Mit The LEGO Movie vollbrachten Phil Lord
und Chris Miller ein kleines Wunder: Sie nahmen eine in ihrem Grundkern
hochkommerzielle Filmidee ("Lasst uns einen ganzen Kinofilm über LEGO
machen!") und verformten sie durch Cameos, LEGO-Referenzen und
Popkulturpersiflagen zu einer Geschichte darüber, dass Individualität und
kreative Freiheit hohe Güter sind. Und das, um es nochmal festzuhalten, mit
LEGO, einem Spielsystem, das sich seit Jahren mehr und mehr durch den Verkauf
von Lizenzware über Wasser hält, während die Originalsets des Unternehmens eher
die Kür darstellen. Oder habt ihr jemals über ein LEGO-Set ohne Popkulturlizenz
auch nur halb so viele Artikel gesehen wie über den neuen, 800 Euro teuren
Millennium Falcon?
Im Fahrwasser des immensen kommerziellen Erfolgs des
frenetischen Animationsfilms kündigte Warner Bros. Animation rasch zahlreiche
weitere LEGO-Kinofilme an: Neben einer direkten Fortsetzung sollten auch eine
Wettrennkomödie, ein Film über den Publikumsliebling LEGO Batman sowie ein Film
auf Basis des von LEGO selbst kreierten Ninjago-Mythos folgen. Während sich
The LEGO Batman Movie Anfang dieses Jahres darin übte, die
parodistischen Elemente des ersten LEGO-Films voll aufzudrehen und vor allem
Batman-Fans ein Gagfeuerwerk zu bieten, kommt mit The LEGO Ninjago
Movie nun die erste Produktion dieser LEGO-Welle in die Kinos, die
keine konkreten Popkulturreferenzen beinhaltet. Statt mit selbstironischen Gastauftritten
von Film- und Comiclegenden zu punkten, nimmt sich diese Trickkomödie grob,
ohne direkte Nennung von Vorbildern, dem Kung-Fu- und Ninja-Kino an, wobei wohl
nicht wenige im Publikum angesichts der Story auch an Star
Wars denken werden. Und eine kleine Prise Power
Rangers ist auch vorhanden.
In der Großstadt Ninjago leben die Menschen in Angst und
Schrecken vor dem fiesen Lord Garmadon, der jeden Tag versucht, mit seiner
Armee die Stadt zu erobern. Oder sie dem Erdboden gleichzumachen. Oder eine
Kombination aus beidem. Darunter hat Schuljunge Lloyd am meisten zu leiden.
Denn er ist Garmadons Sohn – weshalb er in der Schule ausgegrenzt wird. Nur
seine fünf besten Freunde stärken ihm den Rücken. Was niemand weiß: Hinter den
sechs mysteriösen Ninjas, die in ihren Riesenmaschinen Tag für Tag die Stadt
retten, verbirgt sich dieses Sextett. Doch eines Tages reißt Lloyd der
Geduldsfaden, sich weiter mit dieser komplizierten Situation auseinanderzusetzen,
weshalb er zu einer verbotenen Waffe greift. Kann Lloyds Onkel, der Ninjameister
Wu, mit seinen Lehren dem Teenager beibringen, dass noch so viel unerkanntes
Potential in ihm steckt?
Bereits der Original-LEGO-Film hatte
leichte Schwächen hinsichtlich dessen, wie abgenutzt der Grundplot ist. Zwar
verpassen Lord und Miller dem altgedienten Plot des Auserwählten, der nicht
weiß, wie besonders er ist und sich daher wie ein austauschbarer Langweiler
fühlt, ein paar Seitenhiebe. Doch zwischenzeitlich ist The LEGO
Movie dann eben sehr wohl eine Fließbandversion einer solchen
Geschichte. Verquickt wurde dies aber mit einer kurzen, pointierten Vater-Sohn-Geschichte.
Und die nachfolgenden LEGO-Filme … Tja. Die kupfern fröhlich das Rezept ihres
Vorgängers ab. Die Batman-Story hat aber so viel Comicchaos und liebevolle
Batman-Persiflage zu bieten, dass es dennoch nicht negativ auffällt -
The LEGO Ninjago Movie dagegen fühlt sich abseits seines
rudimentären Grundkonstrukts so leer an, dass sich die unbeseelte Erfüllung der
LEGO-Filmstruktur aufdrängt.
Da wäre der Junge, der glaubt, nicht von seinem Vater geliebt
zu werden – der dieses Mal zudem wortwörtlich in Form eines Oberschurken
daherkommt. Natürlich ist Lloyd ein unpopulärer Underdog (der dennoch fünf enge
Freunde hat … verquere Filmlogik …), der obendrein mit seiner Ninjakraft
("grüüün") unzufrieden ist und erst erkennen muss, wie wertvoll er ist
– und das, was er in seine Heldengruppe mitbringt. Die semi-mysteriösen
Ratschläge eines alten, weisen Mentoren müssen entschlüsselt werden und
außerdem gibt es einen gewollt-dämlichen Popsong, der sich durch den Film
zieht. Statt "Malen nach Zahlen" also "Klötzchenfilm bauen nach
alter Anleitung".
Während die beiden Vorgängerfilme ihr frenetisches Tempo und
ihren quirligen Humor mit kleinen, figurengesteuerten Handlungseinschüben
ausbalancieren, ist das Skript des Autoren-Sextetts Bob Logan, Paul Fisher, William
Wheeler, Tom Wheeler, Jared Stern und John Whittington mit einem Albtraumstau
zu vergleichen: Stillstand, der sich langsam löst, woraufhin alle rasch auf die
Tube drücken und von Spur zu Spur wuseln, wieder elendig langer Stillstand. In
den Actionszenen quasseln die Figuren wild drunter und drüber, zahlreiche Dinge
passieren in rasanter Abfolge, dann bleibt alles stehen, damit eines von zwei
Szenarien das Geschehen auf der Stelle treten lassen kann. Entweder führen
Lloyd und sein ignoranter Vater einen Fremdschamdialog, in dem eine Seite
partout nicht versteht, was die andere ausdrücken will – und die Regie (Charlie
Bean, Paul Fisher, Bob Logan) verlässt sich darauf, dass sie den Gag so sehr in
die Länge zieht, dass er den Weg von lustig zu unlustig zurück zu lustig,
zurück zu unlustig wieder zurück zu lustig findet. Oder aber die Heldentruppe
kommt im Schneckentempo der Aussage von Wus Lehren näher, bevor sie eh wieder
alles über den Haufen wirft, weil wir noch nicht im letzten Fünftel der 101
Filmminuten angelangt sind.
Aufgrund der generischen Charakterzeichnung der Helden und
des minimalen Charakterbogens, den Garmadon durchmacht (von planlos-böse zu liebenswert-frech)
haben die ruhigeren, figurenbezogenen Szenen von The LEGO Ninjago
Movie zu wenig Gehalt, als dass sie ihre ausgedehnte, langsame
Umsetzung tragen können. Bei der gebotenen Tiefe hätte dieser Film maximal
Stoff für 70 Minuten, eher nur für eine Doppelfolge der Ninjago-Serie, zu bieten.
Der "Aneinandervorbeigerede"-Gag wird rasch alt, und was
Familienanimationsfilme angeht, die Tropoi des asiatischen Kampfkinos liebevoll
persiflieren, kann The LEGO Ninjago Movie nicht mit der
Passion und dem Einfallsreichtum der Kung Fu Panda-Reihe
mithalten, die viel konzentrierter und origineller aus ihren Vorlagen
Inspiration schröpft.
Ein paar Treffer hat diese Trickproduktion zwar, wie den
Gebrauch von Realfilmmaterial in der Haupthandlung und den trockenen Humor von
Lord Garmadon, trotzdem ist sie ein gähnend-müder Vergleich zu ihren Vorgängern
– von einem einzigen Aspekt abgesehen: Der Ninjago-Film sieht am ehesten so
aus, als sei er ein echter LEGO-Klötzchen-Stop-Motion-Film. Das Regietrio
stilisiert die LEGO-Landschaften weniger als die Vorläufer, die durch starke,
irreale Lichtsetzung dem Gezeigten etwas Andersweltliches mitgaben – dieser Film
hingegen sieht so aus, als würde ein handelsübliches LEGO-Set unter normalen
Kinderzimmerbedingungen zum Leben erwecken. Die nicht so gestreng stilisierte Lichtsetzung
hat zur Folge, dass Bean, Fisher & Logan das Auge der Betrachter weniger
lenken als ihre Vorgänger, weshalb wildere Actionszenen etwas unübersichtlicher
ausfallen, trotzdem hat dieser noch echtere LEGO-Look einen großen Reiz.
Vielleicht kann ihn ja einer der kommenden LEGO-Filme mit einer besseren
Handlung paaren?
1 Kommentare:
2017 ist bisher echt kein gutes Jahr fuer Animationsfilme. Der einzige, den man als wirklich gelungen bezeichnen koennte, ist The Lego Batman. Ich hoffe wenigstens, dass Coco genial bzw. gut wird. Allerdings weiss ich nicht, welche 5 Filme fuer den Oscar nominiert werden sollten. 3 Auslaendische? Oder werden Cars 3 und Despicable Me 3 nominiert. Dies waer schon eine Frechheit zum Beispiel fuer Filme wie Findet Dory. Echt komisch, dass dieses Jahr nichts kommt. Und naechstes Jahr kommen gleich Incredibles 2, Ralph Reichts 2 und Isle of Dogs.
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