Montag, 2. Mai 2016

Aus dem Schneideraum: "The First Avenger: Civil War"-Interviews (Darsteller-Edition)

Bildquelle: James Gillham / StingMedia for Disney

Manchmal kommt es vor, dass ich mit einem Berg an Material von einem Interviewtermin zurückkomme und genau weiß: Es war zu spannend und unterhaltsam, als dass ich auch nur irgendwas wegwerfen wollen würde. Doch für meinen Auftraggeber ist nicht alles zu gebrauchen. Sei es wegen des Themenschwerpunkts, weil der Artikel sonst zu lang werden würde oder weil einzelne Fragen den Lesefluss stören,  der den zentralen Fragen und Aussagen zugrunde liegt. Daher habe ich hier bei SDB-Film eine neue Kategorie ins Leben gerufen. Unter dem Label "Aus dem Schneideraum" möchte ich euch jenes Interviewmaterial vorstellen, dass es nicht in meine Interviewfeatures an anderer Stelle geschafft habt. Den Auftakt machen Paul Bettany und Emily VanCamp,

Wie haben Sie die Drehtage in Leipzig erlebt?
Emily VanCamp: Ich glaube, ich hatte leider nur zwei Drehtage in Leipzig. Es war aber eine sehr schöne Zeit: Mein Freund ist mit rübergekommen und wir haben in den Drehpausen viel unternehmen können. Ich habe die Gelegenheit auch genutzt, um Berlin bei idealem Sommerwetter kennenzulernen und bei einer Radtour zu erkunden.

Erwartet Marvel, dass Sie sich, und auch die anderen Darsteller, nach Erhalt der Rolle dann doch in die Comicwelt hineinschmeißen und alle möglichen Storylines und Varianten ihrer Figuren verinnerlichen?
Paul Bettany: Nein, das erwarten sie nicht. Sie schicken einem aber sehr wohl Comics zu. Und sie sind sehr daran interessiert, was man von seiner Figur hält und was man denkt, welchen Weg sie einschlagen soll. Ich weiß nicht, was sie mit der Information dann anfangen, ob sie da überhaupt drauf hören. Aber sie erwecken zumindest den Anschein, sehr daran interessiert zu sein, was du von deiner Rolle hältst, weil sie wissen, dass du für eine lange Zeit mit dieser Figur leben musst.

Die Marvel-Figuren, wie sie in den Filmen auftreten, unterscheiden sich ja durchaus von den bereits vielfältigen Versionen ihrer Comic-Inkarnationen. Hatten Sie bereits bei der Entstehung der Film-Version Visions Einfluss auf die Richtung, die das Ganze einschlägt? Beziehungsweise: Ließ man Sie wenigstens im Glauben, dass dem so wäre? (lacht)
Paul Bettany: Nein, die Abwandlungen gegenüber den Comic-Varationen von Vision wurden nicht auf mein Drängen beschlossen. Es stimmt, dass es auch bei meiner Figur große Unterschiede zu den Comics gibt, aber diese Abweichungen sind allesamt sehr bewusst gewählt. Und ich habe das Gefühl, dass dies bei anderen Regisseuren und bei einem anderen Studio richtig schief gehen könnte. Doch bei Marvel wird immense Passion in die Filme gesteckt, die auf grundehrlicher Liebe zu den Vorlagen fußt. Der Moment, der mir dies am eindrücklichsten vorführte, ist folgender: Kevin Feige war bei Age of Ultron zugegen, als ich meinen ersten Drehtag als Vision hatte. Und da steht er, dieser Studioboss, der die Marvel-Figuren über alles liebt, und er sieht mich in meinem vollen Kostüm, woraufhin er vor Glück wie ein kleines Kind strahlt.

Ich finde, dass man daran erkennt, dass die Leute bei Marvel Studios nicht nur einen riesigen Haufen Geld verdienen wollen. Natürlich wollen sie auch das und das gelingt ihnen mit links. Aber es geht ihnen dabei stets darum, diesen Figuren und Geschichten einen Dienst zu erweisen, sie zu ehren und ihr Vermächtnis zu beschützen. Das bedeutet aber auch, dass zugunsten einer interessanten Adaption die Regeln verbogen werden können. Es gibt etwa das ungeschriebene Gesetz, dass jemand, der bereits eine Rolle im 'Marvel Cinematic Universe' spielt, nicht plötzlich eine andere übernehmen kann. Für mich wurde aber eine Ausnahme gemacht, noch dazu eine ohne Präzedenzfall. Jarvis war in keinem Comicuniversum die Voicematrix von Vision. Das hat man im 'MCU' geändert, und die Fans haben es geliebt. Würden Leute diese Filme verantworten, die nicht so viel Erfahrung mitbringen und nicht so gut in den Comics bewandert sind, so wäre die Fanboy-Welt sicher bereits voller Zorn Sturm gelaufen.

Welche Entwicklung sollte Vision denn Ihrer Meinung nach durchmachen?
Paul Bettany: Vision wurde in Age of Ultron geboren. Das wird ja sicherlich nicht noch einmal passieren. Und da war er omnipotent, aber auch unfassbar naiv. Das zu spielen hat sehr viel Spaß gemacht. Nun versucht er, herauszufinden, was Menschlichkeit ist. Und er kleidet sich in 50er-Jahre-Klamotten, weil er glaubt, sich so anpassen zu können, genauso, wie er versucht, sich endlich abzugewöhnen, durch Wände zu schweben, statt Türen zu benutzen. Ich glaube, Vision versteht nahezu ausschließlich das Konzept der Logik, weshalb es in seiner Sicht der Dinge keinen Raum für Loyalität gibt. Soll heißen: Jede neue Information könnte Visions Allianzen verschieben. Aber Liebe ist der Tropfen, der bei ihm das Fass zum Überlaufen bringt: Er ist von Scarlet Witch fasziniert, weil beide etwas gemeinsam haben. Sie wurde aus der selben unfassbaren Macht geboren wie er. Und sie beide kennen die Begrenzungen ihrer Fähigkeiten nicht. Sie sind wie meine vierjährige Tochter, die nicht weiß, wo ein Raum anfängt und wo er aufhört. Für sie beide existieren keine Regeln und Einschränkungen, und Vision erkennt in The First Avenger: Civil War, dass sie beide gefährlich sind. Darauf würde ich künftig gerne aufbauen.

Was war Ihre erste Reaktion, als Sie den für die Filme geplanten Look von Vision gesehen haben?
Paul Bettany: Ich dachte nur: "Na, das wird aber fucking viel Zeit im Make-up mit sich bringen. Mann ... das wird hart!" Es ist zum Glück nicht ganz so schlimm wie befürchtet. Zu Beginn einer Produktion sind alle noch eingerostet, dann dauert es jeden Tag 1,5 bis 2 Stunden. Später kommt da eine Routine rein und es brauchen drei extrem talentierte Leute, die gleichzeitig an mir arbeiten, noch knapp eine Stunde dafür. Dabei muss ich aber meine Brille abnehmen, ohne die ich jedoch kaum etwas sehe. Das heißt, dass ich währenddessen nicht einmal ein Buch lesen kann, weshalb ich mich dabei zu Tode langweile. Danach kommen noch 30 bis 40 Minuten, um mir Visions Kleidung oder Rüstung anzulegen. Was mir gefällt, ist, dass Visions Look zwar digital ergänzt wird, dabei aber auch auf viele, alte Theatertricks zurückgegriffen wird. Ich habe eine Glatzenkappe und dann diese prothetischen Maskenteile, die mir bis zu den Augenbrauen gehen und festgeklebt werden mit ... ich glaube, es heißt Gaffcot, aber das kann es nicht sein. Das klingt wie eine Figur aus Star Wars, aber das stimmt ebenfalls nicht ... Hinzu kommt das lilafarbene Makeup, mit dem meine freiliegende Haut bemalt wird. Außerdem bekomme ich zu guter Letzt Kontaktlinsen eingesetzt, damit meine Augen wie Objektive aussehen.

Wären Sie auch bei einem realen Civil War-Konflikt im Team Iron Man?
Paul Bettany: Ja. Jede autonome Gruppierung von Wesen mit Superkräften stellt, ob gewollt oder nicht, ein Risiko dar, daher wäre es fahrlässig, sie nicht zu kontrollieren.

Mehr von Paul Bettany könnt ihr hier lesen, weitere Antworten von Emily VanCamp gibt es hier. Und selbstredend ist The First Avenger: Civil War im Kino eures Vertrauens in 3D und 2D zu genießen!

1 Kommentare:

corny hat gesagt…

Thanks!!
Ich hatte schon Dein Interview auf Quotenmeter.de gelesen und fand das richtig richtig gut!
Endlich keine 08/15 Interviewfragen sondern kreative, sachbezogene, filmnerdige Questions!

Und man merkt auch das dies den Darstellern Spaß gemacht hat und das sie einiges aus dem Nähkästchen geplaudert haben!

Mach weiter so!
Danke!
Corny

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