Obwohl es einige Weihnachtsfilme gibt, die ich mag, so haben sich nur drei als absolute "Must Sees" herauskristallisiert, die ich unbedingt zwischen Heiligabend und dem zweiten Weihnachtstag sehen muss, einfach, weil es ein inneres, brennendes Verlangen gibt, das nur so gestillt werden kann. Das sind seit Kindheitstagen Santa Clause mit Tim Allen und Die Muppets Weihnachtsgeschichte - und dann ist da meine jüngste Weihnachtstradition: Sofia Coppolas A Very Murray Christmas, ein faszinierendes, deutlich in drei Akte zu teilendes Weihnachtsspecial voller Musik, Selbstironie und festtäglicher Melancholie. Ich habe zwar bereits über meine Faszination für diese Netflix-Eigenproduktion geschrieben, doch manchmal gilt: Doppelt hält besser. Und so möchte ich zum dritten Jubiläum dieser Festtagsgewohnheit sämtliche Musikeinlagen aus A Very Murray Christmas in ein Ranking quetschen. Denn das Internet liebt Hitlisten und ich habe gerade eh nichts besseres zu tun! Und vielleicht brauchen manche von euch noch einen Antrieb, endlich mal diese Sofia-Coppola-Regiearbeit anzuschauen ..?
Platz 12 : Alone on Christmas Day
Dieses Lied markiert (fast, beinahe, ungefähr, wenn man so will) den Mittelpunkt des Specials, und es ist für mich der kleine Moment zum Durchatmen. Wir sind im zweiten Drittel angelangt, das (in meiner Vorstellung) aufzeigt, wie Bill Murray seine Heiligabende verbringt - und mit seiner piefigen retroluxuriösen, leicht verbitterten Hostelästhetik wohnt diesem Teil von A Very Murray Christmas etwas inne, das mich sehr anspricht. Ich würde liebend gern einmal einen Heiligabend so verbringen: In einer schmucken, aber altmodischen Bar, allein mit anderen einsamen Seelen, die dennoch stilvoll durch den Abend wollen. Aber der Phoenix-Song ist so belanglos und so neutral inszeniert, weder bitter, noch süß, noch bittersüß, dass diese Gesangsnummer für mich schlicht immer wieder den Moment bedeutet, an dem ich mir denke: "Joah, ich könnte ja mal auf Pause drücken und mir etwas Glühwein nachschenken. Und sind eigentlich noch Spekulatius im Haus?"
Platz 11: Do You Hear What I Hear?
Entweder ist Sofia Coppola nochmal eine Spur gewitzter, als ich ihr vor diesem Special zugetraut habe, oder sie hat einfach ein glückliches Händchen. So oder so, was ich ihr einfach bei A Very Murray Christmas zugute halten muss: Sie weiß, was Filme ausmacht, die übermäßig oft konsumiert werden - oder trifft es intuitiv. Kennt ihr das, dass manche Kultfilme Szenen beinhalten, die erst nach x-maligem Gucken aufgehen, dann aber umso besser wirken? Bei A Very Murray Christmas gibt es sogleich mehrere solcher Augenblicke - so, als wüsste Coppola, dass einige traurige Seelen das Special ungesund oft und jährlich konsumieren werden, und daher Momente verdient haben, die nach mehrfacher Sichtung in neuem Licht dastehen. Beim ersten und zweiten Mal war das Duett zwischen einem unmusikalischen Chris Rock und einem (vermeintlich) unmotivierten Bill Murray der absolute Tiefpunkt des Specials für mich, ein Beinahe-Abschaltmoment. Mittlerweile komme ich kaum aus dem Grinsen heraus. Bei den Musikmomenten reicht es trotzdem (aktuell) nur für den vorletzten Rang, aber es gibt ja auch Szenen dazwischen - und ich ahne, dass dieser Part noch wachsen wird ...
Platz 10: The Christmas Blues
Simpel, aber ein bezeichnender Vorbote für dieses Special: Bill Murray singt, wie wenig Lust er auf Weihnachten hat, und doch schleicht sich eine dezente Festlichkeit in die Melodie. Der perfekte Auftakt für A Very Murray Christmas, mit einem blues-ig dahinräuchelndem Murray in comichafter Montur, bestehend aus lässig gelockertem Anzug und Rentierhaarreif.
Platz 9: Silent Night
Laut Sofia Coppola war dieses Lied ursprünglich gar nicht eingeplant, doch Miley Cyrus und Pianist Paul Schaffer improvisierten das Stück, als Coppola am Drehtag die Beiden fragte, ob sie neben den geprobten Nummern noch ein Lied beherrschten. Angeblich haben die Beiden sehr zügig diesen besinnlichen Klassiker einstudiert - und Cyrus mit ihrem dunklen, leicht angequarzten Timbre Stille Nacht singen zu lassen hat etwas, zumal diese Einlage noch einmal unterstreicht, welch gute Sängerin an ihr verloren gegangen ist. Für eine höhere Platzierung reicht es nur deshalb nicht, weil das Lied (unter dem Gesichtspunkt, wie die Stimmung des Specials verläuft) vielleicht eine Strophe (oder eine halbe) zu lang dargeboten wird.
Platz 8: A Fairy Tale of New York
Die einsame, verbitterte Gruppe an Hotelbesuchern und -angestellten ist im weihnachtlichen Geiste vereint, kippt von Bill Murray ausgeschüttete Shots und singt ein semi-feierliches Lied, das von einem Großstadtmärchen erzählt - das sich nach einer versoffenen Nacht abspielt. Eigentlich ein magischer Moment, und das Engagement des Ensembles stärkt ihn noch mehr, doch das schlichte, zurückhaltende Arrangement verblasst einfach im Vergleich zu der Version, die The Porgues von diesem Lied abgeliefert haben.
Platz 7: Let It Snow, Let It Snow, Let It Snow
Murray, Cyrus und George Clooney geben eine vergnügliche, Energie versprühende Version dieses Evergreens (Everwhites?) zum Besten. Mehr gibt's dazu eigentlich nicht zu sagen.
Platz 6: We Wish You A Merry Christmas
Das Lied ist unverschämt simpel - und so fies-eingängig! Es ist, so unfestlich es auch sein mag, eines meiner liebsten Weihnachtslieder, und selbst eine kurze Darbietung des Songs wie hier in A Very Murray Christmas lässt mich ein ums andere Mal strahlen.
Platz 5: I Saw The Light (Only You)
Das einzige Nicht-Weihnachtslied in diesem rund einstündigen Netflix-Film rundet den Mini-Subplot ab, der fast-beinahe-eventuell das zweite Drittel des Films trägt: Jason Schwartzman und Rashida Jones finden als zerstrittenes Fastehepaar mit Hilfe von Bill Murray Schlichtung. Das Lied passt so gut ins Special, gerade, weil es thematisch überhaupt nicht reinpasst. Klingt paradox, ist aber einfach nur schön - und ein herzlicher Moment in diesem zynisch-ironisch-bitter-einsam-übertriebenfestlichen Special.
Platz 4: Christmas (Baby Please Come Home)
Ich weiß nicht, ob ich mich dafür schämen muss, oder ob es vielen so geht, doch ich wusste vor diesem Special nicht, welch fantastische Singstimme Maya Rudolph hat. Die Brautalarm-Darstellerin kommt in die Handlung spaziert, in bestem "Betrübte, aber keinerlei Anstand machende Diva"-Look und schmettert einfach so eine herzzerreißende, weihnachtliche Nummer dahin, nur um sich daraufhin, als wäre nichts geschehen, vergnügt in die folgenden Ensemblenummern einzureihen. Wie schön, dass ihr als Verneigung vor dieser Leistung die Abspannsequenz gewidmet ist. Hut ab!
Platz 3: Baby, It's Cold Outside
Ein stimmiger Auftakt für das zweite Drittel dieses Weihnachtsspecials: Bill Murray, sich nach seinem gescheiterten Weihnachtsspecials lustlos in einer Bar niederlassend, trifft auf eine sympathische Kellnerin und flirtet unschuldig-spielerisch mit ihr, nach und nach die ablehnende Rolle einnehmend, während sie mit Augenzwinkern die aktive Rolle übernimmt. Jenny Lewis' Spiel und Stimme sind toll und Murrays trockene Einwürfe werden mit jeder Sichtung des Specials lustiger. Da bekommt man glatt Lust, Weihnachten desorientiert und ohne weiterführende Pläne im Anzug in einer Hotelbar zu verbringen und darauf zu warten, dass die Zeit umgeht, während man mit Gleichgesinnten halb-verbittert, halb-amüsiert den Abend totschlägt.
Rang 2: Sleigh Reid
Das erste Drittel von A Very Murray Christmas ist genau das, was ich von einem Bill-Murray-Weihnachtsspecial erwarten würde: Ein mürrischer Meta-Kommentar auf klassische Weihnachtsspecials. Das zweite Drittel ist, wie weiter unten bereits ausgeführt, ein Weihnachtsfest, an dem ich ungeheuerlich gern teilhaben würde, und das dritte Drittel ist ein TV-Weihnachtsspecial, wie ich es unfassbar gern in abendfüllender Länge sehen würde: Übertrieben-showy, selbstironisch-künstlich-edel und in seinen Emotionen aufgedreht. Die Eröffnungsnummer dieses Drittels, ein flottes Lied zwischen Murray und einer rauchig gestimmten, munteren Miley Cyrus, ist genau der Energieschuss, den es nach dem bittersüßen Hotelpart braucht. Toll!
Rang 1: Santa Claus Wants Some Lovin'
Ich kann mir einfach nicht helfen, aber diese Musiknummer trifft einfach mein Komikzentrum mit einer schockierenden Genauigkeit. In diesem zu rund zwei Dritteln doch recht gemäßigten, melancholischen Weihnachtsspecial drehen Bill Murray und Band plötzlich den Swing auf und setzen auf eine groovige Nummer, in der Bill Murray von einem Familienvater singt, der am Heiligabend nach Sex mit seiner Frau lüstert - und dann lehnt sich George Clooney aus dem Gebüsch und quäkt "Santa Claus Wants Some Lovin'" daher. Es ist so erfrischend, so albern und so unromantisch, dass es aus dem restlichen Special heraussticht - und es ist für mich das wundervoll-depperte Leuchtfeuer dieser fast einstündigen Netflix-Produktion, das mich immer wieder an sie zurückdenken lässt. Was auch immer das über mich aussagt.
Und damit wünsche ich euch allen ein frohes Fest. Feiert es auf eure Weise, fühlt euch von mir gedrückt und lasst es euch bitte gut gehen!
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