Kein Plot, sondern eine Ansammlung an zusammengeklöppelten
Filmkonzepten
Obwohl die Trailer bereits gefühlt 80 Prozent der Story
enthüllt haben, bat Warner vor Kinostart die Kritikerzunft, in ihren Artikel
nicht zu viel zu verraten. Davon abgesehen, dass dieser Widerspruch zwischen
eigener Kommunikation und dem Wunsch dessen, was Medienjournalisten schreiben
sollten, schon albern war, als Sony ihn vor den SPECTRE-Pressevorführungen
äußerte: Sofern nicht irgendein Spoilerfreak in jeder seiner Kritiken zwanghaft
die letzten 15 Minuten erläutert, wüsste ich nicht, was wir Kritiker im März groß
über Batman v Superman: Dawn of Justice hätten spoilern
können.
Denn das Drehbuch Chris Terrio und David S. Goyer besteht
nicht etwa aus stringenten Geschichte oder aus mehreren aufeinander
zulaufenden, einen eigenen Antrieb aufweisenden Subplots. Viel mehr besteht es
aus einer Ansammlung von Handlungsansätzen, die einen eigenen Film tragen
könnten, nun aber in rudimentärer Form halbherzig zusammengeklöppelt wurden:
Der Unternehmer Bruce Wayne (Ben Affleck), muss hilflos mit ansehen, wie durch
den in Man of Steel geschilderten Kampf zwischen zwei Aliens
zahlreiche seiner Angestellten einen grausamen Tod sterben. Daher beschließt
er, mehr über den in diesen Akt der Zerstörung involvierten Außerirdischen
namens Superman (Henry Cavill) herauszufinden: Was sind seine Schwächen, und
wie könnte er ihn im Gewand seines Superhelden-Ichs Batman töten, sollte es
nötig sein?
Bruce Wayne ist nicht der einzige, der Superman kritisch
beäugt: Zwar wird er gemeinhin als Retter der Menschheit erachtet, jedoch
erzürnt diese Heldenverehrung jene, die bei Supermans erstem Einsatz schwer
verletzt wurden oder einen geliebten Menschen verloren haben. Der US-Senat,
insbesondere Senatorin Finch (Holly Hunter), denkt sogar laut darüber nach, ob
er Supermans Einsätze nicht regulieren könnte. Der geniale Jungunternehmer Lex
Luthor (Jesse Eisenberg) offenbart Finch alsbald, dass er ein Mineral gefunden
hat, das gegen Superman und seine Artgenossen als Waffe eingesetzt werden
könnte – von solch harten Maßnahmen will sie allerdings nichts wissen. Bruce
Wayne alias Batman kommt unterdessen Luthors Entdeckung auf die Schliche,
während Supermans Alter Ego Clark Kent seine Stellung als Journalist nutzt, um
gegen Batman zu wettern: Ein Mann, der das Recht in seine eigene Hand nimmt?
Das geht doch nicht!
Zwei Lichtblicke: Die Amazone und die
Instrumentalmusik
Darüber hinaus umfasst Batman v Superman: Dawn of
Justice den ersten Auftritt von Gal Gadot in der Rolle von Wonder
Woman, einer weiteren populären Figur aus den Heften des DC-Comics-Verlags.
Obwohl die Leinwandzeit der Kampfamazone knapp bemessen ist, zählt sie zu den
raren Glanzmomenten dieses Films: Gadot verleiht Wonder Woman nicht etwa nur
das in solchen Rollen wohl obligatorische gute Aussehen, die Fast
& Furious 7-Mimin sticht vor allem durch kesse, vergnügte
Gesichtsausdrücke aus dem betont ernsten, grau-schwarz-blauen Einheitsbrei
dieses Films hervor. Hier ist sie, die eine Figur, die genießt, was sie tut! Begleitet von einer temporeichen, wilden Erkennungsmelodie
mit energischen Kriegstrommeln, ist Wonder Woman in ihren wenigen Filmminuten
eine dringend nötige frische Brise. Generell liefern die Komponisten Hans
Zimmer und Junkie XL sehr gute Arbeit ab, selbst wenn abseits des
Amazonenmotivs sämtliche Stücke sehr getragen daherkommen: Das Duo variiert
clever Stücke aus dem Man of Steel-Score, findet ein
exzentrisches, verspielt-psychotisches Thema für Eisenbergs launig dargebotenen
Lex Luthor und die neuen Batman-Nummern reichen zwar nicht an die aus der The
Dark Knight-Saga heran, trotzdem sind sie sehr effektiv.
Während die dick auftragenden, aber inspirierten
Kompositionen überzeugen, lässt der Rest des Films die Kraft des Soundtracks
vermissen: Die Geschichte wird unfassbar zäh erzählt, weder der Konflikt
zwischen Batman und Superman, noch die inneren Konflikte der beiden
Titelfiguren nehmen jemals so richtig Fahrt auf. Die Passagen, die nicht durch
schwerfällige Dialoge oder eine behäbige Inszenierung weit über ihren Reizpunkt
hinausgehen und somit dröge werden, lassen sich an einer Hand abzählen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Verantwortlichen die Vorarbeit für weitere
DC-Filme mit dem Vorschlaghammer vornehmen. Wiederholt bremst Batman v
Superman: Dawn of Justice völlig aus und legt die eigentliche Story
bei Seite, um weitere Figuren zu etablieren, die im Moment jedoch noch keine
Rolle spielen. Alternativ werden in ausgedehnten Traumsequenzen/Visionen
potentielle, spätere Plotlines angedeutet. Vor allem Batmans Handlungsfaden
wird dadurch in Mitleidenschaft gezogen, der mit Rückblenden, Vorausblicken und
Traumsequenzen immer wieder auf der Stelle tritt und so ziellos wirkt. Zwar ließe
sich argumentieren, dass Bruce Waynes unruhige Gedanken seine Wut auf Superman verstärken,
allerdings wird somit nur seine eh etablierte Motivation weiter ausgewalzt –
dabei wäre bei diesem hochdramatischen Tonfall etwas mehr Tiefe eher
angebracht.
Jede Menge verschenktes Potential
Dabei ist Ben Afflecks Version von Batman gar nicht so
uninteressant: Der Oscar-Preisträger spielt den Rächer im Fledermauskostüm als
jemanden, der seine Wut in sich hineinfrisst und in dem die Gefühle pausenlos
brodeln, obschon er versucht, es sich nicht anmerken zu lassen. Statt laut
polternd seinen Gegnern gegenüberzutreten, tritt er mit immensem
Selbstbewusstsein, kühn und stoisch auf, was ihm eine äußerst einschüchternde
Qualität gibt. Die Idee eines Solo-Batman-Films mit Affleck hat daher enormen Reiz,
während Henry Cavills Superman in Batman v Superman: Dawn of Justice
längst nicht mehr so interessant ist wie noch in Man of Steel:
Zwar sind die Gedanken, die andere Figuren über Superman haben, von Belang,
deren Komplexität werden die hölzernen Dialoge aber ebenso wenig gerecht, wie
die Handlung selbst, die nach dem konfliktschürenden ersten Akt jegliche
Ambiguität verliert. Der Kampf zwischen Batman und Superman fällt nicht etwa in
die Kategorie „Beide Seiten haben irgendwie recht“, sondern in die keinerlei
Spannung zulassende Sparte „Beide sind auf der falschen Fährte“. Verbunden mit
Cavills steinerner Miene weist der Superman-Part dieses grimmen
Superheldentreffens die Dynamik einer bleiernen Ente auf.
Durch die dramaturgisch schwach unterfütterten Motivationen
und Lex Luthors teils haarsträubenden Pläne müssen die Actionpassagen allein
auf ihrer visuellen Ebene punkten. Und während der im Marketing lang
versprochene, im Film eher knapp gehaltene Kampf der Superhelden immerhin
solide choreografiert ist, hat der große Finalkampf angesichts eines halbgaren
CG-Endgegners einige unfreiwillig komisch aussehende Anblicke zu bieten. Der
träge Epilog wiederum treibt Snyders eintönig-pathetische Bildsprache auf die
Spitze, so dass der Anfang des Abspanns fast einer Erlösung gleich kommt: Keine
lustlosen Szenenübergänge durch Schwarzblenden mehr. Keine Ultranahaufnahmen
oder ungelenke Dialoge mehr. Keine bemühten Vorausdeutungen mehr. Sondern
einfach nur ein satter Score!
Die Extended Edition ist trotz rund 30 Minuten zusätzlicher
Laufzeit nicht fähig, die eklatantesten narrativen Makel auszubügeln. Die
Psychologie der Figuren bleibt auf dem dahinbrütenden, grantig-oberflächlichen
Niveau, den schon die Kinofassung bietet, die komplett neuen Szenen geben
lediglich klarere Antworten auf zuvor wacklige Randnotizen des Plots. Was die
Extended Edition jedoch vorführt, ist die Macht eines guten Schnitts und einer
Hand und Fuß aufweisenden Dramaturgie innerhalb einzelner Sequenzen: In der
Langfassung werden viele Szenen ausführlicher aufgebaut, während die
Kinoversion nur den intensiveren Mittelpart zahlreicher Augenblicke überlässt. Somit
ist die über 180 Minuten lange Version weniger konfus – und diese ruhigere
Erzählweise lässt eine stärkere Immersion in Snyders wenig optimistische
Filmwelt zu, wodurch sich die Langfassung nicht so quälend lahm anfühlt wie die
Kinoversion.
Fazit: DC Comics baut mit Batman
v Superman: Dawn of Justice sein Filmuniversum weiter aus – und
stellt hoffentlich fest, dass ein anderer Architekt herbei muss. Eine
schwerfällige Inszenierung und ein dröges Skript, das genauso überfrachtet ist
wie es ihm an einer dem Tonfall entsprechenden Tiefe mangelt, machen dieses
Superheldentreffen zu einer ungeheuerlich frustrierenden Angelegenheit.
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