Schwarmintelligenz
trifft auf Vorschusszahlungen: Egal ob man es persönlich unterstützt oder
nicht; Crowdfunding ist ein spannendes Konzept. Eine Dokumentation zum Thema
Crowdfunding via Crowdfunding zu finanzieren, ist unterdessen ein kniffliger
Gedanke. Es ist durchaus vorstellbar, über diesem Wege eine informative,
ungewöhnliche Doku zu verwirklichen. Etwa, wenn durch die Fanfinanzierung
abgesichert wird, dass der Film unkonventionell vorgehen darf und somit ganz anders
wird als jeder übliche Dokumentarfilm. Morgan Spurlock hat vor einigen Jahren
vorgemacht, wie eine Dokumentation über besondere Finanzierungswege aussehen
kann, die selbst diese Wege beschritten hat: In The Greatest Movie
Ever Sold thematisierte er Produktplatzierungen und Film-Werbedeals,
indem er die Finanzierung eben jener Dokumentation mit der Kamera einfing. Das
Ergebnis war so erhellend wie unterhaltsam.
Von
der The Greatest Movie Ever Sold innewohnenden Cleverness
und dem von dieser Doku ausgestrahlten Schalk ist Capital C
aber weit entfernt. Stattdessen wurde mit Crowdfunding ein Film über
Crowdfunding finanziert, der sich primär an Begeisterte des Crowdfunding-Gedanken
richtet, die sich nicht in die Suppe spucken lassen wollen. Zwar hat die Doku
ihre hellen Momente, unterm Strich ist sie jedoch sehr einseitig und
voreingenommen geraten.
Die
Stützpfeiler der Doku sind drei Kickstarter-Erfolgsgeschichten: Der
Videospiele-Pionier Brian Fargo, der mit immensem Erfolg bei Kickstarter Geld
für die Neuauflage von Wasteland sammelt. Der Grafiker
Jackson Robinson, der sich seinen Traum erfüllen möchte, Spielkarten zu
gestalten. Und der Hipster Zach Crain, der gestrickte Flaschenwärmer herstellt.
Fargo dient dabei mit seinen millionenschweren Kickstarter-Aktionen als
leuchtendes Vorbild für erfolgreiches Crowdfunding. Zugleich repräsentiert er
den Aspekt dieses Finanzierungsmodells, den auch der Veronica Mars-Film
oder Zach Braffs Wish I Was Here abdecken: Von Fans
herbeigesehnte Unternehmungen, die trotzdem nie zustande gekommen sind.
Robinson
und Crain dagegen stehen stellvertretend für die kleinen, verrückten Ideen, die
sich bei Kickstarter und Co. finden und bringen auch eine persönlichere Note in
den Film. Das bunte „Wir haben uns alle lieb“-Treiben in Crains Firma steht
dabei im satten Kontrast zur verbissenen Selfmade-Unternehmer-Story von
Robinson, der im Laufe der 87 Filmminuten mehrmals von himmelhochjauchzend zu
deprimiert schwankt. Aber Robinsons flatternden Nerven und seiner zwischendurch
davon schwindenden Zeit mit seiner Familie zum Trotz: Die Regisseure Jørg
Kundinger und Timon Birkhofer lenken immer wieder das Hauptaugenmerk ihrer von
586 Kickstarter-User unterstützten Dokumentation darauf, dass mit Crowdfunding
am Ende ja alles gut wird. Diesen Eindruck unterstreichen auch die
gelegentlichen, kurzen Interview-Statements von Wirtschaftsexperten oder
Netz-Kennern wie Sascha Lobo.
Kritische
Nachfragen werden in Capital C verschwindend klein
geschrieben, genauso wie Konkurrenzplattformen zu Kickstarter kaum Beachtung
finden. Dass über Kickstarter finanzierte Ideen mitunter nie vollendet werden,
hakt der Film im Vorbeigehen ab, genauso wie sie von gezieltem
Crowdfunding-Missbrauch nichts wissen möchte. Selbst die große Community an
eingeschworenen Kickstartern wird zu einer Fußnote degradiert: Ein besonders
geschäftiger 'Backer' kommt kurz zu Wort, meint, dass ja nicht alle von ihm
unterstützten Projekte vollendet wurden, und ward nie wieder gesehen.
Dabei
hätte eine größere Varianz Capital C sehr gut zu Gesicht
gestanden: Was steckt hinter Plattformen wie 'Patreon', was können Backer
machen, die unzufrieden sind, und gibt es Leute, die es bereuen, bei der
Verwirklichung ihrer Ideen auf Crowdfunding zurückgegriffen zu haben? Antworten
auf diese Fragen wären zweifelsfrei reizvoller gewesen, als die diversen
Wiederholungen, auf die Capital C zurückgreift. Sei es die
Beweihräucherung des attraktiven, aber nicht makellosen Modells Crowdfunding,
oder Zach Crains insgesamt drei Erklärungen, wie die ABC-Show Shark
Tank abläuft: Nach und nach verliert sich die Dokumentation in die
Redundanz. Alle Crowdfunding-Gegner können sich daher an dieser Stelle einen
passenden, schnippischen Kommentar denken. Alle anderen dürfen ihr Bedauern anmelden.
Einen Imagefilm hätte es nämlich nicht gebraucht – man kann an Crowdfunding
glauben und sich dennoch mit den Makeln des Modells auseinandersetzen.
Vielleicht schafft es ja die nächste Doku zum Thema. Denn auch das lehrt Capital
C: Nachahmer gibt es überall ...
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