und leise unter. Das hat sich Disney jedoch anders vorgestellt: Das ambitionierte Projekt der Die Schöne und das Biest-Regisseure Kirk Wise und Gary Trousdale sowie dem König der Löwen-Produzenten Don Hahn löste studiointern eine Euphorie aus. Stolz sollen sie T-Shirts mit dem Aufdruck „Atlantis – Less Songs, More Explosions“ getragen haben, Autor Tab Murphy entwickelte eine ausführliche Story über das Tagebuch des Hirten, bei Disney Press erschienen neben den üblichen Tie-In-Buchprodukten aufwendige Graphic-Novels und Romane mit einer erwachsenen Zielgruppe und der Gargoyles-Schöpfer entwickelte eine Mystery-Zeichentrickserie auf Grundlage des Films. Und zu guter Letzt ging ein DTV in die Entwicklung, das mit stolzem Budget hätte gesegnet werden sollen: Atlantis –Shards of Chaos. Doch dann kam alles anders als Disney es sich erhoffte: Weder entstand ein neuer Hype um den Mythos Atlantis, noch hatte der Film Atlantis Erfolg. Und egal wie man nun über den Film denkt: Ein Blick zurück auf die Zeit, als Disney noch vor Kinostart von seinen Produktionen überzeugt war (und nicht wie bei Fluch der Karibik erst nach dem DVD-Start langsam mit guten Merchandising für erwachsene Fans ankommt) hinterlässt doch wohlige Schauer auf dem Rücken – und ich würde wirklich gern ein solch ambitioniertes DTV-Sequel sehen, das zusammen mit dem Original entwickelt wurde.
Platz 41: Die göttliche Komödie
Dantes göttliche Komödie, in der der Ich-Erzähler durch die drei Reiche der Toten (Hölle, Fegefeuer und Paradies) reist gehört zwar zu den größten und prägendsten Klassikern europäischer Literatur, blieb von der Welt der Filmemacher bislang jedoch weitesgehend unbemerkt (Ausnahme: die dreiteilige Verfilmung von Bertolini und Padovan von 1909 bis 1911).Und zugegebenermaßen sehe ich Dantes Werk nicht gerade als ein leicht verfilmbares an. Doch das soll nicht heißen, dass man sich nicht über eine Umsetzung freuen müsste. Ein bisschen sehe ich in der göttlichen Komödie eine düstere und härtere Version der surrealen Reise der kleinen Alice durch ihr Wunderland. Und so wie Lewis Carrolls Buch umgesetzt wurde müsste man die Reise durch die Reiche der Toten umsetzen. Jedenfalls wäre es die Version über die ich mich am meisten freuen würde.Mit seiner herrlichen Mischung aus Sci-Fi, Fantasy und Abenteuer und seiner netten Prise düsterer Atmosphäre ist H.G. Weills‘ Klassiker wohl der Grundstein jeder Zeitreiseliteratur und –filme in den vergangenen Dekaden. Während die erste Verfilmung dieses Stoffes zu einem der größeren Filmklassiker aufstieg, geriet die noch junge Verfilmung von 2002 mehr oder minder zu Recht in Vergessenheit. Da Disney derzeit sowohl auf dem Abenteuer- als auch auf dem Sci-Fi-Trip ist, sollte man langsam ernst zu nehmende Überlegungen anstellen, ob die Filmrechte an diesem Stoff nicht eine lohnenswerte Investition sind. Denn neben all den neuen Grundlagen für aktuelle und kommende Disney Abenteuer- und Sci-Fi-Filme braucht es halt auch eine Literaturverfilmung, um diesen Trend auch für nachfolgende Generationen klar zu markieren. Außerdem ist es einfach eine tolle Geschichte, die ich gerne als ersten Non-Bruckheimer-PG-13-Disney-Spielfilm sehen würde.
Fortsetzung folgt... dann unter anderem mit ein paar Bewohnern der Development Hell und einer relativ langen Reise...
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