Thor,
oh Thor … Was machen wir nur mit Thor? Obwohl Marvels Gott des
Donners eine wundervolle Ergänzung der Leinwand-Avengers darstellt,
bleiben die ersten beiden Solofilme über den Mann mit dem magischen
Hammer hinter ihren Möglichkeiten zurück. Zwar würde ich sowohl
Thor als auch Thor – The Dark
Kingdom den ersten beiden Iron Man-Filmen
jederzeit vorziehen, allerdings ist bei ihnen noch so viel Luft nach
oben drin. Vor allem der zweite Kinoeinsatz des nordischen Hünen
könnte meilenweit am Erstling vorbeifliegen – statt sich nur knapp
an ihm vorbei zu scherzen. Nachdem die vom Australier Chris Hemsworth
verkörperte Comicvariante des muskulösen Gottes in ihrem
gleichnamigen Kinodebüt noch vor eher überschaubarer Kulisse
agierte, spendierten ihm die Marvel Studios mit Thor – The
Dark Kingdom immerhin ein Kinoabenteuer mit einer ihm
gebührenden Bandbreite.
Selbst
wenn die Devise „Größer, schneller, weiter“ bei Fortsetzungen
nicht immer zum Erfolg führt, so ist die in diesem
Sci-Fi-Fantasyspektakel gebotene intergalaktische Hetzjagd ein
Storykonstrukt, das Thor stattlichem Ego und seiner schillernden
Götterwelt genügend Raum gibt, sich zu entfalten. Daher hat das
Sequel ideale Startvoraussetzungen, um den weitestgehend in den
Adelskammern Asgards und einer winzigen US-Wüstenstadt spielenden
ersten Teil auszuschmücken. Doch in der Umsetzung bleiben leider nur
der punktende Dialoghumor sowie die treffende Situationskomik jene
Aspekte in denen Thor – The Dark Kingdomzu
Höchstform aufläuft. Der Sci-Fi-Fantasyaspekt hingegen wird über
weite Strecken nur ungenügend ausgereicht. Von kleinen Lichtblicken
abgesehen ist es erst das turbulente, erfrischende Finale, das
endlich unterstreicht, zu was Marvels launige Götterwelt in Sachen
Action und Abenteuer fähig ist. Aber der Reihe nach …
All
die düsteren Machenschaften, die Loki (Tom Hiddleston) in
Thor und Marvel's The Avengers
auszuüben versuchte, haben Thor und seinen kämpferischen Vertrauten
in ihrer Heimat Asgard sowie in den benachbarten Reichen allerlei
Scherereien eingebrockt. Doch immerhin haben die ständigen Gefechte
Thor zu einem hellsichtigen Kämpfer und Anführer heranwachsen
lassen, der Göttervater Odin zu Recht stolz macht. Thors
charakterliche Fortschritte kommen auch keinesfalls zu früh, denn
durch eine sich anbahnende Sternenkonstellation schlägt für den
ältesten Feind Asgards der perfekte Zeitpunkt für grausame Rache:
Malakeith (Christopher Eccleston), der Anführer der diabolischen
Dunkelelfen, hat nach Tausenden von Jahren wieder die Chance, an eine
mächtige Waffe zu gelangen, welche das gesamte Universum in einen
unwirtlichen Ort verwandeln würde.
Um
diese Bedrohung abzuwenden, hat Thor eine gefährliche Mission zu
erfüllen, die ihn quer durch die Neun Reiche führt, und aufgrund
der er auf seine große Liebe, die Astrophysikerin Jane Foster
(Natalie Portman), trifft sowie gemeinsame Sache mit seinem
Adoptivbruder Loki machen muss …
Obwohl
die Drehbuchautoren Christopher Yost, Christopher Markus und Stephen
McFeely der Weltenbildung viel Platz bieten, scheitert dieses
Marvel-Abenteuer daran, Thors Universum neues Leben einzuhauchen. Der
Kernplot um die von Malakeith und seinen Dunkelelfen ausgehende
Bedrohung wächst nie über ihren Status als grobes Fundament für
das weltenübergreifende Heldenabenteuer hinaus. Der von Odin
erzählte Prolog schleppt sich oberflächlich daher, und da der
Göttervater die knappen Informationen über die Helligkeit hassenden
Fieslinge im späteren Verlauf des Films noch einmal wiederholt,
wirkt der Einstieg in den Film nicht nur lahm, sondern auch unnötig.
Wenn Odin seinem Sohn und der von einer schwer zu fassenden Macht
erfüllten Jane den Hintergrund Malakeiths mittels eines sich
bewegenden Asgard-Sagenbuchs nacherzählt, ist dies narrativ
ökonomisch gehalten und visuell interessant. Das Gebotene genügt
zwar nicht, um den Schurken Profil zu geben, jedoch wäre es genug,
um den Plot zu rechtfertigen. Wenn schon die Charakterisierung der
Dunkelelfen misslungen ist, oder einfach keinen Vorrang hatte, so
wäre ich völlig zufrieden damit gewesen, auf den Prolog zu
verzichten, so lange der Film die Sagenbuch-Passage beinhaltet. Dass
Ecclestone und Lost-Darsteller Adewale
Akinnuoye-Agbaje als sein Handlanger vor diesem Hintergrund keinerlei
Eindruck hinterlassen, ist da leider selbstredend.
Trotzdem:
Sobald alle Motivationen erklärt und die wichtigsten Begriffe, Orte
sowie Gegenstände eingeführt sind, entsteht genügend Raum für
coole Actionmomente sowie urkomische Comedysequenzen. Auch die
Interaktion zwischen den bereits aus dem Erstling bekannten Figuren,
vor allem sämtliche Szenen mit Loki, wissen zu unterhalten. Somit
gelingt es, die verstaubte „Ein uralter Feind will
zurückschlagen“-Handlung der aufwändigen Marvel-Produktion trotz
mancher Längen vergnüglich zu gestalten. Denn während Malakeith
als Gefahr für lange Zeit kaum greifbar bleibt und einen recht
blassen, dünn charakterisierten Widersacher darstellt, sind die von
seinem Handeln beeinflussten einzelnen Passagen in Thor –
The Dark Kingdom so pointiert, dass Alan Taylors Abstecher
in Marvels Kinouniversum in seinen Höhepunkten klar am ersten Teil
des Sub-Franchises über Asgard vorbeiziehen lassen.
So
dürfte es die Fans des verfeindeten Adoptivbrüder-Gespanns
Thor/Loki erfreuen, dass ihre Beziehung zueinander komplexer
gezeichnet wird als im zwar gut gespielten, doch diesbezüglich
eindimensionalen ersten Teil. Hemsworth und Hiddleston haben dieses
Mal weit mehr Gelegenheit, Hoffnungsschimmer aufblitzen zu lassen und
so die vergiftete Dynamik zwischen ihren Figuren aufzuhellen. Umso
schwerer treffen dafür dann die harschen Betrügereien Lokis oder
auch Thors lautstark vorgetragene Distanzierung von seinem
Adoptivbruder. Gestützt wird der Subplot rund um die göttlichen
Gebrüder dadurch, dass Thor – The Dark Kingdom
vermehrt auch beleuchtet, wie Odin (routiniert: Anthony Hopkins) und
seine Frau Frigga (Rene Russo) zu den Brüdern stehen.
Unterdessen
verlässt sich die Liebesbeziehung zwischen Jane und Thor zwar zu
großen Teilen auf die im Vorgänger aufgebaute Leinwandchemie
Portmans und Hemsworths, doch der gesunkene Anteil an überzeugenden
romantischen Momenten ist leicht zu verschmerzen. Denn dafür baut
diese Fortsetzung das humorige Geplänkel zwischen ihnen aus, das
sich die beiden Figuren schon im ersten Teil leisteten. Mit kleinen
Eifersüchteleien erlaubt der Film den Darstellern, ihr fantastisches
komödiantisches Timing für ausführliche Screwball-Momente zu
nutzen. Neben den herrlichen Neckereien von Thor und Jane besticht
auch wieder die von Sitcomstar Kat Dennings gespielte
Physikpraktikantin Darcy mit spitzer Zunge und launigen Kommentaren
zum Geschehen.
Der
starke Comedyaspekt des Films umfasst des Weiteren Nebendarsteller
Stellan Skarsgård sowie die feschen Referenzen auf den
Marvel-Kosmos. Die größte Überraschung dürfte derweil der gekonnt
Effektbombast mit comichaftem Slapstick vereinende Schlussakt sein,
in dem die Figuren quer durchs Universum reisen und dabei auf äußerst
witzige Weise mit den Regeln der Physik spielen. Die Action ist im
Finale bunt, rasant und einfallsreich und somit ein gekonnter
Kontrast zu den in einem rustikal-dreckigen Look gehaltenen
Scharmützeln, die Alan Taylor in den ersten zwei Dritteln von
Thor – The Dark Kingdom zeigt und die die
verrückte Mythologie von Marvels Thor effektiv
erden. Und trotz allem Bombast ist die Portal-Raserei zudem eine
willkommene, witzige Abwechslung von den zuvor gebotenen
Marvel-Finalkämpfen.
Zwar
hätte der von Komponist Brian Tyler (Iron Man 3)
melodisch, aber nicht abwechslungsreich genug untermalte Film eine
weitere Drehbuchrevision vertragen, um ins Leere laufende
Mini-Handlungsstränge zu eliminieren und den Einstieg zu stärken.
Dennoch bietet Thor – The Dark Kingdom spaßiges
Popcornkino, das dass Marvel-Kinouniversum sinnvoll erweitert. Die
dramatischen Momente zwischen Thor und Loki sind toll gespielt, der
Dialoghumor sitzt und im Finale liefert die Produktion Schauwerte
sowie Gags am laufenden Band. Außerdem bereitet der Film das
Publikum gemächlich auf den anstehenden Space-Irrsinn vor, den
Marvel noch in petto hat. Schade, dass bei all dem Hin und Her das 3D
so kontrastarm ist – gerade das Finale und die Raumschiffattacke
auf Asgard hätten ein scharfes 3D-Erlebnis verdient gehabt.
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